Ich möchte auch meine Geschichte von der Seele schreiben und nach Rat, oder nach einem Blick von Außen bitten. Verfangen in Emotionen (Zukunft- und Versagensängste, Hoffnungslosigkeit, Selbstmitleid, Wut, Trauer aber auch Liebeshunger, Freiheitsdrang, Sehnsucht nach Geborgenheit und Geliebtsein. ) fehlt mir der klare Blick für eine Entscheidung.
Eckdaten: Mann, 41 Jahre alt, Beziehung seit 18 Jahren, verheiratet seit 14 Jahren, 3 Kinder (15,13,7).
Achtung, es wird lang.
Eine Studentenliebe, was etwas zu schnell erwachsen wurde (ungeplantes, wenn auch von beiden gewolltes Kind). Auch wenn es unpassend war von der Zeit her, war ich mir sicher: ich habe DIE Frau gefunden, mit ihr möchte ich alt werden, sie wird die Mutter meiner Kinder. Sie hat ihre Gefühle damals mir genau so erzählt. Ich habe ihr geglaubt, ich glaube heute noch, dass sie es damals auch ernst meinte und sich so gefühlt hat.
Die Zeiten mit Kleinkindern und Berufseinstieg waren damals allerdings sehr fordernd und haben uns die Unbeschwertheit des Lebens genommen. Es kamen auch Streite und Tränen dazu. Sie hat sich allein gelassen gefühlt, ich mich überfordert. Trotzdem habe ich immer an uns als Paar und an uns als Familie geglaubt. Sicherlich habe ich mich vor einiges verschlossen, die Überforderung war im Nachhinein betrachtet streckenweise an beiden Seiten sehr groß. Ich glaube in manchen Situationen hat der Wunsch meiner Frau nach einer heilen Familie sie von einer Trennung zurückgehalten. Ich habe sicherlich mich innerlich geweigert wahrzunehmen, welche Tiefen unsere Krisen tatsächlich erreicht haben. Es gab aber immer wieder gute Zeiten, Reisen, Urlaube, aber auch jahrelang ganz normaler Alltag, wo wir als Paar und als Familie sehr gut harmonierten, uns wirklich lieb hatten. S. haben wir immer gut zu einander gepasst, oft war es eine Möglichkeit wieder Nähe zu erfahren und zueinander zu finden.
Nach dem letzten Tiefpunkt Ende 2016 haben wir unsere Beziehung quasi neugestartet und eine ganz neue Qualität an Nähe und Verbundenheit erfahren. Was viele hier verzweifelt versuchen, ist mir gelungen: eine festgefahrene Beziehung, was aber noch nicht tot ist, zu wiederbeleben. Ich sage euch, es ist wie ein Auto bei voller Fahrt auf der Autobahn zu reparieren. Durch Selbstentwicklung, gezielte Beziehungspflege, Neuerungen und Achtsamkeit aber auch gut dosierten Abstand.
Seit dieser Zeit habe ich mich auch Themen gestellt, die ich viele Jahre verdrängt habe (Beziehung zu meiner Mutter, meinem gestorbenen Vater, meine Rolle als Mann und Vater, Berufsziele und Perspektiven, Verantwortung übernehmen für meinem Leben, etc.). Ja, eine ordentliche Midlife-Crisis, was ich durchgemacht habe und sicherlich immer noch durchmache, mit Lichtblicken, nie gekannten Höhen und Tiefen aber auch viel Zuversicht und Selbstbestimmung.
Ich habe auch unsere Beziehung neu bewertet. Vieles was schief lief in der Vergangenheit wurde mir peinlichst klar sichtbar. In einer innigen Nacht vor einem Jahr habe ich meine Frau gebeten, alles zuzugeben, was ich inzwischen schon längst vermutet habe. Reinen Tisch zu machen, damit unsere neu- oder wiedergefundene Nähe nicht auf Lügen basiert. Sie hatte mir von 3 Affären erzählt in den letzten 11 Jahren (2007, 2008, 2015) wobei der erste eine mehrmonatige Affäre war, die anderen beiden einmalige ONS. In der Nacht habe ich es nicht ausgehalten, ich bin abgehauen. Am nächsten Tag vorsichtige Annährung und ein der heißeste S. unseres Lebens. Später und seit dem oft haben wir über den Affären gesprochen. Sie sieht ihren Verhalten nur bedingt kritisch, für sie sind sie Geschichte, ich denke sie hat diesen Affären damals und seit dem auch nie bereut (hätte sie die sonst längst zugegeben). 10 Jahre Schweigen spricht an sich schon Bände. Ja, sie bereut mich verletzt zu haben, aber sie zeigt auch all die selbstlügnerische Zurechtlegungen, die man hier so oft und klar lesen kann von den Betrügern.
Ich wollte erst mal kämpfen. Für uns als Paar und auch für die Familie. Mir war klar: so wie in den letzten 11 Jahren, will ich nicht leben, ich will nicht ein Betrogener Ehemann im Nebel sein, ich will nicht mit Lügen leben. Ich wollte die Sache verarbeiten, vergeben und neu anfangen. Ich habe angefangen die Vergangenheit als abgeschlossen zu betrachten und mir gesagt, es ist wie eine neue Beziehung, mit neuen Regeln. Viel gelesen, eine Einzeltherapie für mich begonnen. Ich hatte wieder Hoffnung, dass uns gelingt eine neue Partnerschaft aufzustellen.
