Hallo zusammen,
ich möchte hier mal kurz (oder auch lang) zusammenfassen, was in den letzten vier Monaten passiert ist. Wenn Ihr Feedback für mich habt, würde es mich sehr freuen. Doch eigentlich denke ich, dass meine Zeilen nur dem eigenen Verarbeitungsprozess dienen werden. Ich glaube nicht, dass mir da irgendwer helfen kann.
Obwohl meine Ex mir noch Anfang September am Telefon sagte, dass ich mich natürlich jederzeit nach ihr oder unserem Baby erkundigen könnte, ignorierte sie über einen Monat jeden meiner Anrufe und alle meine Emails. Dabei reduzierte ich meine Emails allein auf sachliche Dinge. Sprich: Ich wollte wissen, was unser Baby macht, und fragte wieder und wieder danach, wann wir endlich die Sache mit der Anerkennung der Vaterschaft und dem gemeinsamen Sorgerecht angehen könnten. Ihre Reaktion: Null. Eiskalte Ignoranz.
Ich versuchte also wieder und wieder, Kontakt herzustellen. Ich schlug ihr per Email sogar eine Mediation bzw. eine Paar-Therapie vor, um wenigstens unser Kommunikationsverhalten zurück auf ein normales Level zu heben. Ich glaube, ich muss es nicht erwähnen: Auch darauf erhielt ich keine Antwort.
In meiner Hilflosigkeit schickte ich ihrem Papa Anfang Oktober eine Email. Im Kern wollte ich darauf hinweisen, dass unter den gegebenen Umständen das Aufbauen einer gesunden Eltern-Beziehung nicht möglich sei, dass aber genau das spätestens nach der Geburt notwendig werden würde. Es war folglich ein blanker Hilferuf meinerseits. Dagegen hatte ich mich lange gewehrt, denn wieso müssen zwei Erwachsene über die Eltern kommunizieren? Letztlich habe ich mich zu diesem Schritt entschieden, weil sowohl meine Mutter als auch meine Freunde meinten, dass das die einzig verbleibende Option sei.
Siehe da: Ein paar Tage später rief sie mich an. Sie erwähnte die Email an ihren Papa mit keinem Wort und tat so, als hätte sie sich aus Eigeninitiative gemeldet. Anhand ihrer Ausdrucksweise war jedoch offensichtlich, dass sie auf die Email Bezug nahm (gesunde Eltern-Beziehung, Umgang in Zukunft, wir erwarten ein Mädchen, etc.). Mir war das erst einmal egal, immerhin wusste ich jetzt wenigstens, dass es unserem Baby gut geht. Über unseren Umgang wollte sie am Telefon aber nicht sprechen. Stattdessen forderte sie mich auf, ihr meine Vorstellungen des zukünftigen Umgangs per Email zu schicken.
Das tat ich dann auch. Ich schilderte ihr ausführlich, dass ich trotz Trennung sehr gerne soviel Zeit wie möglich mit ihr und unserer Tochter verbringen würde, um sie zu unterstützen. Dass ich gerne das tun würde, was jeder Vater macht, der seine Tochter liebt. Dass wir nach den ersten sechs oder zwölf Monaten, wenn sie wieder arbeiten gehen möchte, sicher einen für beide Seiten annehmbaren Kompromiss finden würden, wenn wir uns wie zwei Eltern auf Augenhöhe begegnen. Ebenfalls sagte ich ihr, dass ich mir noch vor der Geburt ein persönliches Treffen wünschen würde, selbst wenn es nur ein kurzer Spaziergang wäre oder so. Kurzum: Ich machte ihr klar, dass ich mich nicht vom Acker würde machen wollen (das hatte sie mir ja mehrfach unterstellt) und wirklich alles mir Mögliche tun würde, um unserem Kind ein guter Vater zu sein.
Ihre Reaktion? Wieder nix. Anrufe wurden ignoriert, Emails ebenfalls. Die Krönung war dann, dass sie gegen Anfang Dezember ihre Nummer wechselte, nachdem ich im Schnitt ein bis zwei Mal pro Woche versuchte, sie anzurufen. Ich war fassungslos. Ein deutlicheres Signal konnte sie mir nicht geben, ohne Stellung zu beziehen.
All die Monate haben sehr viel mit mir gemacht. Ich beschäftigte mich viel mit mir selbst, habe viele Bücher gelesen, war beim Jugendamt, habe mir eine Therapeutin gesucht (ja, denn ich bin schliesslich der Gestörte) und Mitte Dezember umringt von lauter glücklichen Eltern einen Baby-Pflegekurs gemacht. Es hätte schliesslich sein können, dass sie sich doch noch meldet. Wie naiv ich doch war...
