Ich weiß nicht so genau, ob ich in diesem Faden richtig bin aber ich möchte mal ein paar Gedanken zum Thema Affäre loswerden.
Eine Affäre ist, zumal wenn sie auffliegt, eine Katastrophe für die Ehe oder sagen wir mal die Hauptbeziehung. Es ist ein immenser Schmerz und Vertrauensverlust für den betrogenen Partner und nicht nur für den. Nicht selten geht daran die Ehe kaputt und es bleibt ein Wust aus Schmerz, Existenzängsten und Hass. Umso schlimmer, wenn davon auch Kinder betroffen sind. Aber auch wenn nicht und selbst wenn die Ehe bestehen bleibt, ist der Schaden groß. So groß, dass er oft über Jahre das Denken und Handeln der Partner bestimmt. Aber das ist bestimmt nichts neues, was ich hier erzähle. Alles das ist bekannt und der Reflex der Schuldzuweisung und des einseitigen Urteils des/der Betrogenen ist daher allzu verständlich.
Aber schauen wir mal auf den vermeindlich Alleinschuldigen, den/die Betrüger*in und gehen etwas in die Tiefe, zeigt sich oft ein anderes Bild. Gehen wir also davon aus, dass niemand dieses Chaos absichtlich oder gar aus Böswilligkeit anrichtet. Was also treibt einen vergebenen, gebundenen Menschen in eine Affäre? Lust am Spiel, der Hormonrausch, der Egotrip? Vielleicht ist das so. Das will ich gar nicht in Abrede stellen, dass manche Menschen so einfach gestrickt sind. Sicher gibt es die notorischen Fremdgänger, die leichtfertigen Affärenführer*innen, die nur aus Jux und Dollerei diesen Unfug treiben. Aber meiner Erfahrung nach ist das doch eher die Minderheit.
Ich habe Affärenführer in meiner näheren und entfernteren Umgebung kennen gelernt und habe mich gefragt, was diese Menschen umtreibt. Die leichtfertigen Egomanen waren da bei genauerer Betrachtung eher in der Minderheit. Viel häufiger fiel mir auf, dass es sehr bedürftige Menschen waren. Menschen mit großen Defiziten, entweder in ihrer eigenen Persönlichkeit oder in ihrer Beziehung zu ihren Partnern oder schlimmstenfalls beides. Diese Menschen waren oft sehr leidensfähig. Sie ertrugen ihre Defizite manchmal über viele Jahre, fühlten sich dabei minderwertig, nicht gesehen, nicht verstanden. Und sie hielten durch, weil man es eben so macht. Klappe halten und weitermachen. Schließlich hat man Verantwortung. Einen Partner, eine Ehe, Kinder, ein Haus oder eine Wohnung, mit oder ohne Garten, einen Hund und einen Hamster.
Doch diese defizitären Mitmenschen laufen mit ihren Bedürfnissen durch die Welt, die wie unsichtbare Tentakeln die ganze Zeit über Ausschau halten nach dem oder der einen, die endlich ihre Wunden heilt. Und wenn es ganz schlecht läuft, dann begegnen sie diesem einen Menschen irgendwann. Dem Seeleverwandten, der vielleicht ähnliche Defizite mit sich herum trägt. Zuerst wird geflirtet, was schon dem angekratzten Ego sehr gut tut. Dann wird sich ausgetauscht, über den eigenen Kummer, den lieblosen Partner, die brachliegenden Träume und Wünsche. Und schwups, ehe man sich versieht, verliebt man sich fremd, möglicherweise sogar beidseitig. Von da an ist es nur noch ein kleiner Schritt in die Affäre.
Man redet sich ein, dieses kleine, heimliche Glück jetzt endlich auch mal verdient zu haben. Nach all den entbehrungsreichen, langweiligen Ehejahren. Und dann landet man im Bett und das Gefühl des Verbotenen, des Heimlichen befeuert die Leidenschaft. Der S. ist großartig oder wird als solches erlebt. Der fremde Körper, die sich plötzlich zumindest auf der ero. Ebene erfüllenden Träume machen Appetit auf mehr. Also lügt man sich munter durch die Gegend, träumt vielleicht sogar von einem Neuanfang, ein neues besseres Leben. Der Affärenpartner scheint ja um so vieles attraktiver und das gemeinsame Erleben im Bett scheint nur ein Vorgeschmack zu sein auf ein besseres gemeinsames Leben ohne Alltagsstress und Sorgen.
