Zitat von Blanca: Für viele Menschen bedeutet eine Affäre den Schritt in ein neues, aufregendes Leben abseits der alltäglichen Routine.
Zitat von Blanca: Es geht auch nicht um den AM als Persönlichkeit. Er ist zunächst mal nur ein Vehikel, das mehr Spannung ins Leben bringt.
Zitat von paulaner: Aber dieser Satz bezieht sich mMn doch eher auf gebundene Menschen, die sich eben nicht von ihrem Hauptpartner trennen wollen.
Hier geht es aber doch ausschließlich um ungebundene Frauen, die eine Affäre mit einem verheirateten Mann beginnen.
Ich verlinke nochmal dieses Beispiel aus einem anderen Thread (Beitrag hierher:
wer-kennt-gute-paartherapeuten-die-online-arbeiten-t68392-s30.html#p2992357Als die im verlinkten Beitrag geschilderte Affäre ihren Anfang nahm, hatte meine Freundin gerade erst ein paar Monate bzw. maximal ein Jahr Singlezeit hinter sich. Zuvor war sie in einer neunjährigen Fernbeziehung gewesen, die friedlich beendet worden war. Sie hatte einen gutbezahlten Job, war aber keine erklärte Karrieristin, sondern pflegte auch privat alle möglichen Interessen. U.a. gab es einen großen Bekanntenkreis, viel Literatur, diverse Reisen und last, but not least einen Griechischkurs - unterrichtet durch ihren späteren AM. Um es kurz abzuschließen: Sie war eine recht zufriedene Junggesellin mittleren Alters, der auch ohne Partner alles andere als langweilig wurde - u.a. wohl auch dem Umstand gestundet, daß sie in ihrer vorherigen Beziehung viel Me-Time gehabt hatte.
Von der Affäre erzählte sie mir erst ca. 1-2 Jahre nach deren Aufnahme. Dabei kam u.a. auch zur Sprache daß ihr AM gleich beim ersten Rendezvous klipp und klar gesagt hatte, er sei verheiratet, habe zwei Kinder und keine Trennungsabsicht. Zudem habe er mehrfach nachgebohrt, ob ihr bewußt sei was das für den Kontakt bedeute und sie damit auch wirklich klarkommen werde.
Sie habe darin kein Problem gesehen, im Gegenteil: Die Konstellation lasse ihr viel persönlichen Freiraum. Also habe man sich aufeinander eingelassen. In der Tat verliefen die ersten 2-3 Jahre offenbar fröhlich-leicht: Es entstand ein Affären-Kokon, abseits der alltäglichen Routine.
Was meine Freundin betrifft, so hatte ich rückblickend später der Eindruck daß sie es u.a. schlicht genoß, heimlich gegen 08/15-Moralvorstellungen zu verstoßen - und damit wegzukommen. Denn sie war auch sonst ein Mensch der gern mal was unkonventionelles vom Stapel ließ oder machte, nur um aufzufallen. Zwar war das damals noch nicht so ausgeprägt, daß es mich nervte - bemerkt hatte ich es zu jener Zeit aber schon, mit still hochgezogener Augenbraue.
Das Drama kam erst ins Rollen, als sie eines Tages die Frau ihres AM mit einem Kinderwagen auf der Straße sah: Von diesem Baby Nr. 3 hatte Monsieur ihr nie was berichtet; s. Beitrag #37 hinter dem Link weiter oben. Aus heutiger Sicht bin ich überzeugt davon daß das, was meine Freundin am meisten traf, nicht etwa der Umstand war, daß er eben doch noch S. mit seiner eigenen Frau gehabt hatte. Nein, was sie wirklich fuchste war, daß er
sie genauso beschissen hatte wie seine Gattin. Und das,
obwohl sie als Affäre bis dato recht anspruchslos geblieben war und auch keinerlei Scheidungsdruck auf ihn ausgeübt hatte.
Ab hier begann sie ihn kritischer zu beäugen und wurde fordender, auch wenn sie das Arrangement an sich weiterhin akzeptierte. Die nächste Krise bekam ich mit, als es um ihr Geburtstagsgeschenk ging: Offenbar hatte er ihr einen Motorradhelm versprochen, nachdem sie eine Fahrprüfung gemacht hatte, um öfter mal mit ihm rumdüsen zu können. Sie erzählte mir, er habe ihr den unbedingt schenken wollen um damit auszudrücken, daß er sie beschützen will. Ein Herzschmerz-Ding also.
