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Trennung nach Reha und psychischer Krankheit

N
Hallo alle zusammen,
Darf ich euch von meiner zwei Tage alten Trennung erzählen? In erster Linie, weil ich mir das alles noch einmal von der Seele schreiben muss, trotz bereits langer Gespräche. Aber Meinungen sind gerne gewünscht. Ich fühle mich nicht gut mit der aktuellen Situation und ich habe auch Angst, gerade Fehler zu machen.

Wir (beide um die 30 Jahre alt, keine Kinder oder gemeinsamen Besitztümer) waren jetzt etwas über ein Jahr zusammen. Zusammengeführt haben uns gemeinsame Interessen und geteilte Werte im Leben. Wir haben in der relativ kurzen Zeit unserer Beziehung unglaublich viel unternommen und erlebt, Reisen, Sport, Konzerte, Festivals. Aber das Jahr bestand insgesamt aus Ups und auch Downs und wechselseitiger Unterstützung. Ich bin in ein sehr toxisches Arbeitsumfeld geraten und gleichzeitig lange körperlich krank gewesen, eine Infektion nach der anderen. Insgesamt haben mich Druck und Versagensängste so belastet, dass ich eine zwei Monate lange Phase hatte, in der ich selbst psychiatrische Intervention nötig hatte. Ich bin froh und sehr stolz darauf, dass ich nötige Grenzen gesetzt habe, den Job gewechselt habe und diesen Sommer wieder extrem optimistisch gegenüber der Zukunft war, so unbeschwert wie selten. Er war dabei die ganze Zeit an meiner Seite, selbst in den schlaflosesten Nächten haben wir zusammen Hörbücher gehört. Dafür bin ich ihm unglaublich dankbar.

Er selbst hat eine schwere Zeit durchgemacht, als er rausfand, dass ein sehr guter Freund eine Affäre mit seiner Ex (4 Jahre seit der Trennung) begonnen hat. Herausgefunden hat er das auch noch auf ziemlich dramatische Weise, es war ein großer Vertrauensbruch für ihn.
Das war ein Auslöser, der seine langjährig therapierte Depression wieder voll entfacht hat. Die Therapiesitzungen wurden darauf hin wieder häufiger und intensiver.
Das Leben ist für ihn allerdings erst mal nicht leichter geworden, er hat angefangen, Freundschaften und Bekanntschaften von sich zu stoßen, zum Teil weil er sehr unangenehm rüpelhaft ihnen gegenüber wurde, zum Teil indem er den Kontakt einfach abgebrochen hat. Sein Job hat ihn irgendwann unglücklich gemacht und er hat dahingehend Veränderungen eingeleitet, aber statt mit Erleichterung ging das eher mit neuen Versagensängsten einher. Nach etwa 9 Monaten dieser Entwicklung, ist der Scherbenhaufen endgültig eingescheppert, als er mich mitten in der Nacht anrief und mir von Suizidgedanken erzählte. Notfallmaßnahmen wurden eingeleitet, und langfristig wurde gemeinsam mit seiner Therapeutin ein Aufenthalt in einer psychosomatischen Rehaklinik am anderen Ende des Landes geplant. Ich habe damals viele Anrufe für ihn getätigt und Termine ausgemacht, weil er einfach so am Boden war.

Er hat 6 Wochen in dieser Klinik verbracht, der Kontakt wurde Tag für Tag immer spärlicher, und verlassen hat er den Ort mit einer brandneuen Diagnose im Gepäck: Narzisstische Persönlichkeitsstörung. Den ersten Tag nach der Klinik hat er direkt genutzt, um mit mir Schluss zu machen.

