Liebes Forum,
seit Sonntagabend ist es mit meiner Freundin (30, ich bin 35) aus. Wir waren fast vier Jahre zusammen. Es war oft schwierig, zu schwierig für mich, doch jetzt vermisse ich sie und ich bin mir nicht sicher, ob es nicht an dem Gift in mir liegt, das mir die Beziehung injiziert hat. Der Text ist etwas lang, ich danke allen herzlich, die ihn sich durchlesen, und danke noch mehr für eure Antworten.
Wir haben ein Jahr zusammengewohnt in meiner Wohnung, da sie, während sie davor im Ausland war, ihre an einen Freund vermietet hat. Ihr Vater wollte dann aber nicht mehr, dass sie die Wohnung, die er für seine Tochter gekauft hat, weitervermietet. Ich war dann oft bei mir. Meine Wohnung hat sie gehasst.
Sie wollte das Beste für mich, dass ich gesund bin, lang leben werde. Sie hat mir jeden Tag Vitamintabletten hingestellt und ein Glas Wasser, sie wollte, dass ich viel Wasser trinke, auch dann, wenn ich gerade keines trinken wollte; sie wollte mir sagen, wie ich im Bett liegen soll, wie es wissenschaftlich am besten ist - auch wenn für mich das unbequem ist. Sie wollte mir sogar sagen, wie ich am Klo sitzen soll, wie es wissenschaftlich am besten sei - und hat nicht verstanden, dass ich das selbst bestimmen will. Das waren nur wenige Beispiele, mich hat das genervt, auch wenn es gut gemeint ist.
Ich durfte nicht abwaschen, weil ich ja zu viel Wasser dabei verschwende, sie mache das, sie könne das besser. Sind wir mit dem Auto irgendwohin gefahren, ist immer sie gefahren, weil sie ja die bessere Fahrerin sei. Sie fährt wie eine Wildgewordene und nicht selten habe ich mir bei Überholmanöver gedacht: Das wird jetzt knapp! Wenn ich das angesprochen habe, bin ich nur zusammengefaucht worden.
Sie meinte, meine Frisur sei sch., 90er Jahre. Mein Kleidungsstil auch, sie könne das sagen, sie sei eine Modeexpertin. Die Musik, die ich mag, sei auch sch. großteils. Zu ihren Freundinnen sagte sie, sie habe mich hübsch gemacht. Die einzige Veränderung, ich habe mir einen Bart wachsen lassen.
Ich mag Bücher. Sie meinte, ich hätte schon zu viele, unnötig, sich welche zu kaufen. Man könne auch in eine Bibliothek gehen (das stimmt, aber dort, aber ich lebe im Ausland und dort gibt es in den Bibliotheken nicht viele deutsche Bücher und ich mag Bücher einfach). Ich benötige Bücher auch beruflich (Bildungsgewerbe).
Sie spricht ausgezeichnet Deutsch, ich habe versucht, ihre Muttersprache zu lernen. Es ging ihr zu langsam. Ich hatte zu wenig Energie dafür, mein Job ist sehr fordernd.
Ich würde zu wenig lachen und auf Fotos sowieso nie. Ich ginge zu langsam, selten zu schnell. Ich spreche zu leise. Ich mache dies und das nicht richtig. Meine Meinung zählte oft nicht, ich solle nicht denken, sie wisse es ja schon.
Oft, zu oft, bin ich ausgezuckt, habe sie angeschrien. Sie solle mich doch bitte in Ruhe lassen, sie zerstöre mein Leben, sie solle weggehen, ich könne nicht mehr. Aus jedem Alltagsgespräch konnte sich in einem Nebensatz eine Abwertung ergeben. Eine Herabwürdigung. So beiläufig. Für sie nichts Besonderes. Sie sei eben direkt und ehrlich. Manchmal hat sie sich entschuldigt und dann erwartet, dass wieder alles gut ist. Ich habe ihr verziehen, aber die Verletzung verflog natürlich nicht gleich, oft war sie noch gar nicht weg, bis die nächste kam.
Ich wurde stumpf in dieser Beziehung, habe manches über mich ergehen lassen, nur damit Ruhe und Frieden ist. Habe mir gedacht im Stillen: Du bist so ein A.! Warum sagst du das? Wie kann man das zu jemanden sagen, von dem man sagt, man liebt ihn? Ich habe oft gedroht, Schluss zu machen. Sie hat das nicht thematisiert. Versucht, einfach weiterzumachen, ohne über das Problem, die Verletzung zu sprechen. Das war für sie auch unnötig, denn es sei ja nur in meinem Kopf.
Sie meinte, ich würde sie hassen, wäre allergisch auf sie. Aber sie ist immer geblieben. Ich habe sie in kurzen Momenten gehasst. Ich habe ihr gesagt, ich fühle mich gemobbt von ihr. Doch alles nur in meinem Kopf.
Sie ist auch sehr zickig. Selten passt ihr etwas.
Sie wollte mit mir in meine Heimat ziehen, hat alles vorausgeplant. Ich wollte das noch nicht.
