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Trennung trotz Liebe - kein Ausweg

S
Nach langem vor mich HInleiden und stillem Mitlesen, melde ich mich nun auch zu Wort.

Ich bin aktuell im richtig schlimmen, akuten Liebeskummer und habe kaum Kraft für irrgendwas. Weil ich seit der Trennung vor vier Wochen ständig gegen mein Herz ankämpfe und von Trauer gelähmt bin.

Ich war mit meinem Partner zwar nur 8 Monate zusammen, aber diese Zeit war im Positiven und Negativen sehr intensiv emotional. Als wir uns kennenlernten, ahnte ich nichts von seinen immensen psychischen Problemen, von seiner Suchterkrankung. Wir waren im selben Bewerbungskurs für Akademiker und ich war zu dem Zeitpunkt schon ungewollt frisch getrennt. Ich war gerade erst angekommen in der neuen Heimat, neues Bundesland, neue Stadt und niemanden gekannt. Dann war da er, wir redeten viel vor und nach dem Kurs und begutachteten in diesem Kurs natürlich auch die Lebensläufe. Das sah richtig gut aus: Studium und lange Auslandsaufenthalte, sogar mal selbstständig. Ich ahnte wirklich nichts von der inneren Zerrissenheit und dem jahrelangen Dro.konsum.

So trafen wir uns ab Februar regelmäßig und hatten wirklich sehr intensive Gespräche. Ich habe einen kleinen Sohn und er kam auch mit ihm sehr gut aus. Als wir uns dann näher kamen, flüchtete er oft mit der Aussage, er wolle sich ganz sicher sein, ob das wirklich alles real sei und könne dem noch nicht ganz trauen. Irgendwas in mir ließ intuitiv die Alarmglocken schellen. Da war es aber schon um mich geschehen.

So langsam entwickelte es sich, dass er bei mir übernachtete und ich bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Die Baldriantropfen, die ich zum Schlafen nahm, die mit Alk. versetzt sind, trank er auf einmal aus. Angeblich zum Schlafen. Bei den Filmabenden bekam ich von dem Sixpack meist nur eine Flasche, weil er alles runterkippte. Ich stellte ihn zur Rede. Er gestand, er wäre polxtox und sein letzter Entzug vor 2 Jahren wäre daran gescheitert, dass er keine Nachsorge gehabt hätte. Er hat eine 9-jährige Tochter und ist geschieden. Seit fünf Jahren lebt er nicht mehr mit ihr zusammen.

Ich hätte gehen sollen, ich wusste zwar nur einen Bruchteil der Wahrheit, aber die war schon unerträglich. Der Vater ein Trinker und er hat eigentlich alles genommen durch den Dro.dschungel, bis er in einer Depression endete. Warum bin ich da nicht schon gegangen? Es wurde ab da eine richtige Achterbahnfahrt der Gefühle und Kämpfe. Keine Woche ohne Rückfälle. Wenn er zurück kam, immer wieder die Beteuerungen, er würde sich Hilfe suchen. Wir waren bei der Suchtberatung und er entschied sich dafür, sich bei einer Entgiftung anzumelden. Mein Herz hat das alles ausgehalten, wollte ihn nicht verlieren. Er war nicht für mich da: nicht an meinem Geburtstag, nicht als ich in die Klinik kam, nicht als ich meinen Arbeitsvertrag unterschrieb und mein Sohn Geburtstag hatte..Er war im Rausch.
Wenn wir uns nachts im Arm hielten und ich seinen ruhigen Atem fühlte, hatte ich kurz das Gefühl von Harmonie und alles wird gut.

Dann im Juni kam er in die Entzugsklinik und ich war immer noch da. Wochenlang haben wir und nicht gesehen und ich fiel immer mehr in ein tiefes Loch. Ich spürte wie viel Kraft mich das alles gekostet hat. Aber immer noch glaubte ich an das gute Ende. Er lebt jetzt in einer therapeutischen Wohngemeinschaft. Wir haben jeden Tag telefoniert.

Vor einem Monat das Trennungswochenende: Irgendwas in mir spürte wieder, dass etwas nicht stimmte. Er kam eine Stunde später als verabredet und wirkte irgendwie abwesend. Er hatte auch keine Erklärung. Als ich über uns reden wollte, über die Zukunft, blockte er meist ab. Dann kamen wir auf unsere Kinder zu sprechen und ich sagte ihm, dass ich eigentlich immer zwei wollte. Plötzlich ging er total an die Decke: Hör mal, ich mache gerade Therapie und bin froh, wenn ich das mit meiner Tochter hinkriege. Und Du kommst mir mit einem zweiten Kind... ich fing an zu weinen, die ganze seelische Last der letzten Monate fiel von mir ab. Ich fühlte mich gar nicht von ihm gesehen. Wir stritten heftig und er sagte am Ende noch zu mir: Such dir einen anderen Typen für dein zweites Kind.

Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Drei Tage danach schrieb ich ihm noch einen Brief, um einiges was gesagt wurde, richtig zu stellen. Gestern erfuhr ich von seinem Betreuer, dass er ihn nicht gelesen hat und keinen Kontakt will.

