Moin Nadilala,
vom Kampf zwischen KOPF und HERZ haben wir alle schon viel gehört. Was geschieht aber, wenn der Kampf sich im Herzen selber abspielt? Dann ist der Kopf gefragt, und zwar mit all seinen Fähigkeiten. Dazu später.
Denn in dem, was wir HERZ nennen sind ja nicht nur die Gefühle für deinen neuen Partner vorhanden, sondern dort sind auch die Ängste, ob das alles richtig war. Bei den Erinnerungen an die langjährige Beziehung sind fatalerweise auch viel mehr von den positiven Erinnerungen hängen geblieben als von den negativen. Das ist fast immer so, es ist normal. Denn es ist Futter für die Schuldgefühle. Und die sind nun mal immer bei demjenigen vorhanden, der sich aktiv trennt. Die wollen gesehen und gefühlt werden, darum suchen sie nach Gründen und fallen gern auf das rein, was in der alten Beziehung positiv war. Da kann man sich so richtig fett schuldig fühlen.
Die erste Aufgabe deines Kopfes ist also, sich konkret daran zu erinnern, worunter du lange und stark gelitten hast, wie lange du gebraucht hast, um dich durchzuringen zur Trennung und welche Freiheit diese Trennung für dich zunächst bedeutet hat. Diese Freiheit hast du immer noch, auch wenn dich jetzt gerade verwirrende Gefühle anspringen. Nimm sie ernst, schau sie dir an, diese Gefühle. Und dann lass sie einfach wieder gehen, wo sie her gekommen sind. Sie müssen jetzt keinen Schaden mehr anrichten.
Es sei denn, du willst, dass sie Schaden anrichten und die neue Liebe zerstören. Du bist dem nicht hilflos ausgeliefert, sondern du kannst daran mitwirken, was geschehen wird.
Zitat:Ich habe während unserer Beziehung einen neuen Mann kennengelernt. Er hat mir genau das gegeben was ich immer wollte - ich konnte die Frau sein , die ich bin. Alles hat aber Freundschaftlich angefangen - von mir und ihm waren da keinerlei Hintergedanke. Er wusste das ich verheiratet bin, aber auch er hat mir dazu geraten mich zu trennen, da ich eben nicht glücklich war.
Das fällt ihm offensichtlich jetzt auf die Füße. Denn du wirst zweifeln, ob er da nicht mehr an seine eigenen Interessen gedacht hat als an deine. ABER: Seine Interessen sind auch deine, wenn ihr ein Liebespaar seid. Darum durfte er das und darum war es auch gut für dich.
Zitat:Ich habe mich dann dazu entschlossen mich zu trennen. Meinen Mann dies beizubringen , war der schlimmste Tag meines Lebens. Weil ich wusste das ich sein ein und alles bin und er immer nur das beste für mich wollte.
Auch da beschreibst du jetzt bewusst nur die halbe Wahrheit. Denn die negativen Auswirkungen seiner Eifersucht und deine permanente Unterordnung hast du da weg gelassen. Tu das nicht. Schau dir immer das Ganze an.
Zitat:Ich habe mich nach einer sehr kurzen Zeit Hals über Kopf in ihn verliebt. Seit August sind wir auch ein paar. Wenn ich die letzten Monate so zurückschaue, bin ich glücklich. Ich habe mit meinem neuen Partner einfach alles was ich immer wollte . Ich kann mit ihm über alles reden, er liebt meine kindliche , offene fröhliche Art. Er nimmt mich sowie ich bin. Er hat auch mein Sohn ins Herz geschlossen und die zwei verstehen sich einfach super.
Dazu fällt mir vor allem der wichtige Gedanke ein, dass das genau der Zeitraum ist, nach dem aus einer Verliebtheit nach und nach eine Liebe hergestellt werden muss. Und zwar von beiden Protagonisten zu gleichen Teilen. Die Automatismen durch die starke Hormonausschüttung lassen nach, es müssen deutliche Fakten geschaffen und Eckpfeiler eingeschlagen werden. Es müssen Vereinbarungen getroffen und gemeinsame Planungen geschaffen werden. Dabei fällt es immer einem von beiden etwas schwerer, mit einem neuen Verhältnis von Distanz und Nähe umzugehen. Denn bisher war die Nähe das Wichtigste. Ab diesem Zeitraum, ab dem eine Liebe daraus werden soll, spielt die Distanz eine ebenso wichtige Rolle wie die Nähe.
