Hallo,
da steckst du nun wirklich in einer sehr großen Lebenskrise.... ich umarme dich mal.
Eine solche Notlage zeigt aber auch, auf wen du dich wirklich verlassen kannst. Auf ihn sicher nicht.
Natürlich hält er sich von den Freunden fern, er weiß sehr genau, wie sein Verhalten zu bewerten ist und er wird sich in Grund und Boden schämen. Die neue Beziehung ist eine Panikbeziehung, schnell raus aus dem alten Leben und bloß nicht zurückschauen. Natürlich könnte er eines Tages wieder vor dir stehen und einen Neuanfang wollen - aber ich nehme an, du bist klug genug, diesen Gedanken endgültig zu verabschieden.
Vielleicht hast du schon viel früher gespürt, wie er tickt, dass solche Katastrophen nichts für ihn sind und er sich davor drückt? Man spürt ja schon, wo die Grenzen in der Beziehung liegen, wie sehr man sich auf den Partner verlassen kann oder bis zu welchem Punkt. Insofern ist sein Weggang das beste, was dir passieren konnte - statt immer insgeheim alles zu tun, um den Partner trotz Krankheit zu halten, ihm alles recht zu machen, ihn bloss nicht zu sehr zu belasten. Denn du brauchst die Kraft allein für dich und deine Gesundung.
Manche ehemalige Krebspatienten haben ihr Leben in wesentlichen Teilen komplett verändert, viele von ihnen sind auch aus der Beziehung raus gegangen. Das hat ihnen gut getan und sie berichten, dass sie so ihre Krankheit besser besiegen konnten. Sie haben sich von allem getrennt, was belastend war, alles kam auf den Prüfstand. Es gibt Menschen, die ins Ausland gezogen sind und neu angefangen haben. Es wurden einfach neue Prioritäten gesetzt. Erst recht in Beziehungsfragen.
Jetzt musst du ihn wegen des Kindes weiterhin in deinem Leben haben, ihn sehen, diese Arroganz spüren. Ich finde, ein Mittler wäre gut, jemand, der alle Gespräche und Übergaben des Kindes regelt. Und natürlich stellt sich jetzt auch die Frage, ob das mit deiner Situation überhaupt zu vereinbaren ist, dass er dauernd kommt und dein direktes Umfeld mit diesem Verhalten vergiftet, weil deine Tochter nicht zu ihm gehen mag. Ja, sie ist ein Kind und natürlich leidet sie unter all´ dem.
Aber im Moment bist du in einem Überlebensmodus und kannst solche Störfeuer nicht gebrauchen. Warum treffen sie sich nicht bei den Großeltern? Oder woanders? Gehen in den Zoo, auf Spielplätze, ins Schwimmbad - es gibt so viele Möglichkeiten. Es sind nur Stunden.
Er macht es sich so leicht mit seinem Mama wird immer einen Platz im Herzen haben, es ist unfair. Er macht sich davon, kommt wie es ihm beliebt. Du bedienst gerade die Vater-Kind-Beziehung und ihre Rechte und lässt sie dabei deine persönlichen Grenzen überschreiten. Unter normalen Umständen wäre das vielleicht noch okay. Aber in dieser Notlage nicht. Und wo ist dein Recht? Wieso gelingt es nicht, auf dich Rücksicht zu nehmen und der Kleinen zu erklären, dass sie, wenn Papa-Zeit ist, diese bei ihm in seinem Zuhause verbringen sollte. Die Kleine besteht auf ihr Recht, nicht die Trösterin sein zu wollen. Du bist die Mama, nicht sie. Das spricht Bände - auch für ihre Reife und vorhandenes Selbstbewusstsein... überhaupt wirkt sie nach deiner Erzählung ziemlich tough... zumindest in Bezug auf deine Erkrankung und deinen Zustand. Ich würde auch für sie eine psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.
Natürlich soll sie keine Trösterin sein. Sie soll Kind sein. Und als solches kann sie allerdings auch lernen, auf dich Rücksicht zu nehmen und den Papa in der anderen Stadt zu besuchen, weil es dir damit einfach besser geht. Denn dann bist du weniger am Boden und sie kann ihre Kindheit besser genießen.
Und was ihn betrifft, würde ich tatsächlich einmal Tacheles reden und ihm klarmachen, dass es keine einzige Stunde mehr geben wird, in der er dich durch sein Verhalten und seine Anwesenheit belästigt und belastet. Es gelten neue Regeln - wenn er der fürsorgliche Vater spielen will, soll er das in seinem Dunstkreis tun. Und seine Jobzeiten sollten dir am Allerwertesten vorbeigehen. Er hat es sich so eingerichtet, soll er damit klarkommen und diesen Umstand seiner Tochter erklären. Oder er ändert halt die Umstände.
Ich werde wirklich sauer, wenn sich solche Situationen ergeben. Niemand soll seine Bedürfnisse hinten an stellen, tut auch keiner freiwillig laut deinem Bericht, aber du hast jedes Recht, jetzt an dich zu denken und Grenzen zu setzen, wenn sonst schon niemand Rücksicht nimmt.
Lass´ dich nicht unterkriegen und mach jetzt mal was gutes für dich. Weg mit diesem Energiefresser.
Ganz liebe Grüße und viel Kraft für die nächsten Monate!