Ihr lieben Foren-Leserinnen und -Leser,
ich möchte ein Thema als Austausch anstoßen. Ich bin selbst seit Jahren betroffen mit schweren Depressionen, ich bin ein fröhlicher und sehr liebevoller Mensch - und frage mich seit langem, wie ich mit dem Thema in der Partnerschaft am besten umgehen sollte und eigentlich möchte - was schwer ist. Dies soll hier ein allgemeiner - und für alle einladender - Gedankenanstoss für alle Lesenden und Schreibenden sein.
Bitte versteht, dass, wenn ich hier von mir erzähle, dass ich mir wirklich viele Gedanken gemacht habe über meine Krankheit - und im Moment - oder in jedem Moment - versuche, die beste Lösung für mich und für meinen Partner und Freunde zu finden. Es ist ein Weg, auf den ich mich immer wieder neu begebe.
Wenn dies eine Möglichkeit gibt zum Austausch und zu Eurer eigenen Diskussion, dann bin ich einfach absolut froh darüber. Aus Spaß sage ich gern: Wenn es eine Selbsthilfegruppe gäbe für Depressive, wäre das toll, aber zum Termin dann könnte keiner kommen, weil alle zu fertig sind. Wie schade.
Das Thema ist einfach sehr schwer und sehr komplex und es ist so schwer, Worte zu finden. Bitte seid liebevoll im Umgang in der Diskussion, denn manche zu schnell gefallenen Worte wiegen schwer für die, die es lesen.
Jeder und jede handelt das so, wie er oder sie eben kann oder mag, wenn er oder sie depressiv ist. Und aus eigener Erfahrung muss ich sagen, es ist sehr schwer da eine gute Lösung zu finden.
In meinem Fall ist es so, ich bin sehr schwer depressiv seit ich 16 bin und habe Millionen Kämpfe um diese Krankheit herum austragen müssen. Heute bin ich 35. Würdet Ihr mich kennenlernen, hehe, ich bin eine - echt schnieke rothaarige Schnitte, ich habe viel zu erzählen, ich genieße kleinste Dinge, ich übertreibe gern um einen Moment zu genießen, ich bin gerne für Menschen da, ich wirke herzlich und fühle mich auch so. Ich strahle, wenn ich es raus schaffe.
Früher habe ich es manchem Partner mitgeteilt - auch aus einer tiefen Sehnsucht, verstanden zu werden und nicht damit allein zu sein. Es hat aber nicht immer wirklich gut geholfen - ich blieb eben doch mit der Krankheit allein, so wie man es auch in einem tiefen Kummer tut. wie Ihr es grad für Euch selbst leider vermutlich zu gut wisst, falls Ihr gerade Liebeskummer haben solltet.
Ich habe erst vor einem Jahr angefangen, mit meinen Freunden wirklich offen damit umzugehen. Meine Freunde sind toll, offen, liebenswert, ich habe über die Jahre gelernt, genau hinzuschauen, wer mir gut tut. Was trotzdem schwer war, denn ich wollte immer genau für diese tollen Freunde stark sein, für meine Freunde da sein, und so eine schlimme Krankheit, in der man sich selbst so fertig macht, wie soll man da sich gestatten, ein liebes Wort annehmen zu dürfen. Das geht ja nicht.
Wie gesagt, ich mache das jetzt sehr viel besser - meine Freunde gehen total okay damit um, diese coolen Säue - es war eher mein Teil, da für mich den Kopf und das Herz frei zu kriegen, um mir ihre Nähe erlauben zu können.
Mittlerweile sage ich einfach bescheid, wenn es mir schlecht geht. Aber jedes Mal ist es - weiterhin - unglaublich schwer.
(das war so ein langer Weg verdammt)
Aber, davon wollte ich eigentlich erzählen, in meiner aktuellen Partnerschaft, die nun grade in die Brüche ging - da habe ich nicht davon erzählt, von meiner Krankheit. Ich hadere auch jetzt mit mir, ob das gut so ist (im Moment haben wir ein offenes Gespräch über uns begonnen und natürlich möchte ich offen sein und all das - für mehr werde ich einen eigenen Thread aufmachen, wenn ich irgendwie ein bisschen meine Gedanken sammeln kann)
Ich verstehe, dass es hier Themen gibt wie: Mein Partner erzählt mir nicht davon, er/sie ist depressiv - dass sich dann das Gegenüber ausgeschlossen fühlt. Und das mag auch echt völlig zu recht sein. Sorgen sollte man teilen, denn dann sind sie weniger. Dem würde ich auch immer beipflichten. (ich mache die Erfahrung immer wieder und bin jedes Mal überrascht)
Aber ich habe mich diesmal ganz bewusst dazu entschieden, diese Krankheit außen vorzulassen, als ich meinen Ex traf und begann, mit ihm Zeit zu verbringen. Aber nicht so wie früher, ich habe Sorgen geteilt, ich habe Stück für Stück geschaut, ob ich wirklich so stark sein muss oder nicht, und das war eine gute Erfahrung (denn Auflösung: ich musste es nicht, im Gegenteil).
