Hallo zusammen,
ich schleppe ein paar Probleme mit mir rum und wäre für den ein oder anderen Tipp/Ratschlag wirklich dankbar.
Ich selbst (35, m) habe mich nach 10 Jahren Beziehung, davon 6 Monate verheiratet, von meinem (Ex-)Mann getrennt, weil ich mich in jemanden anderes verliebt habe. Die Trennung liegt inzwischen mehrere Monate zurück. Wir hatten eigentlich immer eine sehr harmonische Beziehung ohne größere Streitigkeiten und ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich mich tatsächlich eines Tages trennen könnte. Ich war eigentlich immer ein sehr verlässlicher und konstanter Mensch und für krasse Sprünge eigentlich nicht zu haben. In den letzten Monaten vor der Trennung und bevor ich meinen jetzigen Freund kennengelernt habe, plätscherte die Beziehung so vor sich hin. Es lief weder sonderlich gut, noch sonderlich schlecht. Eben ganz normaler Alltag und ohne viel Tamtam. Man muss auch dazu sagen, dass ich mich seit langer Zeit zu meinem Ex-Partner nicht mehr sonderlich S. angezogen gefühlt habe. Auf Zärtlichkeiten stand er nicht besonders und Romantik und traute Zweisamkeit war auch nicht so sein Fall. Auch meine emotionalen Bedürfnisse hatte ich oft zurückstellen müssen, da er einfach jemand ist, der nach außen hin nicht sonderlich gefühlsbetont lebt und viel mit sich selber ausmacht. Aber das hatte mir wegen meiner Gefühle zu ihm nichts ausgemacht bzw. ich hatte mich einfach damit irgendwie über die Jahre arrangiert. Dazu muss man sagen, dass ich seit 10 Jahren immer gependelt bin, etwa 6 Stunden einfache Fahrt und das jede Woche. Wir haben also quasi fast durchgehend eine Fernbeziehung geführt. Jedenfalls trat vor einigen Monaten ein neuer Mann in mein Leben. Hintergrund ist, dass wir seit Jahren eine offene Beziehung geführt haben und eines Tages hat es halt einfach Knall gemacht und ich habe mich in jemanden neues verliebt. Anfangs habe ich das noch versucht zu verdrängen und zu ignorieren aber es war mir dann einfach nicht mehr möglich, bei meinem Ex zu bleiben, weil meine Gedanken und Gefühle ständig an meinen jetzigen Freund waren. Also habe ich dann vor eingen Monaten die Reißleine gezogen und bin daheim ausgezogen. Das war auch deshalb organisatorisch nicht sonderlich schwer, weil ich ja - wegen der jahrelangen Pendelei - sowieso eine eigene Wohnung hatte und die gemeinsame Wohnung im Grunde das Elternhaus meines (Ex-)Mannes war, in der ich selbst nur wenig eigene Sachen deponiert hatte.
Die neue Beziehung lief und läuft wirklich fantastisch. Mein Freund ist super aufmerksam, einfühlsam und wir haben - anders als in den Jahren davor mit meinem Ex-Partner - regelmäßig sehr guten S., führen super Gespräche und alles. Wir teilen ganz viele gemeinsame Interessen und halten es super miteinander aus. Etwa 2-3 Monate nach der Trennung musste ich immer wieder an meinen Ex denken und fühle mich unfassbar schuldig. Ich habe das Gefühl, ihn alleine gelassen zu haben und ihm nich nochmal eine zweite Chance gegeben zu haben. Wie gesagt, ich bin seinerzeit Knall auf Fall ausgezogen, wobe ich ihm die Gründe für meine Trennung natürlich persönlich und über mehrere Tage hinweg erklärt habe. Nicht, dass das so rüberkommt, als hätte ich ihn geghostet. Aber dennoch fühle ich mich sehr schuldig, weil er auch immer für mich da war und wir nie große Probleme hatten. Es ist eben nie etwas vorgefallen. Jedenfalls kommt bei mir in etwa 2-wöchtlichem Abstand, quasi in Wellen, große Traurigkeit hoch und ich muss für 10 Minuten heftig weinen. Dann denke ich immer an die schönen Momente oder schaue mir Bilder von ihm an. Dieses Heulen ist für mich auch wichtig, um diesen kloß im Hals, den ich die stunden davor schon in mir spüre, rauszukriegen. Danach geht es mir dann immer wieder recht gut, bis die nächste Welle 2 Wochen später wieder kommt. Mir ist schon auch klar, dass ich wahrscheinlich der Idee an die gute alte Zeit hinterhertrauere und ich weiß auch, dass ich mich nicht getrennt hätte, wenn es dafür keine Gründe gegeben hätte. Bei einer intakten Beziehung wäre das alles sicher nicht passiert. Sowohl ich als auch er haben sicher den Fehler gemacht, seinerzeit nicht oft genug über die Dinge zu reden (S., Gefühle, etc) die uns wichtig waren. Aber das lag auch ein stückweit daran, dass er einfach nicht der Typ war, der über so etwas redet. Aber da müssen wir uns beide an die Nase fassen. Ich bereue die Trennung als solche nicht, denn es war halt irgendwie seit langem die Luft raus und ich sah - aus vielen Gründen - einfach keine Perspektive mehr für uns. Dennoch vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke. Ich vermisse ihn als Menschen sehr. Wir haben auch immer noch Kontakt. Und natürlich denke ich oft an die schöne Zeit, vor allem wenn wir im Urlaub waren. Vor allem diese heftige Traurigkeit, die in regelmäßigen Abständen hochkommt, macht mir schon zu schaffen. Dazwischen habe ich immer wieder Phasen leichter Depressionen, die ich bisher so auch nicht gekannt habe. Wahrscheinlich braucht man viel länger, um die Trennung zu verdauen und möglicherweise hat auch der rasche Wechsel in die neue Beziehung dazu beigetragen, dass die schmerzhaften Gefühle erst jetzt hochkommen. Man muss noch dazu sagen, dass mein neuer Freund die ganze Situation kennt und mich bei der Trauer auch unterstützt, sogut es geht. Wir waren uns beide von Anfang an klar, dass das für mich und uns keine ganz so leichte Kiste wird.
Jetzt habe ich doch viel länger geschrieben, als ich wollte. Vielleicht hat jemand von euch ähnliche Erfahrungen gemacht. Ich würde mich über eine Rückmeldung sehr freuen. LG Julian
17.07.2022 08:59 •
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