@anka76
Mittendrin zu stecken, ist große Sch*iße!
Ich freue mich, dass mein Geschreibsel gelegentlich mal jemandem Mut macht. Deine Fragen kann ich gar nicht so leicht beantworten.
Bei mir ist es so gewesen, dass sich das Trauern nach jeweils ca. 3 bis 4 Monaten nochmal verändert hat. Ob es sich dann jeweils besser angefühlt hat, kann ich gar nicht sagen. Aber es fühlte sich jeweils anders an. Das zeigte, dass sich etwas tat und damit war es gut.
Ich wiederhole mich, aber ich glaube, ein ganz entscheidender Punkt war für mich der, an dem ich entschied, mir keinen Druck mehr zu machen. Ich glaube, das war nach etwa 4 Monaten. Ich merkte, ich komme nicht damit voran, den Liebeskummer möglichst schnell loswerden zu wollen. Also habe ich ihm erlaubt zu bleiben, bis er es von selber leid ist. Ich finde, man kann das ganz gut visualisieren.
Der lästige Herr Liebeskummer sitzt neben mir auf dem Sofa und klammert an mir, als würder er ertrinken. Je mehr ich mich wehre und ihn von mir stoßen will, ihn anschreie oder mit ihm diskutieren will, umso beharrlicher und fester umklammert er mich. Er ist ein verdammt hartnäckiger Bursche.
Wenn mich aber entspanne und ihm zu verstehen gebe, dass ich ihn nicht toll finde, aber akzeptiere, dass er nun mal da ist und bleiben wird, so lange er will, wird er langsam auch ein kleines bisschen weniger obsessiv. Er krallt nicht mehr so dauerhaft. Das macht ihm ohne erkennbaren Widerstand ja auch deutlich weniger Spaß.
Aber er beobachtet mich ganz genau. Doch irgendwann wird es ihm langweilig, weil er zwar geduldet ist, aber ich mich immer weniger mit ihm beschäftige und ihn immer weniger beachte. Also beginnt er sich umzusehen, wem er jetzt ulitmativ auf die Nerven gehen kannn. Dafür verschwindet er dann immer mal wieder. Anfangs kehrt er schnell zurück und für lange Zeiten. Die Suche macht müde, aber er hat ja mich. Bei mir kann er sich ausruhen und seine Muster abspulen. Doch irgendwann verschieben sich die Anteile, denn er muss seinen Suchradius vergrößern. Irgendwann kommt er gar nicht mehr nach Hause. Er ist er dann weg und treibt woanders sein Unwesen.
Ab und an allerdings schaut er mal wieder auf eine Stippvisite rein, damit ich nicht vergesse, dass er da gewesen ist. Aber das ist gut so, den es erinnert mich daran, wie gut es mir während der anderen Zeit geht, wenn er nicht da ist. Dann setzt er sich kurz hin, aber er stellt schnell fest, dass bei mir kaum noch etwas zu holen ist. Also schmeißt er hier mal ne Erinnerung in den Raum und da mal einen kleinen Stich ins Herz, aber er merkt, er beeindruckt mich damit nicht mehr.
Ungefähr an diesem Punkt stehen der Herr Liebeskummer und ich gerade in unserer Beziehung
Ja, ich fühle mich jetzt frei. Ob das Bestand hat oder nicht, weiß ich nicht. Was mich in Zukunft bei anderen Männern triggern wird usw., ist offen und damit auch, wie fundiert diese Freiheit ist. Aber für die letzten paar Wochen kann ich sagen, dass ich mich frei fühle und das sehr genieße. Das Ganze wird die letzten Tage etwas getrübt durch die wieder akut gewordene Auseinandersetzung mit meiner Herkunftsfamilie, aber ich versuche, das Gefühl der Freiheit zu bewahren.
Ich kann von Herzen lachen und fröhlich sein und das mehr als zuvor genießen, weil ich so tief in meiner Verzweiflung, dem Verrat und meiner Ratlosigkeit steckte, dass ich die guten Momente jetzt umso mehr zu schätzen weiß. Weil ich im Moment der Trennung so überzeugt davon war, nun erneut einen langen Theapiemarathon haben zu werden und so glücklich bin, dass das nicht nötig war.
Dunkle Flecken auf der Seele werde ich wohl immer haben, da ich eben auch unabhängig von dieser akuten Lebenssituation Depressionen habe. Aber die Farben, mit denen ich die dunklen Flecken anmalen kann, werde immer besser und haltbarer. Wenn mal etwas abblättert und die Dunkelheit zum Vorschein zu kommen droht, mache ich es fast wie mit dem Liebeskummer. Ich schaffe eine Atmosphäre der Duldung für sie, sage ihr freundlich guten Tag und erinnere sie daran, wo der Ausgang ist. Das findet sie auch doof und langweilig und darum blieb sie seit über einem Jahr nicht zu Besuch.
Die Gedanken an ihn sind kein Alltag mehr. Ich denke immer mal an ihn am Tag. Mal ist es wie eine seichte Brise und manchmal auch wie eine etwas steifere Brise. Aber Brisen gehen vorbei und alles, was ich in aller Nüchternheit und Sachlichkeit dann denke ist: Es war. Es ist nicht mehr. Schade, dass es nicht geklappt hat. Bitte den nächsten Tagesordnungspunkt.
Du siehst, ich bin kein guter Gastgeber mehr für schädliche Subjekte.
Ich bin mir gerade selbst der beste Partner. Ich erlaube mir stolz zu sein auf die bisherigen Leistungen meines Lebens, auf die gemeisterten Krisen und meine Unabhängigkeit. Ich erlaube mir stolz zu sein auf die Entwicklungen des letzten Jahres. Darum bin ich auch gerade ein kleines bisschen in mich selbst verliebt und das gibt mir Schwung für den Alltag und neue Ideen und Projekte.
Es gibt auch so etwas wie ein spirituelle Entwicklung, aber die kann ich noch nicht so richtig greifen und in Wote fassten. Das mache ich vielleicht noch enmal gesondert.
Inzwischen kann ich sagen, dass ich sogar dankbar bin für die Prüfungen des vergangenen Jahres und dafür, dass ich so viel gelernt habe.
28.01.2018 14:26 •
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