Ihr hattet alle Recht!
Ich war dumm an einen Neuanfang zu glauben! Nachdem er sich bei mir entschuldigt hat, hat er sich wieder nicht mehr bei mir gemeldet. Heute hielt ich es nicht mehr aus und schickte ihm eine Mail: Wie geht es Dir?
Antwort: Mir geht es etwas besser. Da ich hier in meinem neuen Arbeitsbereich sehr eingespannt bin, bin ich auch natürlich gut abgelenkt. Aber so ist halt das Leben. Ich habe mich mittlerweile mit meiner Situation halbwegs abgefunden. Bleibt mir ja auch nichts anderes übrig, als zu hoffen und abzuwarten. Wie geht es Dir denn?
Ach übrigens, wollte die nächsten Tage mal meine Brille und die Sachen abholen. Ohne Brille ist es morgens scheußlich... geht das?
Ich war perplex. Kein liebes Wort! Nichts!
Daraufhin schrieb ich: Mir geht es sehr, sehr schlecht. Was meinst Du damit, Du hast Dich mit der Situation abgefunden? Heißt das, daß Du gut damit klar kommst, Vater zu werden oder, daß Du gut mit der Trennung klar kommst? Und was meinst Du, es bliebe Dir nichts anderes übrig, als zu hoffen und zu warten? Worauf? Immer noch, daß das Kind stirbt?
Du kannst Deine Sachen übrigens jederzeit abholen. Von mir aus noch heute. Ist mir gleich.
Er: Ich hoffe, daß sich für mich und alle Beteiligten irgendwie doch noch alles zum Guten wendet. Egal wie! Ob mit oder ohne Kind. Ich habe Angst, mein Leben lang nur noch mit Reue, Scham und ständigem Ärger und sonst. Einschränkungen führen zu müssen!
Ich: Ich verstehe Deine Scham. Die Frau, die man vorgegeben hat zu lieben, mit Kind sitzen zu lassen.... Wer könnte das gut heißen? Wer könnte dafür Verständnis haben bei einem 30-J. Mann und nach fester Beziehung?
Aber das ist nicht der Punkt für mich! Mir geht es nicht darum, daß ein Mann aus Verpflichtung bei mir bleibt. Den Gedanken könnte ich nicht ertragen. Bei mir ist und bleibt es der Punkt, daß ich Dir meine bedingungslose Liebe entgegengebracht habe. Und Du hast von einen Tag auf den anderen , Deine Gefühle zu mir abgestellt. Das fällt mir einfach so schwer das zu begreifen? Wenn Du mich geliebt hättest, würdest Du nicht ständig nur von Dir und Deiner Situation sprechen. Aber vor allem könntest Du es nicht ertragen, so lange von mir getrennt zu sein. Ich würde so gerne verstehen, wie das geht: Gefühle ein- und aus zu schalten. Ich kann das einfach nicht. Wie kannst Du das? All das andere Gefasel von Schuldgefühlen interessiert mich nicht. Mich interessieren nur Deine Gefühle für mich. Aber warum solltest Du mir eine ehrliche Antwort geben. Warum auch? Ich bin Dir nicht wertvoll genug.
Er: Siehst Du, das ist genau so eine Situation, die mir und Dir wieder zu schaffen macht! Du redest laufend von meinen Gefühlen und das ich diese einfach so abgeschaltet hätte. DAS STIMMT NICHT! Ich hatte und habe noch immer Gefühle für Dich und es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an Dich denke!
Nur, ich kann es immer nur wiederholen. ICH WOLLTE UND WILL KEIN KIND! Das ich nicht zurückgekommen bin, lag nicht an meinen Gefühlen zu Dir. Du glaubst, wenn ich genügend Gefühle hätte, würde ich auch ein Kind wollen und lieben. So denkt wahrscheinlich jede Frau und Mutter. Doch ein Kind möchte ich nicht.Vielleicht irgendwann mal, obwohl ich mir da nicht sicher bin. Aber auf gar keinen Fall jetzt!!! Doch jetzt sieht das so aus, daß ich das zu akzeptieren habe, ansonsten bin ich ein Schwein! Und das ist diese unerträgliche Nötigung, der ich mich ausgesetzt fühle: moralisch, sozial, finanziell, Dir und meiner Familie gegenüber. Entweder ich spiele Papa oder ich bleibe mein Leben lang ein Ar.! EIN LEBEN LANG! Aber ich denke, so sauer wie Du auf mich bist, empfindest Du das als gerechte Strafe für meine schei., die ich gebaut habe....