Die Fakten sind mir mehr als klar:
Er: 18 Jahre Dro. missbrauch = psychische Erkrankung , Verantwortung völlig abgegeben
Ich: Liebeskummer-erfahren mit Kind

Und dennoch ist da diese Liebe in meinem Herzen und die Angst, ihn ganz verloren zu haben. Vielleicht bin ich auch durch die Tatsache, vor kurzem meine Mutter verloren zu haben und die Sehnsucht vor der 40 noch eine eigene Familie haben zu wollen, geprägt. Ich weine soviel jeden Tag und kämpfe mich durch den Tag, will meinem Sohn alles geben was er braucht. Aber innerlich fühle ich mich gerade komplett gebrochen.

Ich frage mich, wie das wieder heilen kann. Warum hört die Liebe nicht einfach auf? Was hat er bei mir gesucht?

Ein trauriges skygirl77

15.10.2016 16:33 • #1


K
Zitat:
Was hat er bei mir gesucht?

Kannst du dir bestimmt selber denken. Du solltest dich aber eher fragen, was du selber bei ihm suchst und ob er das was du in ihm suchst, überhaupt erfüllen kann. Wohl eher nicht.

15.10.2016 18:59 • #2


A


Trennung trotz Liebe - kein Ausweg

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M
So schwer es Dir auch fällt, versuch ihn zu vergessen. Denk bitte auch an dein Kind denn ihr seid schon eine Familie. Wer so viele krasse Probleme hat wie er wird den Rest seines Lebens genug mit sich zu tun haben. Er wird dir nie das geben können was Du brauchst aber da draußen ist vielleicht jemand der es kann und der dich glücklich macht. Ich hoffe es wird bald besser

15.10.2016 19:13 • x 1 #3


S
Vielen lieben Dank!

Ich habe das bei ihm gesucht, wonach sich jeder sehnt: Zuneigung, Liebe und Verständnis. Ich musste nach und nach erkennen, dass ich nur die gesunde Seite an ihm lieben kann. Ich hatte nach dem ganzen RückfallMist einfach kein Vertrauen mehr.
Meine Entscheidung habe ich vor allem für mein Kind getroffen. Es braucht Stabilität und Kontinuität.

Trotzdem ist dieser Ablösungsptozess sehr schmerzhaft, weil ich immer auf den Punkt gewartet habe, an dem Alles gut wird. Jetzt muss ich auf nichts mehr warten.

15.10.2016 19:42 • #4


S
Auch wenn ich weiß, dass alles richtig so ist und ich auf Dauer so nicht glücklich geworden wäre, zerschmettert es meine Seele, es fühlt sich alles so leer an.

Ich habe hinter der Krankheit einen schönen Menschen kennengelernt, der mit seiner inneren Zerrissenheit kämpft.

Er wird mir innerlich vorwerfen, dass ich ihn in der Therapie im Stich gelassen habe. Ich habe so um mein Vertrauen gerungen, es war einfach weg. Liebe allein reicht eben nicht.

Fühle mich so kraftlos und bin froh wenn ich die Tage überstehe, immer nur den Tag überstehen. Das Lesen hier hilft mir auf jeden Fall, zu verstehen, dass jeder Schmerz irgendwann vergeht. Sonst hätte man eine bleibende Krankheit.

16.10.2016 10:51 • x 1 #5


H
skygirl,

du bist auf dem richtigen weg.

er mag im grunde ein herzensguter mensch sein, aber er ist krank.

du kannst ihm weder helfen, noch ihn retten. das kann nur er allein.

du hast schon jemanden, der deine hilfe, kraft und liebe braucht. mehr noch als jeder andere mensch auf der welt.

dein kind soll deine motivation sein. du wirst irgendwann einen partner finden, der dich verdient. er ist da draußen. du musst nur irgendwann die kraft finden durch die tür zu gehen um ihn zu finden.

drück dich!

16.10.2016 11:00 • x 1 #6


S
Danke Dir lieber HansHarald,

es bleibt nicht aus, dass man in einer Beziehung mit einem kranken Menschen Gefahr läuft, selbst zu erkranken.

Deine Worte klingen wie ein Traum aus einer anderen Welt. Zurzeit sind soviele Riegel vor meinem Herzen. Ich fühle mich so entsetzlich traurig. Auch wenn ich alles weiß, um diese unüberwindbaren Hürden, ich habe ihn aufrichtig geliebt und immer gehofft.

Ich habe Deinen Beitrag gerade gelesen und Du kannst es nachvollziehen, was es heißt, wenn ein Kind involviert ist. Das sollte immer im Mittelpunkt stehen.

Würde gerne mit Dir pn schreiben, wenn Du magst?

LG skygirl77

16.10.2016 11:21 • #7


H
tundir keinen zwang an. muss jetzt aber arbeiten und werde wahrscheinlich erst heute abend oder morgen früh antworten können.

