Tief in unserer Seele sitzt etwas, vor dem wir so unglaubliche Angst haben, dass wir es schier nicht ertragen, es uns anzusehen.
Manchmal blickt es durch unsere Augen in die Welt. Und wer uns in diesem Moment in die Augen schaut erschaudert. Und läuft fort.
Weil genau in diesem Moment sein eigenes Gleiches aus seinen Augen heraus auf uns schaut. Und die beiden scheinbar dunkelsten Teile einander in die Augen schauen. Jedes erkennt sich selbst im anderen.
Keines mag sich selbst gesehen fühlen. Jedes gruselt sich vor sich selbst.
Nach einer solchen Begegnung war ich mal derart mit mir bedient, dass ich mich aufgemacht habe, mir das anzusehen, was ich für das Dunkelste in mir selbst halte.
Ich hab das Nichtwissen nicht mehr ausgehalten und bin buchstäblich hineinmarschiert in meine eigene Seele. Es fühlte sich an wie in ein Burgverlies hinab steigen.
Raue Wände, viele Treppen hinunter, Windung um Windung hinunter, Stufe für Stufe in die Tiefe.
An anderen Dingen vorbei. Hinten in der finstersten Ecke schien etwas zu sein. Ein erstaunlich kleines dunkles zusammengesunkenes Etwas, das sich dort zitternd verbarg. Selbst vor meinem Blick. Ich hab mich umgedreht und wollte fortlaufen.
Da kam aus der Ecke die Stimme eines traurigen Kindes. Sie flehte darum, angeschaut zu werden.
Nicht einmal Du erträgst meinen Anblick? fragte sie. Ich hab große Angst gehabt.
Und so viel Mitleid mit dem armen kleinen Ding, das hier so erbärmlich alleine im Dunkeln hockt. Und das sich so sehr sehnt.
Ich hab meine Hand ausgestreckt und sie in die Dunkelheit gehalten. Eine kleine erdige braune Hand ergriff meine.
Kam ein Stück meines Weges mit mir hinauf. Irgendwann hab ich mich getraut, hinzusehen.
Ich hielt an meiner Hand... ein Kind. Erdig. Schmutzig. Fahl. Verhutzelt. Faltig. Berührend in seiner Bedürftigkeit und tiefen Einsamkeit.
DAS ist das, was wir vor der Welt verstecken. Und wovor wir uns und sich andere, die sich in uns spiegeln unendlich fürchten: vor einem einsamen Kind.
Das macht uns laufen. Vor Angst und Panik.
Weit von uns selbst fort. Weil wir immer denken, wir hätten ein Monster in der Seele. Das uns verfolgt.
Dabei ist es nur unser eigenes verängstigtes einsames Kind in der Seele, das gesehen und angenommen werden will.
Und zwar von uns allein.
29.02.2020 22:55 •
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