Vorgestern gab es wieder ein Gespräch.
Ich dachte eigentlich auch, ich wäre auf einem guten Weg, aber Pustekuchen...Drei Schritte vor und gefühlt zehn zurück...
Ich experimentiere gerade ein wenig mit neuen Frisuren herum und ziehe mir für mein eigenes Wohlbefinden auch viele schöne Klamotten an, die ich lange nicht mehr getragen habe. Meinem NM ist das mal wieder aufgefallen, das hat er auch kundgetan (schöne Bluse, hübsche Frisur dazu) gemeinsam mit der Frage, für wen ich mich denn so hübsch machen würde. Die Frage ließ ich unbeantwortet und meinte nur, ich wäre unterwegs gewesen.
Dann ging es daran anknüpfend nochmal um das Thema seines Kommen und Gehens – und dass es für mich auch wichtig ist, zu wissen, wann er hier ist, falls ich auch mal Besuch mitbringen möchte. Dann geht es erst recht nicht, dass er, als mein NM, hier weiter rumläuft.
Ich könnte aktuell nicht weiter davon entfernt sein, jemanden als Date mitzubringen geschweige denn, den Wunsch zu verspüren, jemanden überhaupt kennenzulernen. Aber das weiß mein NM ja nicht.
Er war dann erstmal ein wenig konsterniert, meinte aber schnell, dass es mein gutes Recht wäre, Leute mit herzubringen. Wie in jedem Gespräch war er wieder (oder tat zumindest) verständnisvoll. Er wäre egoistisch gewesen, indem er mich außen vorgelassen und mir nicht Bescheid gegeben hätte. Er würde daran arbeiten, sich auch melden, wenn wir uns mal länger nicht sehen. Er würde das selbst wollen (ich hatte ihm deutlich gesagt, dass er das nicht aus Mitleid meinetwegen machen oder sich dazu zwingen braucht).
Und dann hat er wieder geweint. Saß hier wie ein Häufchen Elend. Das ging auch so weiter, als ich kurzzeitig den Raum verlassen habe. Dann stand er plötzlich vor mir und nahm mich in den Arm. Und ich war dann wieder hin und her gerissen zwischen ihn von mir weg stoßen und es erwidern. Letztendlich habe ich nichts von beidem getan und hab es einfach so „über mich ergehen lassen.“
Weil es sich so gut angefühlt hat, so vertraut und warm, und weil ich in genau diesem Moment gemerkt habe, wie sehr mir dieser Kontakt fehlt.
Das war richtiger Mist, denn das hat mich wieder schön zurück geworfen in meinem Fortschritt der Akzeptanz.
Heute Morgen fragt er mich, ob wir uns etwas zu Weihnachten schenken, das Nikolausgeschenk käme von Herzen (ich hatte ihm gesagt, dass er mir nicht aus Mitleid oder Pflichtgefühl Sachen mitbringen oder schenken muss). Er würde mir gerne etwas zu Weihnachten schenken.
Und dann kommen bei mir wieder die Fragen: Warum heult er? Warum will er Kontakt halten? Warum sieht er so mistig aus? Warum wirkt er so verloren und unsicher? Warum ist er noch immer nicht längst weg hier? Warum will er mir was schenken?
Ist ja nicht so, als säße ich hier und würde ihn darum anbetteln. Er muss das alles nicht tun, das habe ich ihm gesagt. Trotzdem hat er offenbar aktuell das Bedürfnis. Ich hätte eher angenommen, nach 10 Wochen Trennung und mit einer neuen Frau in seinem Leben wäre das anders.
Und wie gesagt: ich kann nicht glauben, dass er das alles mit Kalkül macht, um mich als Backup zu haben. Nicht mit Absicht. Eventuell unbewusst?
Es war geplant, dass er gestern nach seiner Spätschicht hier ist, also nicht vor 21:30 Uhr. Tatsächlich hat er mir dann mittags Bescheid gegeben, dass er doch erst heute wiederkäme. Angeblich gäbe es bei ihm auf der Arbeit Corona-Fälle, mit denen er Donnerstag noch Kontakt gehabt hätte und er wollte erstmal noch die Inkubationszeit abwarten, um mich nicht anzustecken. Das klang für mich schon wieder arg an den Haaren herbei gezogen. Er schickte mir dann wie zum Beweis einen Corona-Test, den er gemacht hat. Gut, konnte ich ihm ja nicht das Gegenteil beweisen. Was ich dann aber wieder gemacht habe, ist, zu verfolgen, wann er online war oder nicht (also ja, wieder schön alles auf Anfang). Und ab 21:45 Uhr war er das nicht mehr (zumindest nicht, bis ich um 23 Uhr ins Bett bin, was schon sehr auffällig ist). Ich schrieb ihm dann noch ne Nachricht, dass ich hoffe, dass seine Tests negativ bleiben. Diese Nachricht war erst heute Morgen gelesen. Tja und jetzt ist wieder die ganze Zeit Kopfkino. Kann mir keiner erzählen, dass er gestern um knapp zehn Uhr ins Bett gegangen ist. Wenn er doch so Angst hatte, jemanden anzustecken, hätte er ja auch sonst nicht nach Feierabend unter Leute gehen dürfen. Vermutlich hat er das aber.
