Zitat von Iunderstand: Ich würde daher alleine fahren, mit der Option jederzeit abbrechen zu können.
Es kann ein Befreiungsschlag werden, wenn man den inneren Schweinehund öberlistet und einfach los fährt. Ich könnte mir vorstellen, mich ins Auto zu setzen und spontan zu entscheiden ob ich Richtung Süden, Norden oder Westen fahre. Der Osten scheidet für mich aus, da bin ich gezeichnet seit meiner Kindheit und das geht nicht weg. Osten ist Bedrohung.
Ich war mal getrennt und es ging mir alles andere als gut. Ich lebte natürlich weiter, machte meine Arbeit, aber die Trennung überwunden hatte ich noch lange nicht. Immer wieder diese Gedanken ....
Dann kam der allährliche Kongress in meiner Berufssparte und dieses Mal in Berlin- Ausgerechnet Berlin, denn er, der Ex. war schon öfters dort gewesen und hatte dort auch eine Anlaufstelle bei der kostenlos übernachten konnte. Und mein Traum war es, mal mit ihm nach Berlin zu fahren, wo ich dann unglaublich glücklich wäre an seiner Seite. Er würde mir Berlin zeigen.
Tja, jetzt saß ich da. Die Trennung lang schon einige Monate zurück, aber sie beschäftiigte mich immer noch sehr stark. Und es konnte gut sein, war sogar zu erwarten, dass er auch da sein würde. Und dann noch Berlin, die Hauptstadt. Und ich eine Provinzpflanze. Wie sollte das gehen?
Ich sah mich, wie ich mich verfuhr, Wege nicht fand, übefahren war von all dem Trubel um mich rum und vor allem würde ich abends allein und traurig und möglicherweise weinend in meinem Hotelzimmer sitzen. Wo ich mir doch erträumt hatte, mal mit ihm ... Ach, herrje! Die inneren Schweinehunde leisteten ganze Arbeit und sagten: Ach, Du willst da alleine hinfahren. Echt jetzt? Das wird ein Desaster, das können wir Dir jetzt schon sagen. Du wirst bitter dafür bezahlen, Du schafffst das nicht, nicht in Deiner Verfassung!
Irgendwie sagte aber eine andere Stimme in mir, dass ich feige bin und mir nichts zutraue. Nach einigen Wochen des Überlegens ging ich in die Arbeit, meldete mich für den Kongress an, buchte eine Hotelzimmer am Alexanderplatz (der Kongress mit Hotel war in Neukölln, aber das wäre zu einfach gewesen) und meine Bahnfahrkarte. Es gab kein Zurück mehr und ich wartete mit innerer Sorge auf das Näherrücken des Kongresses.
Dann war es so weit und ich stieg in den Zug. Und dann war alles ganz einfach. Ich verfuhr mich nicht, ich fand überall hin und auf dem Kongress war es super, weil ich viele Kolleginnen und Kollegen traf und mit Firmen Kontakt hatte. Und ich war jeden Abend unterwegs mit KollegInnen und fühlte mich frei. Er, dieser Mann, war nicht gekommen. Vermutlich wollte er ein Aufeinandertreffen vermeiden.
Ih hängte noch ein paar Tage an und unternahm einige Dinge allein. Es war phänomenal weil ich mich offen fühlte und selbstständig. Und ich merkte, ich brauche niemanden der mich mitzieht. Ich entscheide was ich tue und muss mich nicht nach einem Begleiter richten. Und manchmal ergab sich sogar ein kurzes Gespräch mit völlig Unbekannten.
Als ich heimkam, war ich in Hochstimmung, denn ich hatte es mir bewiesen. Ich konnte es, auch ohne ihn. Einer Freundin schrieb ich damals: Berlin war mein Freischwimmer.
Heute noch fahre ich ab und an gerne hin, aber immer allein und fühle mich sehr wohl damit. Mein Partner wartet derweil allein und kann meine Begeisterung für eine Großstadt nicht teilen.
Frag mich. wo ich gerne hin fahre, wenn ich die Wahl habe. Hamburg, Köln, Frankfurt, Paris, Rom oder Berlin. Es gewinnt im Zweifelsfall Berlin, es ist zwar oft chaotisch, aber irgenwie belebt mich das.
Lass Dich nicht von Bedenken leiten, sondern pack die Sache an. Trau Dich, etwas auszuprobieren und überwinde Deine Angst vor Traurigsein und Einsamkeit. Es kann anders kommen als Du denkst, denn als Alleinreisende ist man viel offener unterwegs. Und wenn Du einen schützenden Hafen bevorzugst, buche eine Gruppenreise. Aber allein zu reisen, kann einen wirklich weiter bringen.