Hallo,
Ich habe vor knapp anderthalb Jahren einen Mann im Internet kennengelernt. Anfangs war unsere Schreiberei ganz nett, wir verstanden uns, hatten den gleichen Humor, ähnliche Interessen und Meinungen. Für mich war es zunächst eher ein Kontakt, bei dem ich mir dachte, dass es vielleicht eine schöne Bekanntschaft werden könnte (Freundschaft ist ja eher ne Sache der Zeit). Wir trafen uns, was mich in diesem Gedanken bestärkte. Wir verstanden uns, haben uns immer mal wieder zum Klönen getroffen. Alles eher sporadisch. Es war angenehm, mehr aber auch nicht.
Es gab dann eine Zeit, in der ich beruflich stark eingebunden war und wir nur sporadischen Kontakt hatten. Lange Rede kurzer Sinn: nach ein zwei Monaten Funkstille meinerseits trafen wir uns wieder, dieses Mal häufiger und es wurde intensiver. Er bemühte sich auf eine nicht mehr freundschaftliche Weise um mich und unsere Gespräche und die Zeit, die wir miteinander verbrachten, war für mich mittlerweile ebenso auf eine andere Ebene gerückt. Ich hab aus Verletzungen der Vergangenheit das Ganze für mich sehr vorsichtig betrachtet - seinerseits wurden die Bemühungen um mich immer intensiver. Er deutete an, mehr als freundschaftliches Interesse zu haben, auf der Suche nach einer Partnerschaft zu sein, ankommen zu wollen. Auf eine sehr zuvorkommende, aufmerksame Art ging er mit mir um, plante Aktivitäten, interessierte sich für mich und was ich tue, erzählte mir von sich, seinen Eltern, seinen Aktivitäten, allerdings nicht unbedingt recht offen, sondern sehr zurückhaltend. Ich spiegelte ihm dies (es gab mehrere Situationen, in denen er sich recht bedeckt hielt), worauf er dies in einer humorvollen Weise stets mit seiner rationalen Art begründete. Ich dachte mir einfach nur: Okay, dann ist er halt eher der rationale Typ. Kann ich mit leben. Dennoch glaubte ich das nicht wirklich, denn sein Bemühen um mich, war fast schon gruselig (damals im positiven Sinne):
Er schien meine Wünsche und Gedanken regelrecht erraten zu können, ging in einer Weise auf mich ein, wie es nur jemand könnte, der mich kennt und mir wirklich zuhört. Und dafür - so dachte ich - müsse dieser Mensch über viel Gefühl und Empathie verfügen.
Nachdem ich eine ziemlich stressige Zeit mit Job usw. hatte, lud er mich für ein Wochenende zu sich ein, um mal rauszukommen. Bis dahin hatten wir ein rein platonisches Verhältnis, an diesem WE sind wir uns dann näher gekommen (nur was Nähe betrifft, S. kam zu einem späteren Zeitpunkt).
Ich merkte, wie ich mich ihm Schritt für Schritt mehr öffnete, mehr und mehr Vertrauen fasste, bis ich an dem Punkt kam und mein Gefühl zuließ und mich schließlich auf ihn einließ. Ab diesem Moment gings dann los. Er war stets zuvorkommend, aufmerksam und in seiner Art freundlich, so dass ich die ersten Vorkommnisse als Bagatellen und Überreaktion meinerseits beiseite schob. Bei einem Einkauf schrieb er mir vor (incl. öffentlicher Diskussion im Laden), was ich zu essen habe. Was für manche vielleicht ne nette Sache ist, für mich aber nicht mehr war: Ich durfte nie bezahlen, durfte ihn nie einladen, durfte keine Aktivitäten vorschlagen oder gar planen - da wurde er regelrecht panisch bis böse. War ich am WE bei ihm und er kam von der Arbeit, kritisierte er, dass ich mich nicht genug über seine Ankunft gefreut habe (O-Ton: wie es ein Weibchen nun mal tut). Zunächst dachte ich, er scherzt - bei allen diesen Situationen gab ich ihm auf eine freundliche, humorvolle Art meine Grenze zu verstehen. Reaktion: eisiges Schweigen, Ignoranz. Plötzlich fielen Sätze wie: Ich hab meins und du hast deins - als ich ihn abends im Bett bat, seine Handy-Klickerei einzustellen. Oder Sätze wie z.B. Warum kannst du nicht so sein wie meine Freunde - mit denen streite ich mich NIE!. Dazu muss ich sagen, dass es zwischen uns keinen Streit gab - schließlich befanden wir uns m.M.n. noch in der Phase eines Kennenlernens bzw. an einem Beziehungsbeginn. Ich setzte schlichtweg Grenzen bzw. sagte, was ich anders sehe usw. Auf simple Fragen, wann wir (berufsbedingt - er hatte Schichtarbeit und ich lebe in ner anderen Stadt als er) uns wiedersehen können, sagte er: das habe ich noch nicht geplant, keine Ahnung. Auch subtile Kritik an mir in der Form: Also DIE X (mein Name) mag ich ja, aber DIE X (mein Name) will ich eigentlich gar nicht haben. (X2 ist die Seite meiner Person, die ihm die Grenze setzte).