Im Mai war sie beruflich fast immer verreist. Danach war es seltsam. Sie meinte, sie habe sich abgewöhnt. Überhaupt meinte sie oft, wenn wir uns ein paar Tage nicht gesehen haben, sie habe sich entfremdet. Wir haben aber immer viel auf WhatsApp geschrieben, telefoniert. Immer auch vorm Schlafengehen.
Mir ist es wichtig, nicht mit Sorgen ins Bett zu gehen. Sie hat mich oft mit Vorwürfen zugeballert, während ich schon im Bett lag und sie noch im Bad war (Sichtkontakt dorthin vom Bett aus). Ich bin dagelegen, habe mir nur gedacht, in welchem Film bin ich gelandet.
Sie wolle jemanden, der sie mehr liebt als sie ihn. Ich bin abgestumpft, habe nicht mehr gewusst, was richtig ist und was falsch. Denn theoretisch konnte jedes Wort, jede Bewegung von mir falsch sein. Ich war verwirrt, ich war in einem Gefängnis.
S. oder Zärtlichkeiten gab es nur wenig. Oft ging es nicht, weil die Scheidengegend sie oft gejuckt hat, sie war oft deshalb beim Arzt, der wusste nie wirklich, was hilft. Küssen und schmusen wollte sie mit mir oft nicht, es ekle ihr, weil ich so lange nicht beim Zahnarzt war. Ich gehe nur in meiner Heimat zum Zahnarzt, das ist für mich besser, ich habe Angst vorm Zahnarzt und zuhause spricht er meine Sprache. Das ist besser für mich.
Sie wollte, dass ich zu rauchen aufhöre. Sie hat mich rauchend kennengelernt. Es ist nicht gut, das ist mir klar, es ist gesundheitsschädlich, aber es hilft mir, mit dem Stress umzugehen. Sie wollte, dass ich zumindest weniger rauche. Das habe ich getan. Aber jede Attacke von ihr hat mich dazu gebracht, noch mehr zu rauchen. Um eine Stütze zu haben.
Am letzten Freitagabend sind wir in meine Heimat gefahren, zu meinen Eltern, um am nächsten Tag zu einer Feier in einer anderen Stadt weiterzufahren. Ich habe gesagt, wir müssen reden, so geht es nicht mehr. Sie hatte zudem schon so drei Wochen vorher gesagt, sie wolle eine Pause, die sie dann aber doch nicht mehr wolle. Sie hat ihren im Juni ihren Job geschmissen, weil sie herumreisen will. Kanada, Indonesien, wohin auch immer. Die Welt anschauen. Ein Flugticket oder einen Plan hat sie noch nicht.
Wir hatten uns vor dieser Autofahrt einige Tage nicht gesehen, sie war mit einer Freundin verreist. Ich habe in dieser Zeit den WhatsApp- und Telefonkontakt knapp gehalten, ich wollte sie nicht hören. Denn am Tag vor ihrer Abreise habe ich einen Freund getroffen, sie war mit Freundinnen unterwegs, ist dazugestoßen. Wir waren zu fünft am Tisch. Ich hatte mir den Bart gestutzt. Sie sagt zu mir, es schaue nicht gut aus. Mein Freund meinte, er finde es gut, er habe sich auch einen Bart lassen, von mir inspiriert. Ihre Freundin, die auch eine Freundin von mir ist, meinte auch, es stehe mir gut. Sie aber holte ihr Handy heraus und meinte: Ich zeige euch, wie er gut aussieht. Sie ruft ein Foto von der Woche davor aus mit dem ungestutzten Bart, legt es auf den Tisch. Alle, der Freund, die Freundin von mir und deren Freundin, schauen beschämt weg und reißen schnell ein neues Gesprächsthema an. Meine Freundin nimmt dann ihr Handy nach ein paar Minuten weg und steckt es ein. Ich war zudem in einer Krise, mein Beruf ist mir zu fordernd, ich will mich verändern. Zuhause wollte ich es ihr erzählen, sie hatte keine Lust, mir zuzuhören. Auch am nächsten Tag nicht. Sie sei antisozial und müsse nun alleine sein und sage auch den Besuch bei einer Freundin ab. Wegen dieses Vorfalls hatte ich keine Lust, viel Kontakt mit ihr zu haben, sie war ohnehin weg.
Die Feier, auf der wir am letzten Samstag waren, ist schön geworden. Am Weg hin hat sie mich angezickt, 100 000 Dinge würde sie an mir stören, sie sei allergisch auf mich, könne sich nicht mehr vorstellen, mit mir zusammenziehen. Auf der Feier haben wir getanzt, es war schön.
Am nächsten Tag sind wir nach Hause gefahren, sehr müde. Ich hatte mich auf einen entspannten Abend mit ihr gefreut. Wir sind noch in ein Lokal Essen gegangen, an dem wir bislang immer vorbei gefahren sind. Dort gab es wieder einen giftigen Nebensatz, auf den ich meinte, es sei dann besser, wir würden Schluss machen.