Aus drei Gründen:
1) Er sagt, er muss sich selbst schützen, weil mich emotional zu unterstützen für ihn in seiner Situation gerade nicht stemmbar wäre. Er sagt, er muss an seiner Depression arbeiten. Dieser Grund hat mich erst mal ganz schön verwirrt, vor allem nach dem massiven Support, den ich ihm in der Zeit vor der Reha habe zukommen lassen. Außerdem meinte er, ich hätte zu viele Probleme im Leben und hat dabei Faktoren aufgezählt, die momentan definitiv kein Problem für mich darstellen, und in die er definitiv nie involviert war. Meine Mutter zum Beispiel. Aber ich habe ihm da mal nicht widersprochen weil, naja, wenn er es nunmal so sieht.

2) Ich hätte emotionale Bedürfnisse, denen er nicht gerecht werden kann. Zum Beispiel regelmäßige Worte der Zuneigung und Bestätigung, wenn wir uns lange nicht sehen. Er sagt er kann das nicht, weil er mich nicht so liebt wie ich ihn liebe, und weil es ihm schwer fällt, Liebe verbal auszudrücken. Er brauchte schon immer viel Zeit allein für sich, und ich hatte oft Probleme, das zu verstehen, was definitiv auf meinen eigenen Unsicherheiten beruht. Allerdings hat er mir während des Trennungsgesprächs gesagt, dass er es nicht mag wenn jemand Ich vermisse dich sagt, weil er es als Anschuldigung versteht. Also muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich glaube ich nicht die einzige mit Bindungsproblemen in dieser Konstellation bin.

3) Wir streiten viel und das zehrt an ihm. Und das kann ich absolut nachvollziehen, in diesen Momenten habe ich die Beziehung auch schon in Frage gestellt. Er hat ein starkes Kontrollbedürfnis und die Angewohnheit, Interessen, Bedürfnisse und Aussehen/Kleidung von mir und anderen schlecht zu reden, und ich habe das sehr selten auf mir sitzen lassen und habe häufig deutlich gemacht, wenn mir etwas zu weit ging. Ich habe diese Angewohnheiten immer auf ein niedriges Selbstwertgefühl geschoben, aber im Nachhinein erkenne ich, worin die Narzissmus-Diagnose begründet sein könnte.
Andere Streits hatten damit zu tun, dass ich zu anhänglich wurde, was ich definitiv sein kann. Ich brauche Bestätigung und viel Zeit mit meinem Partner, ich drücke meine Liebe gerne verbal aus, und unsere Bedürfnisse waren da oft nicht kompatibel.

So sieht nun auf jeden Fall die aktuelle Situation aus:

Ich wollte nie Schluss machen, und bin auch erst mal sehr emotional geworden. Ich hänge natürlich an ihm, er war ein großer Teil meines Lebens und bisher immer verständnisvoll, wenn auch eine schwierige Persönlichkeit. Aber ich kann einigen seiner Gründe zustimmen. Er möchte den Kontakt aufrechterhalten, Freunde bleiben, und ich glaube, das möchte ich grundsätzlich auch. Ich habe noch nie versucht, mit einem Ex befreundet zu bleiben, aber ich möchte mir keine gemeinsamen Unternehmungen mit ihm entgehen lassen, zum Beispiel haben wir noch Konzerte geplant und wir haben beide einen ziemlich nischigen Geschmack in Sachen Musik. Ich denke, ich bin rational genug, um zu sehen, dass ich irgendwie Glück habe, dass diese Beziehung beendet ist. Er hat uns damit einen Gefallen getan. Auch der S. war nicht so toll (ich habe ihn wirklich nicht vermisst) und wenn ich mir vorstelle, dass er wieder neue Frauen treffen würde, empfinde ich nur Mitleid mit den anderen Mädchen. Ich hoffe, dass sie nicht auf seine Manipulationstaktiken hereinfallen, die bei mir zum Glück selten funktioniert haben. Vielleicht bin ich aber auch momentan nur in einer wütenden Phase der Trennung, und diese Ansichten ändern sich noch einmal.
Aber ich weiß, dass ich einige Zeit, mindestens ein paar Monate, brauchen werde, um bestimmte Erkenntnisse und Einstellungen zu verinnerlichen.  Offensichtlich hat sich mein Alltag jetzt erst mal nachhaltig stark verändert. Ich kann ihn nicht einfach in ein paar Tagen wiedersehen, und werde auf Abstand gehen.

