Liebe @Surico,
eine ähnliche Geschichte wie deine habe ich vor knapp fünf Jahren erlebt. Ich war damals 47, und bei uns waren es nur 18 Jahre Beziehung, unsere Kinder waren noch jünger (11 und 9), aber es gibt viele, viele Parallelen - die plötzliche Gefühlskälte mir gegenüber, obwohl wir immer so eng waren und über alles reden konnten, das Unverständnis über meinen Kummer, die Schuldzuweisungen, die völlig aus der Luft gegriffen waren. Mein Ex ist auch sofort bei der Neuen eingezogen, und mit ihr waren auf einmal Dinge möglich, die ich mir lange gewünscht, aber nie bekommen hatte. Und viele, viele weitere vergleichbare Geschichten habe ich hier im Forum gelesen. Das Gefühlschaos, das du beschreibst, kenne ich gut. Ich fürchte, es gibt keine Abkürzung und du musst durch das Tal der Tränen hindurch, aber ich möchte dir Mut machen. Es gibt ein Licht am anderen Ende des Tunnels, und wie für viele hier gilt auch für mich, dass es mir am Ende eines schmerzhaften und langwierigen Prozesses so unglaublich viel besser geht, wie ich es mir niemals vorgestellt hätte. Alles in allem hat es knapp zwei Jahre gedauert, bis ich die Trennung verarbeitet hatte, aber inzwischen bin ich mehr als dankbar, dass es so gekommen ist. Erst im Rückblick ist mir klar geworden, wie sehr ich mich verbogen hatte, wieviel ich mitgemacht hatte aus Angst, allein zu sein.
Mein Weg war es übrigens auch, unglaublich viel darüber zu reden, das hat mir sehr beim Verarbeiten geholfen - ich habe das auf viele Menschen verteilt, und es hat mir sehr gut getan, nicht wegzusehen, nicht zu verdrängen, sondern mich immer und immer wieder damit zu konfrontieren. Für ca. 1,5 Jahre war ich mit meinen Gedanken in 70-90% meiner wachen Zeit beim Ex, bei der gescheiterten Ehe, bei allem, was da noch dranhing. Danach wurde es graduell besser, und dann habe ich gemerkt, dass ich den Ex nicht brauche, dass ich niemanden brauche, der mich so behandelt, dass ich das, was ich nur in einer Beziehung finden zu können glaubte, oder mehr noch, nur in einer Beziehung mit dem Ex, in mir selbst finden kann, wenn ich offen mit mir und meinen Mitmenschen bin. Ich konnte loslassen und mich entspannen. Was interessanterweise zur Folge hatte, dass sich kurze Zeit später gleich zwei Männer unabhängig voneinander in mich verliebt haben - mit einem davon bin ich jetzt seit bald drei Jahren zusammen.
Der Ex wohnt immer noch bei seiner neuen Freundin, was mir inzwischen vollkommen egal ist. Meine Kinder berichten, dass dort inzwischen Alltag eingekehrt ist und es die gleichen banalen Streitereien um Kleinigkeiten gibt, die mich immer sehr belastet hatten, und die in meiner jetzigen Beziehung einfach abwesend sind. Nach der Scheidung vor knapp zwei Jahren hat der Ex mir erzählt, dass ja alles anders gekommen wäre, wenn ich ihn nicht gleich rausgeworfen hätte (gleich war 6 Monate, nachdem ich seine Affäre aufgedeckt hatte und er sich erst nicht entscheiden konnte, ob er lieber mit der Familie oder mit der Affäre sein wollte und sich schließlich für die Affäre entschieden hatte - er wäre aber trotzdem gern in der Ehewohnung gebliben, da die Wohnung seiner Neuen recht klein ist). Ich habe absolut und weiterhin kein Interesse an einer Freundschaft mit ihm, kann aber neutral freundlich mit ihm umgehen.
Ich bin überzeugt davon, dass es dir auch so gehen wird. Jetzt liegt eine harte Zeit vor dir, in der du jede Unterstützung brauchen kannst (gut, dass du eine Therapeutin hast), aber am Ende sehe ich eine große Chance, dass es dir viel besser gehen wird als zuvor. Alles Gute!
07.11.2022 20:36 •
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