Ich bin 49 Jahre alt und seit gut sieben Jahren mit meinem Mann zusammen. Es ist für uns beide die dritte Ehe. Wir hatten über Jahre eine wundervolle harmonische und unkomplizierte Beziehung. Beide hatten wir das Gefühl das ist der Hafen in dem wir bleiben und gemeinsam alt werden können. Es war eine regelrechte Seelenverwandtschaft. Es gab nicht einmal Streit, denn immer hatten wir gleiche Bedürfnisse und Vorstellungen davon wie wir unser Leben leben wollen. Wir fanden ein altes Fachwerkhaus, dass wir gerade jetzt nach langer Mietzeit kaufen. Die Nachbarn dort wurden wie eine Familie für uns. Meine grosse Tochter bekam mit 18 ein Kind, was mein Mann aber voller Liebe aufnahm wie sein eigenes. Sein Enkel war sein grosses Glück. Dann zogen die Grosse und die Kleine aus, nur noch der Sohn zuhause und der ist 21 und selbstständig. Wir hatten richtig Zeit für uns zu zweit.
Vor gut einem Jahr veränderte sich mein Mann immer mehr. Er hatte erst eine Phase der Depression und Teilnahmslosigkeit. Ich hatte das Gefühl ich bin nur noch so da. Es kamen kaum Emotionen von ihm. Meine Vermutungen, dass er wirklich an einer Depression leidet und sich Hilfe suchen muss nahm er nur halbherzig an. Er ging einmal zu einem Therapeuten, verfolgte aber dessen Rat nicht sich wirklich Hilfe zu holen, da dieser ihm sagte das Problem liege in seiner Kindheit, in der er mißhandelt wurde.
Dann plötzlich suchte er sich neue Hobbys, neue Freundschaften (zu Frauen), er nahm 35 Kilo ab. Alles drehte sich immer nur um ihn. Stimmungsmäßig war er regelrecht euphorisch, jugendlich und voller Datendrang. Ich selbst spielte dabei nur noch eine Nebenrolle, musste mit ansehen, wie er mit anderen flirtet und wurde das Mauerblümchen das am Rande stand, wenn wir irgendwohin gingen. Und das, obwohl ich vorher immer eine starke selbstbewusste Frau war.
Dann vor ein paar Monaten tauchte eine neue Freundschaft auf, eine Frau die er beruflich kennengelernt hatte. Erst facebook, dann whats app, immerzu. Irgendwann las ich sogar an seinem offenen Laptop, dass er sie heimlich besucht hatte und von Magie schrieb, als er ihre Wange berührte. Ich sprach ihn darauf an. Beinahe ging es schon an diesem Tag auseinander. Er schwor mir aber nichts mit ihr zu haben. Er sagte, die Frage wäre doch was mit uns los sei, dass er sich auf so ne Freundschaft einlasse. Eine Antwort fand er aber selbst nicht. Stets behauptete er, ich sein eine wunderbare Frau und es gäbe absolut nichts was ich falsch mache oder was ihn an der Ehe störe oder ihm fehle. Er wisse nicht was mit ihm los sei. Er würde *beep* durchs Dorf rennen, wenn er wisse, er sei dann wieder der alte. Er erklärte sich sogar bereit eine Paartherapie zu machen. Leider hatten wir noch keinen gemeinsamen Termin,nur ich war einmal alleine da letzte Woche.
Denn vor zwei Wochen kam er mit einer Gesichtslähmung, ausgelöst durch eine Entzündung ins Krankenhaus. Im Zuge der Untersuchungen stellte man fest, dass er Herzrhythmusstörungen hat. Ich hatte solche Angst um ihn, konnte kaum schlafen, besuchte ihn fast täglich, tat was man in so einer Situation nur tun kann. Nach ein paar Tagen öffnete er sich emotional, schrieb mir er liebt und braucht mich, er freue sich auf meine Besuche.
Dann, auf dem Wege der Besserung wurde er plötzlich wieder eiskalt. Gestern beim Besuch hielt ich es nicht mehr aus. Er wollte noch, dass ich mich zu ihm lege und nahm mich in den Arm. Auf meine Frage was in den letzten Tagen los sei, dass er so eiskalt zu mir wäre, sagte er plötzlich, es ziehe ihn nicht mehr nach Hause, er würde lieber woanders hingehen, wenn er wüsste wohin. Und er könne mir nicht schreiben, dass er mich liebe, vermisse oder an mich denke, denn das wäre ja dann gelogen. Er sei ja keine Maschine die Gefühle produzieren könne. Auf meine Frage warum er ein paar Tage vorher noch ganz anders geredet und geschrieben habe, sagte er, er habe eben versucht das Schöne zu sehen und mir einen Strohhalm zu reichen...
Ich sagte ihm noch, wie sehr mich das verletzt, dass er alles so hinwirft und musste dann weg. Ich konnte die eisige Kälte nicht mehr ertragen. Ich sagte ihm noch, er könne sich ja melden, wenn er weiss was er will und ging.
Ich werde ihn nicht mehr besuchen und auch sonst keinen Kontakt aufnehmen, das habe ich mir zumindest vorgenommen. Aber es ist die Hölle für mich. Ich bin wie im Schock. Ich kann nicht schlafen, ich kann mir nicht vorstellen wie ich den Alltag mit Vollzeitjob im Kindergarten meistern soll. Ich weiss garnichts mehr und könnte nur noch weinen
Ich denke an unseren vierjährigen Enkel, der den Opa abgöttisch liebt und schon keinen Vater hat.
Es ist ja nicht nur eine Ehe die zerbricht, es betrifft ja auch andere Menschen.
Wie soll ich mich nur verhalten? Kann ich noch auf irgendetwas hoffen? Oder muss ich abschließen und nur noch an mich denken?
11.11.2015 04:17 •
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