Liebe Community,
ich bin neu in diesem Forum und noch nicht sicher, ob ich auf der Suche nach Hoffnung oder einem Rat zur Aufgabe bin.
Zu meiner Geschichte, die etwas länger wird: mein Ex-Freund (41) und ich (30) waren etwa viereinhalb Jahre zusammen und sind nun vier Wochen getrennt. Wir sollten kommenden Samstag standesamtlich und kommende Woche frei heiraten. Den Antrag machte er mit Anfang 2019. Ich freute mich extrem, obwohl ich nicht hätte heiraten müssen und diesen Traum von der Hochzeit in weiß nie hatte. Er war aber mein Gegenstück - so fühlte es sich immer an, gleiche Werte, gleicher Humor, gleiche Einstellung zum Leben, ähnlicher Charakter und dennoch auch einige Unterschiede, die ich aber gut fand.
Vor sieben Wochen waren wir noch zusammen im Urlaub. Einen Tag vor dem Urlaub sagte er mir, dass wir diese Zeit im Urlaub auch für uns nutzen sollten und er sich viele Gedanken über die letzten Monate mache (dazu weiter unten mehr). Im Urlaub eröffnete er mir dann, dass er sich bzgl. der Hochzeit nicht mehr sicher sei. Ich war geschockt - meine Reaktion war eher impulsiv, statt überlegt, aber ich denke völlig verständlich in einem solchen Moment: Ich sagte ihm, dass mich das sehr verletzt und dass es wohl die Trennung bedeute. Er sagte, dass er das eigentlich nicht wolle. Die nächsten Tage im Urlaub waren ob dieser Umstände natürlich nicht mehr unbeschwert, aber schön. Allerdings suchte ich täglich das Gespräch, während er sich in seine Gedanken zurückzog. Nach dem Urlaub stand immer noch keine Entscheidung fest, es war ein Hin und Her. Er sagte, er könne sich die Zukunft nicht ohne mich vorstellen, er kann und will nicht ohne mich sein, er liebt mich, aber hat Angst, dass wir aus dem Tief der letzten Monate nicht mehr herauskommen. Die Situation wurde auch für mich immer unerträglicher. Montag vor fünf Wochen fuhr ich sehr früh morgens einfach zur Arbeit, ohne mich zu verabschieden, weil ich einfach auch irgendwann nur noch gekränkt war. Er kam etwa eine Stunde später hinterher gefahren und sagte mir, er hätte Panik bekommen, als ich morgens nicht da war und kann sich nicht vorstellen, mich nicht mehr bei sich zu haben. Wir sollten uns zusammenraufen und heiraten. Die Tage danach änderte sich die Stimmung wieder. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich niemanden eingeweiht, aber konnte Mittwoch vor fünf Wochen nicht mehr - ich fuhr nachmittags zu meiner besten Freundin und blieb über Nacht, ohne Bescheid zu geben. Er war abends lange unterwegs und es fiel ihm erst nachts auf, dass ich nicht da bin. Ich schrieb ihm, dass ich einfach Abstand aus dieser Situation brauchte. Am nächsten Tag trafen wir uns zum Gespräch und er sagte mir, dass er die Hochzeit nicht wolle, dass er sich nicht wohl dabei fühle, vor all seinen Freunden und seiner Familie ein glückliches Paar zu spielen, eine Hochzeit solle die Krönung einer Beziehung sein, kein Neustart o. ä. Ich gab ihm Recht und willigte in die Absage der Hochzeit ein, weil sie ohnehin nicht mehr in meiner Hand lag, sondern in seiner. Gleichzeitig machte ich den Vorschlag, als Paar zu versuchen, wieder zueinander zu finden und das, was sich da bei ihm angestaut hatte, zu beheben. Er willigte ein - auf Abstand und eigenen Interessen nachgehen, sich zwischendurch bewusst Zeit füreinander nehmen. Das tat er jedoch nicht und ich bekam es nicht hin, auf Abstand zu gehen. Eine Woche später machte er Schluss mit den Worten, er fühle nicht, dass wir es schaffen können, er könne nicht das geben, was wichtig wäre, unsere Unterschiede seien zu groß und der Streit zu viel, er sei in letzter Zeit nicht mehr gerne nach Hause gekommen, er hätte sich schon mit der Trennung abgefunden, wenn wir nicht heiraten, wenn er alleine sei, wisse er, was richtig sei, wenn er mich sehe, geriete diese Sicherheit ins Wanken, er wisse aber nicht, ob das noch Liebe sei oder nur Gewohnheit. Zudem, dass in den letzten Monaten etwas in ihm kaputtgegangen sei und eine Beziehung keine Arbeit bedeuten und von sich aus einfach sein sollte.
