So, der erste Tag ist rum. Er hat sich gezogen, wie Kaugummi.
Da ich erst um 16:30 Uhr zu meiner besten Freundin abhauen konnte (durch das Baby hat sie natürlich viel um die Ohren und kann selbstredend nicht alles stehen und liegen lassen), habe ich ansonsten nur so rumgegammelt. Habe aufgeräumt, gesaugt, Serie geschaut.
Mein Mann war die ganze Zeit hier und ist erst dann in sein Zimmerchen am Arbeitsort gefahren, als ich auch aufgebrochen bin. Keine Ahnung, warum er nicht schon früher weg ist. Er war meistens im Gästezimmer, wo er ja auch sonst aufgrund seines Schnarchens schläft, hat mir gesagt, dass er etwas für die Uni macht (auch hier: keine Ahnung, warum). Manchmal kam er zu mir ins WZ, setzte sich neben mich. Schweigend. Ging wieder. Ich habe ihn nicht gefragt, was los ist, oder was er will. Ob ich etwas essen möchte, fragte er mich.
Ich war dann echt froh, dass ich abhauen konnte.
Habe dann bis 20 Uhr bei meiner Freundin, ihrem Mann und der Mutter im Garten gesessen, haben ein kleines Feuer gemacht und geredet. Das hat gut getan. In den letzten 4 Monaten sind wir echt zusammen gewachsen.
Früher war ich immer der Meinung, dass mein Mann mir reicht und dass ich für ihn meine Freundschaften hinten anstelle. Dass ich mit ihm vielleicht sogar wegziehe. Oh Mann, sowas passiert mir nicht nochmal. Wenn ich etwas gelernt habe, dann, wie wichtig Freundschaften sind und dass man diese pflegen muss.
Die Mutter hat mich heute sogar als eine Art Tochter und Teil der Familie bezeichnet. Als Tante des Babys. Das war sehr schön und rührend.
Für morgen bin ich von der Mutter auf ein Event hier in der Stadt eingeladen worden. Nur sie und ich. Vermutlich, weil sie sich selbst in mir sieht - denn sie wurde von ihrem Mann auch betrogen, mehrere Jahre mit der Nachbarin. Eigentlich habe ich keine Lust. Ich möchte nicht unter Leute und alleine etwas mit der Mutter meiner besten Freundin zu machen, ist schon etwas komisch. Aber ich habe nun zugesagt, weil ich denke, dass ich ihr das auch schuldig bin, da sie mich die letzten Wochen auch unterstützt hat.
Vorher gehe ich noch zur besten Freundin meines Mannes (ihreszeichens Schwester meiner besten Freundin). Sie wusste bisher nur, dass mein Mann und ich uns in Freundschaft trennen, aber nicht, dass seine Kollegin wieder mit im Spiel ist. Sie hatte mich heute Morgen gefragt, wie es mir geht in der Situation. Und dann habe ich ihr die Wahrheit gesagt. Erst wollte ich das nicht, aber sie ist auch meine Freundin, also habe ich ihr von den Neuigkeiten erzählt. Sie ist fast vom Glauben abgefallen.
Bisher hat sie immer versucht, Verständnis für meinen Mann zu haben, hat als seine beste Freundin zu ihm gehalten. Natürlich war sie im Juni verletzt, dass er sie nicht ins Vertrauen gezogen hat, aber sie hatte angenommen, dass das ne einmalige Sache war.
Jetzt ist sie erneut enttäuscht von ihm. Dass er ihr wieder nichts erzählt hat die letzten Wochen, dass er auch den wahren Grund der Trennung vor ihr bisher verschweigt. Und sie zweifelt jetzt daran, dass die Freundschaft wirklich so Bestand hat.
Vor exakt vier Wochen habe ich mit meiner kleinen Ersatzfamilie (die auch mal die meines Mannes war) zusammen gesessen und gegrillt. Beste Freundin, ihr Mann, Schwester meiner besten Freundin, deren Freund und die Mutti. Das ist so unser kleiner, elitärer Kreis.
Ich kam nachhause und mein Mann war vollkommen aufgelöst, hat geweint, dass er nicht dabei sein konnte (da er ja das Gespräch mit ihnen noch nicht gesucht hat) und dass er das vermisst. Habe ihm dann gesagt, dass es dann vielleicht Zeit ist, die Initiative zu ergreifen. Zu allen zu fahren und zu reden. Damit es voran geht. Da habe ich gesehen, dass ihm diese Menschen und die Geselligkeit etwas bedeuten. Dass da etwas in ihm arbeitet.
Hat er dann darauf abauend etwas getan? Nein. Stattdessen ging es ein paar Tage später in den Urlaub. Ich hab gedacht: Okay, vielleicht will er vor dem Urlaub nicht noch ne Baustelle aufmachen und danach mit allen reden. Das war fein für mich.
Der Urlaub war wie gesagt sehr schön. Es gab Pärchenbilder im Status, um allen zu zeigen, dass wir wieder zueinander gehören. Wir haben Karten geschickt und beide unterschrieben, um zu zeigen, dass wir wieder fest zusammen sind. Ein Hinweis, dass alles in die richtige Richtung geht. Da wusste er schon, dass die Kollegin wieder aktuell ist, da gab es diese Gespräch mit ihr schon. Wie kann man dann bitte auch anderen suggerieren, dass die Ehe 2.0 funktioniert, dass es super läuft? Wie kann er mir dann sagen, dass er das mit mir wirklich will? Dass er mich liebt?
Er hat dann nach dem Urlaub natürlich mit unseren Freunden nicht geredet. Alles, was vor und während dem Urlaub war, war plötzlich wie weg geblasen.
