Liebe Community,
mich beschäftigt seit einiger Zeit ein Problem in meiner Beziehung, weswegen ich mich auch heute hier angemeldet habe und meinen Kummer mal hier loswerden möchte.
Ich (25) bin nun seit 1,5 Jahren mit meinem Partner (28) zusammen. Ich wusste von Anfang an, dass mein Partner eher konservativ ist, und fand das anfangs auch in Ordnung. Mein Freund hat klare Werte und Überzeugungen und ich finde sowas an sich auch attraktiv, wenn jemand weiß, was ihm wichtig ist.
Kennengelernt haben wir uns mitten in der Corona-Pandemie, und damals war mein Partner noch sehr verständnisvoll den ganzen Maßnahmen gegenüber. Er war damals auch 2x impfen und hat sich an die Maskenpflichten gehalten. Sein Vater war da von Anfang an dagegen, hält nichts von der Impfung, ist eher so vom Typ Mensch „die Politiker sperren uns alle ein“. Zu Beginn hat mein Freund auch noch sehr viel mit seinem Vater diskutiert, sich viele Quellen, die die Wirksamkeit der Impfung bestätigt haben etc. rausgesucht. Vor ca. einem Jahr hat sich seine Meinung dann plötzlich rasant geändert, er denkt nun mittlerweile immer mehr wie sein Vater. Vor kurzem waren wir mit den Öffis unterwegs (bei uns in Österreich Maskenpflicht) - aber er weigert sich, eine Maske zu tragen. Schlussendlich wurde er aus der U-Bahn geschmissen, mir war das natürlich extrem peinlich, ich bin dann eine Station noch alleine weitergefahren und wir haben uns dann bei unserem Treffpunkt getroffen (er ist die eine Station zufuß gegangen).
Ich muss dazu sagen, dass ich beruflich Krankenschwester bin, und es demnach gewohnt bin, eine Maske tu tragen. Ich halte zwar nichts von einer Impfpflicht und stelle auch manchmal selbst einige der Coronamaßnahmen in Frage, jedoch halte ich mich an die Regeln und kann Menschen nicht verstehen, die allgemeine Corona-Leugner sind. Demnach tue ich mir mit der aktuellen Einstellung meines Freundes sehr schwer.
Er glaubt auch immer mehr an diese typischen Verschwörungstheorien á la „9/11 war ein Inside-Job“, „die Theorie mit Bill Gates und dem Mikrochip ist nicht soweit hergeholt“ und „der Klimawandel ist nicht menschengemacht“; hat zu mir gesagt er wäre enttäuscht von mir, wenn ich mich ein weiteres Mal impfen lassen würde und er bereut es zutiefst, dass er sich zu einer Impfung hat überreden lassen. Unseren Politikern könne man nichts mehr glauben und es wäre falsch zu denken, dass die Politiker nur das Beste für uns wollen.
Ebenso ist er komplett vernarrt in den
Ukraine-Krieg. Er war immer schon großer Russland-Fan, findet das Land toll und möchte seit Jahren russisch lernen. Er verfolgt die Unruhen in der Ukraine schon seit 2014, und jetzt ist er total Pro-Russland. Er hat vor kurzem zu mir gesagt, wenn er mich und seine Familie nicht hätte, dann würde er nach Russland gehen und gegen die Ukraine kämpfen, denn er wäre so fassungslos, wie uns die Medien belügen und welches falsche Bild hier vermittelt wird.
Er ist außerdem sehr viel Zeit am Tag damit beschäftigt, auf Telegram angeblich unabhängige russische Nachrichten zu lesen, sieht sich Videos über den Krieg an etc. Von Telegram hört man ja sowieso nichts Gutes, das besorgt mich erst recht.
Vor kurzem hatten wir auch eine Diskussion über gleichgeschlechtlich1, bzw. LGBTQ-Themen. Ich habe ihn gefragt, wie er reagieren würde, wenn sein zukünftiger Sohn ihm sagen würde, dass er gleichgeschlechtlich wäre. Seine Antwort:“ Ich weiß, dass das nicht passieren wird- mein Sohn wird nicht gleichgeschlechtlich“. Ich habe ihm dann gesagt, dass ich das schwachsinnig finde, natürlich könne das passieren, und ob er sein Kind deshalb weniger lieben würde, darauf antwortete er :“ Das ist alles eine Sache von richtiger Erziehung. Aber nein, ich würde ihn deshalb natürlich nicht weniger lieben“.
