Verzeihung gewähren (aus Mars & Venus)

E
Heute bin ich ein wenig des Schreibens müde.

Hier nun verkürzt

Part fünf :( ???
Aggressives Verhalten

Woran erkennen Sie, dass jemand zornig ist? #8211; Gar nicht
Jedenfalls nicht sicher und nicht auf den ersten Blick. Denn der Ärger wird eben nicht immer offen zur Schau getragen, sondern oft versteckt. Manch einer ballt die Faust in der Tasche, schluckt das böse Wort herunter, macht gute Mine zum bösen Spiel
Einen richtigen Wutanfall sieht man heute am ehesten noch im Kino. Ein Meister aller Formen des Zornzeigens, von Gereiztheit, Empörung über Schimpfen und Toben bis zum chaotischen Wut-Ausflippen, war der französische Schauspieler Louis de Funes. Aber auch im Comic können wir Ärger pur bewundern, am besten in Entenhausen, bei der Familie Duck, wo sich Donald Duck und Onkel Dagobert ständig die hitzigsten Gefechte liefern.


Wer zornig ist, der schimpft vor allem. Und welche gewichtige Rolle das Schimpfen für den Menschen spielt, das zeigt sich an der Unmenge von Wörtern, die man im Synonym-Lexikon für dieses ärgerliche Sprechen findet. Um nur die wichtigsten zu nennen: schelten, tadeln, zanken, brummen, knottern, raunzen, knurren, murren, kollern, anschnauzen, ausschimpfen, abkanzeln, aufs Dach steigen, Abreibung erteilen, an den Wagen fahren, grob kommen, anmachen, anfauchen, anzischen, anpfeifen, anraunzen, zurechtweisen, Zigarre verpassen, in den Senkel stellen, verdonnern etc. etc.

Mancher, der auf einen anderen schlecht zu sprechen ist, spricht das allerdings nicht frank und frei aus. Da gibt es die unterschwelligen Anspielungen. In bestimmten Fällen ist auch eine Belobigung eine Attacke #8211; wenn man jemanden für eine Selbstverständlichkeit lobt.
Oder die wahre Kränkung besteht nicht in dem, was gesagt, sondern was nicht  gesagt, ausgelassen wurde. Dies ist auch der Bereich von Ironie, Zynismus und Sarkasmus. Hier fällt kein böses Wort, soll heißen kein offenes Wort des Zorns.  Sondern man schlägt zu (bzw. zurück), indem man den anderen lächerlich macht. Da dies aber #8211; halb #8211; verdeckt geschieht, kann man dem Verspotteten, wenn der schließlich in Rage kommt, auch noch vorhalten: Sei doch nicht so aggressiv!  

Fortsetzung folgt..... demnächst

25.09.2002 21:02 • #16


E
Hallo Flocke,

Was hab ich denn verloren?
Jo, mein Herz, oder?! Du meinst, ich kann mein Herz nicht noch
mal verlieren?

Nein, ich meine das eher allgemein. Man sollte keine Angst haben jemanden zu verlieren (der dieses Bedürfnis nach Nähe nicht so stark hat oder Deine Gefühle nicht erwidern kann) wenn man die Zügel lockerer läßt. Das gilt auch für Freunde im allgemeinen. Im Gegenteil, es ist bestimmt besser, dem anderen Gelegenheit zu geben, von sich aus zu kommen. Man braucht Geduld dazu.

Dann kann ich nur gewinnen, wenn ich loslass? Und was gewinn ich dann???? Einen Lover?

zumindest verlierst Du keinen Freund

Mir fällt auf, daß Du Wörtern wie Erwartungen gern  so eine negative Bedeutung gibst

Du betrachtest diese Bedeutung negativ, ich nicht. Ich gehe nur vom theoretischen worst case aus, eben gerade weil ich klarmachen will wie sehr Erwartungen schädlich sind für das EIGENE Wohlbefinden. Daß jeder Mensch Erwartungen hat ist mir klar, aber die meisten steigern sich da rein und wundern sich nachher, daß sie tierisch enttäuscht sind. Ich verzichte lieber auf die Vorfreude zugunsten eines positiven Denkens, das ich mir erhalte, denn das gibt mir auf Dauer mehr Zufriedenheit. Wie soll ich das noch ausdrücken? Also ich kann gerne auf die ganze Latte von Vorfreude, Enttäuschung und Hass bzw. Ärger
verzichten, und in den wenigen Fällen wo ich nicht enttäuscht werde hab ich dann ein saugutes Gefühl. Ich würde meine These sogar ganz allgemein auf das tägliche Leben erweitern aber in erster Linie gilt das doch für die Situation, in der Du und ich und die meisten anderen hier sich gerade aktuell befinden.

Verständigender würde ich sie empfinden wenn wir von überhöhten Erwartungen, oder
sich keine falschen Hoffnungen machen sprechen könnten.

Ob diese Erwartungen überhöht sind oder nicht das ist so schwer festzustellen und jeder empfindet dabei anders. Mein Spruch soll ja nicht direkt befolgt werden (haha, wer kann das schon so einfach?) sondern nur zum Nachdenken anregen. Daß einem glasklar wird, wie sehr er selbst sein Wohlbefinden, seine Stimmung von seinen eigenen Erwartungen abhängig macht. Nicht alleine der (ex-)Partner sorgt für die Enttäuschung, für dieses unsägliche Gefühl der Verletztheit, sondern jeder für sich selbst durch seine Projektionen. Wenn man das begriffen hat und damit umgehen kann mutiert man vom Spielball seiner Gefühle zu einem Menschen, der bewußt Glück empfinden wird, es besser zu schätzen weiß wenn es plötzlich daherkommt. Ist das nicht besser als das ewige, nervtötende Warten und Erwarten??

Besser überhöhte Erwartungen= unliebsame Enttäuschung.

Es bringt doch kaum was, das Ganze abgeschwächt zu formulieren. Wichtig ist die Einsicht und nicht das Detail. die Einsicht daß man selbst verantwortlich ist für sein Leiden.

Danke, daß Du meinst, das ich nicht benutzt wurde.

