Hallo liebes FORUM,
seit meinem letzten Eintrag sind gut 6 Wochen vergangen und ich bin mittlerweile ausgezogen. Es ging einfach nicht mehr und ich hatte gehofft zur Ruhe zu kommen. Das hat aber bislang nur bedingt funktioniert. Ich lebe nun alleine in einer 2-Zimemrwohnung mit spärlicher Einrichtung. Es gibt Momente, in denen ich das Alleinesein geniesse. Die sind aber lange nicht so häufig wie erhofft. In der restlichen Zeit schwanke ich permanent zwischen 2 großen Gefühlen. Einerseits habe ich die neugewonnene Freiheit dazu genutzt, meine Kollegin, für die ich zugegebenermaßen doch recht viel empfinde, ungestört zu treffen. Wir sehen uns 2-3 mal pro Woche. Zwischenzeitlich ist -leider- auch etwas mehr zwischen uns passiert. Leider, weil ich das eigentlich nicht wollte und weiö ich mir bewußt darüber bin, daß ein Loslassen von ihr mit jedem Schritt weiter immer schwerer wird (auch für sie!). Aber wenn man so lange Abende miteinander verbringt und über seine Probleme diskutiert, sich gegenseitig die Tränen trocknet und einfach für sich da ist, entsteht so eine große Zuneigung und das Bedürfnis nach Nähe, daß es wohl fast unausweichlich ist, daß man sich irgendwann auch näher kommt. Ich empfinde bei ihr so eine wunderbare Geborgenheit und Wärme, die ich einfach seit Jahren nicht mehr verspürt habe. An den Tagen, an denen ich sie nicht sehe, habe ich riesige Sehnsucht und falle von einem Loch in das nächste. Kurzum: Ich liebe sie wohl einfach sehr.
Das zweite große Gefühl ist das der Sehnsucht nach meiner Familie, meinem Haus und meinem alten gewohnten Umfeld. Und das ist das Gefühl, was ich überhaupt nicht richtig einordnen kann. Ich sitze oft abends zuhause und dann kommen plötzlich Bilder in meinen Kopf. Ich sehe meine Frau, wie sie alleine und traurig auf der Terrasse sitzt und es schießen mir die Tränen in die Augen, manchmal breche ich regelrecht zusammen. An meine Tochter darf ich schon garnicht denken, denn dann zerreisst es mir das Herz. 2-3 mal pro Woche gehe ich nach Hause, entweder um bei meiner Tochter zu sein, weil meine Frau Termine hat, um sie abzuholen, weil Sie bei mir schläft oder einfach so, um nach dem Rechten zu sehen und Post zu holen. Regelmäßig, wenn ich dann wieder gehe, breche ich in TRänen aus und fühle mich genauso schlecht, wei an dem Tag, als ich ausgezogen bin. Plötzlich kullern mir sogar die Tränen, wenn ich vor dem Käfig des Kanninchens meiner Tochter stehe. Ich war nie ein großer Freund von Haustieren, plötzlich habe ich Sehnsucht nach dem Vieh. Wenn ich Nachbarn treffe, versuche ich ihnen möglichst schnell aus dem Weg zu gehen, weil ich an die schönen Tage denken muß, die wir gemeinsam verbrachten.
