So, ich hab mir mal deinen alten Thread durchgelesen. Sorry, wenn ich das jetzt so kurz und knapp sage: Die Ex hast du ja damals schon sehr erfolgreich und konsequent von dir weggetrieben. Aggressionen, dass sie sogar Angst vor dir hatte, 2 Jahre Betrug mit ONS Co, nur, weil sie sich in der Trennung auch mal tröstete, dann dass du sie in ihrer Selbständigkeit wie eine Angestellte behandelt und sie kontrolliert hast. Pfff. Da hast du dir eine Glanzleistung nach der anderen geliefert. Sie blieb wohl v.a. wegen ihres Traumas und weil du ihr erster Freund warst, der ihr auch viel half, so lange bei dir. Aber ich denke, dass ist dir auch alles selbst zum größten Teil bewusst. Und ja auch schon wieder ein paar Jahre her. Allerdings ändern sich Menschen nur bedingt, also zum heute:
Ich hoffe mal, deine Aggressionen hast du nach der Therapie im Griff und sind jetzt kein Thema. Parallelen findest du natürlich in deinem Wunsch, hier wie dort Kontrolle auszuüben. Das hat, wie ich gestern schon geschrieben habe mit der Differenz von einem überhöhten und zu niedrigen Ego zu tun. Auf der einen Seite bist du so vermessen zu glauben, dass du es besser weißt (wie bei deiner Ex) und dass sich die anderen deinen Entscheidungen deshalb unterwerfen bzw darauf schon warten - wie deine aktuelle Freundin, deine Arbeitgeber etc). Das heißt, da liegt also durchaus ein gewisser Ego-Zentrismus vor. Und fast schon der kindliche Glaube, dass man das Leben kontrollieren kann. Was natürlich ein Irrglaube ist - viel zu viele Faktoren und Unbekannte. Glaub mir das, ich habe Statistik auf der Uni unterrichtet - und Corona ist ja wohl der beste Beweis, dass das so nicht funktioniert. Der Wunsch nach Sicherheit ist vollkommen normal, du kannst gewisse Wahrscheinlichkeiten minimieren, aber es ist vermessen zu glauben, du könntest mit Abwägungen und deinen Excel-Listen alle relevanten Faktoren berücksichtigen. So könnte dir zB im Job ein einzelner Kollege, den du jetzt noch gar nicht kennst, das Leben zur Hölle machen, Liste hin oder her. Kurz und gut, die Messunsicherheit, die Schwankungsbreite und damit die Irrtumswahrscheinlichkeit ist viel zu hoch, um da valide Daten fürs zukünftige Leben erhalten zu können.
Auf der anderen Seite bedeutet ein übersteigerter Wunsch nach Kontrolle und das Leben im Griff zu haben natürlich auch Angst. Und der Kern dieser Angst liegt in einem auf dieser Seite zu kleinen Ego. Ursprung dieser Angst ist, dass du im Innersten überzeugt bist, mit neuen Anforderungen nicht zurecht kommen würdest. Das heißt, hier vertraust du nicht auf deine eigenen Stärken und Fähigkeiten, u.a. neue Herausforderungen schon händeln zu können. Dh, beim Survival of the flexible würdest du dich im Innersten eigentlich als Todeskandidat Nr. 1 einschätzen. Aber ist das wirklich so - oder nur eine irrationale Angst? Es scheint ja so, alles könntest du dich sehr wohl gut und erfolgreich an sehr vieles anpassen, wenn man zB deine einfachere Herkunft im Vergleich zu jetzt in Betracht zieht.
Die Angst, die falsche Entscheidung zu treffen hält dich aber davon ab, Entscheidungen zu treffen bzw lange hinauszuzögern. Bis sie andere für dich treffen. Was aber offenbar weniger ein Problem war, als du deine Ex gemanaged hast. Könnte daran liegen, dass du dann die Verantwortung nicht selber hättest übernehmen müssen. Aber Fakt ist, dass du das Gefühl der kognitiven Dissonanz scheust. Dh, wenn du meinst, ich hab ja alles richtig gemacht - es geht trotzdem nicht auf - dann kommt dein Welt- und Selbstbild so gehörig ins Wanken, dass es schmerzt. Kennt man zB, wenn man nie damit gerechnet hätte, verlassen zu werden - und es passiert doch. Man könnte auch sagen, man steht da wie die Kuh vorm neuen Tor und begreift die Welt nicht mehr. Und weil du dieses Gefühl so fürchtest, sicherst du dich fast zwanghaft vor allen möglichen neuen Toren ab, versuchst alle Eventualitäten, was hinter diesen Toren auf dich lauern könnte, durchzuspielen - und traust dich wie die Kuh erst recht nicht, oder nur sehr zaghaft hinein.
Das kann in manchen Situationen natürlich Sinn machen. Wenn man zu sehr abwägt und zaudert kanns natürlich sein, dass man zulange vor dem Tor stehen bleibt und währenddessen das Futter darin verdirbt und sich die Wärme darin verflüchtigt. Dann stehst du erst recht blöd da wie die Kuh vorm neuen Tor (siehe erster Job). Die Kuh ist sich aber auch ihrer eigenen Stärke nicht bewusst, denn selbst wenn hinter dem Tor ein Wolf sitzen würde, könnte ihn die Kuh natürlich durchaus auf die Hörner nehmen und auch über ihn drüberzutrampeln, um zum Futtertrog zu kommen, wäre ihr an sich ein leichtes.
Denk einfach mal darüber nach, vielleicht ist ja ein weiterer brauchbarer Impuls für dich dabei.
28.06.2021 09:41 •
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