Liebes Forum,
ich habe in den vergangenen zwei Jahren oft hier gelesen, was mir sehr dabei geholfen hat, meine eigene Geschichte zu verarbeiten. Da sie aber aus verschiedenen Gründen nicht komplett abgeschlossen werden kann, schreibe ich sie hier einmal auf - in der Hoffnung, ein paar weitere Sichtweisen und Meinungen zu bekommen, wie ich weiter damit umgehen kann. Dafür schon jetzt vielen Dank!
Meine Geschichte ist ganz klassisch: Ich hatte vor mehr als zwei Jahren eine kurze, aber sehr intensive und gefühlsgeladene Affäre mit einem Arbeitskollegen. Wir beide in langjährigen Beziehungen (nicht verheiratet) und beide mit Kindern. Meine Beziehung lag zum Zeitpunkt des Kennenlernens schon lange brach, vieles war unaufgearbeitet und die Trennung schwebte mir schon lange vor Augen. Auch bei meinem Ex-AM war einiges im Argen – sodass wir beide, unglücklich wie wir waren, bei vollem Bewusstsein in diese Affäre geschlittert sind. Es fühlte sich alles so richtig zwischen uns an. Wir sind uns sehr ähnlich, verstehen uns blind und schwingen auf einer Wellenlänge. Das hast das Gefühlschaos natürlich sehr schnell perfekt gemacht.
Mein Ex-AM hat mich nie angelogen und mir immer gesagt, dass er sich nicht von seiner Freundin und seiner Familie trennen kann. Ich habe das auch nicht von ihm verlangt oder Druck gemacht, da mir völlig bewusst ist, dass das nur scheitern kann. Wenn sich jemand trennt, dann muss das schon aus der ureigenen Überzeugung heraus passieren, dass man diese Beziehung beenden möchte. Nach einigen Wochen ging es uns beiden so schlecht, durch die Mischung aus Sehnsucht, Lügen und Angst vor möglichen Konsequenzen, dass wir die Affäre im gegenseitigen Einverständnis beendet haben. Seit dem ist nie wieder etwas zwischen uns gewesen.
Was aber folgte, war ein brutaler Liebeskummer auf beiden Seiten. Erschwert durch den Umstand, dass wir uns täglich sehen. Für mich war die einzige Lösung, soweit wie möglich auf Abstand zu gehen und eine reine Arbeitsbeziehung herzustellen – sodass wir beide das verarbeiten und an unseren Beziehungen arbeiten können.
Für mich war dann allerdings recht schnell klar, dass ich meine Hauptbeziehung, unabhängig von meinem Ex-AM, beenden würde. Da dort über die Zeit alles Wesentliche abhandengekommen ist und wir nur noch mehr schlecht als recht als Eltern miteinander funktioniert haben. Die Trennung ist dann auch erfolgt, ebenso wie die Beichte der Gefühle zum AM und der Affäre. Mein Partner war und ist nach wie vor bereit, mir alles zu verzeihen und die Beziehung weiterzuführen. Einerseits bewundere ich ihn dafür, andererseits kommt mir das alles vor wie eine krasse emotionale Abhängigkeit, die ich schwer zu ertragen finde. Er sperrt sich komplett gegen eine konstruktive Trennung und stellt mir eigentlich nur eine Katastrophe in Aussicht. Das macht es unglaublich schwer, die Trennung räumlich mit allen Konsequenzen durchzuziehen, sodass wir immer wieder hin- und herdiskutieren und versuchen, irgendeinen Zustand herzustellen, der für alle einigermaßen funktioniert. Dabei habe ich das Gefühl, dass unser Zaudern alles nur schlimmer macht.
Mit meinem Ex-AM ist der Kontakt, wie schon geschrieben, auf ein Minimum und auf rein berufliche Gespräche reduziert. Was es sehr schwierig macht und mich komplett verwirrt, ist, dass er das nicht zulässt bzw. einhält. Er sagt zum Einen, dass er bei seiner Familie bleiben möchte, was ich völlig akzeptiere und respektiere. Es ist sein Leben und er darf entscheiden, wie er leben möchte und wer er sein möchte. Zum Anderen findet er immer wieder Wege, um mir zu zeigen und zu sagen, dass er immer noch Gefühle für mich hat. Da er mit seiner Partnerin nicht gesprochen hat und die ganze Geschichte verheimlicht, finde ich das extrem verletzend und unangemessen, was ich ihm sehr deutlich zeige. Ich finde es nicht nur mir gegenüber respektlos, sondern auch gegenüber seiner Partnerin. Wir haben einen Fehler gemacht, das ist völlig klar, aber wir haben vollkommen unterschiedliche Wege eingeschlagen, damit umzugehen. Ich habe für meinen Teil mich selbst einmal komplett umgekrempelt, um zu verstehen, warum das alles so passiert ist und dort auch genügend unaufgearbeitete Kindheitsthemen etc. gefunden. Ich weiß für mich, dass mir das nie wieder passiert, dass ich mich nie wieder auf jemanden einlassen würde, der vergeben ist – nicht zuletzt aus Respekt den jeweiligen Partnern und Familien gegenüber. Ich habe auch lange gebraucht, mir selbst zu verzeihen, mich so verhalten zu haben.
Meine Frage ist nun: Warum tut mein Ex-AM das? Es gibt Tage, an denen ich mir sage, er mag mich eben immer noch und hat wahrscheinlich bei mir etwas gefunden, was ihm in seiner Beziehung fehlt und was er auch rein emotional nicht aufgeben möchte. An anderen Tagen überkommt mich die Wut, dass er sich so feige und sinnlos verhält, dann attestiere ich ihm eine narzisstische Persönlichkeitsstörung (nicht wirklich ernst gemeint). Er ist definitiv kein schlechter Mensch, sondern möchte auch aufgrund eigener Kindheitserfahrungen alles richtig machen und niemanden verletzen. Was ich verstehe. Trotzdem denke ich, dass er mich einfach in Ruhe lassen und mit höflicher Distanz behandeln müsste, wie ich ihn.
Was will ich nun eigentlich wissen… Gibt es jemanden, vor allem ehemalige AMs, die bei ihren Familien geblieben sind, die mir dieses Verhalten erklären und mir Tipps geben können, wie ich am besten damit umgehe? Diese Gefühlsbekundungen reißen natürlich bei mir die Wunde immer wieder auf, jemanden loslassen zu müssen, der mir sehr viel bedeutet hat. Dass wir nichts füreinander sein können, ist völlig klar. Es würde auch keine Freundschaft funktionieren.
Was meinen ehemaligen Partner betrifft: Bei ihm zu bleiben, wäre eine reine Vernunftentscheidung, was ich ihm auch klar sage. Wie haben diejenigen von euch, die eine Affäre hatten, es geschafft, wieder eine emotionale Basis herzustellen? Also sich wieder auf den Partner einzulassen? Ich habe es versucht und sehe da absolut keinen Weg. Eure Erfahrungen würden mit sehr interessieren.
Und zum Schluss: ich bin mit meinen Entscheidungen sowohl hinsichtlich meines AMs als auch meines ehemaligen Partners vollkommen im Reinen. Nur fehlt noch an manchen Stellen das Verständnis bzw. die Strategie, beides vollständig abzuschließen.
Für alle eure Meinungen und Hinweise dankbar… Entschuldigt den langen Text.
Liebe Grüße
30.07.2022 16:33 •
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