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Über das Kämpfen

G
Zitat von KBR:
Heute Abend fühle ich mich mal wieder sehr allein, obwohl ich viele Menschen gesprochen habe.

Morgen gibt es eine Konfrontation mit der Vergangenheit. Ich muss einen Platz aufsuchen, auf dem wir vor einem Jahr waren. Wir waren dort so glücklich und hatten so viel Spaß. Warum ich so beeinträchtigt werde von Orten und so extrem empfindlich bin, weiß ich nicht. Vielleicht, weil ich sonst nichs habe. Keinen Kontakt, keinem Kampf. Vielleicht weil es so viel Desinteresse vermittelt.

Zum ersten Mal seit ein paar Tagen vergieße ich Tränen.


09.06.2017 22:05 • x 2 #421


K
Paletten

Bei der Malerei bin ich recht gut darin, Farben zu mischen. Jeder Farbton, jeder Nuance ist produzierbar. Ein angeditschtes Möbelstück in undefinierbarer Farbe? Kein Problem. Ich mische den Farbton und mit einem Tupfer der Farbe ist der Schaden behoben. Leider habe ich dazu meistens keine Lust, aber das ist ein anderes Thema.

Farbpaletten sind beherrschbar.

Was meine Gefühlspalette angeht, sieht das schon anders aus. Dieses Auf und Ab kann nervtötend sein. Zumal ja eine stabile Gefühlslage ohne große Höhen und vor allem ohne große Tiefen derzeit schon als erstrebenswert verstanden werden muss. Das Ganze ist sehr fordernd und zudem für mich auch mit der Herausforderung verbunden, bei jedem schlechten Gefühl differenzieren zu müssen, ob es sich um den Vorboten einer ernsthaft depressiven Phase handelt, der sich bei mir einnisten möchte, oder ob es einfach lediglich Traurigkeit, Wut, Angst oder was auch immer ist.

Hier mal ein OT ein Appell an alle, die zu schnell mit dem Begriff Depressionen hantieren. Oft ist das ein - für eigentlich andere Gefühle oder Gemütszustände - inflationär genutzer Begriff. Schaut genau hin, um was es bei Euch geht, und erlaubt Euch traurig o.ä zu sein, aber geht nicht leichtfertig mit der Bezeichnung als Depression um. Wer wirklich depressive Phasen hat, hat bestenfalls bereits gelernt sehr, sehr wachsam zu sein und sofort Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sobald es nötig ist. Wer den Verdacht hat, Depressionen zu haben, sollte schnellstmöglich einen Facharzt aufsuchen.

Wie es jemandem geht, der - im Gegensatz zu mir - dauerhaft depressiv ist, vermag ich selber mir wohl nur annähernd vorzustellen. Daher möchte ich mir das nicht anmaßen.

Wer von depressiven Phasen betroffen ist oder war, kann i.d.R. bei Abwesenheit der Depression die Traurigkeit von anderen anerkennen und Mitgefühl dafür haben. Aber er wird nur müde lächeln, wenn das hochdramatisch als Depressionen bezeichnet wird, ohne eine wirkliche Depression zu sein. Depressionen sind ein anderes Kaliber in einer ganz, ganz anderen Liga. Es ist eine Modeerscheinung - ähnlich wie das Bekenntnis der Neigung zu B*DSM -, sich selber diesen Stempel aufzudrücken. Aber das ist weder toll noch Lifestyle. Es ist ein Fluch, wenn man betroffen ist.

Liebeskummer mit all seinen Empfindungen ist dagegen lediglich eine schlimme Phase, in der man sich einfach elendig fühlt, die aber vorbei geht.

Ich muss sagen, ich bin relativ entsetzt darüber, wie leichtfertig und auch unwissend viele Ärzte mit dieser Diagose umgehen.

In den dunklen Tiefen meiner Gefühlspalette habe ich mich wochen- und monatelang ohne Depressionen (!) gesuhlt. Manchmal kommen dunkle, traurige, wehmütige Gefühle und Fragen zurück - noch zu oft. Aber das ist mittlerweile eher verbunden mit einer Betrachtung der Dinge aus der Vogelperspektive. Ich schrieb es ja schon mal: der körperliche Entzug scheint abgeschlossen. Darüber bin ich froh, denn der war wirklich, wirklich heftig.

