Freundschaften verändern sich
Ich hatte es dringend nötig und habe mich sehr gefreut auf die Auszeit mit dem besten Freund.
Ich nahm an, es wäre entspannt und tolerant zwischen uns und wir hätten uns, wie sonst auch immer, viel zu erzählen und zu witzeln, aber die Gegenteile sind der Fall. Auch dass unsere Mütter innerhalb von vier Monaten beide gestorben sind, scheint kein verbindendes Element zu sein.
Warum das so ist, weiß ich nicht, aber er versucht vom ersten Tag an ständig andere Menschen, insb. mich, herabzusetzen. Er hat sich als richtiges Ekelpaket präsentiert. Ich bin wirklich entsetzt und auch enttäuscht.
Egal, was in sage oder mache, er versucht, sich zu erheben und mich zu verspotten. So hat er mich H täglich mehrmals daran erinnert, dass hier ja 1x täglich der Bus fährt und mich darauf aufmerksam gemacht, wo die Haltestellen sind. Frei nach dem Motto: Denk daran, dass du auf mich angewiesen bist, denn ICH habe das Auto.
Fakt ist: wir verstehen uns hier überhaupt nicht und ich habe schon seit Montag die Tage gezählt bis zur Heimfahrt.
Zum Ausgleich für seine Unverschämtheiten liegen überall seine schmutzigen Socken herum und er verhält sich insgesamt, als wäre das hier alles seins und als hätte ich das Haus nicht auch bezahlt. Ich möchte nicht ins Detail gehen, denn das wäre ein unfeiner Zug, aber ich finde das ausgesprochen rücksichtslos und schäbig.
Ich bin durchaus in der Lage, mich zu wehren. Aber ich bin müde, ich bin erschöpft, ich habe schwere Monate hinter und vor mir. Ich habe keine Energie für Kämpfe. Also habe ich mich jeden Abend in mein Mini-Schlafzimmer zurückgezogen und das hygge Haus seinem Schlachfeld überlassen.
Ich habe mich dafür entschieden, den Ball flach zu halten und es nicht eskalieren zu lassen. Auch wenn ich innerlich koche, weil ich ihn so arrogant und selbstgefällig finde. Er bringt es nämlich durchaus fertig, mich hier in der Pampa stehen zu lassen, wenn ihm etwas nicht passt und darauf habe ich gar keinen Bock.
Ich verstehe jetzt die Menschen, die aus Angst vor Eskalation schweigen, etwas besser. Aber ich habe den Vorteil, dass ich morgen Nachmittag zuhause bin und mir das dann nicht mehr geben muss. In einer Beziehung wäre das unerträglich für mich und ich wäre schneller weg, als der Typ sich 3x wie ein A*sch benehmen könnte.
Auch von den Auswirkungen von silent treatment habe ich jetzt konkretere Vorstellungen, denn manchmal werde ich hier komplett ignoriert. Keine Ahnung, was in ihn gefahren ist. Er vermittelt mit dieser Haltung, dass alles lästig oder viel zu banal ist, als dass ER Bock hätte, sich damit zu beschäftigen, was ich sage. Unfassbar.
Infolge der angespannten Situation hier habe ich keine Erholung und kein zur Ruhe kommen. Ich fühle mich wie in einer überflüssigen Beziehung, in der man sich nichts mehr zu sagen hat und eine Seite herumgiftet, während die andere resigniert. Ich habe so etwas noch nie erlebt, aber ich bin mir sicher: lieber allein im Urlaub als so.
Leider hatte ich Albträume fast jede Nacht und Panikattacken an einem Abend in meinem Kämmerlein.
Es blieb kein Raum für die so nötige Rekapitulation der letzen Monate oder Trauer, weil ich immer mit der nächsten Bösartigkeit rechnete. Schade, sehr schade. Es wird deutlich distanzierter zugehen in Zukunft. Vielleicht konfrontiere ich ihn nochmal, wenn wir zuhause sind, aber ich habe so schlechte Seiten gesehen, dass ich keinen Nutzen darin erkenne für den Moment.
Ich bin froh, wenn ich zuhause bin, und werde nur noch bewährte Urlaubsbegleitungen oder ganz fremde wählen oder allein reisen.
Mit dem Wetter und dem Haus hatten wir Glück und ich habe endlich mal wieder viel gelesen.
04.09.2020 20:33 •
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