Jetzt ist es Abend, ich bin zuhause, er weg. Bis morgen oder Sonntag. Und ich sitze hier und schreibe meine Gedanken nieder.
Was ich auch absolut nicht verstehen kann, ist, wie er seinen Eltern - den ELTERN, nicht den Freunden oder sonstwem - erzählen konnte, dass wir es wirklich ernsthaft angehen und eine Zukunft miteinander wollen, in dem Wissen, dass er ja wieder Kontakt zur Anderen hatte. Selbst da war er nicht ehrlich. Ich meine klar, seine Eltern haben mitbekommen, wie seine neue Flamme im Juni abgegangen ist. Was sie mir unterstellt hat. Seine Mutter hat meiner Mutter mitgeteilt, dass sie entsetzt über die neue Wahl des Sohnes sind. Aber deswegen den Eltern ein Märchen erzählen?
Ich ertappe mich dabei, wie ich immer wieder denke, dass er richtig auf die Nase fällt, wenn er diese neue Beziehung eingeht. Da gibt es jetzt schon so viele Fragezeichen und Baustellen. Ihr Charakter lässt in meinen Augen zu wünschen übrig. Ganz egal, wie sehr sie beteuert hat, dass das im Juni nicht wieder vorkommt. Dann ihre Lebenssituation. Das Entsetzen seiner Eltern. Gut, ist seine Baustelle, aber ein wenig Genugtuung habe ich da schon jetzt.
Noch dazu denke ich, dass sie sich mit ihm das vierte Kind ins Haus holt. Man soll ja in diesen Trennungssituationen vor allem auch an die nicht so tollen Aspekte der Beziehung/des Partners denken, damit man besser damit klar kommt. Ich liebe meinen Mann. Aber er war z.B. nie der Typ, der besonders Wert auf Klamotten gelegt hat. Mit 22 Jahren beim Kennenlernen war mir das egal. Da hat er mit Charme und Charakter überzeugt. Aber mit den jahren hat es mich immer öfter gestört. Als ich dann angefangen habe, im Onlinehandel zu arbeiten und dann jeden Tag mit Mode zu tun hatte, wurde das noch deutlicher. Da musste ich mir von vielen Leuten attestieren lassen, dass mein Mann gar nichts aus sich macht und wir eigentlich in dieser Hinsicht nicht zueinander passen. Jahrelang ging das immer so: Gel dir bitte die Jahre, zieh was Ordentliches an. Und auch jetzt, wo es ja ne Andere gibt, gibt es da keine Veränderung bei ihm. Nix. Kein Aufblühen, kein Stylen. vielleicht mag er sie deswegen, weil sie ihn so nimmt.
Dann musste ich immer hinter meinem Mann herlaufen. Ihn an Termine erinnern. Nebenkostenabrechnungen habe ich geprüft, habe mich bei Unstimmigkeiten mit Vermieter etc. abgestimmt. Ihm war das immer alles zu anstrengend. Dann zahlt man halt, is doch egal, dass die Werte gar nicht passen. Alles einfach so hinnehmen.
Die Scheidung darf er jetzt in die Wege leiten, Anwalt suchen. Wir haben nach der Hochzeit weiter alles getrennt geführt. Jeder sein Konto. Ein Gemeinschaftskonto, wo jeder gleich viel eingezahlt hat. Das sollte kein Drama werden.
Ebenso werde ich ihn sicher nicht daran erinnern, dass man Mietverträge rechtzeitig kündigen muss. Ich bin nicht mehr sein Kindermädchen.
Ich weiß, dass es anstrengend sein wird, mit ihm noch zusammen zu wohnen und dass ich erst richtig begreifen und verarbeiten kann, wenn wir uns nicht mehr jeden Tag sehen. Ich möchte aber weiterhin normal mit ihm umgehen. Ich will kein Drama, kein böses Blut. Ich will eine faire, entspannte Scheidung. Sollte er zuerst ausziehen und ich später, möchte ich, dass er mit mir die Bude, in der wir gemeinsam 10 Jahre gelegt haben, streicht und entrümpelt. Das soll nicht alles an mir alleine hängen bleiben. Darüber haben wir auch bereits geredet und für ihn ist das selbstverständlich. Zumindest noch, wer weiß, was in den kommenden Wochen mit ihm los sein wird, wenn er und die Andere es wirklich fest versuchen. Aber ich will trotzdem einen sauberen, den Umständen entsprechenden Cut. Ist das zu naiv? Ein hoffnungsloser Wunsch?
Und ich will mich auch gar nicht fragen, was er gerade macht, ob er lügt, wenn er sagt, dass er nicht zu ihr will. Wann und ob er auszieht. Und falls nicht, was das dann zu bedeuten hat. Aber Gefühle kann man leider nicht abstellen. Das Kopfkino auch nicht, das einen abends heimsucht, wenn man alleine ist, schlafen will, aber nicht kann.
Morgen will ich mich wieder richtig ablenken. Morgens joggen, einkaufen fahren (obwohl ich absolut keinen Hunger habe). Schubladen mit Klamotten ausmisten. Dann abends weg.
Sonntag die Wohnung putzen, spazieren gehen, ein gutes Buch lesen - denn da bin ich alleine (wer weiß, wann mein Mann herkommt, ist aber auch eigentlich egal, spielt für meine Pläne keine Rolle).
Montag habe ich noch Urlaub, will mit meiner Freundin nachmittags schwimmen gehen.
Und Dienstag ist dann endlich wieder arbeiten, 8 Stunden Ablenkung.
So ist der Plan, mal sehen, wie es klappt.
04.10.2024 20:57 •
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