Hallo zusammen,
mein Ex meldete sich am Dienstag erneut - dieses mal mit Fragen bzgl. unseres Hauses. Er wolle bis Mitte November ausgezogen sein etc. Gleichzeitig verwies er auch nochmal auf den Brief, den ich ja lesen könne, wann ich wolle (er weiß bis jetzt nicht, dass ich den Inhalt kenne). Er habe versucht, sich zu erklären, wie es vielleicht soweit gekommen sei, wollte mich wissen lassen, dass es zu der Zeit keine andere Frau gab (diese Zeit ist gerade einmal 8 Wochen her!), er habe versucht, bis zuletzt an uns zu glauben und versucht, uns eine Chance zu geben (von der ich nichts wusste). Bei ihm sei irgendetwas auf dem Weg kaputt gegangen und es habe sich nicht mehr richtig angefühlt.
Ich teilte ihm daraufhin die Infos zu dem Haus mit (Formalitäten muss ja nun leider regeln) und dass ich den Brief nicht lesen möchte. Es sei ihm vielleicht nicht bewusst, aber die Trennung war ein großer Schlag für mich und ist es nach wie vor. Ich konzentriere mich auf mich, meine Freunde und das, was mir gut tut, aber in Bezug auf uns und die Trennung ist nichts cool. Ich grenze mich von ihm ab, weil er mich verletzt hat und mir immer weiter wehtut. Das möchte und dulde ich nicht.
Darauf meinte er, er glaube natürlich nicht, dass alles cool sei und ich so weiter mache als wäre nichts gewesen - Das täte er im Übrigen auch nicht (?!?!). Er wolle sich auch nicht aufdrängen und meine Distanz nicht unterwandern. Auch den Brief hätte er mir nicht aufdrängen wollen (hat mir aber dreimal deswegen geschrieben). Es täte ihm sehr Leid, mich in diese Situation gebracht zu haben, wirklich!
Ich habe gestern mit einem Psychotherapeuten gesprochen, weil ich das Gefühl entwickle, mich nicht mehr auf meine Gefühle verlassen zu können, weil ich die Zeichen nicht gesehen habe und denke, ich hätte ahnen oder verhindern können, was passieren würde - und auch nach der Trennung noch etwas hätte ändern können. Wir haben folgendes besprochen/erarbeitet:
Mein Ex hat ganz klar narzisstische Züge mit einem übersteigerten, aber schwankenden Selbstwert, ohne Empathie. Er handelt (auch) in Bezug auf mich ausschließlich selbstbezogen. Solange ich Teil seines Kosmos war, ist mir das nicht aufgefallen, weil ich ja zu ihm gehört habe, er sich gekümmert hat. Sobald ich nicht mehr Teil war, bezog er sich nur noch auf sich. Die Frage war auch, ob er sich emotional überhaupt je komplett eingelassen hat/einlassen konnte.
Auch der Brief an mich dient einzig und allein ihm. Er hat beim Verfassen nicht an mich gedacht, sondern seine halbherzigen Erklärungsversuche zum Selbstzweck verfasst, um sich selbst weiterhin als edlen Ritter sehen zu können, der eigentlich der Gute ist und gar nichts für die Umstände kann. Er macht mir in dem Brief indirekt Vorwürfe, statt das eigene (Fehl-)Verhalten zu erfassen - Formulierungen nach dem Motto: ich habe dies und jenes getan, weil du dich so und so verhalten hast. Ich bin an dich nicht mehr rangekommen, statt z. B. Ich hätte es anders versuchen und mich mitteilen müssen. Oder Schön, wie du JETZT aufblühst, das hätte uns früher helfen können, statt Ich sehe, dass sich etwas verändert und weiß, dass es auch so gewesen wäre, wenn ich mich früher geäußert hätte.
Mein Ex untergräbt meine Distanz und Grenzen immer und immer wieder. Aus fehlender Empathie heraus und evtl. generell mangelndem Respekt. Bzgl. der Kurzfristigkeit der Hochzeitsabsage kam die Frage Worauf hat der denn gewartet?!. Auch hier ging es wahrscheinlich eher darum, dass er relativ kurzfristig kalte Füße bekommen bzw. doch Angst vor Bindung hat und das vor sich nicht eingestehen wollte, um sich selbst nicht enttäuschen zu müssen. Das Hinauszögern könnte eher ihm genutzt haben (Ich habe es ja versucht und bei der Suche nach fadenscheinigen Gründen, die dagegen sprechen, obwohl es in Wahrheit keine grundlegenden Probleme gab), statt wirklich ein Versuch für mich gewesen zu sein.
Mein Vater, der sich in den vergangenen Jahren sehr gut mit meinem Ex verstanden und fast sogar angefreundet hat, ist ebenfalls extrem enttäuscht und formuliert es so, dass er sich von meinem Ex Sand hat in die Augen streuen lassen. Laut des Therapeuten zeigt diese Aussage, dass das Handeln meines Ex nicht vorhersehbar war.
Mein Ex hat sich komplett aus der Situation herausgezogen, wollte sich nicht mit mir oder meinen Eltern konfrontieren, weil das eine Konfrontation mit sich selbst bedeutet hätte - eigenen Fehlern, Problemen, Unzulänglichkeiten - davor sei er geflüchtet, um sein Selbstbild zu erhalten.
Dass er sich direkt in eine neue Beziehung stürzt, ohne sich selbst zu reflektieren, sei unreif. Seine sonstigen Aktionen zeigen, dass es in ihm arbeitet und er versucht, diesen Verarbeitungsprozess jedoch auf meine Kosten zu durchlaufen.
Ich habe mich durch die Abgrenzung in den letzten Wochen geschützt und soll bloß nicht betteln. Würde mein Ex es anders haben wollen, würde er handeln, nicht ich. Dass ich wieder und wieder alles durchspiele, damit einschlafe und aufwache, zeigt den Schock, in dem ich mich nach wie vor befinde. Der wird andauern. Es sei wie bei Unfallbeteiligten, die im Nachhinein alles 100fach durchspielen und überlegen, ob sie das Unglück hätten verhindern können. Der Therapeut findet nicht, dass ich unnormal viel leide, sondern dass meine Trauer zeigt, dass ich voll hinter dieser Beziehung stand und nichts geahnt habe. Das Ende hat mich wie ein Schlag getroffen.
Ich soll auch weiter arbeiten gehen (wenn es geht), um den Tag zu strukturieren - die Arbeit soll jetzt für mich da sein, nicht andersherum.
Dass ich u. a. denke, ich hätte mich falsch verhalten und mehr kämpfen müssen, resultiert wohl aus meinem Wunsch nach einem anderen Ausgang der Gesamtsituation - Wissen Sie das? Oder wünschen Sie das?.
Das hat mir gestern Abend zunächst sehr geholfen, dennoch hört das Gedankenkarussell nicht auf. Es wird wohl dauern...