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Vater des Partners mit unheilbarem Krebs diagnostiziert

S
Liebes Forum,

Ganz frisch hat mein Partner erfahren, dass sein Vater an einem unheilbaren Krebs erkrankt ist,
er reagiert sehr gelassen, hat mir erzählt er habe kurz geweint, würde die Trauer aber jetzt auf nach dem Tod verschieben wollen.
Er möchte darüber gerade nicht reden und auch nicht nachdenken.
Ich verstehe diese Reaktion und will aber für ihn da sein sobald es sich ändert.
Ich habe Angst, dass dies für ihn fast zu verständnisvoll ist und er mit dieser Rücksicht die ich äußere, kaum zurechtzukommen scheint.
Wir sind bereits sechs Jahre zusammen und haben eine gute Basis was den Umgang mit schlimmen Nachrichten angeht,
nur waren diese Probleme meist auf meiner Seite und nicht auf seiner, seine Reaktionen waren unglaublich geduldig und sehr sehr wichtig für mich.
Aus Respekt vor ihm möchte ich nicht mit meinen Freundinnen oder meiner Familie über das Thema sprechen, bevor
er nicht mit mir darüber gesprochen hat, deshalb muss ich mir alles hier von der Seele schreiben.
Ich bin selbst sehr mitgenommen von der Nachricht, weil ich seinen Vater unglaublich gern habe
und die Gedanken, dass er wo er so ein lebensfroher Mensch ist, nun all seine Pläne nicht mehr ausleben kann, lässt mich
im Moment fast verzweifeln, auch die Gedanken an die Familie und die Freunde brechen mir das Herz.
Ich möchte auf keinen Fall egoistisch meinen Partner mit meinem Schmerz überrumpeln, der
in seiner Auslebung nach außen größer scheint als seiner, und ihn zu irgendeiner Reaktion zwingen, allerdings weiß ich
beim besten Willen auch nicht mit seinem Optimismus umzugehen.
Zudem verwirrt mich noch die Angst es kräftetechnisch nicht zu schaffen ihm beizustehen und ihn über alles zu verlieren, da ich
ohnehin unter Verlustängsten leide, erschwert dies meine Fähigkeit gerade klar darüber nachzudenken wie ich vorgehen soll.

Mir tut es sehr Leid, dass ich so verwirrende Ausschweifende Gedanken niederkritzle, ich wäre dennoch sehr dankbar falls jemand
sich meldet oder mir einfach nur sagt, dass ich das irgendwie schaffe, für meinen Freund da zu sein.

24.04.2020 18:25 • #1


D
Nun, es liegt eine schwierige Zeit vor Euch- und natürlich für den betroffenen Kranken.
Du kannst mir glauben, Gefühle lassen sich kaum steuern und zeitlich planen.
Signalisiere Deine Gesprächsbereitschaft, mehr kannst Du auf der partnerschaftlichen Ebene kaum tun.
Wenn ihr schon dunkle Zeiten zusammen gut durchgestanden habt, dann werdet ihr auch diese traurige Geschichte gemeinsam schaffen.

Du selbst hast ja auch Traurigkeit in Dir, vielleicht hilft Dir ja ein verstärkter Kontakt zum Schwiegervater.
Gerade jetzt, mit dieser Corona-Krise ist es doch wichtig, liebe Menschen nicht allein zu lassen.

Zerdenke diese Geschichte nicht, besser Du gehst ohne Ängste da ran.
Es kommt eh ganz anders als jede Theorie, die Du Dir ausmalst.

24.04.2020 20:22 • x 2 #2


A


Vater des Partners mit unheilbarem Krebs diagnostiziert

x 3


S
Danke, vielen vielen Dank

24.04.2020 21:05 • #3


Plentysweet
Liebe stagniert,
Du hast eine schwere und traurige Situation zu bewältigen, die anscheinend erfordert, daß Du Dich selber grad aus dem Fokus nimmst und Deine Bedürfnisse und Ängste zurückstellst. Es geht immo um Vieles: Um Dich selbst, Eure Beziehung, den Vater des Partners. Alles will bewältigt werden. Ein richtiger Problemknoten ist das.
Für Dich selbst: Vielleicht findest Du außerhalb der Beziehung doch irgendwo ein Ventil, Deinen Kummer nach außen zu tragen und ihn loszuwerden. Oder Du gehst, wie Dracarys sagt, stärker in den Kontakt zum Vater Deines Partners hinein. Wenn er es zulässt und Du es aushälst. Es könnte Euch beiden gut tun. Vielleicht verflüchtigen sich Deine Ängste in diesen Begegnungen. Schwere Erkrankungen gehören leider zum Leben dazu. Und Du demonstrierst auf diese Art zudem
Deinem Partner gegenüber Stärke und Zugewandtheit. Ansonsten, wenn Du das nicht kannst, kommuniziere es ehrlich. Er wird es verstehen. Du musst halt eine gute Balance finden zwischen: Ihm zur Verfügung stehen und Dich selbst auch abgrenzen. Es ist nicht leicht. Und ich denke auch, Du solltest ein Stück weit loslassen. Du hast nicht alles selber in der Hand und das musst Du auch nicht. Zum Glück.
Ich wünsche Dir viel Kraft und überfordere Dich nicht!