Es ist schade wenn Du nicht selbst siehst, daß Du nicht benutzt worden bist. Auch das ist eine Sache die in Dir immer ein latentes schlechtes Gefühl und Erniedrigung erzeugt, so wie bei der Enttäuschung. Wollen wir das nicht alle gerne mal ablegen? Es ist ganz einfach, die Lösung heißt auch hier Einsicht und Analyse. Du läßt Dich auf einen Mann ein im vollen Besitz Deiner Kräfte und nimmst auch von ihm gerne an. Du benutzt ihn genauso wie er Dich, wenn man überhaupt von benutzen reden kann. Ich rede hier nicht von Männern oder Frauen, die sich mit Gewalt etwas nehmen sondern von Leuten, die ehrlich und rücksichtsvoll miteinander umgehen. Wie gesagt, es gibt dann überhaupt kein einseitiges Benutzen, denn jeder nimmt und gibt zu gleichen Teilen.

Was ist das Gegenteil von Benutzen?
Nicht benutzen=Liebe?

Nunja. Das Gegenteil von Benutzen ist vielleicht nicht einfach lieben sondern dem anderen etwas geben ohne zu fordern, und sich dabei gut fühlen! Leidenschaftliche Liebe fordert, sie will ständig bestätigt werden, ist nimmersatt, oft ungerecht. Die beständige Liebe, die sich danach einstellt, kommt da näher an das Gegenteil dran, aber auch sie ist keine Gewähr dafür, daß der eine nicht den andern benutzt. Warum fühlen sich denn viele Partner so vernachlässigt, ungeliebt, nach Jahren der Liebe und Vertrautheit? weil sie sich benutzt fühlen und in vielen Fällen auch wurden. Durch den Partner, meistens wohl unbewußt. Hier hilft nur Kommunikation, Ehrlichkeit, Offenheit, Bewußtheit. Wer sich benutzt fühlt MUSS es RECHTZEITIG sagen, denn sonst versagt er dem anderen die Chance etwas zu ändern. Wenn der Benutzende liebt wird er sich Gedanken machen und freiwillig geben wollen und dem Benutzten damit das Gefühl nehmen, sich benutzt zu fühlen. (uihhhhh, ist das ein Wortspiel...)

ich hoffe, ich hab Dich nicht zu sehr benutzt, ähh verwirrt:-))

ciao

27.09.2002 01:58 • #17


A


Verzeihung gewähren (aus Mars & Venus)

x 3


E
Hallo ,

nein, hast Du nicht. Das weißt Du doch, wie sehr ich
Deine Sichtweisen mag bzw. schätze.
Trotzdem  muß ich mich ein bißchen üben im Hinterfragen.
Zu den Erwartungen:
Stimmen sie nicht mit den Bedürfnissen des anderen überein kann`´s funken, kanns daneben gehen, kann einer von beiden auf der Strecke bleiben. Das ist nicht schön, und auch nicht im Interesse oder Anliegen des anderen.

Stimmen die Wünsche nicht überein, kann es zu Mißverständnissen kommen; dann sind beide enttäuscht in ihrer unterschiedlichen ERwartungshaltung.

Es sei denn einer liebt den Streit, und der andere nicht unbedingt die Harmonie im Labor.

Einer setzt sich durch, der andere gibt nach.
Hoppla.
Wer bestimmt eigentlich die Bedingungen. Einer, oder?

Wie oft heißt es das habe ich ja garnicht gewußt! Warum hast Du es mir nicht gesagt? Aber dafür hätte ich doch Verständnis gehabt!


Was ist mit der Herausforderung stets sein Bestes geben zu
wollen?
Erwartungen = die Möglichkeit sein Bestes zu geben ohne sich selbst dabei zu verlieren?
Erwartungen  = Enttäuschung (geht von einer inneren Einstellung aus, die nicht positiv erwidert wurde, oder?)

Erwartungen = Enttäuschungen - (Verletztheit durch Projektionen - Glücksgefühl ohne nervtötende Warterei sprich sich in Geduld üben?)

Lieben Gruß
wilde Flocke

PS: Wie übt man sich in Geduld?
Was gibt einem da mehr Selbstvertrauen?

27.09.2002 20:18 • #18


E
Hallo Flocke,

ich glaube wir sind in der Diskussion jetzt etwas zu weit abgeschweift, auch wenn diese Geschichte mit den Erwartungen natürlich auch mit Verzeihen zu tun hat. Es ist halt nicht nur die Einsicht, daß man selber schaun muß wo man bleibt anstatt sich von den Reaktionen und Aktionen der anderen abhängig zu machen sondern auch die Fähigkeit, diese verstehen zu wollen und vielleicht auch zu können. Es gibt immer Ursachen und Hintergründe. Man sollte sich das anschauen und DANN entscheiden, ob man damit leben kann oder nicht. Jedenfalls sind unterschwellige, immer wiederkehrende Enttäuschungen einer der Hauptgründe für das Scheitern einer Beziehung.
Ich möchte hier auch noch einmal betonen wie wichtig es wäre, wenn sich die Leute mehr austauschen würden, vor allem bei Frauen hab ich oft den Eindruck, daß nicht wirklich offen miteinander gesprochen wird. Es gibt krasse Unterschiede in den Sichtweisen und Erfahrungen mit Männern und ein ehrlicher Austausch würde so manche Enttäuschung relativieren und aufklären. Stattdessen wird immer wieder schöngeredet und dadurch entsteht der Eindruck, daß es den anderen wesentlich besser geht als einem selbst. Hier im Forum wird wesentlich offener und ehrlicher ausgetauscht, warum kann man das nicht auch mal im realen Leben machen? Ist denn das Konkurrenzdenken so wichtig? Muß man sich denn immer wieder selbst belügen um auch ja sein Gesicht nicht zu verlieren? Ich denke NEIN. Ein wirklich offenes Gespräch, z.B. zwischen verheirateten Frauen und Singles würde helfen, seinen Weg zu finden ohne immer denken zu müssen daß man etwas verpasst hat. Toleranz ist wichtig und Bewußtheit, nicht pauschale Urteile aus einer Haltung heraus, die für den anderen nicht gilt.

Stimmen sie nicht mit den Bedürfnissen des anderen überein kann`´s funken, kanns daneben gehen, kann einer von beiden auf der Strecke bleiben.

Natürlich ist das nicht schön, aber unvermeidbar. Man kann Gefühle zwar in geringem Maß steuern, aber nicht künstlich erzeugen, deshalb gibt es keine Schuld wenn die Liebe einseitig ist.

Es sei denn einer liebt den Streit, und der andere nicht unbedingt die Harmonie im Labor.