Zitat:Seit einem Monat habe ich immer mal wieder eine Phase - in dem ich alles in Frage stelle und sehr viel an meine Vergangenheit zurückdenke. Ich hatte früher alles - Haus , finanziell unabhängig usw. das habe ich alles nickt mehr.
Richtig. Und zwar nicht, weil es dir jemand weggenommen hat, sondern weil es weniger wichtig war als deine FREIHEIT. Und wegen deiner Freiheit hast du diesen schwierigen und schmerzhaften Schritt getan. In vielen Fällen leidet derjenige, der sich aktiv trennt, nicht weniger, sondern sogar mehr als derjenige, der verlassen wurde. Und zwar dann, wenn er mit seinen heftigen Schuldgefühlen nicht fertig werden kann. Dann kommen nämlich die positiven Erinnerungen wieder unangemessen stark ins Spiel. Dagegen solltest du etwas tun. Ein einfaches Zurück kommt sicher nicht in Frage und wäre auch nur eine Flucht aus der Realität. Das, was du jetzt erlebst, ist nicht in erster Linie ein PROBLEM, sondern es ist in erster Linie eine HERAUSFORDERUNG. Und dieser Herausforderung müssen sich Menschen stellen, wenn sie sich getrennt haben. Das habe ich selber auch sehr heftig erlebt und durchlebt.
Zitat:Mein neuer Freund und ich wohnen auch noch nicht zusammen. Die Phasen sind immer so heftig das ich eine Pause von meinem Freund brauche. Das kam jetzt 2x vor. Die Phase geht dann 2-3 Tage - dann tut mir alles so schrecklich leid und ich komme wieder angekrochen. Mein Freund hat dafür auch noch Verständnis und sagt das es normal sei , das man nach so einer langen Zeit und der Sicherheit die man hatte zweifelt.
Natürlich kann das, was du da tust, Schaden anrichten. Vor allem dann, wenn deine Pausenwünsche damit bergründet werden, dass du nicht mehr weißt, ob das alles richtig war. Zunächst mal sind also deine Distanzwünsche normal in dieser Phase und sie können sogar heilsam sein. Aber nur dann, wenn sie FÜR DIE LIEBE wirken sollen. Wenn sie DAGEGEN wirken sollen, richtest du bewusst Schaden an dieser Liebe an. Und bei allem Verständnis könnte jedes Mal eine Verletzung bei deinem Partner eintreten. Und die heilt nur dann, wenn ihr konstruktiv darüber reden könnt.
Zitat:Mein Ex-Mann und ich haben oft noch Kontakt , gerade wegen unseren Sohn. Und wir sehen uns sehr oft. Ich habe jetzt gemerkt, das er losgelassen hat. Und das ist das was mich mega fertig macht. Die ganze Zeit hatte ich immer das Gefühl , ich kann Zurück. Aber das Gefühl ist weg.
Und das wurde höchste Zeit, dass dieses Gefühl sich verabschiedet. Denn wer sich zur Trennung entscheidet, sollte den Gedanken, das irgendwie einfach wieder rückgängig machen zu können, gar nicht erst aufkommen lassen. Er ist schädlich, er hält vor allem fest. Du lässt dich also von einem Gedanken festhalten, der dir nicht gut tut und der deine Freiheit gewaltig einschränkt. Ich rate dazu, damit sofort aufzuhören.
Zitat:Ich liege seit 2 Tagen heulend in meinem Bett. Ich weiß das ich nie wieder glücklich geworden wäre mit meinem ex Mann. Aber ich glaube ich habe die Trennung nicht richtig verarbeitet und habe mich direkt in was neues gestürzt.