In ihrer Wohnung angekommen, bin ich auf den Balkon, um zu rauchen. Ich komme zurück ins Wohnzimmer, sie liegt auf der Couch, sagte, sie habe Bauchkrämpfe, sie könne das nicht mehr. Ich meinte, dann sollten wir es beenden, für mich ist es auch schwierig. Ich habe zu heulen begonnen, ihr gesagt, sie meine immer, sie liebe mich mehr als ich sie. Aber ob sie nicht daran gedacht hätte, dass es große Liebe sei, das alles auszuhalten? Ihre Launen, ihre Besserwissereien, dass sie mich oft abwertet und alles, was mir wichtig ist. Sie meinte, sie liebe mich, aber sie könne nicht mehr, wir seien auch zu verschieden. Als sie bei mir gewohnt hat, hat sie einen neuen Vertrag für das Internet abgeschlossen und seitdem für mich bezahlt. Ich habe sie gebeten, es so zu regeln, dass ich das zahlen kann. Sie meinte, sie zahle weiter. Ich sagte, wir sollten bald unsere Sachen zurücktauschen, sie antwortete, ob ich denn nicht wenigstens ein T-Shirt da lassen wolle. Ich könne auch ihr Auto weiterbenutzen, sie habe mir von ihrer Reise mit ihrer Freundin Geschenke mitgebracht, die sie mir noch geben wolle. Ich wollte sie nicht. Überdies habe sie jemanden kennengelernt, bei einem Pubquiz, zu dem sie immer gehe. Es sei nur platonisch, es sei nichts passiert. Sie habe aber gemerkt, sie wolle wieder Single sein. Wenn ich im Februar, wenn sie von ihren Reisen wieder zurück sei, noch niemanden gefunden hätte, könnten wir es ja wieder probieren. Ich sagte, mach es gut, sie meinte, das klinge so hässlich, so ungewohnt. Ich bin heulend gegangen, sie hat mir vom Balkon aus nachgesehen. Ich war mir nicht sicher, wie ich ihre Worte einordnen solle.
Am nächsten Tag wollte ich ihr ihre Sache bringen und meine holen. Es ist nichts Wichtiges, das ich bald brauche oder das sie bald braucht. Ich habe ihr zehn Seiten mit der Hand geschrieben, wie im Rausch. Habe sie ihr gegeben. Habe auf ihrer Couch geheult. Sie hat mir die Nase geputzt und auch noch die Ohren. Mich gebeten, noch einmal eine Vitamintablette zu schlucken. Sie treffe dann eine Freundin, die ihren Freund nach acht Jahren verlassen hätte. Sie habe nicht so viel Zeit. Ich bin dann zu einem Freund, der gegenüber wohnt.
Ich schäme mich so sehr, dass ich sie oft angeschrien habe, wenn mir ihre Abwertungen zu viel geworden sind. Irgendwann war es vielleicht auch gar nicht so gemeint von ihr, aber ich konnte nicht mehr. Es war keine Leidenschaft mehr, es war nichts mehr, nur ein Leiden für mich. Und ich frage mich, hätte ich es nicht irgendwann noch drehen können? Ich dachte, wenn ich ihr mehr Aufmerksamkeit schenke, werden ihre Angriffe aufhören, vielleicht will sie nur Aufmerksamkeit. Nichts, es war ein Strudel, der mich immer tiefer hinuntergezogen hat. Ich schäme mich, ihre Freundinnen meinten oft, sie solle mich verlassen, weil ich so ein Ar. sei, sie so anschreie. Ich konnte nicht anders, ich war so wehrlos. Sie war nie einsichtig, meinte immer nur, es sei alles nur in meinem Kopf.
Jetzt sitze ich da, völlig zerstört und gebrochen, fühle mich wertlos, und vermisse sie. Doch das Handy bleibt stumm. Der Terror ist vorbei. Doch werde ich der Ar. sein bei dem Ganzen, werden ihre Freundinnen denken. Weil ich sie nicht mehr geliebt habe, als sie mich geliebt habe. Und ich fühle mich schuldig, weil ich ihr meine Liebe nicht gezeigt habe, nicht zeigen konnte, weil sie mich zernichtet hat. Und ich bin verwirrt wegen dieser Beziehung.
Eigentlich wollte ich auf Urlaub fahren. Sie hatte geplant, eine Freundin in einem anderen Land zu besuchen, sie wird es auch getan haben. Ich wollte für mich eine Auszeit nehmen und habe gehofft, wenn ich runterkomme, auch von dem beruflichen Stress, wenn wir ein wenig Abstand haben, dann wird es wieder besser sein. Ich bin dann aber nicht auf Urlaub gefahren, sondern zu meinen Eltern. Und hier sitze ich, fühle mich elend, wertlos, und tippe diesen Texte. Ich danke alles, die ihn sich durchgelesen haben. Und noch mehr danke ich allen, die mir etwas antworten. Wenn ich mir den Text durchlese, denke ich mir: Sei froh! Du hättest schon früher gehen sollen! Aber ich habe sie gern, habe sie geliebt, liebe sie, und habe mir immer gesagt: Sie meint es doch nur gut! Sie will das Beste für mich! Und ich bin mir nicht sicher, ob das Gift dieser Beziehung in mir mich schüttelt und beutelt.
04.08.2022 13:16 •
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