Nun stehe ich heute morgen also wieder an meiner Kaffeemaschine, die btw eine Stätte der morgendlichen Erkenntnis zu werden scheint (was 1000x besser ist, als gleich beim ersten Gedanken, noch vor dem Aufschlagen der Augen mit Urgewalt von Gefühlen überwältigt zu werden, die einen dunkel durch den Tag begleiten), und stellte fest, dass meine Stimmung heute Morgen eher mau ist. Der kleine Euphorieanflug von gestern schläft wohl noch.

Die Summe der Erkenntnisse scheint von Morgen zu Morgen zu steigen, denn ich stellte außerdem mit Erstaunen fest, dass sich eine Dankbarkeit für die Empfindungen der letzten Monate einstellt. Mögen die Gefühle auch noch so erdrückend und unausweichlich gewesen und vor allem unendlich erschienen sein.

Ich bin in der Rückschau dankbar für die Intensität der Gefühle, so sehr ich sie auch verflucht habe und mich ihnen ausgeliefert fühlte. Denn sie vermochten, die gegenwärtigen Veränderungen als positiv und die daraus resultierenden Gefühlszustände als nicht selbstverständlich zu verstehen.

Heute bin ich dankbar für die sich wieder weitende Palette von Gefühlen, vergleichbar mit der Undendlichkeit von Farbpaletten, und für die wieder spürbaren Nuancen.

Man muss allerdings auch bereit dafür sein, es zuzulassen!

10.06.2017 09:01 • x 3 #422


A


Über das Kämpfen

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K
Done

Straßenfest überqueren = Done! Wenn auch in Habachtstellung und mit Unwohlsein und Wehmut, aber done!

Neue Bewerbungsfotos machen lassen = mäßiges Ergebnis, aber done!

Spaßfotos mit K machen lassen = Done!

Mit K in der Sonne sitzen und quatschen = Done!

Wieder ist ein schwieriges Datum vorbei.

Erst bäumen sich diese Erinnerungstage wie riesige Hürden vor mir auf und dann stellen sie sich als überwindbar - und zwar weniger schwer als gedacht - heraus.

10.06.2017 21:17 • #423


K
Narben

Aus diesem Jahr werden reichlich Narben bleiben - drei am Fuß, wahrscheinlich zwei am Knie und eine kleine Piercingnarbe.. Es sieht aus, wäre ich reichlich gestrauchelt. Beim größten Unfall wurde mein Herz zermalmt. Auch seelische Narben werdeb bleiben.

Ich bin zuversichtlich, dass all die Narben bei guter Pflege irgendwann vielleicht gar nicht mal so schlimm aussehen werden.

Heute ist es wieder besser als gestern. Ich beobachte das mal.

11.06.2017 09:43 • #424


aquarius2
Was würde Rüdiger Dahlke sagen, bei deinen Diagnosen? Was meinen Rücken betrifft, das wird sich zeigen....

11.06.2017 09:54 • x 1 #425


K
Gedankenspiel
Ich bin immer noch wie die Muschel aus einem früheren Beitrag. Inszwischen jedoch klappe ich meinen Schale immer öfter, länger und weiter auf.

Heute Vormittag hing ich in dem Gefühl fest, welches ich aufgrund des Verlustes der körperlichen Geborgenheit habe. Geborgenheit fehlt mir sehr. Ganz klar ist, dass es momentan noch vollkommen außerhalb meiner Vorstellungskraft liegt, mich über ein Gefühl von Geborgenheit und des Aufgehoben- und Angenommensseins wieder zu öffnen für ein neeus Glück. Diese Erkenntnis ist Fakt.

Doch ich dachte dieses Mal weiter. Was wäre denn, wenn jemand zu mir zärtlich sein wollte?

