Hallo Ihr!
Es ist ein langer Text geworden, aber während des Niederschreibens kommt es natürlich schon zu einer Entlastung, so fühle ich mich dadurch für den Moment schon besser. Für Reaktionen von euch wäre ich dennoch sehr dankbar.
Es kann nur ein Versuch sein, die Ereignisse des letzten Jahres zusammen zu fassen, ich werde mich um ein rundes Bild bemühen, denn schon einmal durfte ich erleben, wie sehr es hilft, wenn Außenstehende einen Blick auf das Geschehen werfen und offen und ehrlich ihre Meinung sagen (können).
P. ist der Mensch mit dem ich alt werden wollte. Als ich ihn über gemeinsame Freunde auf 2012 einem Festival kennenlernte, war es auf beiden Seite tatsächlich die Liebe auf den ersten Blick. Dennoch habe ich mir - recht frisch getrennt - damals Zeit gelassen, zumal unsere gemeinsamen Freunde mich ein wenig warnten, dass er emotionaler Autist sei, sehr selbstbestimmt lebe und sich gerne unverbindlich gibt. Mir gegenüber verhielt er sich vom ersten Moment lang anders. Er ist nicht der Typ Verführer, aber er brachte Dinge zum Ausdruck, äußerte sich auf eine Weise, die mir immer wieder positive Gänsehaut verursachte.
Nach wenigen Wochen sagte er aus einem Gespräch heraus weil ich dich liebe. von da an waren wir ein glückliches Paar. Er hat einen Sohn, der bei seiner Mutter in einer anderen Stadt lebt, diesen stellt er mir auch recht bald vor. Wir haben eine gute Beziehung geführt, haben tolle Urlaube verbracht, sind Kletterpartner geworden etc. Wir haben sehr viel, sehr intensive Zeit miteinander verbracht.
Wirklich Streitthemen gab es nicht, Verstimmungen natürlich, beide waren wir verantwortlich dafür, ich zu emotional und sensibel, er wenn in Gedanken dann sehr verschlossen und abweisend (so fühlt es sich für mich an). Diese Momente dauerten nur kurz, es war beiderseitig das Bedürfnis da, wieder gut miteinander zu sein. Und, er hat wirklich versucht, mir entgegen zu kommen.
Vor ca einem Jahr entschied P sich, dass er sich beruflich verändern muss. Zunächst war eine Weiterbildung in Süddeutschland geplant, wir schmiedeten vorsichtig Pläne. Als ich ein Wochenende bei meinen Eltern war, um ihnen diese Entscheidung mitzuteilen, hatte er sich genau zu dieser Zeit umentschieden. Da er mir diese Entscheidung recht lapidar mitteilte, reagierte ich damals auch lapidar und entschied mich aufgrund der Nähe zum Ort der Weiterbildung (2 Stunden mit dem Zug), dass wir eine Fernbeziehung führen könnten. Er setzte dem Vorschlag nichts entgegen.
Zu dieser Zeit entwickelte ich eine mittelgradige Depression, seit März bin ich deshalb in Behandlung (auslösender Moment war der Selbstmordversuch meiner Nachbarin mittelbar vor meinen Augen im Januar 2016). Er war in meinen traurigen Momenten sehr hilflos, dachte, es läge an ihm, was ich nur schwerlich ausräumen konnte.
Ich merkte aber auch, dass bei ihm etwas im Gange war, und so sehr ich bemühte es mitzutragen, etwas zu erfahren, es gelang mir nicht. Als ich ihn direkt fragte, ob er mit unserer Beziehung hadere, sagte er klar nein.
Um es an dieser Stelle abzukürzen: wir hatten im November einen schönen Urlaub, auch wenn ich des öfteren so grundlos traurig war. Er konnte damit weiterhin schlecht umgehen, ich projizierte seine Hilflosigkeit als Lieblosigkeit und so drehten wir uns. In einer schönen Nacht, nach einem guten Konzert und verliebten Momenten (auch in der Wahrnehmung der anwesenden Freunde), machte er nach einer Bemerkung von mir (die ich vergessen habe - war was latent ironisch-eifersüchtiges) aus heiterem Himmel direkt vor der Kneipe Schluss. Begründung zunächst: Wir streiten ja nur noch.
In den Monaten danach: Annäherungsversuche beiderseits, wirklich schöne Momente, Rückzug seinerseits, Wiederkehr seinerseits, Elend meinerseits. Wir haben dann beide entschieden, dass wir so nicht weiter machen können und Abstand brauchen. Ich bat ihn jedoch um eine Erklärung für seinen Entschluss, sich (so) zu trennen. Er konnte es nicht benennen, auch ein Ich liebe dich nicht mehr bekam er nicht heraus (Dann würde ich lügen), obwohl ich darum fast bettelte, um eine Erklärung zum Abarbeiten und Verarbeiten zu haben. Seine wiederkehrende Begründung ist: Ich habe das Gefühl, ich muss mich auf mich und meinen neuen Weg konzentrieren, und dafür muss ich hier alles hinter mir lassen ob dass richtig ist weiß ich nicht - Mehr kann ich dir nicht sagen
Wir hielten lose Kontakt, nun ist er seit 10 Tagen weggezogen und kommt zu jenem Festival (s.o.) zurück, um uns zu besuchen. Ich denke er pennt in seiner ehemaligen WG, er meldet auf einen Kaffee bei mir an, kurz bevor unsere Freunde auch kommen, um mit mir vor dem Festival ein Bierchen zu trinken. Er kommt, wir trinken Kaffee, und auf meine zufällige Frage, ob er sein Wochenendköfferchen schon in die WG gebracht hat kommt er damit er heraus, dass dieser bei seiner neuen Affäre im nächsten Stadtteil steht. Hier, in der Stadt, in der er mich verlässt, weil er für den neuen Lebensabschnitt alles hinter sich lassen muss.
Erst diese Art der Trennung und dann, ob wohl er meint, mich noch zu lieben, geht er hier eine Affäre ein und erzählt dies so unreflektiert, als wäre ihm nicht im geringsten bewusst, dass mir das noch einmal das Herz bricht.
Vielen Dank, dass ihr meiner Erzählung bisher hierher gefolgt seid. Für einen Spiegel oder einen Rat wäre ich sehr dankbar.
Liebe Grüße,
Hulunder
10.07.2017 17:48 •
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