Liebes Forum,
auf Empfehlung einer Freundin bin ich auf Euch gestoßen, weil ich mich zur Zeit im Vorfeld meiner Trennung befinde.
Was ich mir hier erhoffen: Kommentare, Anregungen und Feedback zu dem ganzen Verlauf, der unlängst begonnen hat.
Es ist meine erste Trennung in dieser Tragweite und daher bin ich für alles dankbar, was mir noch helfen könnte.
Aber jetzt erstmal zu meiner (Vor-)Geschichte:
Ich bin 45, noch verheiratet und arbeite im sozialen Bereich. Meine Frau ist 43, eigentlich Naturwissenschaftlerin, arbeitet aber nun in einem anderen Bereich. Wir kennen uns seit 2009 und sind seit 2011 verheiratet.
Die gesamte Geschichte hier nun aufzuschreiben, wäre zu viel und ist auch für das Verständnis nicht nötig - falls Ihr was wissen wollt, dann fragt evtl. einfach nach.
Die Kernthematik: Die Beziehung und die Ehe waren von Anfang an in nicht unerheblichem Ausmaß durch die psychischen Probleme meiner Frau belastet. Diese bestehen schon sehr lange und führten unter anderem dazu, dass insbesonere Ihr beruflicher Weg weder unproblematisch noch gradlinig verlaufen ist. Es gab immer wieder Krisen und sie hat bereits die dritte Psychotherapie hinter sich. Ich selbst habe natürlich auch mein Päckchen zu tragen, was 2013 ebenfalls zu einer Krise und einer beruflichen Neuorientierung führte. Allerdings kann ich aus heutiger Sicht sagen, dass ich die Chance nutzen konnte, mich auf diese Weise weiterzuentwicklen und besser mit meinen eigenen Problemen umzugehen.
Bitte nicht falsch verstehen: Es geht hier nicht um das Zuschieben des Schwarzen Peters. Wir haben beide entscheidende Anteil an der ganzen Entwicklung. Ich für meinen Teil bin durch die beständigen Krisen meiner Frau im Laufe der Zeit immer mehr aufgerieben worden, weil ich mich - höchstwahrscheinlich zu arg - in die Vorstellung verbissen hatte, dass ich ihr helfen kann und dass es einiges Tages schon besser wird. Die Lage spitzte sich insbesondere im Zeitraum der letzten knapp 2 Jahre zu, seit sie ihren letzten Job angenommen hat. Unsicherheit und Überforderung spielten dabei eine große Rolle bei ihr. Mehr und mehr gab es zu Hause kein anderes Thema mehr. Die Problematik auf der Arbeit nahm auch privat einen dermaßen großen Raum ein, dass mehrere Dinge passierten: Sie wurde durch die beständige Überforderung zunehmend unsicherer und hatte wieder regelrecht depressive Einbrüche. Ich sah mich immer in der Pflicht, zu helfen und für sie da zu sein - zusätzlich zu dem, was ich eh schon beruflich zu tun hatte. Bis ich mich schließlich selbst mit dem Gefühl der Überforderung wiederfand und der Wahrnehmung, dass ich bei der ganzen Geschichte mit meinen eigenen Bedürfnissen auf der Strecke geblieben bin. Gemeinsame Aktivitäten fanden kaum mehr statt, das sie auch am Wochenende das nacharbeiten musste, was die Woche über liegengeblieben war. Ich reagierte mit Rückzug, distanzierte mich - auch körperlich. Ein S. gibt es seit gut 2 Jahren nicht mehr.
Ich habe die Problematik ihr gegenüber oft genug angesprochen und ihr zu vermitteln versucht, wie es mir dabei geht. Mehr als umfangreiche Entschuldigungen und bestenfalls kurzfristige Verbesserungen folgten aber nicht. Die Hilflosigkeit, die ich zunehmend empfand, machte mich ärgerlich und wütend. Ich ging noch mehr in den Rückzug. Selbst der Umstand, dass meine Frau sich entschließen konnte, externe Hilfe bei ihren beruflichen Problemen in Anspruch zu nehmen, änderte leider nicht nicht viel an der Gesamtsituation. Das Thema blieb zu Hause allgegenwärtig - eine Raumforderung, die buchstäblich alles andere im Laufe der Zeit erdrückt. Der onkologische Vergleich ist nicht ganz von ungefähr .
Schon seit 2016 befand ich mich in einem ziemlichen Ambivalenzzustand, was die Prognose meiner Ehe anging. Ich ging innerlich immer mehr auf Distanz, bewegte mich zunehmend nur noch in emotional negativem Fahrwasser. Ab diesem Zeitpunkt merkte ich, dass ich zunehmend offener für evtl. Alternativen außerhalb der Ehe wurde . Gedankenspiele, intensivere Flirts mit weiblichen Bekannten oder Kolleginnen. Allerdings hatte ich noch zu viel Angst, mein Heil tatsächlich in einem Seitensprung oder eine Affäre zu suchen. Alles blieb äußerlich, wie es war. Innerlich spürte ich immer mehr, dass da etwas zu Ende geht, dass ich am Ende meiner Kräfte bin, dass ich nicht mehr an die Zukunft dieser Beziehung glaube. Es fehlte noch der Mut zum finalen Schritt .
Vor kurzem lernte ich bei einer Fortbildung eine Frau kennen und ab diesem Moment kam Bewegung in die verfahrene Situation. Diese Frau und ich waren uns von Anfang an sehr sympathisch und der Kontakt intensivierte sich relativ rasch. Da wir beide den gleichen beruflichen Hintergrund haben, war eine offene Kommunikation über die aufkommenden Gefühle leichter möglich. Sie machte unmissverständlich klar, dass eine Affäre für sie nicht in Frage käme - beim derzeitigen Stand der Dinge erstmal Freundschaft und weiteres Kennenlernen, das S. solle außen vor bleiben, bis die Situation in meiner Ehe geklärt ist.
Man kann nicht sagen, dass sie mich gedrängt hat oder dass sie die Initialzündung gewesen wäre - sie hat den schon lange latent schwelenden Prozess gewissermaßen katalysiert. Durch den Umgang mit ihr ist mir richtig klar geworden, wie viel Leichtigkeit doch möglich ist, statt das Gefühl zu haben, es fehle einem mehr und mehr die Luft zum Atmen. Aus dieser Erfahrung heraus ist jetzt die Entscheidung gereift, dass es keine Alternative zur Trennung gibt. Es war nicht leicht und zugegebenermaßen ist neben dem Gefühl der Erleichterung und Befreiung auch noch etwas Angst vor der Gesamtheit der Konsequenzen, die sich aus der Entscheidung ergeben. Trotz allem bleibt der Grundtenor: Ich kann und will so nicht weitermachen. Meine Frau ist derzeit mit einer Freundin zusammen im Urlaub. Sobald sie wieder da ist, werde ich ihr die Entscheidung mitteilen.
Wie seht Ihr das bis dahin als Außenstehende? - Bin für jede Anregung dankbar.
27.06.2017 08:41 •
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