Diese Vorstellung trieb mir die Tränen in die Augen. Nicht vor Sehnsucht oder Rührung, dass ich überhaupt so weit gedacht habe, sondern aus Erschrecken darüber, was sich als Reaktion in mir abspielte.

Allein das Denken an diese Möglichkeit löste nämlich ein sorfortiges Panzer zu. Schotten dicht, Jalousien runter, Schlösser verriegeln, Geschütze auffahren, Schießscharten besetzen, Pech erhitzen, Zugbrücke hochziehen, Patroullien einteilen und bis an die Zähne bewaffnen in mir aus.

Ich bin erschrocken, wie unfassbar verletzt ich bin.

Ich bin erschrocken, was für ein Wrack und welche Zumutung ich in dieser Hinsicht für einen potentiellen Interessenten wäre. ER hatte das in dieser Hinsicht schon nicht leicht. ER hat es so souverän gemeistert, wie es eben ging. Er hat das ausgehalten. Aber das jetzt ist noch ein ganz anderes Kaliber.

Wenn allein der Gedanke an deine Berührung zu Tränenfluten führt und ich das Gefühle habe, sofort wieder den Panzer verschließen und erneute Veletzblichkeit nicht zulassen zu wollen, wie soll das eines Tages in der Realität werden?

Mein Gott, bin ich gestört.


Traum

Heute Nachmittag war ER mal wieder Akteur in einem Traum. Dieser Traum war anders als die voran gegangenen. Er war verzweifelt. Er begründete und redete auf mich ein. Er erklärte und schien mit meiner Nachfolgerin gescheitert. Er vermisste und entschuldigte sich usw. usw. Ich hatte in dem Traum keine erkennbaren Gefühle. Es blieb unklar, ob er zurück wollte.

11.06.2017 17:04 • x 4 #426


K
Okay.
Die Nächte werden wieder kürzer und unruhiger. Ich habe wieder von ihm geträumt, da ich nicht rekapitulieren kann, was es war, muss ich zumindest nicht darüber nachdenken, was mir der Inhalt sagen will.

Außerdem bin ich familiär wieder etwas befangen. Dort hat mir die Ruhe in den letzten 14 Monaten sehr gut getan, aber mit dieser scheint es vorbei.

Die mit der Bewältigung einher gehenden Gedanken und die Tatsache, dass ich heute wieder zur Arbeit muss, sind anscheinend ausreichend, um meinen Schlaf zu stören. Also gilt es resilienter zu werden und weiter Fäden für einen Jobwechsel zu spinnen.

Ach, wäre das toll, wenn ich wieder mit Spaß dabei wäre und es nicht jeden Tag hassen würde.

Das Wetter ist gut. Früher hätten wir uns vielleicht in der Mittagspause getroffen. ER wäre dazu zu mir in die Innenstadt gekommen. Ich sehe ihn vor mir, wie er an unserem Treffpunkt auf mich wartet und strahlt.

Aber das war früher. Heute ist es wie noch viel früher und ich werde ich die Mittagszeit eben mit Kollegen verbringen - oder mit Schuhekauf. Oder mit dem Studieren von Stellenanzeigen. Oder mit einem Spaziergang um die Binnenalster oder damit, nochmal duchrzurechnen, ob ich nicht doch meine Wohnung vermieten und mir etwas anderes suchen kann. Gestern habe ich das nach langer Zeit mal wieder überschlagen und da sah es gar nicht mehr so unmöglich aus. Das Problem ist nur, ich habe ja schon keine Lust, mich um tropfende Wasserhähne, kaputte Scheiben, neu zu fliesende Balkone o.ä. zu kümmern, wenn es für mich selber ist. Wie soll das denn dann bei Dritten sein?!

Es gibt so viele Möglichkeiten. Es geht weiter. Immer. Irgendwie.

12.06.2017 03:55 • x 4 #427


K
Verwöhnprogramm
Heute habe ich lange, hart und viel gearbeitet. Hinzu kam der lange Arbeitsweg in mit Menschen, Gepäck, Fahrrädern und Kinderwagen vollgestopften öffentlichen Verkehrsmitteln.