Keine Ahnung, was mich mehr stört: dass er sich diese Corona-Geschichte ausgedacht hat oder dass er mich für andere Pläne gecancelt hat. Irgendwie beides gleich.
Trotzdem bin ich jetzt wieder drin in der „Nicht-Wahrhaben-Wollen-Phase“ dicht gefolgt von der „Mal-Schauen-Was-Noch-Geht-Phase.“ Und diese Phasen werden wohl erst ein Ende finden, wenn er auszieht.
Aktuell wechseln sich Engelchen und Teufelchen bei mir ab (wobei ich nicht weiß, was davon Engel und Teufel ist). Auf der einen Seite weiß ich rein rational, dass ich mich weiterhin von meinem NM fernhalten sollte, dass ich ihn auffordern müsste, mich nicht mehr zu berühren, mir keine Komplimente oder andere Freuden mehr zu machen. Und auf der anderen Seite genieße ich seine Aufmerksamkeit, den Körperkontakt, einfach das Gefühl, dass er da ist. Und dann flackern andere Gedanken auf. Fragen. Ob ich nicht einen Schritt auf ihn zugehen sollte? Selbst seine Nähe suchen sollte? Ob ich ihn frage, ob wir eine kleine Weihnachtsfeier machen wollen. Ob eines zum anderen führen würde, wenn ich es drauf anlegen würde.
Seit ich am Wochenende die ganzen Pärchen gesehen habe, denke ich immer wieder daran, mit meinem NM zu schlafen. Ihn zu packen, die Kontrolle zu übernehmen, ihm zu zeigen, was zwischen uns gehen kann. Kurz nach der ersten Trennung hatten wir ja diesen einen, heißen Moment und ich frage mich, ob alles so gekommen wäre, wie es jetzt ist, wenn wir in der Therapie unser S. nicht ganz ans Ende gestellt und zwischenzeitlich schon daran gearbeitet hätten.
Da nie wirklich geklärt wurde, was er bei seiner Kollegin eigentlich hat und findet, was er bei uns vermisst, habe ich nach wie vor noch immer die große Illusion, dass es wirklich nur der fehlende S. ist.
Trotzdem tue ich all das nicht, dafür ist mein Stolz zu groß – und die Angst davor, von ihm zurückgewiesen zu werden, was dann auch noch unfassbar peinlich wäre.
Ab nächster Woche Freitag bin ich 11 Tage nicht in der Stadt, mein NM und ich werden uns solange nicht sehen.
Distances make the heart grow fonder – entweder das ist so, oder nicht. Jedenfalls gehe ich dann im Januar davon aus, dass die großen Veränderung anstehen.
Ich finde mich selbst schlimm, dass ich mich immer wieder hin und herschrieben lasse und keinen Haken an die Sache machen kann, nicht rigoros bin. Mich einlullen lassen. Dass ich keine Wut auf meinen NM entwickele, weil er mir absurder Weise mehr leid tut, als ich mir selber. Weil er so rumläuft, wie er es tut und so furchtbar aussieht.
Ich weiß, dass ich zweite Wahl bin, wenn überhaupt. Das nehme ich so wahr, es ist nicht so, als würde ich das verdrängen oder schönreden. Aber ich hoffe immer noch, dass es nicht so bleibt. Kehrtwende. Alles wird anders. Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.
Richtig bescheuert, ich weiß. Aber ja, das dicke Ende wird kommen, das weiß ich tief in mir drinnen auch. Ist ja kein Märchen das alles. Ich weiß auch in einem tief abgelegenen Teil in mir, dass er ausziehen wird. Und dass das alles dann ein Ende hat. Aber gerade bin ich Masochist und will ihn sehen, mit ihm reden, jede Sekunde teilen – weil ich wohl weiß, dass es wahrscheinlich die letzten Tage sein werden und dann im neuen Jahr das große Aufwachen kommen wird.
11.12.2024 12:18 •
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