Nun zu den letzten Monaten - ich versuche, die Situation sehr objektiv zu schildern - mein Ex-Freund sprach die ganze Zeit immer nur von zu vielen Unterschieden, zu vielen grundlegenden Problemen, die er aber nicht konkret benannte. Ich habe diese Zeit als schwierige Phase wahrgenommen, eventuell als Krise, aber niemals habe ich an uns gezweifelt:
Während der letzten ca. 6-8 Monate gerieten wir irgendwie aus dem Gleichgewicht, es gab verschiedene Baustellen. Die Hochzeit war ein Streitpunkt, weil er sich meinem Empfinden nach zu wenig einbrachte.
Ich war sehr unzufrieden mit mir, meiner Jobsituation, war antriebslos, suchte mir keinen Ausgleich mehr, war kaum noch unterwegs, hatte Konflikte mit meinen Freunden (die wohl aus meiner eigenen Unzufriedenheit resultierten) und habe mich immer mehr auf ihn fokussiert. Leider schaffte ich es nicht, meinen Frust irgendwie im Zaum zu halten und ließ ihn zu Hause raus. Ich meckerte und kritisierte. Zudem starben im Abstand von drei Monaten meine Großeltern, was mich emotional sehr belastete.
Mein Ex-Freund hatte Stress im Job - er ist selbstständig in der Reisebranche, in der seit März Corona-bedingt einfach nichts mehr geht. Stillstand ist etwas, das er nur schwer ertragen kann. Er ist ein Macher-Typ, der immer wieder neue Ideen umsetzt. Corona führte auch dazu, dass einige unserer Reisen (gemeinsam und getrennt voneinander) abgesagt werden mussten. Er braucht immer ein recht ausgeglichenes Nähe-Distanz-Verhältnis, ist gerne viel unterwegs, geht seinen Hobbys nach (Golf Fußball), macht gerne Golf-Reisen. Das war auch soweit immer in Ordnung für mich. Ich selbst habe nicht das Bedürfnis, ganz so viel unterwegs zu sein und das war immer okay. Es schlich sich jedoch ein, dass ich immer mehr Aufmerksamkeit verlangte und immer mehr klammerte. Durch meinen Frust und meine Wut auf die Welt zog ich mich zurück und konzentrierte mich auf das, was mir Halt gab: auf ihn. Ich verlor mich irgendwie und machte meine Zufriedenheit von ihm abhängig. natürlich nicht leistbar! Er ist jemand, der sich sehr verantwortlich fühlt, manchmal zu viel - hat sich um alles rund um unser (Miets-)Haus etc. gekümmert, wollte, dass es mir/uns gut geht - manchmal etwas zu sehr und konnte sich nicht abgrenzen.
Er distanzierte sich innerlich wohl immer mehr von mir, ohne dass ich es mitbekam. Und: er sagte nichts. Zwischendurch meckerten wir uns abends auf der Couch mal hier und da an, aber es gab kein einziges Gespräch in den vergangenen Monaten, in dem er mir von seinen Gedanken oder Gefühlen in der Situation erzählte - ich hörte schließlich erst vor sieben Wochen das erste Mal davon. Er haute auch nicht mit der Faust auf den Tisch und sagte mir, dass er genervt sei o. ä. - nichts dergleichen.
Mitte Juli kaufte er seinen Hochzeitsanzug und weihte dabei wohl das erste mal seinen besten Freund ein, Ende Juli dann mich - ca. acht Wochen vor der Hochzeit.
Seit der Trennung verzweifle ich. Ich hätte gerne die Chance gehabt, etwas zu ändern, weil ich der festen Überzeugung bin, dass es in unserem Fall nicht um grundlegende Probleme, sondern die Haltung zu den Dingen geht, die sich auf meiner Seite sehr zum Negativen hin entwickelt hat. Seit der Trennung bin ich zu meinen Eltern gezogen, treffe ich mich wieder mit meinen Freunden, die mir Halt geben, habe mir direkt zum 1.10. eine Wohnung gesucht, gehe täglich arbeiten und versuche, einen Alltag zu leben, aus meinem Trott und meiner Abhängigkeit von ihm in den letzten Monaten herauszukommen. Zunächst unterließ ich jeden selbst initiierten Kontakt zu ihm. Seit zwei Wochen bestand wieder mehr Kontakt - schriftlich und persönlich. Er sagte, dass er sich in unserem Haus nicht mehr wohl fühle, es erinnere ihn alles an schöne Zeiten und er fühle den Schmerz, mich enttäuscht zu haben. Es täte ihm sehr weh, wie es gekommen sei und dass er sich nicht früher geäußert hat, um eventuell noch irgendwas zu retten. Er hat es einfach geschehen lassen. mit seinen Freunden spricht er nicht über uns und verdrängt seine Gefühle. Stattdessen ist er fast täglich am Golfplatz, weil die Leute dort ihn nicht so gut kennen oder ausfragen. Ich sagte, ich würde uns gerne eine Chance für die Zukunft einräumen, nicht heute, nicht morgen, aber vielleicht in einigen Wochen/Monaten, wenn etwas Zeit vergangen ist - sich neutral annähern, wenn wir uns wieder gefangen haben. Ich habe nicht einmal gebettelt, ihn betrunken angerufen, ihm meine Liebe beteuert oder groß geweint, war emotional, aber sachlich.
