Hallo liebe Leser,
ich mache momentan eine sehr harte Zeit durch, mit dessen Verarbeitung ich vollkommen allein bin. Vielleicht kann ich hier ja ein wenig Unterstützung finden.
Ich bin 25 Jahre alt und Studentin. Ich bin ein eher zurückhaltender und sensibler Mensch, fühle mich nur unter Leuten wohl, die ich gut kenne und denen ich vertraue.
Vor 2 Jahren lernte ich einen Mann kennen. Er ist doppelt so alt wie ich. Ich hatte furchtbare Angst, mich auf ihn einzulassen. Hab in ihm einen Wolf gesehen und mich in seiner Gegenwart wie ein Lämmchen gefühlt. Es war immer nur ein undefinierbares Gefühl tief in mir, denn seine Worte versprachen mir den Himmel auf Erden. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt nur einen einzigen Mann, auf den ich mich emotional und körperlich eingelassen hatte. Muss zugeben, dass ich keine Ahnung von Männern habe und deren Taktiken eine Frau für sich zu gewinnen. Habe alles was er gesagt hat geglaubt. Ich bin naiv und dumm und unerfahren. Nach einigen Monaten, als er wusste, dass ich schon vernarrt in ihn war, erzählte er mir, dass er verheiratet ist und Kinder hat. Er sei mit seiner Frau getrennt, aber aus finanziellen Verflochtenheiten nicht geschieden. Ich verließ ihn, aber zu diesem Zeitpunkt war ich emotional schon so abhängig von ihm, dass ich zurück ging als er mich zurück holte.
Unsere Beziehung hielten wir geheim. Niemand wusste davon. Er, wegen seiner Familie und ich wegen meiner, denn niemand aus meinem Familien- oder Freundeskreis hätte eine Beziehung zu einem älteren verheirateten Mann gut geheißen. Kann ich vollkommen verstehen, ich hätte es auch nicht.
Es dauerte fast 1 Jahr, bis ich mich körperlich fallen lassen konnte. Und nicht mal 4 Monate später betrog er mich. Er stritt es ab, bezeichnete mich als verrückt. Drohte mir, ich solle ihm keine Szenen machen wie seine Frau. Dann sei er weg. Ich hielt mich zurück und schluckte es runter.
Dann kam der Abend, an dem ich sie sah. Ich konfrontierte ihn damit, er stritt ab etwas mit ihr gehabt zu haben. Er brüllte und wurde hysterisch, irgendwann behauptete er, diese Frau hätte es nie gegeben, ich habe sie mir nur eingebildet. Er war in seinen Lügen so überzeugend, dass ich an mir zweifelte, obwohl ich sie mit eigenen Augen gesehen habe.
Da es mir zu dieser Zeit so schlecht ging, erfuhr auch meine Familie davon und sie waren außer sich. Wir hatten mehrere Wochen keinen Kontakt mehr. Diese Zeit war für mich die Hölle. Dann kam er über Dritte wieder auf mich zu. Meine Familie war konsequent dagegen, dass ich diesen Mann noch treffe. Ich liebte ihn, oder glaubte ihn zu lieben, der Gedanke ihn zu lassen versetzte mich in Panik. Wir sprachen uns aus. Er gab zu mich mit besagter Frau betrogen zu haben. Er entschuldigte sich unter Tränen und Flehen. Wir setzten es auf Null und trafen uns weiterhin, gegen den Willen meiner Familie. Ich brachte alle gegen mich auf, obwohl ich ein sehr familiengebundener Mensch bin. Er versprach sich von seiner Frau endgültig zu trennen, seine Kinder seien schon groß und wir könnten ein gemeinsames Leben beginnen.
Er veränderte sich in den darauffolgenden Monaten sehr. Zum einen bemühte er sich sehr um mich, wollte sehr viel Zeit mit mir verbringen, machte mir Geschenke. Verhielt sich tatsächlich so, als hätte er sich für mich entschieden. Zum anderen wurde er extrem vereinnahmend und eifersüchtig. Ich musste ihm immer Fotos oder Standort schicken, wo ich mich befand, musste für ihn stets erreichbar sein, was unheimlich schwer war, weil ich es vor meiner Familie ja immer noch geheim hielt. Wenn ich nicht auf einen Anruf reagierte, dann machte er regelrechten Telefonterror, beschuldigte mich ihn zu betrügen. Er sagte immer, er sei in seinem Leben so oft hintergangen worden, dass er kein Vertrauen mehr hat, obwohl er eigentlich weiß, dass er mir vertrauen könne.
Irgendwann war unsere Beziehung so weit, dass ich nicht mal zur Post ging, ohne ihm Bescheid zu sagen, hatte mit niemandem mehr Kontakt außer mit ihm.
Zwischenzeitlich kamen aber immer mehr Ungereimtheiten auf. Er hatte mich letztlich nicht nur einmal mit besagter Frau betrogen, sondern mehrmals und sie war nicht die Einzige. Natürlich hatte ich gar kein Vertrauen mehr zu ihm. Ich zog mich immer mehr von ihm zurück und das bemerkte er. Ich bekam richtige Eifersuchtsschübe, von wütend auf weinend auf verzweifelt. War eine Furie, ein richtiger Drachen und hatte danach ein furchtbares Gewissen. Ich hatte aber auch keinen Rückhalt, er isolierte mich von alles und jedem und ich schaffte es nicht alleine damit fertig zu werden. Sagte ganz offen, dass er mir nicht erlaube mit anderen über uns und unsere Probleme zu reden. Er hingegen trug unsere intimsten Gespräche und meine tiefsten Geheimnisse nach außen. Erzählte alles. Wenn ich ihn darauf ansprach, drehte er es um und verlautete, ich erlaube ihm keinen Kontakt zu anderen. Von außen sah ich krank und kleinlich und hysterisch aus. Und undankbar. Obwohl er mich dazu machte. Ich fühlte mich orientierungslos. Verwundet. Wie ein angeschossenes Reh. Ich schlug um mich, mein Innerstes rebellierte, ich fühlte mich so hilflos. Sagte mir immer und immer wieder: Weg! GEH WEG! Er macht dich kaputt. Zerstört dich und dein Leben und jede Beziehung darin.
