Meine Oma war auch toll.
Heute weiß ich, was meine Oma geleistet hat, als sie täglich für uns kochte. Sie war dann zwar in Rente, aber die Arbeit blieb ja die gleiche. Am Morgen zum Markt gehen und einkaufen, danach zum Metzger wenn sie Fleisch brauchte. Dann nach Hause eilen, denn die Enkel kamen um zwölf oder um eins aus der Schule und dann sollte das Essen fertig sein! Zwischendurch noch ein Schwätzchen auf der Straße musste auch drin sein oder ein Temin beim Friseur oder beim Arzt.
Einfach Lecker.
Und das Essen war immer pünktlich fertig. Immer! Wenn ich zur Tür rein kam, konnte ich schon riechen, was es wieder Leckeres gab. Als ich älter war, sollten wir Oma einen Speiseplan schreiben. Sie wusste manchmal nicht, was sie kochen sollte und bevor die Enkel wieder lustlos im Essen rumstochern, sollten wir unsere Wünsche äußern. Ich weiß heute noch, wie ich immer im Unterricht an meinem Speiseplan für die nächste Woche gearbeitet habe. Das war wichtiger als Mathe!
Oma hatte die Bedingung gestellt, dass es mindestens einmal die Woche Suppe gab und nicht mehr als zweimal Nudeln. Sonst konnten wir uns wünschen was wir wollten. Meine Schwester ist drei Jahre jünger als ich, sie hatte Mitspracherecht beim Plan, aber ich habe die Hauptauswahl an mich gerissen.
Und so gab es dann auch mal mitten in der Woche Rinderrouladen oder Kohlrouladen. Ich schrieb ja oben schon, ich weiß erst jetzt, seit ich selbst regelmäßig koche, was Oma da täglich für uns geleistet hat. 3 Und ich weiß mittlerweile auch, dass Kohlrouladen nicht gleich Kohlrouladen sind. Die Kohlrouladen von meiner Oma sind nämlich die Besten, falls du das noch nicht wusstet.
Wie wickle ich Kohlrouladen?
Omas Kohlrouladen sind so dick wie eine Männerfaust! Gäste nennen sie auch liebevoll „Klopper“ oder „Oschies“ und kennen solche große Dinger nicht. Für mich ist das die „richtige“ Größe, kleinere Kohlrouladen finde ich merkwürdig und habe das Gefühl, da fehlt die Hälfte. Eine zweite Besonderheit bei Omas Kohlrouladen ist, dass sie nicht mit Bindfaden, Zahnstochern oder Klammern gerollt oder gewickelt werden. Sie werden mit einem Küchentuch gewickelt und halten dann ohne weitere Hilfsmittel. Durch die Größe der Rouladen kann auch richtig viel Hack eingefüllt werden, so dass man von einer Roulade satt ist.
Meine Oma hat mir die Wickeltechnik schon als Kind gezeigt und ich war immer wieder fasziniert, wie sie das gemacht hat. Sie legte erst ein großes Kohlblatt auf die Arbeitsplatte. Darauf kam das Hack, die Blätter wurden um das Hack geschlagen und die dann entstehende offene Seite wurde in ein zweites Kohlblatt geschlagen. Die neue offene Seite kam in ein drittes Kohlblatt.
Tja, was soll ich sagen.
Vielleicht hilft es ja jemanden hier.
Nun hatte man eine schöne geschlossene Seite und eine offene Seite, aus der die geschlossene Seite des zweiten Kohlblatts herausschaute. Dieses Päckchen wurde dann in ein Handtuch gelegt und straff umwickelt. Durch Drehen des Handtuchs wurde der Zug erhöht und die Roulade wurde dadurch zusammengepresst. Meine Oma hat immer gesagt, man muss so fest drücken, bis Flüssigkeit austritt. Durch das feste Drücken hat man eine wunderschöne kompakte Kohlroulade, die sich auch im Kochtopf nicht mehr öffnet.
Bei mir sieht das natürlich nicht so professionell wie bei Oma aus, wenn ich die Kohlroulade einwickele. Dafür hat Oma einfach tausende Kohlrouladen Vorsprung und Erfahrung, an die ich niemals rankommen werde. Aber meine Kohlrouladen sind am Ende genau so schön und, ganz wichtig, genau solche Oschies, wie Oma sie früher immer gemacht hat.