Guten Abend.
Wie in diesem Forum zu erwarten, möchte ich im Folgenden über die erlebte Trennung und den damit verbundenen Kummer schreiben. Es erschien mir zunächst ungewohnt, so offen vor einem anonymen Publikum soviel über mein Inneres preiszugeben, aber bekanntlich ist das schreiben ja auch ein Mittel zur Selbsttherapie.
Kurz vorweg über mich: ich bin 19 Jahre alt und studiere derzeit im Südwesten Deutschlands.
Als wir uns vor fast vier Jahren kennen lernten, damals noch 15 und 16, haben wir uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Sie war das nette Mädchen mit der Vorliebe für Totenköpfe auf der Kleidung, ich der eher unsichere, verklemmte, streberhafte Junge, meist von den omnipräsenten Eltern umschwirrt. Sie hörte gern Musik, unternahm viel mit ihren Freundinnen; ich war lieber daheim, um in Ruhe über alles mögliche nachzudenken und in meiner Melancholie und inneren Einsamkeit zu versinken.
Es war meine zweite Beziehung. Die erste war etwa ein halbes Jahr zuvor nach fast einem Jahr daran gescheitert, dass ich einfach nur in Ruhe sein wollte, meine damalige Freundin mich mit ihrer Fröhlichkeit schlicht überfordert hat. Ähnliches war nun erneut zu befürchten, oder doch nicht? Nach einer kurzen Phase der Freundschaft, waren wir ein Paar.
Sie hat mich mitgenommen, mit zu ihren Freunden und ihrer Familie, zu Konzerten und Festen und und und. Ich war wie verwandelt; einfach zufrieden und glücklich. Ihre Umgebung, egal ob bekanntschaftlich oder familiär, hob sich deutlich von meiner bisherigen Bekanntschaft ab. Unkompliziert, nett, offen. Nahezu mein ganzes heutiges Wesen hat sich in dieser Zeit geprägt. In der Schule lief es von Halbjahr zu Halbjahr immer besser in, privat ebenfalls. Wir waren unzertrennlich. Kurz und gut, genau das, wovon man sonst nur träumt.
Nach dem Abi, den Einserschnitt in der Tasche, kam ein neues Kapitel: die Uni. In positiver Aufregung ging es der Physik entgegen, in freudiger Erwartung auf das weitere Unileben (in Hinblick auf das Lernen). Doch schon zu Beginn des zweiten Semesters fingen die ersten Probleme an. Fast jeder Tag der vorlesungsfreien Zeit wurde den nahenden Klausuren geopfert. Sie, inzwischen nach der Mittleren Reife an ein Gymnasium gewechselt, hatte (und hat) eine 40-Stunden-Woche gefolgt von Lernen und einer Arbeit neben der Schule. Treffen konnten wir uns nur noch Abends, um zusammen zu essen, Fernsehen zu schauen und einzuschlafen. Sonst war nicht mehr viel möglich.
Wie verbissen war ich nur noch auf die Uni fixiert, die sich mir wie ein unüberwindbarer Wall entgegen richtete. Siebe Tage die Woche lernen, lernen, lernen, schlafen, ebd. Dabei habe ich meine Freundin zusehens vernachlässigt, nicht bemerkt, dass sie sich zunehmend unwohl fühlte. Teilweisen hat sie mir das auch gesagt, aber ich war eben abwesend; immer beim nächsten Übungsblatt, Praktikumsversuch oder Klausur.
So kam es, dass sie vor ungefähr zweieinhalb bis drei Monaten jemand durch Zufall kennen lernte, sie schien ihn zu mögen. Zuerst hatte ich die Gefahr unterschätzt, gedacht, dass es nur ein Kumpel sei oder die Situation harmlos wäre. Eine harmlose Situation, sonst hätte sie es mir doch sicher nicht immer alles gleich erzählt, wenn die beiden sich schrieben. Aber harmlos war es nicht. Nachdem der Ernst der Lage auch mir klar wurde, ich ihr mein Unbehagen mitteilte, war es wohl schon zu spät.
Noch am Abend des selben Tages kam sie bei mir vorbei. Umarmte mich. Sie wisse, wie weh mir das tue und dass sie mir nicht länger weh tuen wolle. Es war vorbei. Nach über drei Jahren fiel ich aus allen Wolken, es war, als wäre ich innerlich gestorben. Sie ging wieder. In den folgenden Tagen konnte ich nachts nicht schlafen und verkroch mich tagsüber oder streifte ziellos wie ein Zombie durch die Stadt.
Ich kann mich nicht daran erinnern bis zu diesem Zeitpunkt, in den vergangenen zehn, zwölf Jahren auch nur ein einziges mal geweint zu haben, aber in diesen Tagen tat ich es, genauso wie jeden weiteren Tag bis zum heutigen. Klar, man muss darüber hinwegkommen, abschließen. Aber es scheint mir einfach unmöglich. Ich weiß ebenfalls, dass zwei Monate eine kurze Zeit sind; dass so etwas länger dauert.
Privat geht alles den Bach runter, so sehr ich auch versuche, dem Abhang entgegen zu steuern. Die Uni hat mir dann den letzten Stoß verpasst. Es funktioniert nichts mehr, selbst Essen, Schlafen, etc. fällt schwer, wie bei einem Spielzeug, dessen Batterien leer sind. Wir treffen uns noch gelegentlich. Eine einfache Umarmung von ihr bewirkt wahre Wunder. Danach wird es noch schlimmer, ähnlich einer Dro..
Viele meiner (tw. damaligen) Freunde mochten meine frühere Distanziertheit, die ich wohl nach außen auszustrahlen schien, manches mal unabhängig vom inneren Zustand. Sie ist eine Frau (das folgende ist NICHT frauenfeindlich gemeint!), genauso wie ungefähr die die Hälfte der Weltbevölkerung. Also rein statistisch gut zu ersetzen. Wenn wir uns gut verstanden haben, kann man bei der nächsten Suche ja die Suchparameter entsprechen anpassen. Aber wäre es doch bloß so einfach, leider Widerspricht die Liebe, an sich als Produkt von Konzentrationsänderung zahlreicher Moleküle gut beschreibbar, doch jeder Logik und nahezu alle Menschen erfahren das selbe Glück und Leid als winzige vergängliche Rädchen im großen Mechanismus der Natur.
Es war falsch, sich so sehr in den aussichtslosen Kampf um Abschluss und Beruf gegen die Uni zu stürzen und alles andere zu übersehen und somit unabstreitbar zu großen Teilen meine Schuld. Wie Antoine de Saint-Exupéry einst sagte:
Zitat: Wer nur um Gewinn Kämpft, erntet nichts, wofür es sich lohnt zu leben.
Ich werde den Studiengang zu wechseln. Eine andere Uni, neue Freunde, ein Neuanfang. Vielleicht hilft das, wir werden sehen. Die Einsamkeit und Trauer sind nun mal Gefängniszelle[n], die sich nur von innen öffnen [lassen] (Alfredo La Mont).
Abschließend muss ich sagen, dass es gut getan hat, den Text zu schreiben. Es war vielleicht ein erster Anfang.
Danke an all jene, ihn trotzdem gelesen haben.