Irgendwann waren sie dann im Geschäft um einen passenden Helm auszusuchen. Doch dann entbrannte ein Streit darüber, wieviel der Schutz ihn maximal kosten dürfe: Das von ihr gewählte Modell war ihm zu teuer und das von ihm präferierte kostete zwar deutlich weniger, hatte aber nicht dieselben Gütesiegel.
Noch heute sehe ich sie wenige Tage später schluchzend in meiner Küche sitzen und aufjaulen: Blanca, noch nie in meinem Leben bin
ich von jemand so
beleidigt worden!. Jenu - die Affäre überlebte zunächst auch das noch. Wenn ich recht entsinne blieb es bei dem teuren Modell und sie bezahlte die Differenz demonstrativ selbst, um ihm zu zeigen, was sie sich wert (bzw. was für ein Geizhals er doch gewesen) sei. Doch als er dann nochmal ein paar Monate später mit Hauskaufplänen für seine Familie rausrückte, war es mit der Affäre ziemlich fix vorbei. Denn daß es bei ihr nicht für einen ordentlichen Helm gereicht hatte, während er nun plötzlich ein paar 100k für ein Eigenheim locker machen wollte... das empfand sie als ultimative Verarsche ihres werten Selbst.
IMO hatte diese Affäre sich jahrelang in erster Linie von ihrem Eindruck genährt, er könne ja noch so sehr mit einer anderen verheiratet sein, aber das sei alles nur Fassade für seine heimatliche Verwandtschaft - die wahre Seelenverwandte, das sei hingegen nur sie. Vermutlich hatte er ihr im Affärenkokon genug vorgesäuselt - bis die Realität dann allzu energisch dort an die Tür pochte, s.o.
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Langer Rede, kurzer Sinn:
Aus heutiger Sicht sehe ich es so, daß meine Freundin diesen Mann nie wirklich
geliebt hat (und umgekehrt).
Die Affäre zog sie IMO vielmehr in seinen Bann, weil es
a) eine unkonventionelle Beziehungsform,
b) eine exotisch angehauchte Konstellation (der AM war Grieche)
c) ein Konstrukt war, das ihr genug Raum für Nähe und Distanz ließ, um auch all ihre anderen Bedürfnisse auszuleben - solange sie sich einbilden konnte, zumindest heimlich seine Nr. 1 in Sachen Fraulichkeit zu sein, war ihr der Rest eigentlich relativ egal.
Anders gesagt: Sie sah sich in der Rolle einer höfischen Mätresse, nicht in der einer billigen Schattenfrau. Was sie dabei übersah war allerdings, daß der Status einer Mme Pompadour in Versailles seinerzeit ein hochoffizieller war, über den selbst die Königsgattin genau Bescheid wußte.
Solange es keinen konkreten Anlaß für Zweifel an dieser Rollenzuweisung gab, verlief die Affäre konfliktfrei. Doch spätestens mit der Helm-Nummer begann ihre Achtung vor dem AM im gleichen Maße zu zerfallen, wie das Bild, das sie sich von ihrer eigenen Rolle in diesem Konstrukt gemacht hatte. Ausgerechnet in dieser Phase kam kam es ab und an zu ziemlich herablassenden Bemerkungen über seine Gattin, die ich uns jetzt lieber ersparen möchte.
Fazit: Es ging beiden Affärenführern letztlich um Lust, Leidenschaft und Selbstbestätigung, aber eher nicht um (wahre) Liebe zu einem anderen Menschen. Wobei ich bis heute bezweifle, daß meine Freundin das je auch nur vor sich selbst zugegeben hat. Aber nachdem sie in weiterer Folge erst auswanderte, dann heiratete und vor ein paar Jahren mitten im Leben verschieden ist, habe ich sie da a) nie mehr drauf angesprochen und b) wurde es dann auch letztlich egal - ihre Ehe verlief dafür nämlich umso harmonischer.