Ich halte diesen Gedanken für falsch. Du hast dich nicht gestürzt, soweit ich das beurteilen kann. Du hast angenommen, was dir angeboten wurde, du hast gefunden, was dir fehlte. Und dann hast du das dankbar in dich hinein gelassen und hast es erwidert. Und dann hast du dich verliebt, wie du selber sagst. Das alles ist geradlinig und logisch. Es muss nicht in Zweifel gestellt werden. Vor allem aber darf nicht in Zweifel gestellt werden, dass du nie wieder glücklich geworden wärest mit deinem Mann.
Was allerdings stimmt, dass du noch abschließen musst. Das ist deine Aufgabe, deine ganz allein. Dabei kann dir dein neuer Partner nicht helfen, damit wäre er überfordert und da sollte er auch unbedingt heraus gehalten werden. Dein Job. Und das bald und gründlich.
Zitat:Ich liebe meinen neuen Freund und ich weiß, dass er der richtige ist - aber leider zum falschen Zeitpunkt?
Nein. Das sehe ich anders. Nur bist du zu diesem Zeitpunkt damit überfordert, beides zu tun: Einerseits die Liebe jetzt endgültig und auf lange Zeit zu formen und mit deinem Partner so zu gestalten, das beide ihre Freiräume haben und trotzdem viel Nähe vorhanden ist. Und andererseits gründlich und andererseits endgültig mit der Ehe abzuschließen, die du wissentlich und willentlich beendet hattest. Zwei Jobs, die nicht miteinander zu tun haben, sich aber im Wege stehen. Beide müssen getan werden. Schwere Aufgaben für den Kopf, das Herz muss es nur zulassen. Aktiv wird der Kopf.
Zitat:Ich kann doch die Beziehung zu meinem Freund nicht weiterführen wenn ich mit der Ehe anscheinend nicht abgeschlossen habe?
Unsinn! Natürlich kann man das. Das schaffen unendlich viele in ähnlichen Situationen wie deine.
Zitat:Ich weiß einfach nicht mehr weiter und mir tut es so leid, besonders mein Freund - weil er machtlos ist und total leidet. Er kann sich alles mit mir vorstellen und wusste von Anfang an , dass es nicht einfach mit mir wird.
Okay, aber er hat Grenzen und die soll er unbedingt deutlich benennen. Du musst wissen, wann bei ihm diese Grenzen erreicht sind und wann er so leidet, dass er alleine nicht damit fertig werden kann. Er kann dir natürlich deine Freiräume geben, damit du die alte Beziehung abschließen kannst. Aber dafür müsstest du damit erst einmal richtig anfangen. Der viele Kontakt mit deinem Exmann tut dir überhaupt nicht gut und tut der neuen liebe nicht gut. Er muss sachlicher werden und klarer abgegrenzt. Denn dein Ex zeigt sich möglicherweise immer wieder von seiner besten Seite.
Und vieles andere ist zu tun. Das kann man heraus finden. Jedenfalls ist die Aufgabe, die du vor dir hast keineswegs unlösbar, sondern eine ganz normale HERAUSFORDERUNG. Sowohl für dich, als auch für deinen neuen Partner. Aber der sollte nicht mit deinem Zweifeln belastet werden. Es gibt zunächst keinen Grund zum zweifeln. Niemand kann sagen, wie lange eure Liebe dauern wird. Und natürlich kann sie irgendwann ausgeliebt sein. Aber das hat Zeit. Das ist nicht jetzt an der Reihe.
Jetzt ist es an der Reihe, dass du den festen Rückhalt durch deinen Partner annimmst, genießt und dich dort aufgehoben fühlst. Dazu kann es auch hilfreich sein, wenn ihr mehr Nähe herstellt. Parallel dazu aber muss auch klare Distanz entstehen, wo du sie brauchst, um die Exbeziehung zu bewältigen und gründlich abzuschließen. Beides ist möglich, beides behindert die neue Liebe nicht.
All das, was ich hier geschildert habe, sind Arbeiten des KOPFES. Und so muss dein Herz lernen, dass der Kopf gute Arbeit leisten kann, um dem Herzen wieder Freiraum und stabile Gefühle zu verschaffen. Also schalte deinen Kopf ein und lass dein Herz nicht mehr leiden als nötig.
Nur Mut.