Mein Leben besteht noch immer zu 80% aus weinen. Das kann doch nicht sein. Ich habe doch jetzt, was ich wollte. Sind das denn einfach nur die riesigen schuldgefühle, die ich habe? Oder ist es die Sehnsucht nach dem Gewohnten? Oder ist es doch mehr???? Ich weiß es einfach nicht. Ich würde so gerne mehr Kontakt zu meiner Frau haben, die sich aus Selbstschutz recht stark von mir zurückzieht und recht kühl wirkt. Ich weiß aber, daß sie es nicht ist und das sie ganz fürchterliche Qualen ausstehen muß. Ich würde so gerne öfter mit ihr sprechen und ihr erzählen, was in mir vorgeht. Ich lasse es aber sein, weil ich denke, es wäre total unfair von mir. Ich denke mir dann immer, es ist doch nur mein Selbstmitleid und der Versuch, ihr etwas verständlich zu machen, was sie garnicht verstehen kann. Ich denke, ich würde damit nur mein schlechtes Gewissen beruhigen wollen und darauf hoffen, daß sie Verständnis für mich aufbringt. Ich lasse es dann sein und ich antworte ihr auch nicht auf ihre manchmal gestellte Frage, wie es mir geht. Ich glaube, solange ich nicht mit 100%iger Sicherheit sagen kann, daß ich wegen ihr zurück will und die andere Beziehung aus tiefster Überzeugung beenden kann, ist es einfach fairer, auf Distanz zu bleiben und ihr die Chance zu geben, mit der neuen Situation leben zu lernen. Ich habe auch begriffen, daß es zwischen uns im Moment keine Freundschaft geben kann. Für sie zählt im Moment nur Liebe.
Ich stehe manchmal da und frage mich, welches Recht ich habe, soviele Menschen unglücklich zu machen (und damit meine ich neben meiner Frau auch meine Kollegin, weil der geht es in der Situation auch nicht wirklich gut, meine und ihre ganze Familie, die mit uns leidet und unser Freunde, die das alles überhaupt nicht verstehen können) Nur weil ich mich aus meiner bisherigen Rolle befreit habe, leiden soviele Menschen. Mit dieser Schuld kann ich einfach nicht leben. Ich will doch niemanden unglücklich machen, ich will doch nur selbst auch ein wenig Geborgenheit und Liebe spüren. Und dann kommt die Frage in mir hoch, ob es wirklich nur Schuldgefühle und schlechtes Gewissen sind oder ob da womöglich doch noch mehr Gefühle da sind. Vielleicht hole ich mir ja nur das, was mir in unserer Beziehung gefehlt hat jetzt bei einer anderen und vielleicht finde ich den Absprung nur nicht, weil ich das Zusammensein mit ihr einerseits so geniesse und andererseits sie auch nicht einfach fallen lassen will und Angst um sie habe, weil ich weiß, daß sie selbst im Moment in einer total labilen Situation ist (Sie trennt sich jetzt schon seit 6 Monaten von Ihrem Lebensgefährten aber er geht einfach nicht und ignoriert sie und ihre Wünsche einfach. Aber das wäre ein Thema für einen eigenen Thread)
Ich weiß im Moment einfach nicht, welche Gefühle mit mir Karussell fahren: Ist es Selbstmitleid, Mitleid, Verantwortungsgefühl, Liebe, möglicherweise sogar Liebe zu 2 Frauen, Sehnsucht nach Gewohntem, Sehnsucht nach Frieden und endlich wieder geordneten Verhältnissen????? Ich weiß es nicht.
Ich hatte so gehofft, daß die räumliche Trennung Klarheit bringt. Aber bislang bin ich keinen Schritt weiter, außer, daß die Bindung zu meiner Kollegin jetzt noch tiefer ist und ich, aufgrund dessen und der mittlerweile auch erfolgten s.uellen Kontakte, noch mehr Probleme habe, sie fallen zu lassen um mit meiner Frau einen Neuanfang zu probieren. Ich weiß, daß ich es nicht jedem Recht machen kann, aber ich habe so wahnsinnige Schwierigkeiten damit, anderen Menschen, die ich gerne habe, weh zu tun. Ich habe aber langsam auch keine Kraft mehr, alles Leid nur auf mir lasten zu lassen. Wenn es ginge, würde ich mich teilen, um es beiden Recht zu machen.
Danke fürs Zeitnehmen und lesen
Euer total gefrusteter Balou,
der ganz fest hofft, daß die Zeit bisher einfach zu kurz war um Klarheit zu bekommen und die nächsten Wochen endlich Hilfe bringen.
05.07.2003 15:21 •
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