Zitat von alleswirdbesser: Wenn ich es richtig verstehe, handelt es sich in deinen Fällen um ONS. Mir geht es um langjährige Affären. Also in den Diskussionen hier.
Nein, das hast Du nicht richtig verstanden. Ich hatte Schandtaten als Wort gewählt in der Hoffnung, daß es wenig minimierend wäre, aber habe dabei offensichtlich nicht bedacht, daß es den Eindruck erwecken könnte, es wären nur ONS gewesen.
Also grundsätzlich ja, einige ONS mit vergebenen Menschen. Wovon tatsächlich ein paar nicht gerade my proudest Moments waren. In der überwiegenden Anzahl dieser (es waren jetzt nicht Hunderte, aber eben auch nicht nur einer) bin ich aber sehr ok mit meinem Anteil an den jeweiligen Situationen. Wenn andere Leute beschließen fremd zu gehen, sehe ich da jetzt wenig moralische Probleme bei mir. Würde ich fremd gehen? Das ist immer so schwierig zu beantworten. Ich bin noch nie fremd gegangen (in keiner meiner bisherigen Beziehungen) und auch wenn das für einige sich vermutlich seltsam anhört, aber ich bin ein sehr loyaler Mensch, daher neige ich dazu zu glauben, ich werde auch in Zukunft nicht fremd gehen.
Glaube ich trotz dieser Erfahrungen an Treue? Ich denke, ich habe einen dadurch recht realistischen Blick auf monogame Zweierbeziehungen. Mir ist aufgrund dieser Erfahrung umso bewusster, wie wenig eigentlich Kontrolle nützt und auch, daß Schweigen in bestimmten Situationen eben für alle Beteiligten Gold sein kann. Aber ja, ich bin Anhängerin des monogamen Beziehungsideals, ob es immer so umsetzbar ist, wie viele von uns sich das erhoffen, ich weiß es nicht.
Natürlich kann man mir jetzt gehässigerweise wünschen, daß der Mann, mit dem ich in der Zukunft mal zusammen sein werde, hoffentlich dann auf eine Frau wie mich auf einer Konferenz trifft und sich damit endlich das mir zustehende Karma erfüllt, aber noch mal, ich stand auch schon auf der anderen Seite. Ich bin auch schon betrogen worden.
Neben den ONS war ich aber auch schon Teil einer verdeckten, andauernden Beziehung, vulgo Affäre. Wir waren 2,5 Jahre zusammen. Es gab eine langjährige Ehefrau und drei erwachsene Kinder. Ich kannte weder die Frau noch die Kinder, es gab einen nicht unerheblichen Altersunterschied zwischen uns beiden. Gesehen haben wir uns im Rahmen von Tagungen, bei denen wir dann das eine oder andere Wochenende dran hingen, meist so aller zwei Monate (manchmal etwas länger nicht, dann dafür aber auch zwei, drei mal direkt hintereinander) und ansonsten hatten wir täglich per Email Kontakt.
Das ganze ist jetzt schon ein Zeitl her, wir reden hier über bald 6 oder 7 Jahre, daher kann ich das hier auch so offen legen. Mitten in der Affäre habe ich natürlich im Forum durchaus auch an den Stellen mitgelesen, mich aber, wie viele die gerade in einer Affäre sind, eher bedeckt gehalten, weil das Forum nun mal nicht besonders nett ist zu Menschen, die eine Affäre führen.
Ich versuche jetzt mal ein paar der üblichen Fragen vorweg zu nehmen und bitte, daß sind meine Erfahrungen, hier sind ein paar ich denke, ich empfinde, meine Meinung ist, zum drüber streuen:
These: Frauen, die sich für eine Affäre hergeben, finden einfach keinen (ungebundenen) Mann.
Meine Wahrheit ist, ein bißchen komplexer ist es schon. Will sagen, wenn Du mich vor die Wahl stellst und mir zwei super interessante, großartige, zu mir passende, begehrenswerte Männer präsentierst, die absolut gleichwertig sind und der eine ist ungebunden und der andere nicht, dann hätte ich mich sicher für den nicht gebundenen Mann entschieden . Ein bißchen etwas, ist daher dem Grundsatz nach, an der Theorie schon dran. Es mag Frauen geben, für die ist die Gebundenheit habenswert und eben ein Mehrwert, ich habe das nicht so empfunden.