Ich fühle mich ganzkörper wie ein altes Eisen. Passenderweise hatte ich eine Postkarte von meiner Freundin H. im Briefkasten, weil ich mich darüber beklagt hatte, wie alt ich auf den Bewerbungsfotos aussehe bzw. wie alt ich wohl in Wirklichkeit aussehe und dass mir das mit den Fotos so deutlich vor Augen geführt wurde. Auf der Karte stand geschrieben:


Ich bin doch nicht alt.
Ich bin einfach nur
schon viel länger jung
als andere.





Hier folgte ein langer unkluger Text über die Arbeit, den ich wieder gelöscht habe.

Heute fehlt mir sein Rundumverwöhnprogramm. Heute fehlt mir, mit Freude empfangen zu werden, egal wie k.o. ich bin.

Früher wollte ich in diesen Situationen immer meine Ruhe haben. Heute fehlt mir anzukommen, mich fallen zu lassen und bei jemandem ein Zuhause zu haben.

Wenn ich diese Erfahrung nicht gemacht hätte, würde mir das auch nicht fehlen. Menno.

Das ist doch sch*iße.

12.06.2017 20:35 • x 2 #428


K
Überall Zeichen?
Vor etwas mehr als einem Jahr hatten meine Schützlinge und ich ein Shooting in einer besonderen Location. Das war der Tag, an dem ich am späten Nachmittag IHN kennenlernte.

Die Fotos wurden später auf einer Website veröffentlicht. Schöne, echte Fotos mit fröhlichen Menschen.

Während meines Urlaubs hat jemand die Einwilligung zur Veröffentlichung zurückgezogen. Die Fotos wurden daraufhin ausgetauscht.

Ich habe mir das Ergebnis noch nicht angesehen. Ich hatte mich allerdings neulich beim Aufruf der Seite kurz gewundert, weil etwas mir merkwürdig vorkam. Da ich aber nur den Link weiterleitete und Urlaub hatte, habe ich mich damit nicht weiter befasst. Nun weiß ich, dass es das Bild auf der Startseite war, das mich irritierte.

Von den Fotos, die an unserem Kennenlerntag entstanden, sind wohl nur noch ganz wenige online. Ich muss kaum noch welche davon sehen und somit auch nicht den Kennenlerntag damit verbinden, wenn ich die Seiten bearbeite.

Das Leben fließt.

13.06.2017 08:45 • #429


K
Wut auf mich, dass ich so arglos, vertrauensselig (schlicht dämlich!) war, macht sich gerade breit.

Heute mal ein Wechselbad.

13.06.2017 11:28 • x 1 #430


G
Zitat von KBR:
Wut auf mich, dass ich so arglos, vertrauensselig (schlicht dämlich!) war, macht sich gerade breit.

Heute mal ein Wechselbad.



Ich nehme meine diesbezügliche und so eben abgeschickte Frage zurück ...

13.06.2017 11:39 • #431


K
Zitat von gibby:


Ich nehme meine diesbezügliche und so eben abgeschickte Frage zurück ...



lol wegen der Karte!

Es gibt noch mindestens eine weitere Antwort auf die gestellte Frage.

13.06.2017 11:49 • #432


G
Zitat von KBR:

lol wegen der Karte!


Nope. In Sachen Wut und Loyalitätsempfinden. Die Wut ist da. Zumindest jetzt.

13.06.2017 12:10 • #433


K
@gibby

Aber auf wen?

In meinem Fall ist es Wut auf mich selbst. Das bringt mich irgendwie nicht weiter, denn die Konsequenz daraus ist doch, misstrauischer zu werden.

Das möchte ich nicht.

13.06.2017 12:13 • #434


G
Zitat von KBR:
@gibby

Aber auf wen?

In meinem Fall ist es Wut auf mich selbst. Das bringt mich irgendwie nicht weiter, denn die Konsequenz daraus ist doch, misstrauischer zu werden.

Das möchte ich nicht.


Auf ihn.

Das Loyalitätsempfinden nimmt in dem Maße ab, wie man Wut auf den anderen entwickelt. Würde ich jedenfalls meinen.

13.06.2017 12:24 • #435


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