25.04.2020 09:54 • x 1 #4


E
Zitat von stagniert:
Aus Respekt vor ihm möchte ich nicht mit meinen Freundinnen oder meiner Familie über das Thema sprechen, bevor
er nicht mit mir darüber gesprochen hat, deshalb muss ich mir alles hier von der Seele schreiben.

Vielleicht kannst Du ja zumindest eine Freundin ins Vertrauen nehmen. Das habe ich damals auch gemacht als mein Vater die Krebsdiagnose bekam und meine Eltern es geheim halten wollten. Du musst mit jemandem sprechen, da Dein Herz ja geradezu überläuft. Für Euch ist die Situation ungewöhnlich, da sonst immer er es war, der an Deiner Seite stand und Dich in Deinen Sorgen unterstützt hat. Seine Art der Problembewältigung ist Dir fremd, aber das ist es immer ein Stück - jeder verarbeitet Dinge anders. Wie schon hier geschrieben - zeige, dass Du für ihn da bist, sei rücksichtsvoll, aber rede nicht über das Thema, wenn er es gerade nicht will. Ich weiß, das ist sehr schwer, wenn man selbst eigentlich der Typ ist, dem Reden in solchen Situationen sehr hilft.
Also: Wähle eine Freundin Deines Vertrauens aus, verlange Verschwiegenheit und öffne Dich, aber sorge bitte dafür, dass er es nicht unbedingt mitbekommt. Das wird sozusagen Deine 'Supervision' und hilft dadurch indirekt auch ihm.

25.04.2020 13:37 • x 2 #5


Gorch_Fock
Hey Stagniert, das sind natürliche heftige Nachrichten. Trotzdem solltest Du in dieser Zeit jetzt besonders auf Dich und auch auf die Beziehung achten. Du hast hier sicherlich schon einen Grund, warum Du hier angemeldet bist.
Aus vielen Foren Geschichten kannst Du lernen, dass Männer sehr gerne beim Thema Krankheit zu machen bzw. danach auf einmal vollkommen irrational handeln. Sehr gerne wird sich dann z.B. auch getrennt bzw. steht auf einmal eine neue Frau auf der Bühne. Kommt Dir jetzt alles total hypothetisch vor? Ich sage es trotzdem, dass Du insb. in dieser Zeit mal aufmerksamer als sonst seien solltest. Und Du hast das Recht mit allen darüber zu sprechen. Ein Verschweigen Deiner Emotionen kann zu schweren Problemen führen. Und das sollte auch Dein Partner akzeptieren.

25.04.2020 15:14 • x 3 #6


CaveCanem
Ah...

Du hast bereits begonnen, um den Verlust eines Menschen zu trauern, der noch da ist.

Und der noch einen längeren Leidensweg haben wird, bis er dieses Leben verlassen wird, davon kannst Du ausgehen.

Dein Partner ist derart im Schmerz, weil sein Vater, sein Fels in der Brandung, sein zu Papa kann ich immer gehen in absehbarer Zeit sterben wird. Fort sein wird.

Er hat- pragmatisch- den Zugang zu dieser Gefühlswelt gekappt.

Um die letzte Zeit, die bleibt, ohne diese Trauer mit seinem Vater haben zu können.

Denen, die gehen, tut unsere Trauer weh. Denn sie wissen, dass sie sie verursachen.

Und sie können sie uns auf keine Art nehmen oder ersparen.

Dein Partner ist sich selbst gegenüber emotional klug. Und seinem Vater gegenüber auch.

Du wirst Deinen eigenen Kanal für Deine Trauer brauchen.

Der weder Dein Mann noch sein Vater sein sollte.

Wen betrauerst DU denn da? Weisst Du das?

Such Dir eine Trauergruppe mit psychologischer Betreuung. Die helfen sehr gut.

Mein Vater ist 2017 an Krebs gestorben. Meine Mutter 1994.

Besonders die Zeit vor dem Tod meiner Mutter war für mich wie der Lauf auf einem Hochseil über einem Abgrund.

Bloss nicht auf das Morgen schauen. Auf die Zeit danach.

Ein Schritt nach dem anderen. Nur die Füße und das Seil im Blick.

Diese Zeit und dieses Gefühl vergesse ich nie.

Hängst Du Dich jetzt an ihn schüttelst Du ihn durch. Und belastest ihn. Und womöglich stürzt er dadurch von seinem Seil.

Du solltest unbedingt auf Dich selbst schauen. Und Deine eigenen Toten betrauern. Sein Vater wird irgendwann seiner sein.

Dann beginnt Eure gemeinsame Bewältigung.

Habe vorher Deine Dinge zumindest begonnen, sonst wird das eine Zerreißprobe für Euch.

Überleg mal, ob der Vater sich etwas noch sehr stark wünscht.

Meine Eltern hatten beide noch einen letzten Wunsch. Meine Mutter wollte eine liebe Freundin aus England unbedingt noch einmal sehen.