War dieser Mann der einzige, der mich hat haben wollen in dem genannten Zeitraum? Nein. Er war nur, obwohl er gebunden war, derjenige, in den ich mich verliebt habe.
These: Frauen, die sich auf einen verheirateten Mann einlassen, haben ein Selbstwertproblem.
Jein. Also natürlich, siehe oben, es mag Frauen geben, die tatsächlich glauben, sie verdienen nicht mehr. Das war bei mir eher nicht der Fall. Ich schreibe bewusst eher nicht, weil es natürlich, wir wollen ja hier bei meiner Wahrheit bleiben, Faktoren in meinem Leben gegeben hat, die diese Beziehung begünstigt haben. Ich glaube, wir waren beide auf eine gewisse Art und Weise sehr verloren, als wir aufeinander trafen. Wir hatten obwohl wir nicht mal die gleiche Muttersprache teilten unfassbar viele gemeinsame Anknüpfungspunkte, gemeinsame Themen und Interessen. Wir waren so unterschiedlich und dennoch einander so nah, direkt von Anfang an.
These: im Laufe von 2,5 Jahren stellt man den anderen vor die Wahl.
Auch hier wieder in voller Ehrlichkeit, nein, so funktioniert das jedenfalls für mich nicht. So wenig ich bereit bin, mir diese Mittäterschaft einreden zu lassen, so wenig bin ich bereit, ich wußte ja, daß er verheiratet ist, da an der Stelle irgendwie Druck zu machen oder ein Ultimatum aufzustellen. Als irgendwann klar war, das war es ja auch nicht von Anfang an, wir kannten uns zu dem Zeitpunkt schon eine Weile und dann hat sich halt später etwas ergeben, von dem völlig unklar war, ob das Wiederholung findet, also als irgendwann klar war, daß dies eine verdeckte Beziehung ist, habe ich für mich eine Entscheidung getroffen. Ich denke, daß viele ungebundenen Affärenführer das tun. Meine war, solange es mich glücklich macht, führe ich diese Affäre, so bald es mich nicht mehr glücklich macht, ist es an mir das zu beenden. Die Idee ein Ultimatum zu stellen fand ich für mich nicht überzeugend. Also meine Art mit dieser kognitiven Dissonanz umzugehen, war die logisch-konsequente Selbstverantwortung. Ich bin zu 100% für mich und er zu 100% für sich verantwortlich.
Frage: Was habe ich über seine Ehefrau gedacht/haben wir über die Eheprobleme geredet etc.
Ich habe diesen Mann wirklich sehr geliebt. Da er sich für diese Frau zu einem anderen Zeitpunkt, aber dennoch entschieden hat, bin ich immer davon ausgegangen, daß die ein toller und großartiger Mensch ist. Er war davon überzeugt, daß die Ehe hin ist. Ich dachte, siehe oben, das ist sein Ding und wenn dem so ist, dann wird er da schon irgendwann Entscheidungen treffen müssen. Ob ich dann noch da bin oder nicht, war wiederum meine Sache.
Eine Sache, die ich aber grundsätzlich nicht mache, ist mir irgendwelche Details anhören. Schau, ich war ja zu dem Zeitpunkt keine 18 mehr und ich glaube, daß Beziehungen kompliziert und komplex sind. Ich habe ihm geglaubt, daß er glaubt, daß seine Ehe hin ist. Einzelheiten, wer wann gemein, doof oder bösartig zum anderen war, wollte ich nicht hören. Das ist die Frau für die er sich entschieden hatte und die er geliebt hat (und wieder liebt), es ist zudem auch die Mutter seiner Kinder. Er hat recht schnell verstanden, warum ich das so gehandhabt habe und ich glaube, daß er das letztlich auch gut fand.
Frage. wie ist es auseinander gegangen?