Harmonie muß nicht das sein, was wir aus unseren beliebten Fernsehserien kennen. Harmonie kann (muß!) auch durch Auseinandersetzung geschehen, es ist nur eine Frage der Intellektualität und des Anspruchs an den Partner. Friede Freude Eierkuchen bedeutet für mich z.B. Selbstbetrug. Und langweilig ist das obendrein. Aber da steh ich wohl alleine da mit dieser Ansicht.

Wer bestimmt eigentlich die Bedingungen. Einer, oder?

immer derjenige, der weniger liebt. Auch das ist nicht wegzureden sondern Tatsache.

Was hälst Du eigentlich von Kompromissen?

wenig. die hab ich lange genug gemacht. Es gibt Bereiche, wo Kompromisse gemacht werden müssen, ja! Aber in vielen Dingen ist es falsch welche zu machen, denn sie führen zu unterschwelligen Enttäuschungen siehe oben. Ich glaube daß es besser ist wenn man genau weiß und auch durchzieht, was einem wichtig ist, aber dem anderen dabei die Chance gibt, entweder mitzumachen oder auszusteigen. Das heißt: Der Partner hat jederzeit die Chance das zu akzeptieren oder abzulehnen was ihm vorgesetzt wird. Diese Chance hat er nicht wenn man nicht offen über diese Dinge redet und es kommt irgendwann dazu, daß das Faß überläuft, daß es keinen Weg mehr zurück gibt. Deshalb bin ich auch der Meinung, daß rechtzeitige, kleine Verletzungen durch direkte Offenheit besser sind als der dicke Hammer nach Monaten. Im ersten Fall hat der Partner die Chance sich darauf einzustellen, im Letzteren nicht. Und das ist ungerecht! Selbstbetrug und falsche Rücksichtnahme auf die Gefühle des Partners können auf Dauer nur zum Super-Gau, zur irreversiblen Verletzung führen.

Erwartungen = die Möglichkeit sein Bestes zu geben ohne sich selbst dabei zu verlieren?

versteh ich nicht, sorry. wer gibt sein Bestes?

Erwartungen  = Enttäuschung (geht von einer inneren Einstellung aus, die nicht positiv erwidert wurde, oder?)

das ist keine Einstellung oder Religion sondern einfach eigene Erfahrung über 20 Jahre vermengt mit den Erfahrungen von vielen anderen. Ich lehne es ja nicht grundsätzlich ab, Erwartungen zu haben, aber ich weise daraufhin, daß es möglich ist, sich selbst besser gegen Enttäuschungen zu schützen indem man nicht die Enttäuschung und den Partner verantwortlich macht, sondern seine eigene Sichtweise ändert. Und das ist positives Denken, denn ich unterstelle dem Partner nicht, daß er mich absichtlich enttäuscht hat sondern weil er so ist wie er ist. Ich kann entweder damit meinen Frieden machen oder nicht. Ich kann ihn nicht verändern, aber ich kann mit ihm offen reden, ihm verzeihen und damit beweisen daß ich helfen will. Wenn er halbwegs bemüht ist wird er etwas ändern wenn ihm das bewußt ist was er dem anderen angetan hat. Ich denke nämlich, daß vielen Leuten das gar nicht bewußt ist, was sie für ne schei. machen anstatt ihnen zu unterstellen daß sie diese Dinge absichtlich tun. Und mit dieser Einstellung kann ich auch leichter verzeihen, so einfach ist das.

ciao

28.09.2002 12:43 • #19


E
Hi Flocke,

hab noch was vergessen:

Wie oft heißt es das habe ich ja garnicht gewußt! Warum hast Du es mir nicht gesagt? Aber dafür hätte ich doch Verständnis gehabt!

Ist das nicht der Beweis, daß man lieber rechtzeitig klein verletzen sollte als irgendwann später, wenn der Zug abgefahren ist, massives Gerät aufzufahren?

PS: Wie übt man sich in Geduld?

Die Einsicht, daß man nicht alles selbst nach seinem Gusto bestimmen MUSS und KANN.

Was gibt einem da mehr Selbstvertrauen?

Na das ist wohl fast unmöglich so schnell zu formulieren. Dreh die Zeit zurück und versuchs nochmal anders:-) Nee, es ist nie zu spät um an sich zu arbeiten. Am besten man fängt an, seine Stärken und Schwächen genauestens zu analysieren, auch mit Hilfe von anderen, seine Schwächen Ängste und Zwänge bewußt machen, seine festgeschriebenen Vorurteile zu überdenken und offener, selbstkritischer an das Leben zu gehen. Und vor allem: Sein Verhalten nicht von anderen bestimmen lassen, die haben nämlich leicht reden und tun! Lass diese Leute denken was sie wollen, sie meinen es oft gut aber sind oft nicht wirklich ehrlich und beschönigen ihre eigene Situation, die meistens nicht so einfach übetragbar ist. Denke und handle Du für dich selbst. Auch ein bißchen Selbstironie und Humor schadet nie aber den hast Du ja:-)

cu

28.09.2002 13:28 • #20


E
;D

Danke!

28.09.2002 13:59 • #21


G
Lieber , liebes Flockerl!

Ich möchte euch beiden danke, für die Gespräche dir ihr führt, ich lese sie auch sehr gerne und sie bauen auf und helfen mir ein ganze großes Stück. :-*

Nur eines würde ich noch gern wissen, lieber .

Ich habe meinen Freund klar gemacht, was er für Fehler und schei. gebaut hat und was er mir damit angetan hat und mich verletzt hat.
Er begreift es zum Teil, kann mich zum Teil aber überhaupt nicht verstehen und meint, ich bin ja auch nicht ganz unschuldig an unseren Problemen.
Nun ich mache es ihm klar, aber er kapiert es nicht
???

Ich versuche auch sehr offen mit ihm mometan zu reden, so wie du sagst, wie wir es in diesem Forum tun.
Ich rede auch mit meiner besten Freundin darüber, er meint jedoch, sein Privatleben geht niemanden etwas an - das ist seine Privatsphäre. Er akzpetiert es momentan, aber vielleicht nicht immer.
Er redet zum Teil auch, aber kann seine Gefühle nie so ausdrücken und redet meistens um den heißen Brei.

Ihr beide schreibt so schön, es wäre doch alles so einfach, ich habe aber das Gefühl, ich kann viele nicht anwenden an ihn.

Viele liebe Grüße, danke dass es euch gibt
GAbi

28.09.2002 16:02 • #22


E
Dein Geist und Deine Seele stehen über Deinem Körper.
(mein Spruch des Tages)

Hallo Leute,

hier nun weiter zum Thema Part 6  :o

..................................................................

