So ist das also
Wenn ich morgens meine körperlichen Baustellen versorge, bleibt viel Zeit zum Denken und Fühlen.
Gestern ging es mir wieder nicht gut und ich hänge bis heute fest in dem wie konntest du mir das antun!?-Gefühl. Es kommt Hand in Hand mit dem ich habe das nicht verdient!-Gefühl einher. Beide führen einen monotonen und endlosen Tanz auf. Womit genau ich sie füttere, damit sie das tun können, gilt es herauszufinden.
Ich glaube, mit der Bewältigung des reinen Liebeskummers, der deutlich einfacher zu handhaben ist, weil das Vorgehen mir klar ist, habe ich noch gar nicht angefangen oder schon abgeschlossen. Welche Möglichkeit davon zutrifft, ist momentan eher nachrangig. Die beiden Biester aus dem voran gegangenen Absatz machen mir viel mehr zu schaffen.
Womit ich ununterbrochen kämpfe, ist der Verrat. Ich fühle mich so unfassbar hintergangen und verraten. Ich empfinde Verrat an allem, was wir gemeinsam wollten. Das ist schlimm, aber nicht so schlimm, wie der andere Verrat, den ich empfinde. Denn Ziele können sich ändern. Das gilt für die Ziele der anderen sowie unserer eigenen. Jeder Mensch korrigiert mal seinen Kurs im Großen oder Kleinen und kann damit vielleicht Versprechen oder in Aussicht gestellte Dinge nicht halten.
Aber was ist es dann, was mich so festhängen lässt?
Ich empfinde Verrat an mir. Ich empfinde Verrat an meiner Aufrichtigkeit und meinem Vertrauen. Es ist mir unbegreiflich, wie ER zulassen konnte, dass ich bestimmte Dinge sagte und tat und unerschütterlich an uns glaubte, weil ich gar nicht wusste, dass es einen Grund gab, es nicht mehr zu tun.
Es enttäuscht und verletzt mich zutiefst, dass ER meinen Worten und Taten nicht Einhalt geboten hat und nicht wahrhafig war, sondern diese sogar zurückgegeben und forciert hat. Es ist mir unbegreiflich, wie ER das tun konnte. Es ist mir unbegreiflich, was für ein feiges und armseliges Verhalten ER mir gegenüber an den Tag legte und auch, dass ER mir nicht diesen einen Liebesdienst tun und seine Ängste mir zuliebe überwinden konnte. Stattdessen verharrte ER in seiner Unfähigkeit. ER, der die Dinge sonst anpackt und löst, ließ sie zu meinem Nachteil einfach laufen. Angesichts unseres letzten Gesprächs und unserer letzten Mails besteht keinerlei Zweifel daran, dass er wusste, was er tat und was sein Tun gerade für mich, mich meinem persönlcihen Hintergrund, bedeutete.
Ich habe mich nicht verändert, ich bin nicht - wie ein Ziel, das sich verändert - anders geworden. Ich blieb die, die an ihn und uns glaubte und Vertrauen hatte. Ich hatte Vertrauen darin, dass er mir niemals schaden und alle Kräfte mobilisieren würde, um Schaden von mir abzuwenden. Immer. Ich war mir mehr als 100%ig sicher, dass er immer mein Wohl im Auge haben würde, unabhängig davon, was das Leben für uns bereit hält. Ich habe mich geirrt. Er hat mein Wohl seinen niederen Bedürfnissen geopfert.
Ich finde keinen Umgang damit, dass ER so war. Ich finde keinen Umgang damit, dass ER all die besonderen Gefühle und irgendwie auch Zugeständnisse mit Füßen getreten hat.
Ich finde keinen Zugang dazu, warum mich das so tief erschüttert und ganz tief als Verletzung in mir sitzt und warum ich nicht mit etwas mehr Leichtigkeit darüber hinweg gehen kann, nachdem meine Wunden ausreichend geleckt sind.
Der Schlüssel liegt in mir. Ich hatte in den letzten 10 Jahren vermehrt Probleme damit, wenn ich das Gefühl hatte, nicht ernst genommen zu werden, dass über meine Gefühle hinweggegangen oder meine Kompetenz, meine Loyalität etc. in Frage gestellt werden. Das bezieht sich auf alle Lebensbereiche. Naja, auf fast alle; im Freizeitbereich ist es eher nicht so.
Mangelndes Selbstvertrauen ist es nicht, was dem Zugrunde liegt. Ich finde mich in Ordnung, ich stehe zu meinen Werten und meinem Moralempfinden. Ich weiß, wo meine Stärken und Schwächen sind. Ich stehe zu meinen Schwächen und hadere nicht mit ihnen. Ich kann benennen, worin sie liegen und glaube daran, dass es vielmehr die Schwächen und Macken sind, die die Menschen voneinander unterscheiden und zu etwas Besonderem und Liebenswertem machen, als ihre Stärken.
