Trotz Affäre Ehe retten

Liebe @Moment
Da du um die Schilderung meiner Erfahrungen gebeten hast, möchte ich dem gerne nachkommen.

Zitat von Moment:

Ich frage mich, wie einige von euch dieses Wochen, Monate oder gar jahrelange feige, charakterlose Lügen (gaslighting) verzeihen, loslassen und abschließen konnten (aequum, Bernhard, schlittenengel, Löwin).

Zuerst einmal…
eine Affäre zu überstehen, ist für eine Ehe eine harte Belastungsprobe.
Während einer Affäre sind immer viele Lügen und Täuschungen erforderlich, um ein „Auffliegen“ zu verhindern .
Dies verursachte Schäden, die schwer, wenn überhaupt zu reparieren sind.
Ja, Lügen sind immer feige.

Zudem wurden dein Vertrauen und deine Arglosigkeit missbraucht.
Auch das wiegt schwer.
(Übrigens etwas, dass du dir auch selbst verzeihen musst.)

Verstehe mich bitte nicht falsch, ich glaube, dennoch, dass auch dann noch eine neue gute Partnerschaft wieder möglich ist. Allerdings müssen die Bedingungen stimmen, die Bereitschaft und Liebe bei beiden Partnern vorhanden sein und beide viel Geduld und viel Zeit akzeptieren.

Wenn dein Mann verstanden hat, was er dir antat, dies aus ganzem Herzen bereut, dich immer noch liebt, sich eine Zukunft mit dir wünscht und parallel dazu seine eigenen Beweggründe ergründet hatte, ist schon mal viel gewonnen.

Wenn du verstanden hast, dass ihr einander nicht selbstverständlich seid, dass ihr beide nicht unfehlbar seid, du deinen Mann noch liebst, glaubst, ihm irgendwann wieder vertrauen zu können und eine Zukunft mit ihm möchtest, könnte es wieder rund werden.

Aber, des dauert!

Denn Vertrauen wird geschenkt und ist bei einer Affäre super schnell zerstört. Dies wiederzuerlangen ist mühsam und langwierig.
Bemüht sich dein Mann um dein erneutes Vertrauen?

Zitat von Moment:

Es könnte alles so schön sein,wenn mich die Negativspirale nicht hin und wieder einholen würde. Besonders schlimm, war die Zeit, als sich die AF Aufdeckung jährte. Da hatte ich ein längeres Tief.

Solche Jahrestage lassen auch mich immer noch daran denken.
Nur mittlerweile nehme ich es ruhig hin, da ich aus tiefstem Herzen sicher bin, damals die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Und, glaube mir, ich haderte lange und stand einige Male kurz davor, zu gehen.
Nun, ich blieb und bereue dies bis zum heutigen Tage nicht!

Bezüglich Verzeihen:

Zitat von Moment:

Wie man seine Familie so vorsätzlich hintergehen kann, vor allem mit AF in den Urlaub fahren kann, nach Hause kommt, sich an den gedeckten Tisch setzt und Lügengeschichten erzählt. Einfach unbegreiflich und für mich unverzeilich!

Du ganz alleine entscheidest, was und wann du verzeihen kannst.

Wenn es mit eurer Ehe wieder werden soll, wirst du aber nicht drumherum kommen.
Das heißt nicht, dass du dies je vergisst, aber von Groll und Wut, die dich jetzt noch beuteln und fest im Griff halten, solltest du dich befreien.
Denn Verzeihen ist auch ein Akt für dich selbst.
In meinen Augen geht es nicht ohne, da du ansonsten bei jeder zukünftigen Diskussion in Versuchung gerätst, dies anzuführen.
Auch kannst du nicht ewig in der Rolle der Anklägerin feststecken.
Damit eure Augenhöhe wieder hergestellt werden kann, gehört es dazu, deinen Mann von der Anklagebank zu entlassen.

Überlege, was dir dazu noch fehlt?
Die Vergangenheit änderst du nicht mehr.

Zitat von Moment:

Ich kann aber diesen Verrat nicht vergessen, verzeihen, verstehen.

Zitat von Moment:

Einfach unbegreiflich und für mich unverzeilich

Ja und die wunderbare Wahrheit ist, dass du das auch gar nicht MUSST! Ebenso wie dein Mann sich dazu gezwungen fühlen müsste ein Büßerhemd zu tragen. Zur Affäre hat ihn schließlich auch keiner gezwungen und dir dabei auch noch ins Gesicht zu lügen auch nicht.
Das einzige was ihr beiden müsst (sofern ihr euer weiteres Leben miteinander verbringen wollt) ist es zu lernen mit den Geschehnissen der Vergangenheit zu leben. Und wenn ihr irgendwann merkt, dass ihr das einfach nicht könnt, dann steht es jedem von euch frei sich zu trennen und zu gehen.

Also.
Um akademisch zu differenzieren:
Meine Frau schaffte es, eine Affäre zu führen und brauchte dazu exakt eine Lüge.
Da der Weg zur Ehe 2 nicht straight war, gab es noch eine weitere Lüge.
Der Rest war für sie deswegen einfach, weil ich es einfach nicht checkte, was sie so machte. Kein Bauchgefühl nichts.
Aber die Frage war, wie ich es geschafft habe zu verstehen zu verzeichnen und zu vergessen.
Von den drei Punkten hat nur das Verzeihen funktioniert und das ist etwas, was auch für mich wichtig ist, unabhängig von dem Bestand der Ehe.
Durch das Verzeihen ist es für mich möglich geworden, unbeschwert mein Leben zu leben.
Vergessen, niemals. Dieses Ereignis hat mich in meinen Grundfesten erschüttert. Das kann man nicht vergessen und wenn, ist es eher ein verdrängen. Gar nicht gut für die psychische Gesundheit.
Aber ich habe damit abgeschlossen. Es gehört zu mir, wie mein schwerer Autounfall.
Verstehen - mei, da gibt es nichts zu verstehen. Es gehört zum Menschsein dazu, moralische Standpunkte auch lockerer zu sehen und vor allem - in der Affäre gibt es nur die beiden Partner. Keine Geldsorgen. Kein nörgelnder Partner, der schon wieder über die Zahnpastatube und die rumliegenden Socken meckert.
Kein Elternabend, Sorgen um die Schule, sondern nur den Mann die Frau.
Das ist von der Logik her unbegreiflich, weil eine Familie nicht nur Mühe und Sorge ist, sondern auch Geborgenheit und Heimat.
Ich persönlich finde mich damit ab.
Umso mehr haben wir den Wert erkannt, was eine bewusst gelebte Beziehung bedeutet.

@Moment

Hast du deinen mal gefragt, warum er seiner Zeit euer krankes Kind 3 Monate lang nicht besucht oder sich generell nicht gekümmert hat ?

Zitat von Moment:

Damals sagte er, er könne es einfach nicht.

Und hast du ihm auch gesagt, dass diese „lapidare“ Erklärung, eine tiefe Kränkung und Wut in dir ausgelöst hat ?