Doch kennt man den/die Affärenpartner*in ja eigentlich kaum oder eben nur in dieser Affärenblase. Eigentlich ist er oder sie nichts weiter als eine wunderbare Projektionsfläche für die eigenen Wünsche und Begehrlichkeiten. Man redet sich ein, genau dieser Affärenpartner sei nun endlich der oder die, die die eigenen Bedürfnisse stillt und die Wunden heilt. Vielleicht ist dies ja sogar teilweise so. Dann kommt es zum Warmwechsel und sie leben glücklich und in Frieden bis an ihr Lebensende. Doch glaubt man den landläufigen Statistiken, so ist dies nur sehr selten wirklich der Fall. Denn die eigenen Wunden nimmt man überall mit hin und in jedes neue Leben. Und so eine Patch-Work-Familie bringt plötzlich Schwierigkeiten und Herausforderungen, die nochmal sehr viel schwerer zu bewältigen sind. Ganz zu schweigen vom mehrjährigen Scheidungs-Rosenkrieg, der dem ganzen voraus geht. Die Aussichten sind also alles andere als gut oder einfach. Eine Binsenweisheit, die nun jeder Affärenführer ebenfalls bestens kennt und die ihn bis in seine schlimmsten Albträume verfolgt.
Was macht also der ohnehin defizitäre und geschwächte Mensch? Richtig, er oder sie bleibt im warmen Nest der ursprünglichen Ehe. Gerne werden dazu dann die Kinder als Alibi vorgeschoben. Denen will man ja das Leid ersparen und so ganz unrichtig ist diese Sichtweise ja auch nicht. Aber ich behaupte mal, da jeder Mensch zum Egoismus neigt, zumal wenn er oder sie sowieso schon bedürftig ist, geht es bei dieser Entscheidung für das Doppelleben wohl eher um das eigene Wohlergehen. Denn schließlich merkt man in der Affäre, das man eigentlich beides will. Die Geborgenheit und Sicherheit der Ehe genauso wie das Prickeln und die Seelenverwandtschaft zum Affärenpartner. Und so läuft die Affäre weiter und dümpelt vor sich hin, bis sie entweder auffliegt oder einer der beteiligten die Nerven verliert.
Ja und dann, nach dem Ende der Affäre, ist das Leiden groß. Zu den sowieso schon vorher vorhandenen Wunden gesellen sich Schuldgefühle und Liebeskummer von der allerschlimmsten Sorte. Schließlich kann man mit niemand darüber reden. Es muss geheim bleiben oder, falls es aufgeflogen ist, muss Gras darüber wachsen. Wie auch immer, das Ende vom Lied ist bitter. Unerträglich bitter und die verzweifelten Affärenmenschen treffen in diesem Forum leider auf wenig Mitgefühl. Denn hier ist ja auch die andere Seite vertreten. Die, die betrogen wurden, sich getrennt haben oder verlassen wurden und die sich fürs Verurteilen entschieden haben. Wie sollte man hier Empathie erwarten können und von wem?
Was also rate ich Affärenführern oder Ex-Affärenführern? Nun ja, zuerstmal beendet diesen Schmarrn. Umgehend! Schaut auf euch und auf eure Hauptbeziehung. Wo liegen die Wunden und warum sind sie da? Was wünscht ihr euch? Was braucht ihr wirklich, um zu heilen? Vielleicht ist es eine bessere Kommunkiation. Die kann man lernen. Mit Paartherapie oder ohne. Vielleicht geht es aber auch um lange schon in eurer Seele vorhandene Wunden. Dann solltet ihr euch selbst umarmen, liebevoll und mit Nachsicht. Auch dabei kann eine Therapie helfen oder auch eines der gängigen Ratgeberbücher oder mindestens die Beschäftigung mit sich selbst. Macht nicht den Fehler, euch selbst zu verurteilen. Das tun schon andere für euch, keine Sorge. Seid fürsorglich und liebevoll mit Euch. Aber eben auch kompromisslos. Eine Affäre kann niemals und niemanden heilen. Sie verdeckt nur für eine Weile die Symptome. Das dicke Ende kommt aber so oder so und ihr steht wieder vor den gleichen Problemen. Nur dass sie jetzt noch viel größer und unerträglicher geworden sind.
Macht das nicht! Seid klug und liebevoll mit euch und euren liebsten. Nicht aus moralischen Gründen, sondern für euch selbst. Niemand anderes kann die eigenen Wunden heilen, schon gar nicht der Affärenpartner. Das könnt nur ihr selbst. Die Vorraussetzung dafür ist Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit zu Euch selbst und zum Hauptpartner. Und dafür ist es nie zu spät!
Alles Liebe!
30.05.2022 09:06 •
x 25 #155