Der zornige Körper

Zorn ist zunächst eine seelische Erregung.
Aber Zorn kann auch eine körperliche Erregung bewirken.
Denn es besteht eine enge Wechselwirkung wischen Seele und Körper.
Mann kann sagen, die seelische Erregung löst eine körperliche Erregung aus. Oder man sieht die seelische und körperliche Erregung als zwei Seiten eines einheitlichen Prozesses. Jemand steigt der Zornes Röte ins Gesicht. Jemand zittert, oder bebt vor Zorn. Solche  Redewendungen zeigen unmittelbar an, wie der Zorn sich in körperlicher Erregung äußert. Zwar löst nicht gleich jeder kleine Ärger eine körperliche Erregung aus, aber bei starker Wut ist nicht nur die Seele, sondern auch der Körper erregt.
 
Die vielen Ursachen des Zorns :(

ICH ärgere mich über den Regen ; DER REGEN ärgert mich.
Merken Sie den Unterschied zwischen diesen beiden Aussagen?
Auf den ersten Blick scheinen sie zwar dasselbe auszudrücken.
-Aber im zweiten Fall handelt etwas anderes, der Regen. Ich bin sein Opfer;.
-Aber im ersten Fall bin ich der Handelnde, gewissermaßen der Täter.

Einmal bin  ich aktiv, das andere Mal passiv ; wie das auch sehr schön die gleichnamigen Kategorien bezeichnen.
Anstelle des Regens kann man natürlich alles Mögliche einsetzen: Das defekte Auto ärgert mich, die fallenden Aktienkurse ärgern mich, der unfreundliche Nachbar ärgert mich, du ärgerst mich, sogar die ganze Welt ärgert mich.

Was stimmt denn nun? Mache ich meine Wut gewissermaßen selbst? Oder wird sie von einer anderen Person oder überhaupt  etwas anderem hervorgebracht? Sicherlich, die Wut entsteht in mir,
insofern  bin ich ihr Vater. Aber dies wäre als Gesamtantwort doch zu simpel. Entscheidend bleibt: Wird man zornig aus Gründen, die in einem selbst liegen oder aufgrund äußerer Ursachen? Noch einmal anders: wir hatten gesehen,  dass man wütend wird, wenn (bestimmte) Bedürfnisse und Erwartungen nicht erfüllt werden, wie sie eben mit der Realität nicht übereinstimmen.
Was ist aber falsch? Mein Wunsch; oder die Welt?
(Welche Welt, die Träumerwelt? )

Es gibt hier zwei verschiedene Auffassungen: Man kann sie wie folgt benennen:
°Täter-Theorie
°Opfer-Theorie.

Nach der Tätertheorie bewirke ich selbst meinen Zorn, nach der Opfer-Theorie tut das vor allem die Umwelt.

Diese beiden Theorien gehen allerdings weit über das Phänomen Zorn hinaus.
Nach der Täter-Theorie liegt es insgesamt an mir, ob ich zufrieden, ja sogar ob ich körperlich gesund oder krank bin.
Nach der Opfer-Theorie  liegt es vor allem an der Umwelt, ob ich glücklich oder unglücklich bin bei guter Gesundheit oder kränkelnd bin. Zunächst zur Täter-Theorie:

TÄTER-THEORIE
Für die gilt: Jeder ist seines Ärgers Schmied, so wie jeder seines
Glückes Schmied ist.

Ich  bin der Täter. Es liegt an mir selbst, an meinem Ich, wenn ich mich ärgere, grolle und schmolle Es ist meine Verantwortung  in doppelter Hinsicht:

-Ich habe Fehler gemacht, durch negatives Denken oder negatives Handeln die Ärgernisse verursacht, über die ich mich zu Recht ärgere.
-      
-Z.B. durch Unvorsichtigkeit, Nachlässigkeit, Bequemlichkeit. Durch unfreundliches, arrogantes, provozierendes Verhalten.
     
-Oder durch Pflege von Pessimismus und  Negativismus, die dann zu Misserfolgen führten. Die Fehlermöglichkeiten sind unbegrenzt...
     
Ich habe zu anspruchsvolle Wünsche, Riesenerwartungen, die gar nicht erfüllt werden können.
Ich will alles, und das sofort, aber Wunder dauern etwas länger. Oder ich interpretiere ein ganz harmloses Geschehen als großes Ärgernis. Aber nach  Auffassung der Ich-Theorie suchen viele Menschen (und sei es unterbewusst) gerade Ärger, wollen sich aufregen.

Nach der Täter - Theorie gilt also: Ich ärgere mich (selbst). Und damit letztlich auch: Ich ärgere mich über mich (selbst) als den eigentlichen, direkten oder indirekten Verursacher meiner Wut, was mir allerdings nicht bewusst sein muss.

Opfer-Theorie :-[
Die zweite Auffassung sagt das Umgekehrte: Wenn einer zornig ist, dann hat ihn etwas anderes Fremdes  erzürnt. Er ist Opfer der Umstände, die ihn zornig machen, bzw. Opfer seines Zorns, wieder in doppelter Sicht:
-Es ist die Umwelt, das schlechte Wetter, das kaputte Fernsehen, der unfreundliche Chef usw. usw., die jemand ärgerlich stimmen. Er reagiert nur notgedrungen auf eine Störung, eine Provokation oder einen Stress. Zwar hat er vielleicht auch selbst Fehler gemacht, aber unter dem Einfluss seiner negativen Kindheit oder ungünstiger Erbanlagen. Es ist nicht seine Verantwortung.

Seine Wünsche sowie sein Ärger über deren Nichterfüllung sind berechtigt und nicht maßlos. Die Welt oder die Gesellschaft oder bestimmte Verhältnisse sind eben oft frustrierend.