Ich kann mit diesen Ansichten teilweise überhaupt nichts anfangen. Ich muss dazu sagen, dass ich selbst mit Politik nicht wirklich was am Hut habe, aber ich habe sehr wohl Meinungen zu Themen bzw. kann mir Meinungen bilden, wenn ich mich etwas informiere . Ich habe schon oft versucht, seine Ansichten zu verstehen bzw. mir diese erklären zu lassen. Gerade in Hinsicht auf den Ukraine Krieg hat er Tonnen an Quellen, Infomaterial, auf die er sich bezieht. Er sieht sich teilweise stundenlang am Tag Videos zu diesen Themen an, dementsprechend kann ich hier nichtmal wirklich Gegenargumente bringen. Da komme ich gegen ihn nicht an. Oft frage ich mich dann auch, ob er recht hat mit seinen Aussagen und ich tatsächlich blind bin und verblendet durch die Medien, aber dazu beschäftige ich mich tatsächlich auch zu wenig mit den Themen.
Wozu ich jedoch eine starke Meinung habe, sind LGBTQ-Rechte, in der Hinsicht bin ich nämlich liberal. Ich finde, jeder sollte so leben dürfen, wie es die Person selbst glücklich macht, solange dies keinem anderen Schaden zufügt. Mein Freund findet das auch, jedoch widersprechen sich manche seiner Aussagen mit dieser These.
Wir haben schon sooft diskutiert über diese Themen, ich habe auch schon öfter eine Trennung in den Raum gestellt, da ich finde, dass wir in diesen Bereichen nicht kompatibel sind. Er meint jedoch immer, dass ich dem Ganzen zu viel Gewichtung gebe, ich daraus eine zu große Sache mache und es doch schön ist, wenn man unterschiedliche Ansichten hat, da man so nunmal diskutieren kann. Ich habe jedoch oft das Gefühl, dass er meine Ansichten nicht akzeptieren kann, bzw. oft meint er auch, ich würde mich damit nicht genug beschäftigen, um da mitreden zu können (vorallem in Bezug auf den momentanen Krieg).
Seit kurzem interessiert er sich auch für Waffen und das Schießen, er geht mit einer Gruppe von Freunden des Öfteren Flinten schießen. Er hat sich vor einigen Wochen dazu entschlossen, eine Waffe zu kaufen. Nun seh ich also jedesmal, wenn ich bei ihm bin, dieses Gewehr stehen (natürlich in einem Safe verschlossen, aber trotzdem). Auch damit habe ich wirklich absolut nichts am Hut. Er meinte oft, in der Hinsicht würde ich übertreiben, Flintenschießen wäre ja sogar ein olympischer Sport und ich solle dich einfach mal mitkommen zum Schießen.
Ich weiß mittlerweile wirklich nicht, ob ich übertreibe, oder wir in der Hinsicht einfach nicht kompatibel sind. Politik war mir nie sonderlich wichtig, aber jetzt bin ich ständig damit konfrontiert, da es für meinen Freund einfach auch ein wichtiges, spannendes Thema ist. Er möchte sich austauschen aber dabei kommt es eben oft zu Diskussionen.
Wir haben uns vor Kurzem deshalb sehr gestritten, ich habe ihm vorgeworfen, dass er in eine Verschwörungstheoretiker-Szene abrutscht, daraufhin war er ziemlich wütend und meinte, ich würde genauso wie alle anderen nur die Dinge glauben, die uns in den Nachrichten erzählt werden. Wir haben uns nach dem Streit darauf geeinigt, nicht mehr über Politik zu sprechen, aber ich merke, dass ihn das stört, da er sich gerne mit mir austauschen würde.
Irgendwelche Ideen, wie man in solcher Situation handeln soll?
Vielen Dank im Voraus!
25.10.2022 20:49 •
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