Mein Vater wollte unbedingt noch einmal im Motorflugzeug über seine geliebte Wahlheimat fliegen. Sich verabschieden.

Ich habe beides mitgetragen. Und beides ermöglichen können.

Unterstütz Deinen Partner. Schlag ihm vor, dass er seinen Vater danach fragt. Und schaut, ob und wie das heute umsetzbar wäre.

Und schau vorsichtig, wieviel Zeit Euch noch bleibt. Was prognostizieren die Ärzte?

Mein Vater hatte ungefähr ein Jahr ab Diagnosebeginn.

Meine Mutter auch ca. diese Zeit.

Wenn Du mehr wissen willst, schreib mir gerne eine PN.

Die Kräfte werden langsam schwinden. Es wird Tage geben, an denen denkt Ihr, es sei alles nur ein Irrtum. Und schon kurze Zeit später wird Euch der Krankheitsverlauf dran erinnern, dass das doch Realität ist.

Diese Zeit wird allen sehr zusetzen.

Sei einfach da. Nimm ihn in den Arm. Bleib Ruhe und Kraft und Licht für ihn. Die Welt wird dunkler werden.

Und schau unbedingt in Deine eigene Pandorrabox hinein. Um wen trauerst Du gerade?

25.04.2020 15:48 • #7


S
Vielen Dank für diese Antwort,

Eine ähnliche Beobachtung habe ich selbst über Nacht auch machen können. Ich trauere derzeit um niemanden,
Ich habe niemand verloren, allerdings habe ich durch mein Studium eine verstärkte Zurückgeworfenheit auf
meine eigene Persönlichkeit und neige zu Rollenaufnahme in Stresssituationen, meine ausgeprägte Fantasie
spielt mir bis ins kleinste Detail die Zukunft vor als würde diese schon existieren, improvisativ stelle ich mich dieser
und nehme eine Haltung dazu ein, welche durch cinematografische Vorbilder oder klassische Verhaltensmuster geprägt sein mag, sich aber auch möglicherweise an meinen persönlichen Problemen bedienen mag.
Ich weiß, dass mein Partner und ich in der Verhaltensweise unterschiedlicher nicht sein können und bin mitunter auch durch all die lieben Kommentare hier entspannter dies zu akzeptieren.
Ich kann akzeptieren, dass ich nicht sofort alles sein muss, sondern alles viel langsamer gehen wird als in meinem Kopf und ich meine Energie nicht jetzt schon auspusten muss.
Der Kontakt mit meinem Partner hat sich seit heute schon deutlich gebessert, ich spüre wieder deutlich unsere Bindung und unser Vertrauen zueinander.
Ich danke sozusagen für eine erfolgreiche 'first aid' und verabschiede mich aus diesem Forum

25.04.2020 16:33 • #8


CaveCanem
Äh... das Komplizierte ausgedrückt auf Deutsch und in kurz:

Du versetzt Dich in den anderen hinein und eskalierst in die Zukunft, wie Du an seiner Stelle reagieren würdest.

Gaaaanz vorsichtig damit.

So kann man böse daneben landen. Und verliert das echte Du dabei komplett aus dem Blick.

Aber was noch schlimmer ist:

Man verlässt dabei das eigene Ich.

Ich lese Dich immer noch so, dass da was wurmt @ Trauerthema. Und das derart wurmt, dass Du wie die Katze da fix wieder Erde drüber scharren magst.

Da is nix. Hab ich nich gesehen.

Schon. Aber Du magst das nicht anschauen. Es ist leichter, das Du anzusehen, als das ich.

Das geht uns allen so.

Trauer trauert meist Jahrzehntelang. Weil mancher Verlust eines Menschen durch nichts und niemanden zu heilen ist.

25.04.2020 16:47 • #9


monchichi_82
Auch wenn das Thema fast ein Jahr zurückliegt, es werden weitere Teilnehmer die das betrifft hier lesen und ich kann von mir sagen, ich habe einen krebskranken Mann der mir sehr nahe stand lange Zeit gepflegt. Wir sahen und täglich 6-10 Stunden. Ich habe mit ihm viele Gute und viele Schlimme Momente erlebt.

Du ladest dir eine Last auf die gar nicht deine Aufgabe ist. Du bist nicht die Partnerin des Vaters, nicht das Kind, du bist kein naher Angehöriger, nicht die Pflegekraft. Deswegen solltest du dich davon klar abgrenzen. Vielleicht den Vater mitleidsvoll anschauen oder ihm ins Gesicht weinen als würde er schon im Grab liegen, damit ist niemandem geholfen und dir am Allerwenigsten. Besser ist es, die Zeit zu genieißen so lange es geht und jeden Tag so zu nehmen wie er kommt.Solange er noch auf den Beinen steht ist alles gut. Kritisch wirds dann wenn er bettägrig wird, das letzte Pulver verschossen ist an Chemotherapie und die Palliativpflege an die Tür klopft. Dann kann man sich anfangen berechtigt Sorgen zu machen, vorher nicht.

01.03.2021 08:51 • x 1 #10


A


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