Wieder sein typisches Selbstmitleid! Es wunderte mich nur, daß er sich plötzlich auch von seinen Eltern unter Druck gesetzt fühlt, wo die doch die ganze Zeit so gegen mich sein sollen..... Er dreht immer alles so, wie es ihm gerade paßt!
Ich: Ich bin nicht wütend. Ich bin nur maßlos enttäuscht! Du hast Dich feige verpißt! Dir paßt es nicht in den Kram. Nach mir die Sintflut. Es ist so ungerecht diesem kleinen Kind gegenüber. Du warst immer ein Mann, der zu seinem Wort und zu seiner Verantwortung gestanden hat. Warum nicht jetzt? Ich werde diesem Kind nie erzählen, wie Du über es gesprochen und gedacht hast. Wie sollte ein Kind so etwas verkraften!
Hast Du mittlerweile eigentlich schon mit anderen außer Deinen Eltern darüber gesprochen?
Er: Was stellst Du Dir denn jetzt vor, was ich machen soll? Was hätte denn Deiner Ansicht nach das Kind davon, wenn ich meinen Vaterpflichten, damit meine ich nicht finanziell, nachkommen würde. Es ist doch besser für SO EIN Kind, wenn es mich besser gar nicht erst zu Gesicht bekommt. Ich mag keine halben Sachen. Entweder ganz oder garnicht. Aber so halb einen auf Familie machen ohne Trauschein und ohne gemeinsame Wohnung, das ist totaler Unsinn und das mache ich nicht!
Das Kind würde sich nie richtig an mich gewöhnen und leiden, weil es keinen Vater hat, der dafür da ist! Was soll das ganze Theater? Ein Leben mit Kind kostet viel Zeit, Verantwortung und Nerven. Du bist halt bereit dafür. Und es tut mir leid, daß ich das sagen muß, aber dafür bin ich halt nicht der Richtige! Es gibt sicherlich genügend Männer an meiner Stelle, die sich freuen würden und sofort gerne Vater wären. ICH NICHT!
Wir und unsere Familien bürden uns etwas auf, womit wir alle ein Leben lang zu tun haben werden! Und nicht zuletzt dieses Kind...
Das war wohl wieder eine Anspielung, daß ich doch abtreiben sollte.... Mir war mittlerweile alles egal. Ich schrieb weiter. Ich hatte mich ja schließlich schon erniedrigt durch meine mails. Jetzt kam es auf eine mehr oder weniger nicht mehr an.
Ich: Aber ich bleibe dabei, wenn Du mich geliebt hättest, wäre der Gedanke schlimmer, mich zu verlieren, als ein Kind zu akzeptieren.
ER: Das ist genau der Punkt! Eben nicht! Es ist für mich generell schlimmer, ein Kind zu akzeptieren, egal was ich für Gefühle für Dich habe. Verstehst Du das denn nicht? Ne, Du glaubst jeder will Kinder. Jeder Mann fügt sich gerne und bereitwillig der Vaterrolle. Nein, Du denkst so, weil Du immer Kinder haben wolltest und zwar noch zeitig, am liebsten sofort! Das hast Du ja jetzt bekommen! Dein Wille ist in Erfüllung gegangen. Doch daß ich auch einen eigenen Kopf habe zum Denken, das haben Deine Eltern und Du nicht geglaubt! Ihr habt wahrscheinlich immer gedacht, ich hätte keine feste Meinung von meinem Leben und wüßte nicht, was ich so recht wollte. Dein Vater hatte mir vor einiger Zeit ein Plädoyer über Lebensglück am Telefon gehalten. Als ob er glaube, ich wüßte nicht, wie ich mir mein Leben vorstelle und einen Ruck oder Anschub bräuchte. Er sagte mal, manche müßte man zu ihrem Glück verhelfen. Das sagte er eines Abends mal über Dich und meinte in Wirklichkeit mich!
Ich: Nun sage mir aber bitte, was hast Du noch für Erwartungen für Dein Leben? Wie stellst Du Dir denn Deine Zukunft vor? Du hast immer gesagt, Du würdest eine Frau suchen, die Dich wirklich liebt. Nun hast Du sie gefunden und schmeißt sie weg wie eine heiße Kartoffel. Also kann es das nicht sein, was Du willst. Also was erwartest Du noch vom Leben?
Er: Ich will glücklich sein.
Ich: Ich frage mich wirklich wie Du noch in den Spiegel gucken kannst! Ich könnte es nicht! Ich würde mich für mein Verhalten zutiefst schämen. Du machst es Dir echt leicht. Bist Du nicht von Dir selbst enttäuscht? Schämen sich Deine Eltern eigentlich nicht für Dich?