Vergangenen Sonntag trafen wir uns auf mein Bitten hin, weil ich ihm mitteilen wollte, dass ich eine Wohnung gefunden habe und wir das Haus kündigen müssen. Bei diesem Gespräch fragte ich ihn auch, wo er die Nächte verbringt, die er nicht zu Hause ist - das war mir aufgefallen, wenn ich zwischendurch Sachen (Kleidung etc.) geholt hatte. Er eröffnete mir, dass er die letzten zwei Nächte, die er nicht zu Hause war, bei einer anderen Frau verbracht habe - der Sekretärin aus seinem Golfclub. Die beiden seien intensiv ins Gespräch gekommen, hätten sich über ihre aktuellen Lebenssituationen ausgetauscht und sie habe es ihm angeboten. Es sei zwar auch (betrunken) etwas gelaufen, aber er habe auf dem Sofa geschlafen. Ich war und bin geschockt und wie gelähmt und glaube ihm nicht. Natürlich sind wir getrennt und er kann machen, was er will, aber ich werde den Verdacht nicht los, dass sich da vorher bereits etwas angebahnt hat. Warum sollte sie einem Bekannten aus dem Golfclub - ihrer Arbeitsstelle - einen Schlafplatz anbieten? Warum sollte zwischen den beiden etwas laufen und er schläft trotzdem auf dem Sofa - zwei Nächte hintereinander? Warum schläft er dort statt bei einem Freund, wenn er sich in unserem Haus nicht mehr wohlfühlt?
Ich fühle mich ausgetauscht und frage mich, wie man drei Wochen nach der Trennung etwas Neues anfangen kann - er hat nicht bestritten, dass es etwas Neues sein kann oder gesagt, es sei ein Ausrutscher gewesen. Ich frage mich, seit wann sich das mit den beiden angebahnt hat und ob da nicht vor Wochen/Monaten schon etwas war. Normalerweise postet er recht viel auf Social Media. Aus unserem Urlaub wollte er nichts posten. Wir waren auf Mallorca und das wurde zu der Zeit bereits kritisch bzgl. der Infektionszahlen gesehen. Er wolle keine Online-Diskussionen anfangen. Die Begründung kam mir logisch vor, aber heute? Er hat extreme Schuldgefühle mir gegenüber, obwohl ich ihm sagte, ich vergebe ihm und es auch so meinte. Er weinte jedes mal, wenn wir uns sahen, konnte mich kaum ansehen. Woher kommt diese Schuld - weil es die andere bereits gab, als es uns noch gab? Er sagt, er weine, weil das ehrliche Gefühle seien, die ihm zeigen, dass es nicht mehr so ist wie es mal war. Warum tut er nichts dafür? Wenn mir jemand so viel bedeutet, würde ich alles versuchen.
Warum hat er während der letzten Monate nicht gesagt, wie es in ihm arbeitet? Wie kann er schon SO krass mit mir abgeschlossen haben, ohne einen einzigen Versuch, uns auf die Reihe zu bekommen und gleichzeitig sagen, dass unsere Trennung auch für ihn einen enormen Einschnitt bedeutet und er leidet, wenn er sich doch innerlich schon entfernt hatte? Die Absage unserer Hochzeit verstehe ich aus der Situation der letzten Monate heraus, aber den Rest nicht. Warum hat er uns keinerlei Chance gegeben und ist stattdessen zur nächsten geflüchtet? Es tut enorm weh und ich habe Angst davor, dass sich meine Vermutung bestätigt, dass sich zwischen den beiden bereits länger etwas aufbaut und sie nun eine Beziehung eingehen - so kurze Zeit nach uns!
Ich hoffe inständig, dass es nicht so ist. Ich liebe und vermisse ihn sehr und möchte ihn gerne zurück gewinnen. aber so? Macht das überhaupt einen Sinn? Kann ich etwas tun, außer mich zurückzuziehen und zur mir zurück zu finden?
Viele Grüße und lieben Dank!
S.
17.09.2020 07:14 •
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