Ich bin davon überzeugt, dass ich keine unfelhbare aber eine gute Partnerin, Freundin, Bekannte , Mitarbeiterin und Vorgesetzte bin. Ich glaube, dass ich eine gute Tochter war, ohne von mir zu glauben, das Maß aller Dinge zu sein. Menschen können auf unterschiedliche Art gut sein.
Das Thema Selbstwert/Selbstbewusstsein ist, so meine ich, in der Vergangenheit ausreichend aufgearbeitet worden. Und dennoch habe ich mit einer Schwäche ein Problem, das mich immer wieder an meine Grenzen bringt.
Es handelt sich dabei um gefühlt oder tatsächlich ausbleibende Wertschätzung. Denn ich fühle mich von IHM nicht ausreichend wertgeschätzt, nicht anständig behandelt und nicht so wenig schlecht wie eben möglich aus unsere Beziehung entlassen.
Seine lapidaren Worte zum Schluss, dass es auch keinen Unterschied gemacht hätte, wenn ER sich zwei oder drei Wochen früher von mir getrennt hätte und dass ich mich dann genauso verletzt und verraten gefühlt hätte, stimmen eben nicht.
Denn es handelt sich genau um dem Zeitraum, in dem sich der Verrat manifestierte. Es ist der Zeitraum, in dem er von seine großen Worten und Versprechungen abwich. Es ist der Zeitraum, der dazu führte, dass er nicht so anständig wie möglich aus der Sache heraus kam und der aufgrund all der Geschehnisse zwischendurch in mir all die Gefühle von Täuschung, Verrat, Herablassung, Demütigung usw. hervorgerufen hat. Es ist der Zeitraum, der verhinderte, dass ich gesichtswahrend den Schauplatz verlassen konnte. Nicht zuletzt ist es auch der Zeitraum, der dazu führte, dass mein Bild von ihm ein ganz anderes wurde.
Es ist der Zeitraum, der zur Folge hat, dass ich nicht nur von dem Mann, den liebte verlassen wurde, sondern aufgrund dessen ich auch noch das Gefühl mitbekommen habe, ein anderes Verhalten nicht wert gewesen zu sein. Obwohl ich mich nicht verändert hatte. Obwohl mein Wert sich nicht verändert hatte. Ich war immer noch die Frau, die ER vorher noch vergöttert hatte. Was sich aber verändert hat, ist SEIN Maßstab der Gefühle für eine Frau.
Die Konsequenzen daraus und der Umgang damit lagen in seiner Verantwortung und nicht in meiner. Dieser Verantwortung ist ER nicht gerecht geworden. ER hat sich vor der Verantwortung gedrückt und feige den Kopf eingezogen. Ich frage mich, mit welcher kurzsichtigen Intention das bei einem an sich intelligenten und reflektierten Menschen erfolgt sein könnte. Die möglichen Antworten sind wenig schmeichelhaft und haben einerseits viel mit Feigheit und andererseits mit dem Spatzen in der Hand zu tun.
Ich habe einen größeren Charakter in ihm gesehen.
In manchen Lebensbereichen gelingt es mir, ohne Erwartungen zu sein. Hier gelang es mir nicht. Ich hatte nicht nur die Erwartung sondern den festen Glauben, dass ER mich immer - egal was passiert und wohin uns das Leben treibt - anständig behandeln würde. Das hat ER nicht getan. Diese Tatsache hat mich zu Boden geschleudert und bisher noch nicht wieder aufstehen lassen.
Hier, bei den Themen Wertschätzung und Erwartung, gilt es für mich anzusetzen und den Dingen auf den Grund zu gehen. Ein paar Grundlagen dazu sind schon geschaffen. Die Arbeit an und in mir geht weiter.
Doch unabhängig davon, welchen Mustern ich auf die Spur komme, wird wohl zusätzlich das Gefühl bleiben, nicht mehr vertrauen zu können und wollen, weil die meisten Menschen eben in der Krise ihren wahren, schwachen und feigen Charakter zeigen. Das möchte ich nicht noch einmal erleben müssen.
Ich habe meinen Begleiter in allen Lebenslagen verloren. ER wird mir auch bei der Aufarbeitung dieses Themas nicht zuhören, nicht raten, nicht zur Seite stehen, mich nicht unterstützen, aufbauen und antreiben.
Mögen ihm die Augenbrauenhaare ausfallen und ER für immer Impot. sein.
24.04.2017 08:35 •
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