Ich glaube, sich anders verlieben ginge gar nicht. Wie denn auch? Entweder die Gefühle entflammen oder sie entflammen eben nicht. Das hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern vielmehr damit, ob man sich aufgrund der gemachten Erfahrungen überhaupt noch verlieben kann, es wagt, oder ob man schon so vorsichtig, ängstlich und mißtrauisch an eine Beziehung bzw. an einen anderen Menschen herangeht, daß bedeutsame Gefühle gar nicht mehr ausbrechen.
Gerade, wenn man sehr verletzt worden ist, kann das das Vertrauen in die Liebe an sich einigermaßen ramponieren, und dann kann man unter Umständen unbewußte Abwehrmechanismen entwickeln, die ein echtes Verlieben schon von vornherein verhindern. Man hat ja die eigene Erfahrung gemacht, wie schmerzlich etwas enden kann, das so verliebt begonnen hat. Und um den Schmerz im voraus abzuwehren, wehrt man auch alle ernsthafteren Liebesgefühle ab. Rationalisierungen mögen einem zwar sagen, es müsse ja dieses und jenes stimmen, man bedenkt alles Mögliche und verkopft jedes Gefühl. Aber der eigentliche Hintergrund ist eine grundsätzliche seelische Abwehrhaltung.
Ob es so weit kommt, hängt aber nicht nur von den gemachten Erfahrungen ab, sondern auch von der eigenen Natur (an sich schon sehr verletztlich oder robuster z. B.), dem Selbstbewußtsein, den generellen Erwartungen gegenüber der Liebe bzw. einem anderen, dem Vertrauen in das Leben usw.
Was sich aber - im positiven Fall - durchaus ändern kann, ist der Umgang mit den Gefühlen und dem Partner, auch die Vorstellungen, die man mit Liebe verküpft. Erfahrungen, die man macht, machen zumindest bisweilen auch reifer - und das führt auch zu einem tieferen Verständnis der Dinge, man wird gelassener, zuckt nicht wegen jeder Kleinigkeit aus, wird nicht schon bei einem falschen Blick oder einem falschen Wort aus der Bahn geworfen usw. Aber an der Intensität der Gefühle ändert das nichts - vorausgesetzt eben, man kann sie auch zulassen und hat keine Abwehrstrategien dagegen entwickelt.
31.01.2017 21:09 •
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