Dann habe ich diesem Frühjahr mein Bein gebrochen. Op. und dann 4 Wochen Untätigkeit zuhause.
Alte Muster sind wieder eingeschlichen, Depression bzw. Überforderung an beiden Seiten. Eines Tages, wo es ihr besonders schlecht ging und mir mehrfach körperlich Nähe (Berührung) verweigert hat, hat sie zu mir gesagt, dass sie sich wünscht, getröstet zu werden. Der klassische Fall für einen Liebhaber-sagte sie mir, im allen Ernst. Es hat mich sehr hart getroffen. Sie war an dem Tag kaum ansprechbar, die Kälte und Verachtung die ich von früher kenne war auf einmal wieder da. In der Nacht habe ich nicht geschlafen und zum ersten Mal im meinen Leben war auch FÜR MICH Trennung eine echte Option.
Es war verstörend erleichternd und gleichzeitig extrem beängstigend. Ich wäre erlöst von meinem Dilemma: ich muss nicht mit einer Betrügerin leben, ich kann mir eine neue Partnerschaft aufbauen wo ich geachtet bin und so etwas nie passieren kann. Ich kann diese Beziehung abschließen, Verantwortung für meine Fehler die zu dieser verkorksten Situation geführt haben übernehmen und mit allen Konsequenzen durchziehen. Meine Grenzen wurden überschritten, ich wurde missachtet. Ich will selbstbewusst der ganzen Welt sagen können: ich habe auch Fehler gemacht genau so wie sie, aber ich will nicht mit einer Frau zusammenleben, die mich dreimal betrogen hat.
Gleichzeitig weiß ich, wie unumkehrbar eine Trennung ist, welche Konsequenzen es für unsere Kinder haben wird. Ich will nicht impulsiv und leichtfertig oder gar aus Trotz alles hinschmeißen. Ich habe eine Höllenangst davor, alles in meinem Leben wofür ich gearbeitet habe wegzuwerfen und mich als geschiedener Mann neu erfinden zu müssen. Wohnungssuche. Trennungsvereinbarung. Wechselmodell oder Residenzmodell? Ich habe Angst davor, aus Angst zu handeln bzw. nicht zu handeln.
Nach der Zeit im Mai, haben wir in den letzten Wochen unsere Beziehung wieder auf Spur gebracht, die Zeit im Frühjahr ist wieder Geschichte, wir leben wieder einen harmonischen Liebesleben und Familienleben. Vergessen? Keineswegs. Ich grübele jeden Tag, formuliere Trennungsgespräche in mir und dann sitzen wir alle am Abendbrottisch, lachen zusammen, gehen abends ins Bett und sie schmiegt sich an mich.
Kennt ihr die Geschichte vom Frosch und Skorpion?
Ein Skorpion wollte einen Fluss überqueren. Da traf er am Ufer einen Frosch und bat diesen:
Lieber Frosch, nimm mich bitte auf deinem Rücken mit zum anderen Ufer!
Ich bin doch nicht lebensmüde. Wenn wir dann auf dem Wasser sind und du mich stichst, dann muss ich sterben, entgegnete ihm der Frosch.
Wie könnt ich dich stechen, dann gehen wir ja beide unter und müssen beide sterben, antwortete der Skorpion.
Der Frosch überlegte und sagte: Ja, da hast du wohl recht. Steig auf meinen Rücken.
Kaum sind sie einige Meter geschwommen, spürte der Frosch einen stechenden Schmerz und er schrie: Jetzt hast du mich doch gestochen. Wir müssen beide sterben!
Der Skorpion: Ja, tut mir leid, ich kann nicht dafür. So ist meine Natur.
Ich will nie wieder so aufwachen, dass ich feststelle, meine Frau ist wieder fremdgegangen. Ich kann aber nur mich ändern, sie nicht. Ich stehe an der Weggabelung. Meine innere Stimme sagt im Moment: trenne dich, du bist es dir mehr Wert. Sie wird es irgendwann wieder tun, sie braucht es, so ist sie nun mal. Du kannst mit so einer Frau nie uneingeschränkt glücklich werden. Dann sehe ich ein Berg vor mir was es bedeutet mit 3 Kindern eine Ehe zu trennen und vergeht mir der Mut. Dann rieche ich ihre Haare beim *beep* und weine innerlich warum es so kommen musste, warum ist unsere unschuldige, ewige Liebe so böse verraten ist und meine Seele zerbricht innerlich. Sie küsst mich und sagt, dass sie mich liebt und braucht - ich will es glauben, aber kann nicht vergessen, was passiert ist und passieren kann. Ich ergänze ihre Worte innerlich mit Ich denke und fühle JETZT dass ich. Ich glaube ich habe mich in dem Ideal meiner Frau verliebt und nicht in meiner Frau.
Im Gegenteil zu vielen hier bin ich in der Lage die Trennung selbst bestimmen zu können. Ich fühle mich trotzdem dazu gezwungen. Es ist eine unheimliche Last. Sie hat unsere Liebe getötet und ich muss es beerdigen. Ich will nicht ohne meiner Familie leben. Kann aber auch nicht mit einem Skorpion auf meinem Rücken schwimmen gehen ob sie noch so lieb ist. Nicht noch einmal.
18.07.2018 16:45 •
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