Hat nun die Täter-Theorie oder die Opfer-Theorie recht? Die erste Antwort ist: beide oder beide nicht.
Wut wird erstens sowohl von unserem Ich wie von Umwelt-Faktoren beeinflusst. Es  ist unsinnig, den Einfluss der Umwelt ganz zu leugnen. Natürlich gibt es ärgerliche Ereignisse, für die wir nichts können, die nicht auf unseren Fehlern beruhen. Wenn wir drei Wochen in Urlaub fahren und es regnet die ganzen drei Wochen, dann ist das einfach verdammt ärgerlich. Es gibt zwar Vertreter einer extremen, esoterischen Täter-Theorie, die behaupten:
Alles, was man erlebt, hat man selbst verursacht. Jeder schafft sich seine Welt selbst. Aber hier liegt ein irrationales, letztlich magisches Denken vor. Außerdem besteht dabei die Gefahr, dass Menschen für ihre Probleme oder Krankheiten noch moralisch verurteilt und als schuldig dargestellt werden. Ähnliche Vorstellungen gibt oder gab es in traditionellen Religionen, wenn man Krankheiten als Strafe Gottes ansah.
Andererseits bringt es auch nichts, alle eigenen Probleme und allen Ärger auf die Umwelt zu schieben. Wenn man zu schnell fährt, geblitzt wird und sich darüber ärgert, nützt es wenig, die Polizei für den Ärger verantwortlich zu machen.
Überhaupt hat das Ich ja einen gewissen Einfluß auf die Umwelt. Wenn ich mich ständig über meinen unfreundlichen Chef ärgere, kann ich notfalls den Job wechseln (obwohl das natürlich nicht immer einfach ist).

Damit kommen wir  zum zweiten Punkt, der FREIHEIT DES ICH.
Auch wenn man einräumt, dass unser Ich selbst Ärgernisse mitverursacht durch Fehler oder zu hohe Erwartungen: Ist unser Ich nicht bestimmt durch genetische Anlage, körperliche Prozesse und unsere früheren Erfahrungen, vor allem Kindheitserfahrungen?  ;)Kann das Ich also überhaupt ewas für sein Fehlverhalten? :-* :-* :-*
Die TÄTER-Theorie lehnt diesen Gesichtspunkt ab. Sie sagt, unser Ich ist frei, sich zu entscheiden wie es will, und sei daher auch total selbst verantwortlich.  Es gibt kein Glück oder Pech und kein Schicksal.  ???Glück hat nur der Tüchtige. Esotherische Anhänger der Lehre von der Wiedergeburt (Reinkarnation) behaupten sogar: Jemand hat sich seine Eltern selbst ausgesucht bzw. durch seine Taten in früheren Leben (Karma) herangezogen. Er soll daher auch für schlimme Kindheitserfahrungen ??? die Verantwortung tragen. Dagen sagt die OPFER-THEORIE: Unser Ich wird von verschiedenen Faktoren geprägt. Wer z.B. eine schreckliche Kindheit erlebt hat, wer von seinen Eltern ???unterdrückt wurde, der ärgert sich automatisch, er kann nicht anders. Schon gar nicht ist jemand für seine Gene verantwortlich. Ebenso kann jemand Opfer eines schlimmen Schicksals ??? oder auch nur ein Pechvogel sein. Umgekehrt beweist Lebenserfolg noch keine Tüchtigkeit. Denn wie das Sprichwort  lehrt: Die dümmsten Bauern haben oft die dicksten Kartoffeln.
Insofern ist eine Ganzheits-Theorie angemessen, die beide Seiten berücksicht.
-Wut ist sowohl von unser Umwelt als auch von unserem Ich bestimmt.
-Und unser Ich ist einerseits für seine Handlungen und Entscheidungen verantwortlich, andererseits wird unser Ich von verschiedenen Faktoren beeinflusst, die es größtenteils nicht steuern kann.


URSACHEN DES ÄRGER

Umwelt    -       Ärger/Wut/Zorn    -    Ich  Anlage/Körper/Kindheit


Diese Abhängigkeiten sind auch bei der Praxis zu berücksichtigen. Die Täter-Theorie wirft der Opfer-Theorie vor, sie verführe zur Passivität.

Da Menschen sich als Opfer sehen und nichts gegen Ärger unternehmen würden.

Aber das ist nicht zwangsläufig. Auch wenn man sich als Opfer von Ärgernissen sieht, kann man doch versuchen, diese Ärgernisse soweit möglich auszuräumen. Umgekehrt kann die Täter-Theorie zu einem überzogenen Aktivismus führen, als ob man allen Ärger selbst überwinden könnte.


Im Folgenden sollen die verschiedenen Ursachen genauer erläutert werden. Auf die Ich-Ursachen, wie sie die Täter-Theorie herausstellt, wird hier nur kurz eingegangen, weil sie im Praxis-Teil noch im Einzelnen diskutiert werden.

ICH-URSACHEN FÜR ÄRGER
°Gefühle
-Festhalten an alten Gefühlsmustern/z.B. wie ein Wut-Automat reagieren
-Sich reinsteigern in die Wut/z.B.sich über jede Kleinigkeit aufregen
-Positive Gefühle wegdrängen/z.B seine Freunde nicht ernst nehmen

°Bedürfnisse
-Maßlose, perfektionistische Wünsche, die scheitern müssen/z.B. immer Erfolg
-Widersprüchliche Wünsche, die nicht beide erfüllbarsind/z.B. Karriere + Faulheit
-Destruktive Wünsche, die nur neuen Ärger bringen/z.B. Rachewünsche

°Einstellungen/Gedanken
-Negativismus: immer Ärger erwarten/z.B. allen Mitmenschen   misstrauen
-Übertreibung/z.B. aus einer Mücke einen Elefanten machen
-Selektive Wahrnehmung/z.B. nur das Ärgerliche sehen

°Verhalten
-Provokation/z.B. sich über andere lustig machen
-Selbstbeschädigung/z.B. sich vor anderen schlecht machen
-Misserfolg suchen/z.B. die eigene Arbeit sabortieren

°Körper
-Den Körper stressen/z.B. durch Nikotin, Alk., Dro.
-Den Körper überfordern/z.B. durch Hochleistungssport
-Den Körper unterfordern/z.B. durch Bewegungsmangel


Lieben Gruß
wilde Flocke

28.09.2002 16:05 • #23


E
Hallo Gaabi,

danke für Dein liebes Kompliment.
Es ist schön zu lesen, daß Du einen kleinen Erfolg hattest, daß Dein Freund sich bemüht einzusehen, was er Dir angetan hat.
Wenn ich da so an einen meiner Ex denke
Heißt es nicht Männer sind  eifersüchtig auf die beste Freundin?
Vielleicht könntest Du ja einen Kompromiß mit Dir schließen.
Tagebuch führen und mit Deiner Freundin im allgemeinen über die Liebe plaudern?

