Lieber TE,
ich kann gut verstehen, dass Du Deiner Ex schwer verfallen bist. Ich war mal mit einem ähnlichen Exemplar zusammen. Meine hatte allerdings eine eindeutige Diagnose von ihrem Arzt. Wenn ich von dem Verhalten Deiner Ex lese, fallen mir hier viele Parallelen auf, sodass ich glaube, dass sie ähnlich tickt.
Man rutscht in eine Art Abhängigkeit, da die erste Phase der Beziehung wunderschön ist und man tatsächlich glaubt, seinen Seelenverwandten gefunden zu haben. Da wird einem ganz viel gespiegelt was man hören will. Man wird regelrecht idealisiert und fühlt sich wie der große Held.
Das ändert sich dann halt im Laufe der Zeit. Da wird der Partner dann oftmals extrem launisch und ungerecht, obwohl eigentlich nichts passiert ist. Und dann gibt es einen großen Streit mit riesen Knall und man selber weiß überhaupt nicht, was man verbrochen hat….
Schließlich werden die tollen Zeiten, wie am Anfang, immer seltener. Die schlechten Phasen häufen sich. Der Partner ist wegen jeder Kleinigkeit gereizt und wird übertrieben eifersüchtig. Und man selber denkt immer, wenn ich mehr Verständnis zeige und mich besser einbringe, dann bekomme ich wieder die tollen Momente, wie in der Anfangszeit. Hat leider nicht geplappt…
Bei meiner Partnerin war es glaube ich so, dass sie ein sehr geringes Selbstwertgefühl hatte und nicht glauben konnte, dass sie eine dauerhaft stabile Partnerschaft führen kann. Also fängt man Streit an, weil man merkt, dass die Gefühle so stark werden, dass es bei einem Scheitern so richtig weh tut. Dann doch lieber selber Schluss machen.
Bei den vom Zaun gebrochenen Streits hat ihr irgendeine Kleinigkeit (ich wusste nie welche…) nicht gepasst und sie stark erschüttert. Ich denke sie fühlte sich unverstanden, ungeliebt. Und mit dem Streit wollte sie dann unbewusst (?) testen, ob ich reagiere, oder ob sie mir egal ist.
Zwischendurch während der Beziehung wurde es mir teilweise dann wirklich zu blöd, sodass ich nur noch geschrieben habe, „Ich gehe jetzt schlafen, gute Nacht“ und dann das Handy ausgeschaltet habe. Am nächsten Morgen nach dem Start des Handys hat mich fast der Schlag getroffen, da ich über 50 Nachrichten hatte. Da wurde gefleht, dass ich doch bitte antworten soll. Da keine Reaktion kam, kamen dann erst leichte Beleidigungen, die in richtig schlimmen Beschimpfungen endeten.
Ich für meinen Teil habe dann nach ca. sechs Monaten die Reissleine gezogen und dem Wahnsinn ein Ende gemacht, indem ich mich konsequent getrennt auf ihre Nachrichten nicht mehr reagiert habe.
Dann wurde es noch einmal richtig schlimm. Ich habe dann die Drohung erhalten, dass sie in meinem Bekanntenkreis erzählen wird, dass ich sie geschlagen und misshandelt hätte, sollte ich jetzt nicht antworten (ich habe ihr nie, auch nicht verbal, ein Haar gekrümmt).
Dann habe ich mich ein letztes Mal bei ihr gemeldet und damit gedroht, dass ich ein paar der von ihren im Zorn verfassten Nachrichten mal ihrem Vater zukommen lasse. Vor dem hat sie einen riesen Respekt. Sie achtet penibel darauf, dass er von ihren „Verrücktheiten“ nichts mitbekommt. Das hat dann gezogen. Allerdings hatte ich nie vor, ihren Vater mit unseren Angelegenheiten zu behelligen.
Und dann wurde es immer weniger. Wir hatten keinerlei Kontakt mehr. Allerdings schrieb sie mich ca. 10 Monate später am 1. Weihnachtstag noch einmal an und teilte mit, dass sie in der Notaufnahme sei. Ich habe es unkommentiert stehen gelassen und das war Ihre letzte Nachricht. Seitdem sind über vier Jahre vergangen.
Nach dem alles beendet war, war ich einerseits heilfroh, dass der Wahnsinn ein Ende hatte. Allerdings habe ich trotz der kurzen gemeinsamen Zeit noch lange an sie gedacht, weil die Zeit so intensiv war.
Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich dieses Spielchen viel zu lange mitgemacht habe, da ich lediglich ihr Freund und nicht ihr Therapeut war.
Sie hatte definitiv keine bösen Absichten, aber sie konnte nicht anders…
Ich kann nun überhaupt nicht sagen, ob Deine Perle eine ähnliche Störung hat. Allerdings erkenne ich hier viele Parallelen.
Solltest Du Dich auch bei dem von mir Geschriebenen wiederfinden, dann empfehle ich Dir das Buch „Ich hasse Dich, verlass mich nicht“. Da wirst Du dann einige Beweggründe von Deiner Ex finden und ihr Verhalten vielleicht besser verstehen. Aber wie gesagt, ich bin kein Arzt und will Deiner Ex keine Persönlichkeitsstörung andichten.
Abschließend kann ich mich hier nur den vielen Schreibenden anschließen: Lass ihre Nachrichten unkommentiert und ignoriere sie. Wenn es bei Dir so ist, wie bei mir, dann kann man es wirklich mit einer Sucht vergleichen. Man hat in der Anfangszeit so tolle, nie gekannte, Zeiten verbracht, die man unbedingt wiederhaben möchte.
Du bekommst diese Zeiten dauerhaft von dieser Partnerin aber nicht wieder.
Also lass es lieber.
Beste Grüße,
Jens
20.08.2024 13:19 •
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