Liebe Gemeinschaft,
nun bin ich in der Situation, auch mal online Rat zu suchen.
Zur Ausgangssituation: Meine Partnerin und ich sind vor kurzem zum zweiten Mal Eltern geworden. Wir hatten bereits eine kleine vierjährige Tochter, ein Unfall, über den ich bzw. wir aber in keinster Weise unglücklich sind oder waren. Im Gegenteil, meine Tochter ist mir, und das von Anfang an, wahnsinnig ans Herz gewachsen und ich habe die Entscheidung niemals bereut, mich damals, vor vier Jahren, als wir uns als Paar die Frage gestellt haben, ob wir das Kind behalten wollen, dafür entschieden haben, sie zu bekommen. Ich liebe meine Tochter abgöttisch und würde für sie fast alles auf mich nehmen.
Was ihre Mutter anging, war es allerdings immer schwierig und zum Zeitpunkt, als wir uns die Frage stellten, ob wir das Kind bekommen wollen, stand es von meiner Seite her mehr auf Trennung. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass wir vermutlich zwei sehr unterschiedliche Charaktere sind. So ist meine Freundin sehr stark auf Sicherheit fokussiert, während ich immer ein Mensch war, der gerne (kalkulierbare) Risiken eingeht, da ich der Meinung bin, dass nur im Risiko die Chance für Entwicklung liegt. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich mich vermutlich immer für die unsichere Option entscheiden, so lange das Risiko kalkulierbar ist, allein um herauszufinden, was passiert. Sie hingegen vermeidet jedes Risiko und ist in Folge dessen bspw. auch nie aus ihrem Heimatort rausgekommen.
In Folge dessen ist unsere Beziehung für mich vor der Geburt unseres Kindes nie über kurze Phasen der Verliebtheit hinausgekommen. Denn immer dann, wenn ich so etwas wie Verliebtheit verspürt habe, war es kurze Zeit schon wieder passé, nachdem meine Freundin durch ihren Kontrollzwang und ihre Angst vor Veränderung alles wieder (ungewollt) zunichte gemacht hat. Ich mache ihr da keinen Vorwurf, sie kann halt auch nicht aus ihrer Haut, genauso wenig wie ich aus meiner kann. Und ich habe stark das Gefühl, dass sie das alles (immer noch/trotz allem) anders wahrnimmt und viel für mich empfindet. Woran auch immer sie das festmacht, denn so richtig erklären kann ich mir diese Zuneigung nicht. Nach der Geburt unseres Kindes haben wir uns zum Teil heftigst gestritten und auch der S. ist komplett eingeschlafen. Was vermutlich miteinander zusammenhängt. Für mich ist halt der Wunsch nach S. untrennbar damit verbunden, mich der Person nahe zu fühlen und die ständigen Streits haben in mir jegliche Lust auf sie abgetötet.
Trotzdem habe ich für meine Tochter drei Jahre durchgehalten, da ich Angst hatte, die wichtigsten Stationen im Leben meiner Tochter zu verpassen, wenn ich mich von meiner Freundin trenne. Meine Freundin hingegen hat offenbar kaum gestört, dass wir keinen S. mehr hatten. Auf mich wirkte es so, dass es ihr wichtiger sei, dass wir in der Öffentlichkeit als liebevolles Paar wahrgenommen werden. Aber das ist natürlich nur meine Wahrnehmung.
Letztes Jahr haben sich dann für mich verschiedene berufliche Schwierigkeiten ergeben, die mich in dieser Zeit sehr belastet haben. In dieser Zeit hatten wir zum ersten Mal seit Jahren wieder S. Wichtigster Grund war, dass wir beide uns ein zweites Kind gewünscht haben. Man muss dazu sagen, dass ich für einen Mann echt kinderverrückt bin und ich wahrscheinlich sehr unglücklich geworden wäre, wenn ich nicht Vater hätte werden können. Vor diesem Hintergrund habe ich meine Zweifel und meine unguten Gefühle, was die Beziehung angeht, hintangestellt. Hat geklappt, immerhin.
Das blöde ist nun, dass das natürlich unsere Probleme als Paar nicht gelöst hat. Irgendwie hatte ich zwar die Hoffnung, dass ein zweites Kind diese Probleme lösen könnte aber natürlich war das, wie so häufig und bei so vielen Paaren, ein Trugschluss. Ich freue mich wirklich über das zweite Kind aber die Vorstellung, die nächsten 20-30 Jahre mit meiner Freundin verbringen zu müssen, gruseln mich. Ich erzähle ihr jetzt schon kaum noch etwas über mich, meine Wünsche und Hoffnungen, weil ich aus Erfahrung weiß, dass sie darauf ängstlich-abwehrend reagieren wird. Und so mache ich das meiste allein mit mir aus oder frage Freunde, wenn ich einen Rat brauche, von dem ich weiß, dass er sie belasten würde.
Nun denn, was tun? Bis auf weiteres werde ich definitiv bei ihr bleiben, weil ich sie nicht mit dem kleinen Baby allein lassen möchte, aber was dann? Ab wann wäre es in Ordnung zu gehen, angesichts eines kleinen Babys, was nichts für die Probleme seiner Eltern, seines Vaters kann? Auf weitere Versuche, wieder auf eine gemeinsame Ebene mit ihr zu kommen, um die Beziehung zu retten, habe ich kaum noch Lust, weil das in der Vergangenheit nie dauerhaft zum Erfolg geführt hat. Aber nur wegen zwei Kindern eine Beziehung aufrecht zu erhalten, die nur noch von einer Seite als liebevoll wahrgenommen wird, ist auch irgendwie Quatsch.
Freu mich über Meinungen und Ideen.
16.08.2018 20:35 •
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