Lieben Gruß
wilde Flocke


29.09.2002 12:33 • #24


E
Part sieben  :-* ;D :-*

Die zornigen jungen Männer und Frauen
Manch einer ist ein artiges Kind gewesen, ein angepasster Jugendlicher, und erst als junger Erwachsener wird er zum Protestler: Was lange gärt, wird endlich Wut. Das gilt besonders für Frauen. Denn wenn auch die kleinen Jungen zur Wutunterdrückung erzogen werden, so die Mädchen doch sehr viel mehr. Bei einem Jungen toleriert man ein unartiges, freches, ungezogenes Verhalten eher, aber ein süßes, niedliches Mädchen muss einfach lieb sein (dafür darf es weinen ???).
Das ist zwar heute nicht mehr so krass wie früher, aber noch deutlich genug. Und wie die kleinen Mädchen, so die großen Frauen. Sie dürfen alles sein, nur nicht aggressiv. Schon in Shakespeares  Der Widerspenstigen Zähmung heißt es:

Ein zorniges Weib ist gleich getrübter Quelle, unrein und sumpfig, ohne Schönheit:
Und ist sie so, wird keiner, noch so durstig, sie würdigen, einen Tropfen draus zu schlürfen.

Von daher hat gerade die Emanzipations- und Frauenbewegung die Frauen aufgefordert, ihren Zorn zu befreien und auszudrücken, zu lernen, sich zu behaupten und zu wehren. Nicht mehr nur brave Hausfrau oder gute Mutter sein, sondern auch für ihre eigene ???Selbstverwirklichung :-/sorgen. Bei aller Berechtigung dieser Forderung, manche Frauen erliegen dabei der Gefahr, vom einen Extrem ins andere umzuschlagen: vom Harmonie zum Konfliktverhalten, von der Anpassung zur Aggressivität. Zum einen wird dabei nur das männliche Fehlverhalten nachgeahmt, es kommt zu einem weiblichen Chauvinismus. Zum anderen hat sich eine besondere Form weiblicher Aggressivität herausgebildet, früher als Emanze, heute eher, gerade bei jungen Frauen, als Zicke, Biest, Luder, oder Mädchen. Mit diesen Namen werden sie in den Boulevardmedien mehr gefeiert als kritisiert. Und auch viele Männer finden das s.y und anmachend, obwohl sie als Ehefrau immer noch lieber eine freundliche und pflegeleichte Partnerin haben wollen.
So wie viele junge Frauen ihre traditionelle Rolle abgelegt haben, so auch manche Männer: Stichwort Softie. Und hier zeigt sich ein Paradoxon. Moderne Frauen fordern den neuen Mann: sanft, verständnisvoll, tolerant. Aber verlieben tun sie sich oft- wider willen - doch in einen Macho oder Chauvi, der starke BAD BOY wirkt anziehender als der GOOD GUY. Und bei den männlichen Kumpanen hat ein softer Hausmann ohnehin nicht viel zu lachen: Er wird Schattenparker, Warmduscher oder  interessanterwiese auch als Frauenversteher lächerlich gemacht. Wahrscheinlich spielt uns hier die Biologie einen Streich. Die Geschlechterrollen haben eben auch eine genetische Komponente die sich nicht einfach ablegen lässt.

Generell kann man bei den jungen Leuten hauptsächlich drei  Gruppen unterscheiden, die ein unterschiedliches Verhältnis zur Aggression haben:

Erstens, die politischen: Früher waren das die 68er, die gegen die Gesellschaft, den Staat, Amerika usw. protestierten, wobei der Staat in einem Generationenkonflikt oft nur das Symbol für den autoritären Vater war. Heute dominiert hier die Öko-Bewegung, mit Anti-Atomkraft-Bewegung, Gentechnikgegnern und den Tierrechtlern. Das Problem bei diesen Gruppen ist, dass eine oft berechtigte Gesellschaftskritik in Gewalt und sogar Terrorismus umkippen kann. Außerdem gibt es neben den linken zunehmend auch rechte Gruppen, die gerade den starken Staat wollen und sich aggressiv vor allem gegen Ausländer abgrenzen.

Zweitens die spirituellen: Früher waren es die Hippies und Blumenkinder, die zwar zunächst nicht unpolitisch waren (make love, not war), sich dann aber immer mehr in die Innerlichkeit zurückgezogen, in Meditation und Nirvana das Seelenheil suchten. Heute sind es unpolitische Naturfreunde (Müslis) sowie Anhänger von New Age und Esotherik.

Drittens die konsumorientierten: Diese heute dominante Gruppe interessiert sich weder sonderlich für Politik noch für Spiritualität. Im Vordergrund steht zum einen die narzisstische() Inszenierung des eigenen Ich. Bewundert zu werden, ein Star zu sein, ist das Ziel. Damit verbunden ist das Prinzip Spaß. Ständig auf Party zu sein ist ein Muss in der angesagten Spaßgesellschaft, einer Ich-Gesellschaft, in der die Solidarität weit zurückgegangen ist. Auch die Auseinandersetzung mit dem Vater hat an Brisanz verloren. Die heutigen Väter sind nicht mehr die starken, autoritären Personen der früheren Jahre. Es gibt heute viele lieberale, aber auch schwächere Väter und Männer. Im Fernsehen werden handzahme Männer wie Tilli Tanner aus Alf oder Al Bundy geradezu als Witzfiguren lächerlich gemacht. Aber man findet auch bei dieser Gruppe eine zunehmende Aggressivität, Schlägereien auf dem Schulhof, Einsatz von Waffen, s.uelle Nötigung, vor allem Arten der Geldbeschaffung.

Abschließend: Hier zeigt sich wieder das Doppelgesicht der Wut: Sie führt zu positiven gesellschaftlichen Veränderungen, aber sie kann auch umkippen in Gewalt oder egoistisch instrumentalisiert werden. Andererseits fehlt ohne Wut oft Motivation und Power, etwas zum Positiven verändern.


Die Angst vor der wilden Natur
Wut steht auch für Wildheit, für die wilde Natur. Wir zivilisierten Menschen haben ein zwiespältiges Verhältnis dazu. Einerseits bewundern wir zwar das Ungebändigte, die kraftvolle Wildkatze, die schäumende Brandung, den stürmischen Wind -, andererseits ängstigt uns die Wildheit auch. So hat der Mensch versucht, die Natur zu zähmen: Er hat die wilden Mustangs zugeritten, Flüsse begradigt, letztlich sogar die Atomkräfte gebändigt. Dabei ging es ihm nicht nur drum, die Naturkraft zu besiegen, sondern auch sie nutzbar zu machen, was schließlich in die Technologie mündete.
Ähnlich ist der Mensch mit der Wildheit in sich, der Natur in sich verfahren, mit Trieben, Gefühlen, S. sowie Aggressivität. Auch die hat er, durch Zivilisation und Kultur, zu kontrollieren und zu funktionalisieren versucht, z.B. für Arbeit und Leistung verfügbar zu machen.