Es war eine schlimme Zeit, und ich sehnte den Tag der Geburt herbei. In der Email an ihren Papa hatte ich ausdrücklich darum gebeten, mich doch wenigstens zeitnah zu informieren, wenn unser Baby geboren ist, falls es tatsächlich keinen Kontakt mehr in der Zwischenzeit geben würde.
Nun. Ich muss sagen, dass ich unendlich enttäuscht bin. Nicht nur von ihr, sondern von der ganzen Familie. Seit Dezember durchforsteten meine Mutter und ich eine Baby-Galerie nach der anderen, weil es keinen anderen Ansatzpunkt gab. Und siehe da: Am Jahresanfang entdeckte meine Mutter ein süsses Baby, das genau aussieht wie ich als Baby aussah. Der Anfangsbuchstabe des Nachnamens stimmt, der Geburtszeitraum stimmt, und der Vorname ist der Name, den ihre Mutter (!) favorisierte. Meine Mutter und ich sind zu 99,99% sicher, dass das meine Tochter ist.
Ihr könnt jetzt lachen, aber ich brach in Tränen aus. Ich habe ewig lange geheult. Niemand informierte mich. Nicht einmal ihr Papa hatte die Eier, mir wenigstens eine kurze SMS zu schicken. Das ist so extrem unfassbar, ich kann es gar nicht in Worte fassen. Ich frage mich, was ich verbrochen habe, dass so mit mir umgegangen wird. Ich wurde auf Raten und ohne ehrliche Erklärung entsorgt. Da hilft es mir auch nicht, wenn ich mich an ihre Aussage erinnere, dass ich (!) mal reflektieren müsste.
Genau das habe ich nämlich getan. Ich suchte den Fehler wieder und wieder bei mir selbst: War ich zu hart mit ihr umgegangen? Hätte ich mich ihrer Forderung nicht doch beugen müssen? Hätte ich ihrer Mama kein Widerwort geben dürfen? Hätte ich bettelnd vor ihrer Haustür sitzen müssen, um sie um eine neue Chance anzuflehen?
Selbst meine Therapeutin meint, dass das nichts gebracht hätte. Sie spricht von einer symbiotischen Beziehung zu ihrer Mutter und einer narzisstischen Kränkung, auch wenn das natürlich keine Diagnose ist. Unterm Strich bleibt: Sie und ihre Mama haben das Baby, das sie sich gewünscht haben, und indem sie alle Schuld auf mich projizieren (O-Ton: „Gib doch endlich zu, dass Du an allem schuld bist! Gib's doch endlich zu!“), ist ihre Welt in Ordnung.
Falls Ihr Euch fragt, warum ich nicht einfach bei ihr vor der Tür stehe, gerade jetzt nach der Geburt: Ich gehe stark davon aus, dass das kontraproduktiv wäre. Meine Anwältin übrigens auch. Einerseits hat sie deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ich ihrem Haus fernbleiben soll, und schliesslich bin ich (noch) nicht der Vater und habe folglich keinen Anspruch. Wenn ich ehrlich sein soll: Ich habe Angst davor, dass ihre Familie genau darauf wartet, um mir in Kombination mit meinen vielen Anrufen und Emails Stalkerei vorzuwerfen. Das ist absolut nicht an den Haaren herbeigezogen!
In all den Jahren vor unserer Beziehung, in denen sie mich wie eine Marionette hin und her schob, warf sie mir mehrmals vor, dass ich sie gestalkt hätte. Ich verneinte das jedes Mal vehement, aber sie blieb auf ihrem Standpunkt auch ohne jeden Beweis. Als wir dann zusammen waren, fiel in irgendeinem Nebensatz mal, dass es da irgendwann einen Typ gab, der sie ewig lange schwer gestalkt hätte. Ich sagte dann nur: „Meinst Du nicht, dass genau der Typ Dich nachts mit seinen Anrufen belästigte und nicht ich?“ Da entgegnete sie dann nur ganz lapidar: „Ja, bestimmt, ist ja jetzt auch nicht mehr wichtig.“ Aha. Auf einmal war es nicht mehr wichtig. Aber um in ihrer grenzenlosen Selbstherrlichkeit ein vollkommen falsches Bild von mir zu skizzieren, nur damit sie irgendeine fadenscheinige Begründung dafür hatte, warum sie sich mir gegenüber schäbig verhalten hat, ist in Ordnung?