Während unser Kontakt also inhaltlich immer distanzierter und kühler wurde, behielt er sämtliche vordergründige Bemühungen um mich bei. Hielt mich mit Andeutungen über meine Bedeutung, die ich für ihn hätte und unsere Zuneigung zueinander an der Stange - so sehe ich es im Nachhinein. Schickte mir täglich zig-fach SMS darüber, was er grad tut etc. Anfangs dachte ich: wow, er will mich teilhaben lassen etc. Bis sich irgendwann alles nur um seine Person drehte, er regelrecht genervt schien, wenn ich einfach kurz erzählte, was ich grad so tue. War verwirrt und begann, an mir selbst zu zweifeln à la: vielleicht fasse ich einfach nur alles falsch auf.
Anders als bei unserem Kennenlernen gab es plötzlich kaum noch wirkliche Unterhaltungen, keine Diskussionen, kein Interesse und kaum wirklich miteinander geteilte Zeit mehr. Als ich das Gespräch mit ihm suchte bzgl. der Veränderung in unserem Kontakt antwortete er zunächst recht freundlich aber subtil mit dem Vorwurf, ich sei nicht zufriedenzustellen, er bemühe sich, was ich eigentlich von ihm verlange etc. Ich habe ihm dann klar und grundlegend versucht, mitzuteilen, wie ich mich in dem Kontakt miteinander fühle, wie ich die Veränderung empfinde und auch sein Schweigen, wann immer ich etwas sagte, was ihm nicht gefiel. Darauf hin äußerte er nur recht genervt, dass er es nicht verstehe und nochmal drüber nachdenke.
Das war das letzte Mal, dass wir Kontakt miteinander hatten. Das war vor 2 Monaten. Insgesamt hatten wir vorher insgesamt ca. 4 Monate näheren Kontakt (beziehungsähnlich gelebt), also noch nicht allzu lange Zeit, die wir enger miteinander zu tun hatten.
Ich habe mich nachfolgend auch nicht mehr bei ihm gemeldet, weil mir rückblickend klar wurde, dass er stets auf ne recht subtile Art versuchte, Kontrolle über mich auszuüben und mir in Nebensätzen kleine Speerspitzen in Wunden geschossen hat, die ich ihm gegenüber offenbart hatte, als wir uns kennenlernten. Kurz: mir wurde klar, dass das alles recht wenig mit echter Zuneigung oder Gefühlen zu tun hatte, denn sonst würde ein solches Gespräch, wie das, was wir zuletzt führten, ja wohl auch anders geklärt werden können, als durch Schweigen und Kontaktabbruch.
Mir ist das alles recht klar und ich habe die Sache für mich insofern abgehakt, als das ich weiß, dass ich mit ihm nicht hätte glücklich werden können. Allerdings sorgt genau dieses unausgesprochene Ende und diese zwei verschiedenen Personen, die ich von ihm kennenlernte, dafür, dass ich schlecht damit abschließen kann. Ich finde einfach den Punkt und die Tür nicht, dass ich abschließen und die Tür zumachen kann. Irgendwas hält mich gedanklich daran fest, aber ich weiß nicht, was.
Kennt das jemand? Habt ihr vielleicht einen Tip für mich?
Danke für's Lesen!
09.11.2014 20:47 •
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