Ich mache mir allerdings große Sorgen um ihn. Mich zu verlieren bedeutet für ihn, die derzeit größte Stütze in seinem Leben zu verlieren. Das habe ich ihm so auch klar gesagt, und er hat mir zugestimmt. Im Moment hat er außer seinem besten Freund niemanden, der ihm nahe steht, und selbst die Freundschaft zwischen den beiden ist angespannt. Ich habe gesehen, wie sie ihre Streits führen und ich weiß, dass kleine Kränkungen ausreichen, damit sie wochenlang nicht miteinander reden.
Er hat derzeit keine Therapeutin mehr, die Versicherung zahlt keine weiteren Sitzungen. Er ist auf der Suche nach einem Psychiater, aber keiner in dieser Stadt hat Kapazitäten für neue Patienten.

Ich mache mir Sorgen, weil ich das Gefühl habe, dass er nach seinem Klinikaufenthalt noch nicht wieder in der Realität angekommen ist, aber schon extreme Entscheidungen trifft. Er wird nächste Woche wieder mit der Arbeit anfangen und ich habe Angst, dass die Frustration und das Fehlen seines Support-Netzwerks ihn einholen werden.
Ich war für ihn da in der Nacht, als er völlig am Boden war, und ich bin mir nicht sicher, bei wem er sich momentan melden kann.

Ich weiß, dass er diesen extremen Drang verspürt, allein zu sein, den ich nie im Geringsten verstanden habe. Er hat in seiner Vergangenheit so viele Menschen von sich gestoßen und jetzt auch mich. Ich verstehe es nicht, ich glaube, dass dieses Selbst-Isolieren ein ungesunder Coping-Mechanismus ist.

08.11.2023 00:50 • #1


VictoriaSiempre
Hallo nattja,

da gab es ja ganz schön viel Drama in Eurer 1jährigen Beziehung. Wiegen die schönen Unternehmungen (Reisen, Sport, Konzerte, Festivals) das alles auf?

Zitat von nattja:
Er selbst hat eine schwere Zeit durchgemacht, als er rausfand, dass ein sehr guter Freund eine Affäre mit seiner Ex (4 Jahre seit der Trennung) begonnen hat. Herausgefunden hat er das auch noch auf ziemlich dramatische Weise, es war ein großer Vertrauensbruch für ihn.

Damit ich es richtig verstehe: Das ist vor Eurer Zeit passiert? Der gute Freund und seine Ex haben ihn betrogen und er leidet noch 4 Jahre später darunter? Oder ist er im Nachhinein sauer, dass sein Kumpel und die Ex etwas miteinander hatten?

Zitat von nattja:
und verlassen hat er den Ort mit einer brandneuen Diagnose im Gepäck: Narzisstische Persönlichkeitsstörung.

Hmm. Und dann? Ne Diagnose alleine hilft ja erst einmal niemanden weiter.

Zitat von nattja:
Auch der S. war nicht so toll (ich habe ihn wirklich nicht vermisst) und wenn ich mir vorstelle, dass er wieder neue Frauen treffen würde, empfinde ich nur Mitleid mit den anderen Mädchen.

Ein Jahr Beziehung und kein toller S.. Niemals? Mitleid mit evtl. Next zu haben ist da schon irgendwie… weiß nicht - schräg? Pfeifen im Walde? Wenn es mit Euch körperlich nicht gepasst hat, heißt es ja nicht automatisch, dass es mit anderen auch nicht paßt. Habt Ihr das jemals thematisiert oder war Euch (gemeinsamer) S. eh nicht wichtig?