Er setzte mich oft unter Druck, wollte sich an Tagen treffen, an denen er genau wusste dass es da bei mir sehr schwierig ist. Am Anfang tat ich es aber insgesamt weigerte sich alles in mir so weiterzumachen. Er sagte, wenn ich erstmal von zu Hause weg wäre, in einer eigenen Wohnung in seiner Nähe, dann würde er sich ändern. Aber er hatte mich so weit gebracht dass ich furchtbare Angst davor hatte tatsächlich auszuziehen und meiner Familie offensichtlich den Rücken zu kehren und nur noch ihn zu haben.
Nach einem Streit mit ihm, ich war wieder eifersüchtig, zog ich mich komplett zurück. Da drohte er mir zu mir nach Hause zu kommen und allen alles auszupacken. Fotos, unsere Gespräche, unsere geheimen Treffen. Er hielt mich 3 Tage in Atem, in denen ich weinte und flehte. Meine Eltern merkten natürlich, dass etwas nicht stimmt, dass es mit ihm zu tun hat, aber wussten nicht genau was. Meine Mutter kam zu mir, nahm mir mein Handy weg und den Laptop und sagte: Ich tue das, weil ich dich liebe und weil ich dich nicht auf diese Welt gesetzt habe, damit ein Mann dich kaputt macht.
Es sind jetzt mehrere Wochen um, in denen ich mich nicht gemeldet habe. Ich habe gesehen, dass er mehrmals angerufen und geschrieben hat. Er kann sich denken, dass meine Familie Wind davon bekommen und reagiert hat. Ein Teil in mir ist sich sicher, dass er auf eine Reaktion von mir wartet. So komisch es auch klingt, aber er hat immer schrecklich gelitten, wenn er das Gefühl hatte, ich würde ihn verlassen. Musste ihm immer zusichern, dass ich das niemals tue. Zog mich in Verantwortung, dass er es schon seiner Frau gesagt hätte und ich keinen Rückzieher mehr machen könne.
Andererseits denke ich, er betäubt sich und das riesen große Loch ohne Boden in seiner Seele mit weiteren One Night Stands und kommt schon klar.
Ich bin grade in einem Ablösungsprozess. So muss sich ein Alk. auf Entzug fühlen. Ich spüre, dass ich jedes noch so kleine Detail an ihn ignorieren muss, weil ich sofort wieder rückfällig werden würde.
Und das, obwohl ich mich von diesem Mann emotional vergewaltigt fühle. Er hat genommen und genommen und gefordert und ich hatte kein Problem damit, ihm alles zu geben was ich habe.
Wenn er mich nicht betrogen hätte, ich glaube ich hätte mein ganzes Leben, Familie und Freude, alles, für ihn aufgegeben. Aber er hat es selbst gegen die Wand gefahren und unterschwellig mir die Schuld daran gegeben, weil ich zu unerfahren sei um drüber zu stehen.
Kein Mensch weiß, was wirklich vorgefallen ist. Ich schäme mich und weiß, dass etwas mit mir nicht stimmt, denn sonst hätte ich ihn nicht mit mir so spielen lassen. Er hat sich heraus genommen, was er sich heraus nehmen durfte. Er konnte es ja. Ich ließ ihn ja.
Er und ich sind das Ebenbild meines Vaters und meiner Mutter. Mein Vater hat meine Mutter vielleicht nie betrogen und belogen, weil es seinen eigenen moralischen Ansichten widerspricht. Aber er hat sie ein Leben lang klein gehalten. Und mich auch.
Wenn es nicht so tragisch wäre, würde ich darüber lachen. Ich bin eigentlich eine liebenswerte, intelligente und hübsche junge Frau. Ich bin hilfsbereit und gutmütig und glaube an das Gute im Menschen. Er hat so oft mitbekommen, wie ich von irgendwelchen Männern auf offener Straße angesprochen oder regelrecht angestarrt wurde. Er sagte immer, das läge daran, dass ich schüchtern sei und das Gefühl vermittle, dass von mir keine Gefahr ausgeht.
Ich weiß, ich habe etwas besseres verdient, als eine Dro., die mir das Leben aussaugt. Und trotzdem ist es schwer und ich fühle mich leer.
Ich weiß natürlich auch, dass der totale Kontaktabbruch das einzig Richtige ist. Ich weiß, dass ich selber Schuld bin und es erlaubt habe, dass er meine Grenzen überschreitet. Habe nie gelernt, welche zu setzen und mich im Laufe des Lebens zu sehr an das Gefühl von Grenzüberschreitung gewöhnt.
Bitte macht mich nicht fertig. Ich bin mir über meinen Anteil bewusst.
Was ich jetzt brauche sind starke Worte der Unterstützung, weil mir die Mutter fehlt, die Schwester oder die beste Freundin, die einem in so einer Situation zur Seite steht.
Mein ganzes Leben war ein Zuckerbrot und Peitsche System. Ich hatte nie Probleme damit, meine eigenen Bedürfnisse hinter die der Menschen zu stellen, die ich liebe. Mich selber aufzugeben für diesen Menschen. Erwartet habe ich dafür keinen Dank, ich denke die traurige Wahrheit ist, dass ich dafür Liebe erwartet habe.
24.10.2020 15:50 •
x 6 #1