Verpasste Chancen Das verlorene Ich Unachtsamkeit

Hey Leskin,

danke für den Flirt, hast ein paar Sonnenstrahlen in meinen Tag gebracht. Und freut mich, wenn dich meine Meinung interessiert.

Aber...

Um ehrlich zu sein, habe ich mich recht bewußt aus deinem Thema zurückgezogen...
Du bist wirklich ein großer Luftschlossarchitekt, vieles erinnert mich an mich selber. Du hast einen superschnellen Verstand, es macht Spaß und schwindlig, dich zu lesen. Tatsächlich hätte ich dich auf Anhieb jünger geschätzt.
Jetzt bin ich blöderweise der Meinung, dass du genau so, mit Luftschlösser bauen, und im Zweifel noch einen Trakt hinzufügen, nicht weiterkommst.

Ich hab dir ja ganz am Anfang schon geschrieben, dass mir immer wieder auffällt, dass du viele Konzepte und Ideen verwendest, aber ganz merkwürdig oberflächlich. (Ich halte nicht dich für einen oberflächlichen Menschen, ganz und gar nicht, versteh mich nicht falsch) Irgendwie kommt es mir sinnlos vor, diesem Salat noch meine Konzepte hinzuzufügen, verstehst du, was ich meine? Noch ein Anbau am Luftschloss.

Die Frage wäre für mich, wie erdet man so ein Luftschloss? ME indem man ins Spüren kommt, und aufhört, den eigenen Gedanken zu viel Glauben zu schenken. Wie gesagt, am Denken und am analytischen Verstand scheitert es nicht. Es wird erst zu deiner Wahrheit, wenn du es fühlst. Und viele Gedanken vergiften uns auch, oder sind einfach nicht nützlich, finde ich.

Zwei Themen, die immer wieder aufzutauchen scheinen, ist das mit der Männlichkeit, und das mit deinen Bedürfnissen, die du dir scheinbar nicht erfüllen kannst.

Wegen der Männlichkeit hattest du mich ja expizit gefragt, vielleicht fang ich mal damit an.
Für mich persönlich sind Männlichkeit und Weiblichkeit keine sehr relevanten Begriffe. Ich möchte dich einladen, den folgenden Dingen wirklich nachzuspüren.
Relevant sind nicht die Gedanken, die kommen, sondern rein körperliche Reaktionen (Kloß im Hals, Weinen, Groß und leicht fühlen...) oder auch Bilder die auftauchen. Also:

Was passiert mit dir, wenn du den Gedanken denkst Ich lebe meine Männlichkeit nicht?

Ok, ich denke, darüber könnte man eine Woche meditieren. Bin gespannt, ob du dich drauf einlassen willst.

Ganz genau. Gut.
Das passiert vermtulich jedes mal, wenn du diesen Gedanken lebst. Also ist dieser Gedanke schlecht für dich. Das wäre ja noch akzeptabel, wenn er wahr wäre. Ist er wirklich wahr?
Jetzt darfst du wieder eine weile nachdenken.
Finde Beispiele in den letzten Monaten, wo du deine Männlichkeit gelebt hast.

Ist doch schon mal nicht schlecht.
Also ist der Satz Ich lebe meine Männlichkeit nicht vermutlich nicht wahr.
Ich meine, du lebst dein Leben mit P.. Du bist ein Mann. Ich würde vermuten, du kannst dein Leben gar nicht unmännlich leben.
Ok, jetzt versuch es mit dem Satz: Ich lebe meine Männlichkeit. Spür die Muskeln, die du dir antrainiert hast, spür, wie du gerade dein Leben im Griff hast...
Was passiert jetzt? Was spürst du?

Also dürfen Männer nicht schüchtern sein?
Also dürfen Männer keine Rente beziehen?

Und kuck, genau das meine ich mit Luftschlösser bauen (stimmt, mir fällt gerade auf, dass ich den Begriff etwas anders verwende, wie der allgemeine Sprachgebrauch):
Du hast den Gedanken: Ich lebe meine Männlichkeit nicht. Luftschloss.
Ich beweise dir, dass du deine Männlichkeit lebst.
Du so: aber ich bin schüchtern, ich beziehe Rente. Neuer Trakt am Luftschloss. Du bleibst im unangenehmen Gedanken, statt dir bessere zu suchen.


Hols auf den Boden. Es gibt vermutlich Bereiche, da bist du taffer unterwegs, und Bereiche, da bist du weniger taff unterwegs. Wie jeder einzelne Mensch auf diesem Globus.
Rein wissenschaftlich macht es mehr sinn, Hypothesen zu falsifizieren, als sie zu verifizieren. Eine einzige Ausnahme reicht, die Hypothese zu kippen. Mittelfristig kannst du so schädliche und falschen Gedanken loslassen, zumindst ist es mir gelungen.
Verstehst du ungefähr, was ich meine? Ich stelle gerade fest, dass das die Kernaussage meiner Signatur ist.

Zitat von leskine:

Doch klar, nur um das zu bekommen was ich möchte, ist die Situation nicht förderlich.

Das ist wieder so ein merkwürdiger Satz.
Doch klar, bezieht sich auf Männer dürfen schüchtern sein, und Männer dürfen Rente beziehen?
Aber wenig Einkommen haben ist schlecht, wenn man einen Ferrari kaufen will, und schüchtern sein ist schlecht, wenn man viele Frauen flachlegen will?
Die Situation macht alles so groß, und kompliziert und abstrakt.
(Wenn ich nerve, darfst dus sagen, aber du hattest ausdrücklich gefragt)

Aber weiter im Text.

Ich lebe meine Männlichkeit nicht macht dir Herzklopfen und schlechte Gefühle.
Ich lebe meine Männlichkeit macht dir Druck.

Vielleicht hatte ich doch recht mit meiner Vermutung, dass dieses ganze Männlichkeitsgedöns irgendwie doof ist?

Wie fühlt sich:
Ich bin in vielerlei Hinsicht stark, und ich erlaube mir auch Schwäche an?
Vielleicht findest du einen Satz, der dir gefällt?

Zitat von leskine:

Wenn ich von außen auf mein Leben blicke, dann ist das wahr ja. So empfinde ich es zumindest.

Weißt du, wenn ich mit dem Gedanken, ich sei unweiblich, dumm, was weiß ich auf mein Leben schaue, dann werde ich Dinge finden, die genau das bestätigen. Wahr ist es deshalb nicht.