Zitat von nattja:
Ich hoffe, dass sie nicht auf seine Manipulationstaktiken hereinfallen, die bei mir zum Glück selten funktioniert haben.

Naja. Immerhin hat es ein Jahr lang funktioniert, dass Ihr ein Paar ward. Und nun ist er derjenige, der Schluss macht - nicht Du.

Zitat von nattja:
Ich war für ihn da in der Nacht, als er völlig am Boden war, und ich bin mir nicht sicher, bei wem er sich momentan melden kann.

Du kannst Dir vorstellen, mit ihm befreundet zu bleiben. Dann könntest Du ihm auch vermitteln, dass er sich bei Dir melden kann, wenn er wieder völlig fertig ist.

Du solltest Dich nur fragen, ob Du das wirklich willst. Du bist/warst seine Freundin, nicht seine Therapeutin.

08.11.2023 01:46 • #2


A


Trennung nach Reha und psychischer Krankheit

x 3


N
Guten Abend, VictoriaSiempre.

Danke für das Interesse. Du hast Recht, es ist wirklich schon viel Drama passiert in einem Jahr. Eigentlich bemerkenswert, jetzt von außen betrachtet.

Vielleicht habe ich mich in meinem Schwall an Text etwas missverständlich ausgedrückt.
Die Affäre zwischen seiner Ex und seinem Freund kam erst nach der Trennung zustande, also vor etwa einem Jahr mittlerweile. Es war wohl eine sehr intensive Beziehung zu ihr damals, was wohl einer der Gründe war, warum ihn diese Entwicklung so mitgenommen hat.

Die Mitleidsgedanken hatten sich nicht auf den S. bezogen, das wäre ja echt fies von mir. Sondern eher auf sein Verhalten, und darauf, wie schwer er es einer Partnerin machen kann, Liebe zu erfahren. Ich wollte damit ausdrücken, dass ich momentan keine Eifersucht bei dem Gedanken spüre. Das war für mich irgendwie eine Sorge - wenn ich einen Ex freundschaftlich begleite, kriege ich ja schon mit, wie sein Leben sich weiter entwickelt, inklusive neuer Partnerinnen. Aber wie gesagt, vielleicht ändert sich meine Einstellung noch, es ist noch früh nach der Trennung.

Ich wäre gerne für ihn da, generell. Aber ich bin einfach auch verletzt gerade, und möchte mich nicht ausnutzen lassen.

08.11.2023 02:13 • #3


Gorch_Fock
Hi, lies Dir Deinen Text noch mal durch und frage Dich, wo hier Liebe im Spiel sein soll. Narzisten sind nicht ohne, viele zerstören die betroffenen Partnerinnen komplet. Daher solltest Du schauen, dass Du den Kontakt abbrichst. Die von Dir angeführten Punkte kannst Du auch mit Freunden erleben, dafür brauchst Du keinen Narz., der Deine Batterie leer saugt.

08.11.2023 05:04 • #4


I
Kurzum: du kannst ihn nicht retten, bist nicht seine Therapeutin und das ist auch nicht deine Aufgabe.
Ich bin kein Experte aber für mich hinkt die allzu modische Diagnose, zuviel eigene Anteile (wenn auch konstruierte).
Mir sind vielmehr drei Dinge nach dem Lesen in den Kopf geschossen;
Er hat die Trennung von der Ex nie verarbeitet/überwunden, der kannst du nicht das Wasser reichen in seinen Augen.

Das Schlussmachen ist mit viel Geschwurbel verbunden: ich kann nicht weil, du zu viel willst! Das geht für mich in Richtung Schuldumkehr, er will einfach nicht mit dir zusammen sein (was nach einem Jahr nicht selten scheint, wenn die rosa Wolken langsam weichen), dafür sucht er Ausreden.

Und da ist wieder die Nähe zur Therapie/Reha, wo scheinbar oftmals vermittelt wird, dass das Umfeld genau aussortiert gehört und sich gerne Paare mit gleichen Leidensbild finden. Mit klar, du kannst zu 100% ausschließen, dass er jemand kennengelernt hat (kann hier immer erstmal jeder), aber die Realität sieht oft anders aus.