Dabei besteht ein inniger Zusammenhang: Wenn ein Mensch ein wildes Tier zähmt, dann zähmt er (symbolisch) auch das Tier in sich selbst. Wenn er einen wilden Stamm, ein Naturvolk zivilisiert, bestätigt er sich damit die eigene Dressur.


Wut tut gut  oder macht krank ??? :-[ :-X

Ach, der Zorn
verderbt die Besten.
(Friedrich Schiller)

Wer nie im Zorn erglühte,
kennt auch die Liebe nicht.
(Ernst Moritz Arndt)


Ist Wut gut oder schlecht, gesund oder schädlich, nützlich oder nutzlos? Die Meinungen gehen wie gesagt auseinander, und nicht nur die von Arndt und Schiller. Wut ruft aber auch gemischte Gefühle hervor, wie sehr schön ein Zitat des Schriftstellers Karl Peltzer veranschaulicht:
Der Choleriker ist das Salz in der Suppe, die sich der Schöpfer eingebrockt hat.




Vorteile von Ärger, Wut oder Zorn: Ärger ist eine Kraft, ein Antrieb, der uns hilft, gegen Behinderungen, Störungen und Probleme vorzugehen. Wut macht uns stark, für Selbstverwirklichung zu kämpfen. Zorn sorgt dafür, dass wir nicht gleichgültig oder unverbindlich auf Ungerechtigkeit reagieren, sondern für uns und andere einstehen.
Und die Lösung eines Problems muss ja keineswegs in einer Zerstörung (destruktiver Ärger) bestehen, sondern es kann ebenso zu einem Neuaufbau kommen oder Wiederaufbau (konstruktiver Ärger) kommen. Wenn Ihnen jemand Ihre Sandburg kaputtmacht, können sie ihn wütend mit Sand beschmeißen, oder  mit einem jetzt erst recht eine neue, sogar schönere bauen. Es gibt also eine gute Aggressivität (Erich Fromm).

Zorn hat aber auch mit Leidenschaft und Wildheit zu tun, wie es das obige Zitat von Arndt über die Verbindung Liebe und Zorn ausdrückt. Hier ist allerdings wohl für manchen schon der Übergang zu den Negativseiten von Wut erreicht, denn das ungestüme Gefühl, der Wechsel und Hass ja Leiden schafft. Trotzdem: Ohne Zweifel kann das Rauslassen und Raustoben von Wut  nicht nur lustvoll, sondern ach befreiend und gesund sein  eine Katharsis, eine Gefühlsreinigung.

Man braucht Aggressivität, wäre sonst gar nicht lebensfähig. Im Grunde ist jedes Zerlegen, jedes Auseinandernehmen aggressiv, schon wenn Sie z.B. einen Holzklotz zerhauen, die Nahrung in ihrem Mund zerkauen, oder einen Gedanken im Kopf analysieren. Beim Fressen oder Gefressenwerden in der Natur überlebt nur, wer kämpft. Ähnlich muß unser Immunsystem Fremdstoffe und Bakterien vernichten, sonst müssten wir sterben. Aggression hat sich in der Evolution herausgebildet als ein Verhalten, welches das Überleben fördert.

Ebenso brauchen wir psychisch eine gewisse Aggression, um uns abzugrenzen. Wir brauchen ein ABWEHRVERHALTEN, das uns  hilft, unsere Selbstidentität aufrechtzuerhalten. Wir brauchen ICH-GRENZEN, damit unser Ich nicht von der Umwelt überrannt oder aufgesogen wird. Indem man sich gegen etwas stellt, spürt man Widerstand, etwas widersteht einem.
Diese WIDERSTANDSERFAHRUNG lässt mich unterscheiden: Hier bin ich, dort ist etwas anderes. Indem ich mich an etwas stoße, reibe, werde ich auf mich zurückgeworfen, finde mich selbst  


Fortsetung folgt

Lieben Guß
wilde Flocke

29.09.2002 14:58 • #25


E
hallo Gaabi,

Nun ich mache es ihm klar, aber er kapiert es nicht
???

Anscheinend ist es immer so daß einer der Nachdenker ist und der Erklärer und der andere schert sich nen Dreck drum sich zu bemühen.

Ich rede auch mit meiner besten Freundin darüber, er meint jedoch, sein Privatleben geht niemanden etwas an - das ist seine Privatsphäre

Es ist EUER Privatleben. Ich frage mich immer wieder wieso diese Menschen so stur sind und nur an sich denken können. Ich glaube langsam, daß diese Egos sich nie richtig verlieben können... Oder schlicht und einfach UNSOZIAL denken und verhalten!

Er redet zum Teil auch, aber kann seine Gefühle nie so ausdrücken und redet meistens um den heißen Brei.

Oh das kenne ich nur zu gut! Es nervt unheimlich wenn jemand so umständlich ist.

Ihr beide schreibt so schön, es wäre doch alles so einfach, ich habe aber das Gefühl, ich kann viele nicht anwenden an ihn.

ja, leider hast Du da vollkommen recht. Erst die Einsicht in eure Probleme bringt ihn dazu, verstehen zu wollen. Und die kommt aber erst mit seiner Bereitschaft. Oft braucht es ein sehr einschneidendes Erlebnis um den Schalter umzulegen...


@Flocke:
vielen Dank, Flöckchen, daß Du diese Riesenaufgabe machst hier und diese texte postest. Es steht so viel Wertvolles drin...

cu

29.09.2002 17:03 • #26


E
Danke, . Ich versuche, mein Möglichstes zu geben;
ob es mein Bestes ist? Weiß ich noch nicht....
Bitte seid so lieb und schickt mir ne mail, falls euch schlimme Tipp-Fehler zum verbessern auffallen.

29.09.2002 18:04 • #27


G
Lieber , liebes Flockerl!

Ich habe mir mittlerweile die Bücher auch bestellt, sind leider noch nicht da, aber ich freue mich schon sehr aufs Lesen.