Vor ein paar Tagen ging ein Schreiben meiner Anwältin an sie raus. Da geht es allein um die Anerkennung der Vaterschaft und das gemeinsame Sorgerecht. Ich habe es seit August wieder und wieder und wieder und wieder gütlich versucht. Nichts kam zurück. Trotzdem glaube ich, dass sie auch das gegen mich verwenden wird. So nach dem Motto: „Ich habe Dir doch gesagt, dass ich mich gütlich mit Dir einigen will, wieso musst Du zum Anwalt laufen?“
Ehrlich. Ich habe EXTREME ANGST davor, was noch auf mich zukommt. Diese ganzen Verzerrungen der Realität, die Lügen, mit denen ich sie allein aus Angst um unser Baby nicht direkt konfrontieren wollte, all das ist wahrscheinlich nur ein Vorgeschmack gewesen. All meine Freunde und Bekannte meinen, dass sie vor Gericht wird lügen müssen, bis sich die Balken biegen, um mir das Sorgerecht streitig zu machen. Denn mit Ausreden wie „der war nie für mich da“, „der hat mich so sehr gekränkt“ und „der hat mir keinen Käsekuchen vorbeigebracht“ (kein Witz!), wird es nicht getan sein.
Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendein Gericht die Begründung akzeptiert, dass ich nicht in der Lage sei, mich um ein Kleinkind zu kümmern, weil ich mich nicht einmal um meine Freundin kümmern konnte. Da sollte man vielleicht differenzieren: Erstens hat sie ab einem gewissen Punkt jeden Annäherungsversuch im Keim erstickt, und zweitens habe ich mit meiner Mutter zusammen meinen Vater bis zu seinem Tod gepflegt und dasselbe mit meiner Oma durchlaufen. Ich war ein Teenager, als das anfing. Fast zwanzig Jahre bestimmte die Pflege einen Teil meines Tagesablaufs, und für mich war es selbstverständlich. Wenn überhaupt irgendwer bewiesen hat, dass er für andere Menschen Verantwortung übernehmen kann, dann war ich das. Nur weil ich Freiberufler bin und nicht jeden Morgen wie ein Irrer ins Hamsterrad renne, um Karriere zu machen, heisst das nicht, dass ich mich nicht um mein Kind kümmern kann.
Sorry für die Textwand. Wie ich schon sagte: Es dient der Selbstreflektion. Ich möchte nur noch anfügen, dass ich jetzt endlich nachfühlen kann, wie sich Väter fühlen, die systematisch um ihr Recht gebracht werden. Das irdische Recht spielt hier für mich gar keine Rolle. Vielleicht mag ein Richter sogar entscheiden, dass ich aufgrund unüberbrückbarer Differenzen kein gemeinsames Sorgerecht bekommen werde, auch wenn ich gar nicht das Problem bin. Aber moralisch ist das alles einfach nur das Letzte, da gibt es keine zwei Meinungen. Ich frage mich, wie mir irgendwer aus dieser Familie noch in die Augen sehen soll. Da kann doch irgendwas nicht in Ordnung sein im Hirnkasten, sorry...
Ich würde meine Kleine so gern im Arm halten, Zeit mit ihr verbringen, mich um sie kümmern. Doch all das wird mir vorerst nicht möglich sein. Sollte meine Ex die einzuhaltenden Fristen verstreichen lassen, werde ich meine Tochter wahrscheinlich nicht vor Ende Februar zu Gesicht bekommen. Unter welchen Umständen das dann geschehen wird, will ich mir gar nicht ausmalen.
Rückblickend kann ich mir nur dafür auf die Schulter klopfen, dass ich nicht vollkommen ausgerastet bin und ich meinen Ärger und meine Wut nicht in ihre Richtung kanalisiert habe. So habe ich zumindest einen Funken Resthoffnung, dass ein Gericht nicht gegen mich entscheidet.
Falls Ihr mir nun an den Kopf werfen wollt, dass ich Eure Ratschläge, mich ab September gar nicht mehr zu melden, ignoriert habe und nun vor dem vermutlich selben Scherbenhaufen stehe: Richtig, ich habe mich komplett zum Affen gemacht, meinen Stolz untergraben wie ein unterwürfiger Hund. Aber ich musste das tun. Nicht für mich, nicht für sie, sondern für meine Tochter. So muss ich mir wenigstens nicht ankreiden, nicht alles versucht zu haben. Auch wenn es nicht wirklich hilft.
Abschliessend möchte ich noch sagen, dass meine Motivation, das alles auf mich zu nehmen, natürlich irgendwo egoistisch ist. Das gebe ich zu. Ich möchte Kontakt zu meinem Kind. Ich möchte ein guter Vater für mein Kind sein. Ich möchte mich an der Erziehung meines Kinds beteiligen. Ich, ich, ich. Das ist mir bewusst. Da ich mich in den letzten Monaten auch sehr mit Spiritualität beschäftigt habe, bringt mich das in einen Zwiespalt. Ein guter Freund meinte: Loslassen, akzeptieren, nur auf Dich selbst schauen. Leider muss ich zugeben, dass ich diesen Bewusstseinsgrad offensichtlich noch nicht erreicht habe.
Danke für's Lesen und Euch alles Gute.
07.01.2016 12:04 •
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