Du sagst zusammengefasst selber, dass er dir nicht gut tut, und was nicht gut tut kann weg, auch im Sinne „Freundschaft“. Diese Kontakt kostet dich viel mehr als er nutzt, mal ganz krass gesagt. Wie gesagt, du kannst sie nicht alle retten, ich würde mich daher an deiner Stelle klar gegen mein Helfersyndrom entscheiden und dieses lieber im Tierheim oder Altenheim ausleben.

08.11.2023 06:21 • x 1 #5


alleswirdbesser
Zitat von nattja:
Den ersten Tag nach der Klinik hat er direkt genutzt, um mit mir Schluss zu machen.

Hmmm, so war es in meinem Fall auch. Er erzählte mir von der Krankheit, dass er allein sein muss, keine Beziehung kann und einiges mehr. 2,5 Jahre später erfuhr ich, dass er noch während der Reha mit einem Kurschatten zusammen kam, bis jetzt wahrscheinlich.

Tut mir leid, dass es bei euch so gelaufen ist. Auch frische Beziehungen können an einer Reha kaputtgehen. Und ich habe tatsächlich versucht ihm die Trennungsgründe zu glauben, ihn zu verstehen und alles zu akzeptieren, weil er ja krank war. Aber letztens war es genau das, was ich vermutete : Kurschatten und Warmwechsel. Alleinsein bringt so jemand nicht zustande.

Die Reha fand er super und wollte so schnell wie möglich wieder hin. Diese Patientengemeinschaft, die ihn anbetete, der fehlende Alltag, die Sportmöglichkeiten, die Käseglocke und natürlich die Frauen, die ihn anschmachteten, das war seine Welt.

08.11.2023 06:31 • x 1 #6


c_minor
Zitat von nattja:
Er sagt, er muss sich selbst schützen, weil mich emotional zu unterstützen für ihn in seiner Situation gerade nicht stemmbar wäre.

Übersetzung: Du bist leider nur noch eine Belastung für mich und als solche für die Erhöhung meines eigenen Selbstwerts nutzlos geworden.

Zitat von nattja:
Ich hätte emotionale Bedürfnisse, denen er nicht gerecht werden kann.

Übersetzung: Ich bin nicht bereit, meine nur spärlich vorhandene Empathie weiter in eine Sache zu investieren, die jetzt für mich nutzlos ist (siehe Punkt 1).

Zitat von nattja:
Wir streiten viel und das zehrt an ihm.

Übersetzung: Meine Versuche, dich endlich zu hinzimmern zu wollen, wie ich das gerne hätte, sind gescheitert und darum such ich mir ein anderes williges Opfer, weil mir dein beständiger Widerstand tierisch auf die Nerven geht.

Zitat von nattja:
Ich habe diese Angewohnheiten immer auf ein niedriges Selbstwertgefühl geschoben, aber im Nachhinein erkenne ich, worin die Narzissmus-Diagnose begründet sein könnte.

Der Kern jeder narzisstischen Problematik ist immer eine Selbstwertproblematik.

Zitat von nattja:
Ich hoffe, dass sie nicht auf seine Manipulationstaktiken hereinfallen, die bei mir zum Glück selten funktioniert haben.

Echt? Du steckst doch bereits voll drin in der emotionalen Abhängigkeit.

Zitat von nattja:
Mich zu verlieren bedeutet für ihn, die derzeit größte Stütze in seinem Leben zu verlieren.

Kann es sein, dass diese Aussage auch nicht ganz uneigennützig ist?
Verwechselst du da nicht helfen und retten?
Geht es da nicht auch um deinen eigenen Selbstwert?