, Kannst du mir bitte folgendes aus der Sicht eines Mannes nochmal erklären.
Mein Freund meint wir müssen einen Schlussstrich ziehen und von Null anfangen und nichts mehr aus der Vergangenheit und unseren Problemen mitschleppen und vorwerfen. Er sagt zwar, es war nicht alles richtig was er gemacht hat, aber ich habe ja da auch zum Teil mitgespielt bei diesem Spiel.
Ich kann das aber (noch?) nicht, ich kann nicht so einfach alles vergessen, ich kann wahrscheinlich mit der Zeit vergessen, aber ich weiss nicht wie und wann!

Es sind bei unseren Streits in den letzten Wochen viele heftige Dinge (Beleidigungen, Beschimpfungen, Streits über Kindererziehung, usw.) geflogen, jetzt im nachhinein meint er, dass hat er alles nicht so ernst gemeint ???

Ich möchte zu einer Paartheraphie gehen und ihn mitschleppen so quasi, er möchte auch mitgehen, hat aber immer wieder ausreden, dass er sehr wenig Zeit hat (stimmt aber nicht, er kann sie seine Arbeitszeit frei einteilen). Beziehungsweise er hält von solchen Psychologen nicht viel.

flockerl: und ich möcht mich s Dank an dich anschliessen und auch nochmal Danke sagen, auch für meine Tips.

liebe Grüße
Gabi

30.09.2002 09:38 • #28


E
Hallo Gabi,

was willst Du machen, wenn der Therapeut sich nicht als zufriedenstellend herausstellt?

Wie wirst Du Dich dann fühlen, wenn Dein Typ eh schon
nicht freiwillig hin will, und Du ihn überreden mußt?

Lieben Gruß
wilde Flocke

30.09.2002 13:43 • #29


E
Part 8  ;) ;D :o ??? 8) :P ::) :)


Überblick über Anti-Ärger-Methoden

Methode allgemein:

I Ärgernis ausräumen :-[

1. Störer verjagen o.ä.
2. Verstecken, Fliehen
3. Ersatz suchen (hilft bei Mangel)
4. Ärgernis/Ärger verändern, durch
   - Kampf
   - Verhandlung
   - Anpassung

II Zorn aufarbeiten 8)

1. Meditation
2. Zorn rauslassen  
3. Ärger verstehen
4. Heilendes Gespräch

III Positives stärken 8)

1. Schöne Gefühle
2. Sich Wünsche erfüllen
3. Positives denken
4. Spirituelles Annehmen

IV Wut verscheuchen ;D

1. Entspannung (Wut wegjoggen)
2. Ablenkung     (einen lustigen Film ansehen)
3. Umleitung      (sich in die Arbeit stürzen)
4 Abwehr          (Wut verdrängen) :(



Bilanz - Die goldene Mitte

Vielleicht wird sich der Mensch irgendwann einmal zu einem Edelmenschen entwickeln, der keinen Ärger und Kampf, keine Angst und Anpassung mehr kennt. Vielleicht gibt es sogar schon einzelne erleuchtete Geister, die im völligen Frieden mit sich und der Welt leben.
Aber wir Normalsterblichen von heute ;)haben Gefühle wie Angst, Schmerz und eben Wut : 8). Anscheinend gehören diese Grundgefühle einfach zu unserer Natur, sind genauso normal wie Essen und Trinken. Sie machen uns sogar erst menschlich. Denn wir sind nicht vollkommen und nicht über alles erhaben.
Die Aufstellung eines Ideals wie nie wieder Wut, das perfektionistische Bemühen um vollkommene Gelassenheit oder Coolness, hindert uns, spontan und unbefangen mit dem wellenförmigen Lebensstrom mitzuschwimmen, mit seinen Höhen und Tiefen, seinen ups and downs.
Zwar mag man die Sehnsucht nach einem absoluten Seelenfrieden bewahren. Aber der reale Mensch lebt im Rhythmus von Zufriedenheit und Ärger, Harmonie und Konflikt, in der Polarität von Yin und Yang. Es gibt eine Zeit des Annehmens und eine Zeit des Kämpfens. ;)Und Lebenskunst bedeutet, :) :) :) uns flexibel und souverän auf die jeweilige Lebenssituation einstellen :-* :-* :-*.
Aber natürlich ist es auch nicht sinnvoll, ständig von einem Extrem ins andere zu wechseln: einmal ganz kämpferisch, dann wieder völlig angepasst.
Sondern das Ziel ist die goldene Mitte zwischen Konflikt und Harmonie, ein relatives, dynamisches Gleichgewicht zwischen ihnen.
Wenn besonderer Kampf oder Anpassung notwendig sind, ist man dazu bereit. Aber die Basis bleibt die Ganzheit von Annehmen und  Ablehnen.

Wie heißt es so schön: Man soll die Dinge so nehmen, wie sie kommen; aber man soll auch dafür sorgen, dass die Dinge möglichst so kommen, wie man sie nehmen will. :)

Es geht also um die Integration dieser beiden Pole unseres Lebens:

° Zorn = Kampf/Konflikt/Selbstbehauptung/Ablehnen
° Friedlichkeit = Sanftmut/Harmonie/Anpassung/Annehmen

Wichtig dabei ist, jeweils zwischen positiven und negativen Seiten zu unterscheiden:
:o
1. Positiver Zorn: eine Kraft, uns durchzusetzen, uns gegen Ungerechtigkeit zu wehren. Zorn  als unser Freund und Ratgeber.  

2. Negativer Zorn: ein ständiges, übertriebenes,  sinnloses Ankämpfen gegen alles und jedes. Zorn als Gegner und Verführer.  

3. Positive Friedlichkeit: Gelassenheit gegenüber kleinen Ärgernissen. Hinnehmen,  wenn wir gegen ein Geschick ohnmächtig sind.

4. Negative Friedlichkeit: Ängstlichkeit oder Resignation. Berechtigte Wut verdrängen. Sich ales gefallen lassen, sich immer nur anpassen.

Den positiven Zorn sollten wir akzeptieren und begrüßen:
Das  gilt besonders für den Annehmer, den Harmonie-Menschen, der - mit negativer Friedlichkeit - zu allem ja sagt.
Den negativen Zorn sollten wir dagegen möglichst überwinden. Das gilt vor allem für den Ablehner, den Konflikt-Menschen, der die positive Friedlichkeit lernenmuss.
Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, dann kennen Sie jetzt die Lösung: die Kunst, sich richtig zu ärgern.
ENDE

(Ben-Alexander Bohnke Herder Spektrum ISBN 3-451-05232-6)

Lieben Gruß
wilde Flocke

30.09.2002 23:38 • #30


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