Klassisch. Ich weiß nicht genau, ob er erwischt werden wollte. Ich vermute das. Von dem was ich weiß, nochmal Affären sind jetzt schon eher für subjektive Wahrheiten bekannt, konnte sie es nicht mehr ignorieren, hat ihn drauf angesprochen und die beiden mussten dann miteinander reden. Er, der annahm, die Ehe wäre hin, wurde dann sehr überrascht von dem, was dann doch noch irgendwie da ist. Die beiden haben sich dafür entschieden zu kämpfen. Also hat er (von einem auf den anderen Tag) mit mir Schluss gemacht und dann alle Anweisungen der Paartherapie befolgt. Daher privaten Kontakt zu mir eingestellt und dann über einen Zeitraum von 4-5 Monaten auch alle beruflichen Brücken abgebrochen.
Frage: hatte ich gehofft, er trennt sich und wie war es dann als das nicht passierte für mich.
Darauf habe ich keine klare Antwort. Ich habe ihn sehr geliebt und natürlich wollte ich mit ihm zusammensein. Also noch mehr mit ihm zusammensein, als wir es ohnehin schon waren. Gleichzeitig war ich ratlos, wie das hätte gehen sollen. Er war extrem etabliert, ich gerade am Anfang. Er hatte eine große Leidenschaft, die sehr ortsgebunden war und natürlich auch eine Familie. Alles wäre, so denke ich, darauf hinaus gelaufen, daß, wenn überhaupt, ich in sein Leben gezogen wäre und ehrlicherweise, wäre da für die Entwicklung meines nur bedingt Platz gewesen. Hätte ich das in Kauf genommen? Ja, denn wir waren zusammen und natürlich hätte ich es versucht. Hätte mich das glücklich gemacht? Hypothetische Kausalverläufe sind eben immer reine Spekulation, aber nein, ich glaube nicht, daß es mich glücklich gemacht hätte. Nicht so und jedenfalls aller Wahrscheinlichkeit nicht so glücklich, wie ich in unserer Zeit des Zusammenseins mit ihm und meinem Leben war.
Hatte ich Liebeskummer als es aus war? Ja, ich habe ein Jahr gebraucht, um über das Gröbste hinweg zu kommen.
Manche Lieben sind eben nicht für die Ewigkeit gemacht, das bedeutet nicht, sie wären weniger echt.
Frage: Hat sich im Rückblick etwas an meiner Bewertung der Affäre (Beziehung) geändert? Bereue ich, was ich ihr angetan habe?
Fangen wir mit der zweiten Frage an. Es tut mir leid, daß meine Handlungen bei ihr und den erwachsenen Kindern Leid verursacht haben. Das habe ich nicht gewollt, aber es war sicher auch an manchen Stellen naiv von mir, dies so nicht zu bedenken. Bernhard hat Recht, ich habe mein Glück über deren gestellt. Ich glaube auch, es können immer mehrere Dinge wahr sein, so zB. dass ich keine Schuld an der Situation habe und mein Bestes gegeben. Manches davon sicher eher good intentions, die bekanntlichermaßen nun mal den Weg zur Hölle pflastern. Ich bin ganz sicher nicht stolz auf diese Erfahrung. Gleichermaßen bin ich aber auch nicht bereit, mir da Verantwortung aufzubürden, die nicht meine war. Ich glaube bis heute, daß er die Dinge, die er über seine Ehe geglaubt hat, für wahr hielt und daß dies eine Sache der beiden war. Ich glaube auch, daß er auf der Suche war (so wie ich für mich auf der Suche nach bestimmten Dingen war) und ich glaube, daß wir aufrichtig einander geliebt haben. Ich glaube zudem, daß so wie es ausgegangen ist, es in einer unlösbaren Situation, eine schmerzhafte aber für alle Beteiligten beste Lösung war. Hin und wieder fehlt er mir heute noch, ich stelle mir vor, daß es bei ihm auch so ist, aber es ist gut, wie es jetzt ist. So weit ich weiß, sind sie noch zusammen, ich hoffe, daß sie glücklich sind.
Ist aus mir ein Affärengegner geworden?
