Hallo lieber Michael,
auch wenn sich das jetzt blöd anhört, aber ich finde es gut zu wissen, dass auch Männer unter einer Trennung so sehr leiden können. Versteh mich bitte nicht falsch, ich will natürlich nicht, dass Du leidest, denn das, was Du durchmachst, ist die Hölle. Ich weiß, wovon ich rede, aber es heißt ja immer, dass Männer mit einer Trennung anders umgehen als Frauen. Im Moment sehe ich aber zwischen Dir und mir noch relativ viele Prallelen. Du bist in ein Loch gefallen, siehst nur Schwarz, wenn Du in die Zukunft schaust, kannst Dir nicht vorstellen, jemals wieder so zu lieben, hast Angst, dass Du ab sofort bis zum Ende Deines Lebens alleine durch die Welt laufen musst, stellst Dir dauernd die Warum-Frage, findest keine Antworten, spürst diesen tiefen Schmerz, fragst Dich, wie man so eine lange Zeit einfach so wegschmeißen kann, machst Dir Hoffnungen, dass alles wieder gut wird, Deine Gedanken kreisen nur noch um sie (und den anderen).
Ich kann nur versuchen, Dir ein bisschen Trost zu spenden, Dir Mut zu machen, Dein Leben in Angriff zu nehmen und so viel zu unternehmen, wie nur möglich. Ich bin jetzt seit 4 ½ Monaten alleine, nachdem mich mein Ex-Freund nach fünf Jahren wegen einer anderen verlassen hat, und habe das Gröbste hinter mir. Darüber bin ich sehr froh. Du hast hier also ein positives Beispiel, und ich bin ja nicht die einzige, das Dir zeigen soll, dass es auch wieder bergauf geht. Ich konnte in den ersten zwei Monaten überhaupt nichts essen und nicht schlafen, hatte andauernd Magen- und Darmkrämpfe und ständiges Herzklopfen. Das ließ dann nach den zwei Monaten etwas nach und ich habe eine Woche Urlaub gemacht, habe dort viel gesehen und erlebt, kam zurück und mich hat alles wieder mit voller Breitseite erwischt. Ich habe den schlimmsten Rückschlag erlitten, den ich mir hätte vorstellen können. Ich habe ein Wochenende lang nur durchgeweint. Aber das Weinen tat gut. Und es tut mir auch heute noch gut. Heute erlebe ich zwar keine so schlimmen Rückschläge mehr, aber ab und zu muss auch ich noch weinen, weil ich einfach immer noch nicht alles komplett verarbeitet habe. Ich stelle mir sogar heute noch die Warum-Frage. Von Anfang an habe ich viel unternommen und habe viel mit Freunden darüber gesprochen. Das hat mir sehr geholfen und den Schmerz ein wenig gelindert. Ich habe mittlerweile wieder Spaß am Leben und freue mich, dass ich so viele Freunde habe, die mich so gut unterstützt haben. Ich kann sogar wieder andere Männer anschauen und mit ihnen flirten. Das hätte ich mir vor 1 ½ Monaten noch überhaupt gar nicht vorstellen können. Das wird auch Dir irgendwann wieder so gehen, auch wenn Du es jetzt noch nicht glauben kannst. Mir haben das auch alle gesagt und immer wieder diesen Spruch „Die Zeit heilt alle Wunden“ gebracht. Ich war der festen Überzeugung, dass der Spruch auf mich auf jeden Fall nicht zutreffen würde, weil ich in den ersten Wochen überhaupt keine Fortschritte gesehen habe. Aber irgendwann musste auch ich erkennen, dass an diesem Satz doch etwas dran ist.
Du fragst Dich auch dauernd, warum Du Deine Frau noch liebst, obwohl sie Dir solche Schmerzen zugefügt hat. Ich habe mich das auch dauernd gefragt. Mein Ex-Freund hat mir einen richtigen A****tritt verpasst, indem er die neue bereits am selben Tag, an dem ich ausgezogen bin (die Trennung war einen Tag vorher) in UNSERE gemeinsame Wohnung geholt hat. Sie brachte bereits all ihre Badutensilien mit. Das durfte ich am nächsten Morgen vorfinden, als ich noch einmal in die Wohnung musste, um ein paar restliche Sachen zu holen. Die beiden waren zu dem Zeitpunkt, als ich dort war, nicht in der Wohnung. Ich bin im Badezimmer zusammengebrochen und konnte gar nichts mehr tun. Meine Freundin, die ich dabei hatte, hat mir geholfen, die Sachen einzusammeln und hat mich dann herausbefördert. Lange Zeit habe ich mich gefragt, was dieser Kerl mir wohl noch alles antun muss, damit ich ihn nicht mehr liebe, aber man kann seine Gefühle nun mal einfach nicht so abstellen. Wenn wir das könnten, wären wir so wie unsere Ex-Partner. Ich liebe ihn heute immer noch und hasse ihn zugleich, weil er mich auf das Übelste abserviert hat (hat mich angelogen, hat behauptet, es wäre keine andere Frau im Spiel), aber ich weiß auch genau, dass wir beide nie wieder eine Zukunft haben würden. Dafür hat er viel zu viel kaputt gemacht. Wir hatten Pläne, in eine andere Wohnung umzuziehen, die gerade von einer Innenarchitektin geplant wurde. Wir wollten es uns dort so richtig schön machen und wären in diesem Sommer/Herbst dort eingezogen. Jetzt realisiert er die Pläne mit ihr und zieht mit ihr in diese Wohnung. Für mich völlig unbegreiflich. Und nicht nur das, sie ist bereits wenige Tage nach meinem Auszug in UNSERE Wohnung gezogen, offiziell dann ein oder zwei Monate später. Das ist wirklich das fieseste, was mir in meinem Leben bis jetzt passiert ist, und ich frage mich immer wieder, womit ich so etwas verdient habe. Aber auch ich bin wieder aufgestanden, obwohl ich mich am Anfang wie ein kleines Würmchen gefühlt habe. Irgendwann ist mir klar geworden, dass er das Würmchen ist, weil er nicht die Courage besessen hat, mir reinen Wein in Bezug auf seine neue einzuschenken. Er war feige und absolut berechnend und musste sich erst eine neue suchen, bevor er mich verlassen konnte, weil er es alleine wahrscheinlich niemals ausgehalten hätte. Deshalb wohnt die neue jetzt auch in UNSERER Wohnung, weil ihm dort alleine die Decke auf den Kopf fallen würde.