Zitat von nattja:
Ich mache mir Sorgen, weil ich das Gefühl habe, dass er nach seinem Klinikaufenthalt noch nicht wieder in der Realität angekommen ist, aber schon extreme Entscheidungen trifft. Er wird nächste Woche wieder mit der Arbeit anfangen und ich habe Angst, dass die Frustration und das Fehlen seines Support-Netzwerks ihn einholen werden.

Du bist weder seine Mama noch seine Therapeutin. Er ist erwachsen und alleine für sämtlichen Bockmist verantwortlich, den er meint, verzapfen zu müssen.

Zitat von nattja:
Ich weiß, dass er diesen extremen Drang verspürt, allein zu sein, den ich nie im Geringsten verstanden habe. Er hat in seiner Vergangenheit so viele Menschen von sich gestoßen und jetzt auch mich. Ich verstehe es nicht, ich glaube, dass dieses Selbst-Isolieren ein ungesunder Coping-Mechanismus ist.

Das ist der unsicher-vermeidende Bindungsstil, der genau diese Auswüchse treibt.
Und genau das wird man aus diesem Menschen auch nicht wieder rausbekommen - weder du, noch sonst jemand.

08.11.2023 06:48 • x 3 #7


alleswirdbesser
Zitat von nattja:
Ich mache mir allerdings große Sorgen um ihn. Mich zu verlieren bedeutet für ihn, die derzeit größte Stütze in seinem Leben zu verlieren.

Mach dir keine Sorgen, er hat in der Reha jede Menge Kontakte geknüpft, es gibt mindestens eine WA Gruppe, ansonsten jede Menge private Kontakte und es wird Treffen mit den Mitpatienten geben, dessen bin ich mir sicher.Selbst wenn es keinen Kurschatten gibt, hat er jede Menge Menschen kennengelernt, die ihn auf die wunderbarste Weise verstehen und mit denen er über alles reden kann.

08.11.2023 07:03 • x 2 #8


Libellenfrau
@nattja

08.11.2023 07:10 • #9


c_minor
Zitat von Iunderstand:
Mit klar, du kannst zu 100% ausschließen, dass er jemand kennengelernt hat (kann hier immer erstmal jeder), aber die Realität sieht oft anders aus.

Sehe ich ganz ähnlich:
Eine neue Beziehung ist Balsam für den angekratzten Selbstwert.
Solange er noch ganz unten war, hat er deinen Support noch für seine eigenen Versorgungswünsche ausgenutzt, aber jetzt, wo er wieder Oberwasser hat, will man/n sich nicht mehr mit Menschen abgeben, die einen noch kannten, als man/n noch ganz unten war.

08.11.2023 07:15 • x 1 #10


Libellenfrau
Auf der Paarebene klappt es nicht, der 6 ist nicht gut. Er hat eindeutig formuliert, dass er den bisherigen Weg nicht weitergehen möchte. Und du bietest diesem diagnostiziertem Narzissten deine emotionale Unterstützung an, als, Co-Therapeutin sozusagen. Du glaubst, du seiest rational, und hättest die Kontrolle. Auweia. Hoffentlich nimmt er dein Freundschaftgeschenk nicht an.

08.11.2023 07:34 • x 1 #11


N
Hallo,
Danke für die vielen Nachrichten in so kurzer Zeit. Ich denke, vieles was ich mir unterschwellig gedacht habe, habt ihr in sehr direkte Worte gefasst. Natürlich tut es auch weh, einen Spiegel vorgehalten zu bekommen.

Eine Sache, die mir komplett klar ist, ist dass jetzt erstmal Funkstille herrscht. Ganz sicher werde ich ihm jetzt nicht meinen Support nach der Trennung anbieten. Ich muss erst mal meine eigenen Wunden stillen, bis die ungeklärten Fragen und Vorwürfe an Dringlichkeit verlieren.