16.10.2016 11:29 • #8


S
Sorry, wollte Dich nicht überfallen. Bin zurzeit nur froh über jeden Austausch. Ist schon so ok.

16.10.2016 12:52 • #9


H
du überfällst mich nicht. schreib ruhig.

16.10.2016 13:48 • #10


Namika
Skygirl77

Ich habe gerade deine Nachricht in meinem Thread und jetzt dein Eingangsposting hier gelesen. Ich bin in Tränen ausgebrochen. Habe gerade Rotz und Wasser geheult. Soviele Parallelen, der gleiche Schmerz, die gleiche emotionale Intensität, das gleiche fast surreale Verhalten. ...
Du bist nicht allein.

21.10.2016 20:20 • x 1 #11


S
Danke liebe Namika, vom ganzem Herzen!
Was mich manchmal tröstet, ist dass es vorher auch schon immer ein Schmerz auf Raten war. Ein Bangen und Ringen, ob er clean bleibt, ob er die Stärke hat, an sich zu arbeiten. Nun ist es ein heftiger, kaum stillbarer Schmerz, der aber enden wird.

Oft argumentieren die Menschen anhand der Fakten, dass man mit so jemandem doch nie glücklich geworden wäre und warum man bei so jemandem sein Herz verloren hat. Das ist zu einfach.

Ich habe mich in ein wundervolles Wesen verliebt. Das er sich in der Sucht verloren hat, habe ich lange nicht gesehen. Emotional war lange davor keine Beziehung so intensiv für mich wie diese. Wie soll sich das einfach so auflösen, nur weil man verstanden hat, dass es nicht funktioniert. Weil man sich selbst schützt.

Was gibt Dir Halt? Wo suchst Du Deine Zuflucht?

Ich kann im Moment nur weinen. Und möchte eine Therapie machen. Mein Sohn soll unter all dem nicht leiden.

Du bist auch nicht allein!

21.10.2016 20:41 • x 1 #12


S
Nothing ever goes away until it teaches us, what we need to know. ( Rana Chodron)

21.10.2016 21:08 • x 1 #13


S
Letzte Worte an Dich:

Ich liebe Dich von ganzem Herzen... und werde Dich nie mehr vergessen. Auch, wenn alles schwierig war, hat keiner in dieser Art mein Herz berührt wie Du. Ich kann und will das immer bei mir tragen.

Ich spüre jetzt umso mehr die Wunden aus meinem Leben. Die Angst, nicht gesehen zu werden, die in unserem Streit plötzlich da war. Und zu diesem kindlichen Hilfeschrei führte.

Ich weiß, Du kämpfst jetzt für Dich, für eine neue Normalität. Das will ich auch nicht mehr stören...

Ich möchte Dir alle Kraft und allen Mut dafür wünschen, an Dich zu glauben.

Ich habe Fehler gemacht, ich habe mir nicht früh genug auch therapeutische Hilfe gesucht. Als es mir schlecht ging, als Du vor der Klinik nicht für mich da sein konntest. Deshalb ging mein Vertrauen kaputt.

In mir drin gibt es diesen Wunsch, Dich festzuhalten und eines Tages wiederzusehen. Bitte verzeih mir, loslassen tut so weh.

So, und jetzt geht das Weinen wieder los. Jeden Tag von vorn.

22.10.2016 09:41 • x 1 #14


Namika
Zitat von skygirl77:
Was gibt Dir Halt? Wo suchst Du Deine Zuflucht?


Mir gibt in erster Linie der feste Glaube an mich selbst halt. Ich weiß, dass ich stark genug bin, um damit fertig zu werden. Ich habe die ersten Wochen viel geweint. Auch heute überkommt es mich noch ab und zu. Aber ich wusste wofür ich den Schlussstrich gezogen und den KOntakt komplett abgebrochen habe: für mich.
Für das Ende meines Leidens. Weil ich es mir selbst zuviel Wert bin, mich von jemandem kaputt machen zu lassen, dem ich soviel gegeben habe.
Er war ein liebevoller, warmherziger toller Mensch. Ich habe ihn so sehr geliebt. Aber Liebe allein reicht nicht, schon gar nicht, wenn eine ZUkunft mit diesem Menschen nicht möglich ist. Und diese Zukunft lasse ich mir nicht verbauen.
Ich lasse mir die Chance nicht nehmen, einen Menschen zu finden, der die gleichen Ansichten,Wertvorstellungen, Zukunftspläne und Gefühle hat wie ich.
Wäre ich bei ihm geblieben, hätte ich mir diese Zukunft genommen und Sie mit Dr.ogen, Lügen, Unzuverlässigkeit, Streit, Enttäuschung, Misstrauen uvm gefüllt. Das gehört alles nicht zu einer erfüllten Partnerschaft.

Meine Zuflucht ist mein Zuhause, meine Freundinnen, mein Kater und meine Hobbys und: ich selbst. Ich kann auf mich vertrauen. Alles hat einen Sinn....so auch diese Episode in meinem Leben

23.10.2016 20:33 • x 4 #15


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