Jetzt habe ich so viel über mich geschrieben, dabei wollte ich Dir einfach nur Trost spenden und Dir sagen, dass ich Dich verstehe, dass viele hier Deine Gefühle und Deinen Schmerz absolut nachempfinden können. Du bist damit nicht alleine. Ich würde Dir so gerne helfen, mit der Situation fertig zu werden, aber es gibt dafür leider kein Patentrezept. Es ist auf jeden Fall wichtig, dass Du für Deine Kinder da bist, dass Du weiterhin ein Vater für sie bist und Du aber auch an Dich selbst denkst und das tust, was Dir gut tut, denn es geht bei der ganzen Sache nur darum, dass Du heile herauskommst. Es geht um DICH, nicht um sie, nicht um ihn, um DICH. Du musst auf Dich selbst schauen und zusehen, dass Du Du selbst bleibst.
Deine Frau macht sich jetzt keine Gedanken darum, wie es Dir geht, was Du machst, wie Du mit der Situation klar kommst, weil sie das nicht will. Ihr geht es im Moment ja gut. Sie hat einen neuen Kerl, mit dem erst mal alles neu und aufregend und spannend ist, aber auch das wird nicht ewig anhalten. Würde sie sich mit Dir und Deinem Schmerz beschäftigen, würde es ihr nicht gut gehen. Das will sie aber natürlich nicht, denn sie will ja die Zeit mit dem neuen genießen. Aber irgendwann wird sie merken, dass mit dem neuen auch nicht immer nur alles eitel Sonnenschein ist. Auch da wird der Alltag Einzug halten und sich breit machen. Ich kann es leider überhaupt nicht begreifen, wie man sich von einer in die nächste Beziehung stürzen kann. Meiner Meinung nach kann das auf Dauer nicht gut gehen, weil man doch unbewusst mit Sicherheit vergleicht und ganz viel aus der alten Beziehung in die neue mit hineinnimmt. Man kann doch von jetzt auf gleich die alte Beziehung nicht einfach vergessen und den Schalter umlegen. Diese Frage habe ich mir schon so oft gestellt und ich komme auch da zu keinem richtigen Ergebnis.
Ich möchte noch mal kurz den Beitrag von Ariane aufgreifen, die schreibt das sie Angst hat, sich auf eine feste Beziehung einzulassen, weil sie nicht noch einmal so enttäuscht werden will (Ariane, ich verstehe Dich da hundertprozentig! Mir geht es nicht anders.) Mir macht es auch Angst, weil man doch wirklich an persönlichen Beziehungen zweifeln muss. Es ist einfach schrecklich zu sehen, dass sich ein Mensch von dem anderen nach jahrelanger Beziehung einfach so trennen kann, weil es einen anderen gibt, weil vielleicht ein paar Schwierigkeiten da waren. Aber wie Ariane schon sagte, sind es ganz oft scheinbar nur Kleinigkeiten, woran eine Beziehung scheitert. Das ist furchtbar deprimierend. Heutzutage wollen die Menschen nicht mehr kämpfen, sie haben genug davon, wollen sich es lieber bequem und einfach machen, weil das Leben an sich schon hart genug ist. Heute zählen bestimmte Werte und Vorstellungen nicht mehr, jeder ist nur auf sich selbst konzentriert und will sein eigenes persönliches Glück finden, was ja grundsätzlich nicht verkehrt ist, aber doch nicht um jeden Preis. Oder?
Lieber Michael, ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen. Positiv ist, dass Du so schnell in Deine eigene Wohnung ziehen kannst. Dort kannst Du wirklich erst einmal Abstand gewinnen und Dir so über einiges klar werden. Ich nehme an, dass Du gut im Leben stehst, einen Job hast, bei dem Du Dich ablenken kannst. Freunde und Familie werden Dir auch helfen wollen. Nutze das. Denn es tut so gut, immer wieder darüber zu reden. Auch ich muss heute noch immer wieder reden und reden und reden. Das hilft mir wirklich. Und auch das Schreiben hilft. Schreib hier, so oft Du willst. Es lesen viele Leute mit und werden immer wieder auch mal etwas schreiben, um Dich aufzumuntern und Dir gut gemeinte Ratschläge zu geben. Ich weiß, Du fühlst Dich allein, aber Du bist es nicht!
Alles Liebe
Bazze