Die Frage nach einem Kurschatten war mir eigentlich bisher recht egal, natürlich würde er das nicht zugeben, wenn er sich in der Reha neu verliebt hätte. Das wäre irgendwie zu einfach. Aber der Gedanke daran, dass er eine Beziehung zu jemandem eingehen könnte, die hunderte Kilometer von ihm weg wohnt - das wär eigentlich genau sein Ding. Aber irgendwie würde das so genau in sein gestörtes Verhalten passen, dass ich darüber nicht mal böse sein könnte.

Natürlich war die Beziehung, offensichtlich, belastet. Ich vermisse ihn trotzdem. Es tut weh, jemanden zu verlieren, mit dem man so viele Routinen geteilt, und mit dem so viele Aspekte des Lebens verknüpft waren. Sogar so dumme Gedanken, wie seine Wohnung nicht mehr von innen zu sehen, die Strecke zu ihm nicht mehr regelmäßig zu fahren, keine Besuche mehr in der Mittagspause, keine gemeinsamen Spaziergänge mehr zu den Nachbarskatzen, ihn nicht mehr als Ansprechpartner für die kleinen täglichen Beobachtungen zu haben, das alles macht mich gerade unglaublich traurig. Der Gedanke, dass wir einfach nichts mehr aus dem Leben des anderen mitbekommen, macht mich traurig. Ich habe noch andere Menschen, die mir sehr nahe stehen, und ich bin viel mit sozialen Kontakten beschäftigt in den nächsten Wochen, trotzdem ist das für mich ein Verlust.

Die Lücken, die ich jetzt ohne ihn in meinem Leben sehe, tun gerade in diesem Moment mehr weh als die großen Fragen und Erkenntnisse, die sich auftun.

08.11.2023 09:03 • x 1 #12


alleswirdbesser
Zitat von nattja:
Die Lücken, die ich jetzt ohne ihn in meinem Leben sehe, tun gerade in diesem Moment mehr weh als die großen Fragen und Erkenntnisse, die sich auftun.

War das deine erste Beziehung und somit Trennung?

08.11.2023 09:11 • #13


Charla
@nattja
Zitat von nattja:
Ich muss erst mal meine eigenen Wunden stillen, bis die ungeklärten Fragen und Vorwürfe an Dringlichkeit verlieren.

Das ist verständlich und gesund, denn du bist für dein Heil verantwortlich und musst entsprechend achtsam und fürsorglich mit dir umgehen. Narben werden bleiben, aber der Wundschmerz kann gehen und du lernst damit zu leben.
Zitat von nattja:
Ich vermisse ihn trotzdem. Es tut weh, jemanden zu verlieren, mit dem man so viele Routinen geteilt, und mit dem so viele Aspekte des Lebens verknüpft waren.
Der Gedanke, dass wir einfach nichts mehr aus dem Leben des anderen mitbekommen, macht mich traurig.

Deine Gefühle haben ihre Berechtigung und wollen durchlebt werden, damit sie wieder gehen können.

Kümmere dich jetzt um dich, tue dir Gutes, er ist erwachsen und weiß wo er Hilfe bekommen kann.

Alles Gute !

08.11.2023 09:28 • x 2 #14


N
Zitat von alleswirdbesser:
War das deine erste Beziehung und somit Trennung?

Nein, aber die bisherigen gingen irgendwie weniger plötzlich (für mein Empfinden) und mit mehr bösem Blut zu Ende.
Deswegen wäre ich vorher nie auf die Idee gekommen, mit einem Ex befreundet zu bleiben. Aber natürlich taten diese Trennungen auch weh... ehrlich gesagt aber nie so arg wie diese hier.

Im jetzigen Fall hatte ich irgendwie die Hoffnung und die Erwartung und die Vorfreude, nach der Reha wieder den Alltag aufnehmen zu können, und ihn hoffentlich dabei zu erleben, wie er stabiler und reflektierter wird. Ich hab unsere gemeinsame Zeit ja bis zum Schluss unglaublich wertgeschätzt.

08.11.2023 09:36 • x 1 #15


A


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