Meine Lieben, die Frage nach dem Warum ist müßig, aber in dem Fall doch recht einfach erklärt. Da kommt ihr auch mit verwirrten oder verletzten Seelchen oder Familienaufstellungen nicht weiter. Eine bipolare Störung ist in erster Linie eine physische Erkrankung.
Ich versuche es mal stark vereinfacht zu erklären: Das Gehirn wird über das Nervensystem von euren Sinnen, verschiedenen Reizen, Hormonen und Neurotransmittern informiert, was innerhalb und außerhalb eures Körpers so los ist - und setzt das dann in Handlungsanweisungen, Gefühle, Stimmungslagen etc um. Wenn man sich also mit der Brotmaschine in die Hand schneidet, werden Botenstoffe ausgeschüttet, und man zieht automatisch die Hand weg, oft noch, bevor man Schmerz wirklich bewusst spürt - das ist keine kognitive, sondern eine affektive Handlung. Wenn jemand auf euch mit einem Maschinengewehr schießt, dann duckt ihr euch - oder läuft davon. Da denkt ihr nicht vorher lange darüber nach. Dafür, und darüber hinaus - sind verschiedene Neurotransmitter zuständig, für den Fluchtreflex zB Noradrenalin, Serotonin zB sorgt unter anderem dafür, dass Angst oder Aggression wieder gedämpft werden, ist aber auch für das Herz-Kreislaufsystem, den Schlaf-Wachrythmus, die Augen zb bzgl Pupillenverengung, den Verdauungstrakt etc ein wichtiger Botenstoff. Diese sind aufeinander abgestimmt, arbeiten miteinander, heben sich gegenseitig dann auch wieder auf (zB, damit Angst oer Aggression auch wieder nachlässt), und werden von Nebennieren, der Schilddrüse etc produziert und via das Nervensystem in euer Gehirn und den ganzen Körper weitergeleitet.
Bei einer bipolaren Störung ist die Ausschüttung dieser verschiedenen Hormone und Botenstoffe im Ungleichgewicht. Wird zB zuviel Noradrenalin ausgeschüttet, werdet ihr ua hektisch (manisch), wird zu wenig ausgeschüttet, werdet ihr depressiv, zuviel Serotonin macht euch wach, zuwenig sehr müde, bei Melatonin ist es anders rum, Dopamin macht euch happy, zu viel davon manisch, zuwenig depri etc pp - multipliziert das mit andern Botenstoffen und Hormonen, die nicht so ausgeschüttet werden, wie sie sollten - und da reicht ein kleiner Reiz von außen oder auch keiner - und schon verfällt ihr in die eine oder andere extreme Gemütslage, bzw den einen oder anderen Pol. Und physisch wirkt sich dieses Ungleichgewicht ebenso aus, so kann ein zuviel an Noradrenalin zu Herzinsuffizienz führen.
Genauso, wie eine schwangere Frau unmotiviert zu weinen anfängt oder besser riecht etc,, wie Teenies sich plötzlich fürs andere Geschlecht interessieren oder reizbar und zickig sind, ist jemand mit einer bipolaren Störung diesem Cocktail, der noch viel krasser ist, einfach ausgeliefert. Jemand auf Speed kann nicht ruhig dasitzen und meditieren und vernünftige Gespräche führen, und genauso ist jemand mit einer bipolaren Störung in diesen Phasen nicht in der Lage, hier mit Willenskraft und Einsichten zu handeln oder gegenzusteuern. Kurz: Das ist wie ein Rauschzustand, nur mit körpereigenen Stoffe, da hilft nur, medikamentös entgegenzusteuern und zusätzlich die Indizien via Psychotherapie zu erkennen und die Einsicht zur Medikamenteneinnahme zu fördern. Prinzipiell ist BPS eine chronische Erkrankung, bei der man nur die Symptome dämpfen, aber nicht heilen kann. Zumindest jetzt noch nicht. So werden die Neurotransmitter beispielsweise zwar weiterhin unausgewogen produziert, es kann aber durch Medis verhindert werden, dass sie in dieser geballten Ladung auch im Gehirn ankommen. Bei extremen Formen, wenn Medis nicht mehr wirken, wird unter Vollnarkose mit Elektroschocks gearbeitet, um das Gehirn quasi zu rebooten. Soviel also dazu, eine reine Sprachtherapie oder Familienaufstellung könnte den Körper dazu bringen, physische Produktionen körpereigener Stoffe umzustellen. Das funktioniert leider nicht, oder ist vielleicht auch gut so. Stellt euch vor, nur reden und zuhören könnte euren Körper dazu bringen, in einen Dornröschenschlaf zu fallen oder die Verdauung einzustellen. Bei Nostis Liebsten glaube ich aber nicht, dass das BPS ist, sondern das der Gute einfach Beziehungsängste hat und in regelmäßigen Abständen das Abenteuer sucht.
Für jene, die mit BPS zu tun haben ist es wohl am einfachsten, sich das wie einen lebenslangen Dro.Rausch vorzustellen, der Ups wie Downs verursacht und der/diejenige nur in der Übergangsphase nüchtern ist. Und genauso wenig, wie man von einem Sturzbetrunkenen vernünftiges und nachvollziehbares Handeln erwarten kann, ist es auch hier. In leichter Form kennt das auch jeder, der zB mal schwer verliebt war, auch da reagieren Körper und Psyche stark und die Handlungen sind oft alles andere als logisch. Das nehmt jetzt mal 100, sowohl glücklich verliebt als auch unglücklich verliebt, und dann könnt ihr vielleicht ein bisschen nachvollziehen, wie es einem Bipolaren geht. Ich bitte also auch hier für die Betroffenen um Verständnis, aber für jene, die wegen eines BPS Liebeskummer haben, nochmal: Die Frage, warum er oder sie sich so verhalten, warum sie so kalt sind, warum sie einfach austauschen, ohne zurück zu sehen ist, weil sie eine schwere körperliche und chronische Erkrankung haben, die sich vor allem auf ihre Handlungen und Gefühle auswirkt. Unbehandelt hört das nie auf, wird nur schlimmer, vor allem die Depressionen - behandelt kann man es zum heutigen Stand der Medizin zumindest eindämmen.
25.11.2018 10:14 •
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