Nur - was meine Krankheit betrifft, das wollte ich nicht teilen. Es ist, oder war, als würde ich lieber eine Gegenwart haben, in der diese Krankheit mich nicht so komplett ausmacht. Auch wenn sie es tut. Ich denke auch, meinem Ex hätte das viele Sorgen gemacht, was mir wiederum echt Sorgen gemacht hätte - darüber habe ich echt viel nachgedacht.
Ich wollte einfach auch der Mensch sein, der ich bin - auch wenn die Krankheit mich das oft nicht sein lässt. Ich möchte aber sein.
Ach, ich kann es nicht erklären. Es ging mir jetzt nicht mehr darum, etwas vorzuspielen oder stark zu sein. Ich glaube, ich wollte einfach für mich als Mensch einfach Mal meine eigene Ruhe vor der Krankheit haben.
Ich sehe das auch jetzt so. Ich weiß, es ist ein feiner Grad ich denke, ich habe diese Entscheidung aber sehr bewusst gemacht, mir ging es in erster Linie um mich. Dazu gehört aber auch viel Erfahrung und vermutlich hab ich ein bisschen davon gesammelt.
Vielleicht macht es das auch schwer, weil sich diese Krankheit so schwer teilen lässt. Aber nein, eigentlich, weil ach. Wenn es irgendjemand da draußen gibt, der selbst an genau diesem Problem hadert. Ich hab keine Antwort. Es ist immer wichtig, sich nicht zu verschließen oder zu verstellen, denn man möchte ja für sich den Mut haben, jemandem nah zu sein, und das kostet - immer, egal in welcher persönlichen Situation - Mut.
Ein Partner mag sich da ausgeschlossen fühlen, wenn man es nicht mitteilt, aber dieser Partner oder Partnerin sollte auch wissen, dass diese ganze unermessliche Dunkelheit, mit der man selbst zu kämpfen hat - da kann man nicht einfach so drüber reden. Das bedingt die Krankheit selbst. Diese Krankheit richtet sich gegen einen selbst. Es kostet so viel Kraft.
Es ist schwer. Es ist kompliziert. Ich glaube, am wichtigsten ist, - und ich möchte hier ja irgendwie gerne auch Rat geben - dass ein depressiver Mensch Hilfe hat (was an sich schon schwer genug zu finden ist) und sich dann überlegt, wie man das auch in einer Partnerschaft einbringen kann, und ob, und wie.
Auf meinem Lieblingsblog dearcoquette fragte mal jemand: Bin ich in der Pflicht, meinem Partner von meiner Krankheit zu erzählen? Und sie antwortete: Nein, Du bist zu nichts verpflichtet, Du tust nur, was für Dich gut ist. Auch wenn Du jemanden absolut liebst.
Das klingt einfach, aber darin liegt so viel.
Ich möchte hier in einfachen Worten sagen: Teilen ist wichtig und heilsam. Aber es gibt auch Dinge, an denen man so leidet, dass sie nicht geteilt werden können. Depression ist unglaubliches Leiden, ist haltlose Stille, ist Dunkelheit - und all diese Worte klingen für jemand, der depressiv ist, nur lächerlich, denn das Leiden und der Schmerz ist unendlich und nicht beschreibbar, wartet an jeder Ecke von jedem Gedanken in neuer Grausamkeit auf.
Leider. Ich hab keine Antwort darauf. Mir tut eine gute Umarmung gut, aber auch nur manchmal. Dann kann ich kurz innehalten, bevor ich weiter kämpfen muss. Nur ein winziger Moment der Ruhe! Das ist alles, was ich dann habe, und das ist sofort weg, wenn ich weiter kämpfen muss. Leider kann man das nicht mitteilen. Aber es ist toll, wenn jemand da ist. Bitte seid da. Lass Euch nicht verunsichern. Lest, schaut im Internet, lest mehr, und bleibt da. Hört auf mit Ratschlägen. Wenn man depressiv ist, schlägt man sich selbst genug.
In aller meiner Liebe - ich vermute, mein Beitrag klingt stark, aber so ist es nicht. Bitte versucht, genau hinzuschauen, zuzuhören, eine Hand zu halten stattdessen, still zu sein, Ruhe zu spenden. Ein depressiver Mensch hat nie Ruhe. Und lest noch Mal, bitte informiert Euch, hört nicht auf. Lasst zu.
Mara
03.09.2018 02:39 •
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