Ich glaube, die kurze Antwort ist nein. Ich finde dieses nie, nie wieder ein wenig albern. Nicht weil ich mir nicht noch deutlicher um die Tragweite bewusst geworden bin, sondern weil ich doch am besten wissen sollte, wie wenig so ein würde ich niemals tun in bestimmten Situationen tatsächlich wert ist. Ich hatte nach dem Ende der Affäre herzzerreißenden Liebeskummer und vielleicht schwinge ich mich deshalb immer wieder zur Befürworterin dieses (einen) Threads auf, weil ich mir gewünscht hätte, daß es ein kleines Platzerl gegeben hätte, an dem ich nur meine Seite der Geschichte hätte erzählen können. An welchem ich zudem Unterstützung gefunden hätte, bei den sehr, sehr unschönen Dingen, die im Anschluss passiert sind, als ich mich hab wehren müssen, weil natürlich hatte die Situation ein Machtgefälle, bei dem er (und seine Frau) versucht haben, ihre Interessen durchzusetzen und ich besonnen hab reagieren müssen, denn mach Dir keine Illusionen, als die ungebundene Frau darfst Du hinterher selbstverständlich geshamed werden und nach alter Schule, ist es nicht der sehr etablierte Mann, der seine Position verliert... Daher sicherlich auch meine Unnachgiebigkeit bei manchen Diskussionspunkten .
Aber nein, meine Einstellung zu Affären hat sich im Grundsatz nicht geändert. Affären sind und bleiben problematisch, das trifft aber auch auf ein Haufen anderer Beziehungskonstellationen zu. Wohl dem, der immer alles in seinem Leben richtig gemacht hat. Es gibt sicher Menschen, die immer nur in von Achtsamkeit und Augenhöhe geprägten Liebesbeziehungen landen und nie Fehler machen, ich gehöre halt nicht dazu.
Aber mit wenigen, wenn auch sehr expliziten Ausnahmen, reagiere ich mich dennoch nicht an anderen ab und vor allem hält sich mein Sendungsbewusstsein in Grenzen.
Schließlich und endlich würde ich noch mal eine Affäre eingehen:
Die Antwort ist, ich weiß es nicht. Ich halte die Idee, eine Affäre einzugehen mit den Ziel, der andere möge sich für einen trennen, für nicht besonders schlau. Die Idee ist mE sehr menschlich, aber eben nicht schlau und trotz aller Menschlichkeit glaube ich, daß Affären einfach grundsätzliche Rahmenbedingungen und Begrenzungen, sowie kognitive Dissonanzen vorgeben, die einen zwingen sollten, sich selbst sehr genau unter die Lupe zu nehmen. Dennoch ich war nicht 18, ich bin nicht auf der Nudelsuppe daher geschwommen, ich habe vieles gewusst und einiges bedacht. Nichtsdestotrotz bin ich eine eingegangen und das will jetzt immer keiner hören, aber ich bin sicher nicht stolz auf diesen Teil meiner Geschichte dennoch auch 6 Jahre später, ich bereue es nicht. Und bisher jedenfalls bin ich noch nicht an den Punkt gekommen, an dem ich gesagt hatte, warum habe ich mich an diesem Punkt eigentlich nicht anders entschieden. Bei manchen moralisch integren Beziehungen oder situationships hatte ich den im Rückblick, bei meiner Affäre nicht.
Was ich persönlich jetzt nicht so wahnsinnig zielführend finde, ist das sich abarbeiten an Menschen wie mir. Ich war Single. Ich habe den nicht verführt, sondern mir wurde ein Angebot gemacht, eins von sehr, sehr vielen und auf dieses habe ich mich eingelassen.
Daher nicht nur ONS, auch schlimm mit gebundenen Menschen, bei welchen ich zT nicht mal den Familienstand erfrage, weil es mir mit Verlaub wirklich boggie ist, ob der mit drölfzig Goldfischen verheiratet ist und zwanzig weiteren Hamstern die Ehe versprochen hat. Es ist nicht mein Job anderer Leute Moral zu wahren, ich kann da nur meine eigene wahren und ich war Single.
Sondern auch, eine von diesen massiv zu verurteilenden Affären, die ja immer nur böse sind, wenn der warme Wechsel sich lange hinzieht und dann scheitert.
Für die Gegner von Affären, habe ich (wenigstens) bekommen, was mir zustand, Liebeskummer. Aus meiner Sicht war ich 2,5 Jahre in einer liebevollen, schönen, etwas ungewöhnlichen Beziehung mit einem Mann, den ich mit Abstand natürlich etwas klarer sehe, aber den ich mit ganzem Herzen geliebt habe.