Er: Jetzt wo in Dir die Wut hochsteigt und Du einsiehst, daß ich nicht zu bekehren bin, bewirfst Du mich einfach mit Dreck! Das ist doch typisch, wie in allen Beziehungen, die zu Bruch gehen. Da machst Du keine Ausnahme, obwohl Du anders gesprochen hast!
Ich: Nein, ich will Dich nicht mit Dreck bewerfen! Ich könnte wirklich nicht damit leben, was Du jetzt praktizierst und durchziehst. Ich hätte Dich niemals so im Stich gelassen und ich könnte niemals nur an mich selbst denken! Ich liebe Dich immer noch! Auch wenn Du nie zu mir zurückkommst. Und das steht ja wohl nun endgültig fest.
Ich rief ihn im Büro an, ich war so durcheinander und aufgewühlt. Doch er wimmelt mich ab. Es würden zu viele Ohren zuhören. Es gäbe noch einiges, was er mir gerne sagen würde, aber nicht jetzt. Ich fragte noch mal, wann er seine Sachen abholen würde. Er sagte nur, daß er heute kein Zeit hätte.
Daraufhin schrieb er noch eine Mail:
Meine Kollegen haben Ohren wie Elefanten. Neugier ohne Ende! Nebenan sind auch alle Büros besetzt. Laß uns heute Abend noch mal reden. Mein Freund kommt zwar zuerst, aber danach, denke so gegen 21.00 rufe ich zurück. Einverstanden? Tut mir leid, aber ich habe keine Lust Privates vor meinen Kollegen auszuplaudern.....
Ich schrieb: Jetzt komme ich mir erst recht dumm vor. Nicht wegen Dir, sondern wegen meiner eigenen Unvollkommenheit. Ich möchte immer alles richtig machen und es allen recht machen. Und was mache ich? Ich telefoniere Dir hinterher. Ich versuche Dich zu überreden, bei mir zu bleiben. Ja, ich bettel um Deine Liebe! Was ist nur aus mir geworden? Wo ist mein Stolz? Ich frage Dich, wie Du noch in den Spiegel schauen kannst, aber ich kann es selbst nicht mehr.
21.00 Uhr - ich freue mich, Deine Stimme wieder zu hören und gleichzeitig sage ich zu mir, ich weiß ja, daß Du mir sowieso nichts anderes erzählen wirst, als das, was Du mir auch geschrieben hast. Du hast Dich ja längst entschieden. Aber ist es nicht schrecklich, mit einem solchen Geheimnis leben zu müssen? Mit Niemanden darüber reden können, weil man weiß, wie das Urteil der meisten anderen ausfallen würde? Aber die Angst auf der anderen Seite, der Verantwortung nicht gerecht zu werden, die einem aufgedrückt wird. Doch so sehr man die Augen auch verschließt, man kann vor der Wahrheit nicht davonrennen. Kurze Zeit vielleicht. Aber irgendwann holt einen die Vergangenheit ein. Und man muß immer für alles bezahlen, was man im Leben tut.
Du sagtest vorhin am Telefon. Bei meinen Eltern war es eine andere Situation. Sie waren verheiratet.! Hast Du vergessen,daß Dein Vater sich sogar erst von einer anderen Frau scheiden lassen mußte, um Deine Mutter zu heiraten, weil er zum Zeitpunkt, als sie schwanger wurde, noch verheiratet war ? Das war bestimmt nicht leicht für ihn. Das hat er jedoch alles bereitwillig auf sich genommen. Aber wie wäre es wohl Deiner Mutter und Dir ergangen, hätte er Deine Mutter einfach sitzen gelassen. Und meinst Du wirklich Euer Glück hing vom Trauschein ab? Hauptsache Dein Vater hat zu Euch gestanden - mit oder ohne Trauschein!
Meinst Du für Dich und Deine Mutter hätte sich alles zum Guten entwickelt, hätte Dein Vater Dich und Deine Mutter im Stich gelassen?
Und nun ist es gleich 21.00 Uhr und ich warte darauf, daß das Telefon klingelt. Wahrscheinlich wird er mich noch absichtlich warten lassen, um mir noch mal zu demonstrieren, wie sehr ihm alles am Ar. vorbeigeht.
Ich fühle mich sehr, sehr schlecht! Und mir kann keiner helfen, denn ich schaffe es nicht, mit dieser Situation fertig zu werden. Mein Verstand hat schon längst begriffen, daß es kein zurück gibt. Mein Herz eigentlich auch. Es ist in mir etwas zerbrochen. Aber meine Lebensfreude ist einfach nicht mehr da. Ich fühle mich so schrecklich!