Hallo Ihr alle,
es ist schön, dass es dieses Forum gibt. Vor kurzem noch aus der Welt der heilen Familie kommend, hat es mich ziemlich überwältigt, wie sich die Erfahrungen doch ähneln, und wie sehr sich Menschen auch nach vielen Jahren Ehe und Beziehung gegenseitig wehtun können, wohl oft auch nicht beabsichtigt.
Ich würde nun auch gerne mal meine Geschichte erzählen. Wir sind seit 18 Jahren zusammen, und seid 16 Jahren verheiratet. Kinder sind 15, 13 und 12. Bevor wir zusammenkamen, waren wir lange enge Freunde, und die Freundschaft haben wir auch lange in die Beziehung getragen. Da wir sehr früh dann Kinder bekommen haben, waren wir nicht lange zu zweit. Mein Mann hat früh begonnen Karriere zu machen, und ich habe schon das erste Kind größtenteils alleine großgezogen. Mit dem zweiten, einem schwierigen Mädchen, das viel geweint hat, kam dann ein weiterer Rückzug in den Beruf, oder vielleicht auch nur ein weiterer Karriereschritt. Mein Mann ist extrem sachorientiert und relativ gefühlsarm. Obwohl ich immer gearbeitet habe, zwischendrin noch einmal neu studiert, war ich darüber nicht sehr glücklich, wie man sich denken kann, da ich das Gefühl hatte, neben seiner Abwesenheit auch das bei den Kindern auffangen zu müssen. Mein Mann hat so eine Art, einem goldene Visionen zu zeichnen, und kündigte vieles an, was er übernehmen will. Damit hat er mich über viele Jahre hinweg immer wieder aufgefangen, und hat sich auch viel Mühe gegeben. Alle paar Wochen war es mir dann aber mit Arbeit, Haushalt, Garten, Kindern, deren Hobbies und seiner Abwesenheit doch zu viel, und ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich - meistens in einem riesengroßen Streit - dann ziemlich unausstehlich und sicher auch sehr verletztend geworden bin. Dann war es bei mir aber auch wieder gut. Ich habe dann, als die Kinder größer wurden, auch einige Hobbies aufgenommen und mich eigentlich soweit damit abgefunden, dass ich einen überwiegend abwesenden Mann habe. Bei ihm ist allerdings vor drei Jahren dann folgendes passiert: er hat - und zwar ohne dies vorher mit mir abzustimmen - eine Position im Außendienst übernommen, und war teilweise wochenweise weg. Zeitgleich hat sich das Klima zwischen uns verändert, er hat sich zurückgezogen, war aggressiv, voller Vorwürfe - es gab schlimme Streits. Ich habe dann irgendwann resigniert und wurde immer unglücklicher. Ich habe in der Zeit immer mal vermutet, dass er eine Affäre hat, er hat es aber abgestritten, mit seiner sonoren, vertrauenserweckenden Art. Und vor einigen Monaten kam dann die berühmte Aufdeckung, die zu allem Unglück auch noch so lief, dass er wochenlang alles abgestritten hat und ich noch in seinen Privatsachen herumschnüffeln musste, was ich sehr entwürdigend fand. Es habe nichts mit mir zu tun, er habe mich nicht verletzen wollen etc. Wegen der Kinder wollten wir es noch einmal versuchen, mit Beratung und allem. Nur leider hat er den Absprung nicht geschafft, und ich habe ihn, obwohl er mir versprochen hatte, dass er keinen Kontakt mehr zu ihr hat, immer wieder dabei ertappt, wie er mit ihr telefoniert hat. Ob er sie heimlich getroffen hat, weiß ich nicht. Die Wochen nach der Aufdeckung fand ich am schlimmsten, dass Lüge auf Lüge folgte, obwohl ich mehrfach klar gesagt hatte, dass dies das einzige sei, was ich nicht verzeihen könnte, weitere Lügen. Ich habe mich jetzt getrennt, aber es ist schwer, für die Kinder decke ich sein Verhalten, ich glaube nicht, dass es zum jetzigen Zeitpunkt Sinn macht, schmutzige Wäsche zu waschen, und habe nur 2 eng stehende Personen eingeweiht, um mir Luft machen zu können. Mein vorrangiges Ziel ist es, den Kindern eine gute NachFamilie zu bieten, ohne dass sie an ihrem Vater zweifeln müssen. Wenn sie älter sind, kann man immer noch darüber reden. Aber es ist schwer. Habt Ihr vielleicht Anregungen, welche innere Einstellung mir weiterhelfen könnte, die Verletzung zu vergeben? Genugtuung kann ich von ihm nicht erwarten. Wie sollte die auch aussehen. Ich habe mehrfach die Frage an ihn gerichtet, wie ich ihm verzeihen kann, gerade in Hinblick auf unsere frühere Freundschaft und die Vision, zum Wohle der Kinder wieder halbwegs wohlwollend miteinander umzugehen. Aber er kann mir da - natürlich - nicht weiterhelfen. Es scheint gerade zu frisch. Er hat keinerlei Klarheit über seine Gefühle, er sagt, es tut ihm leid, dass er mir so weh getan hat. Aber, mir ist völlig klar, dass ich einen großen Anteil an den Problemen in unserer Beziehung habe/hatte, und darum geht es mir nicht darum, ihn zu verteufeln. Ich bin, vielleicht auch nicht gesund, nicht sehr oft richtig wütend, auch wenn ich das Gefühl habe, dass er es sich gerade recht einfach macht. Aber nach vorne gerichtet, würde ich mich sehr über ein paar Ideen freuen, wie ich meine widersprüchlichen Gefühle wie seine Verantwortung/meine Verantwortung - Wut über den Verrat/Wunsch nach Übergang in eine wohlwollendere Beziehung für die Kinder - Überforderung angesichts all der zu regelnden Dinge/Hoffnung auf ein besseres Leben in den Griff kriegen könnte.
Ich denke, Zeit wird eine große Rolle spielen.
Danke für Eure Gedanken, Gwenni
07.08.2016 16:24 •
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