Liebe Karin,
auch ich muss sagen, deine Worte hätten von mir stammen können, denn meine letzte Beziehung ist so abgelaufen, wie du deine schilderst. Er wollte mich nicht ganz, aber auch nicht komplett aufgeben, und so kam ich nicht los von ihm und den Hoffnungen, dass doch noch alles gut wird zwischen uns. Die eigentliche Trennung hat bereits im Frühsommer begonnen, und ich hab gelitten und gehofft - bis vor 2,5 Monaten - da hab ich dann einen letzten, schmerzhaften Cut gemacht und den Kontakt konsequent abgebrochen. Für mich, um nicht noch mehr Schaden zu nehmen.
Auch bei mir waren/sind es Verlustängste und ein schlechter Selbstwert, die mich in schlechten Beziehungen verharren haben lassen. Und ich weiß, dass ich bei meiner Selbstliebe ansetzen muss, um meine schädlichen Muster zu verändern.
Für mich bedeutet das im Moment, dass ich mich überhaupt nicht (mehr) mit meinen Fehlern oder Mustern in meinen Beziehungen auseinander setze. Ich blende das Thema Beziehung derzeit so weit wie möglich aus, weil es erstmal nur um mich gehen muss. Und seit ich das wirklich verinnerlicht habe, könnte mich kein Schicksal der Welt noch einmal davon abbringen, weil ich weiß, dass ich noch viel zu lernen habe und noch nicht soweit bin.
Ich kenne auch das Gefühl, dass das, was man für sich macht, nicht so richtig Spaß und Freude und Befriedigung bringt, da erstmal irgendwie eine Leere in einem ist. Aber (mittlerweile) erfahrungsgemäß wird es besser, je öfter man sich bewusst fragt: Was möchte ich jetzt gerne, was würde sich für mich jetzt gut, schön, fein anfühlen? Was würde mir Bestätigung geben und was kann ich dafür tun? Was (und nicht vorranging wer!) kann mir ein Gefühl von Geborgenheit und Wärme geben? Wie finde ich Trost, wenn ich meine eigene Mutter/Freundin wäre, was würde ich mir dann sagen, was würde ich für mich tun?
Ich glaube, es ist auch eine Frage der Einstellung: Sehe ich einen Kinobesuch mit einer Freundin als Pflichtübungg in Sachen etwas für mich tun an, so werde ich bei dem Gedanken keine große Lust empfinden. In solchen Fällen helfe ich mir, indem ich mir schon im Vorfeld vorstelle, wie es mir gut geht dabei, wie ich es genieße, wie auch ich dazu beitrage, dass auch sie Spaß mit mir hat und sich in meiner Gegenwart wohlfühlt.
Es liegt ganz allein an dir, was du daraus machst! Im ersten Moment mag das furchterregend klingen, dieses es liegt ganz allein an dir, aber wenn du erst einmal damit angefangen hast, wirst du vielleicht erkennen, dass das eigentlich sehr viele Vorteile bringt, dass du mit dir selbst Freude haben kannst, du dich auf dich selbst verlassen kannst.
Ich habe mir für all das professionelle Hilfe gesucht, weil ich einfach jemanden brauche, der mich immer wieder auf meine Stärken und Vorzüge und meinen Wert stößt und das heraus streicht, was gut läuft, was passt, was ich gut gemacht habe, worauf ich stolz sein kann. Mir hilft das sehr, für mich die nötige Motivation zu finden, ich bin mittlerweile viel mutiger geworden, stelle mich Herausforderungen, vor denen ich mich früher lieber gedrückt hätte, und ich achte sehr auf meine Grenzen - auch ganz wichtig!
Womit ich dir schlussendlich gerne noch Mut machen möchte: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, was ein großer Vorteil ist, und das meiste ist einfach auch Übungssache. So, wie du für deine Matura manches immer wieder wiederholen musst, um es intus zu haben, so ist es auch mit der Selbstliebe. Man lernt es irgendwann, wenn man sich regelmäßig und immer wieder damit beschäftigt, im Ernst!
Ich wünsche dir viel Kraft!
30.10.2012 11:51 •
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