Hat diese Liebe noch eine Chance?
Hallo, ich W, 34 Jahre alt habe ein Frage, die mich quält:
Mein neuer (Ex-) Freund, mit dem ich, nach einigen Jahren des Singleseins insgesamt (leider nur) 6 wunderschöne Wochen zusammen war, hat aus heiterem Himmel vor 5 Tagen mit mir Schluss gemacht. Seither gibt es keinen Kontakt mehr zwischen uns, was für mich überaus schmerzhaft ist. Ich befinde mich in einer Art Fassungslosigkeit und habe Mühe das zu verarbeiten!
Als Grund gab er an, dass er seit 3 Jahren in eine Arbeitskollegin verliebt sei, die ihn allerdings konstant abweise. Das hatte er vor mir verheimlicht. Es habe vor 2 Jahren mal einen Kuss zwischen beiden gegeben, aber nie mehr. Nun habe er sie einen Tag vor dem Schlussmachgespräch auf einer Party erlebt, und seither seien seine Gefühle für diese Frau so übermächtig, dass ich ihm nun fast langweilig erscheine! Seine Liebe, die er mir die ersten 5 Wochen lang überaus heftig und intensiv tagtäglich geschenkt hat, sei zwar echt gewesen, aber sie stelle sich nun eben anders dar als für dieses Mädchen.
Wir waren fast Tag und Nacht zusammen, sogar 2 Wochen in Urlaub bei seiner Familie, der er mich vorgestellt hatte. Er hatte mir dort noch kürzlich mit Tränen in den Augen gesagt, dass ich die erste Frau bin mit der er sich mal vorstellen kann Kinder zu haben. Er wollte andauernd S. mit mir. Hat mir täglich viele Male in die Augen geschaut und mir glücklich gesagt, dass er mich liebt. Wie süchtig nach mir. Ich habe all das mit offenem Herzen angenommen und erwidert! Endlich, so fühlte ich, bin ich bereit mich einem Mann rückhaltlos zu öffnen. Ich war noch nie so glücklich!
Allerdings gab es hier und da auch erste Probleme. Ich war auch mal zickig oder abweisend zu ihm, wenn wir inhaltliche Differenzen hatten zu bestimmten Themen. Der erste große Ärger begann als er mir eröffnete, er wolle am Wochenende auf eine 2-tägige Party, bei der auch viel getrunken werden sollte. Ich könne zwar mitkommen würde mich aber sicher nicht wohlfühlen, da ich nie Alk. trinke. Ich hatte das Gefühl, dass er die Verbindung zwischen uns da unterbrochen hat und er da schon wusste, dass er dieses andere Mädchen da treffen wird, was dann ja auch wirklich passiert ist. Ich reagierte sehr harsch auf seine Wochenendplanung, die mir wie die WE-Planug eines Singles erschien und bat ihn sogar zu gehen, als er sich nicht kompromissbereit erklärte und sagte ihm, dass ich unter diesen Umständen nicht mit ihm zusammenbleiben könne.
Er machte keine Anstalten, dass wir uns doch noch einigen und meldete sich auch nicht mehr bei mir, bis ich am nächsten Abend bei ihm anrief , um mich für meine Unfreundlichkeit und Intoleranz zu entschuldigen. Wir vertrugen uns dann wieder und es sah für mich so aus als wäre alles wieder richtig gut: Viel S., viele Liebesbekundungen. Viele Küsse und ein herzlicher Abschied am nächsten Morgen.
Das war das letzte Mal, dass wir uns sahen.
In dem für mich grausamen Schlussmachgespäch was nach seinem Partywochenende wenige Tage darauf folgte, fragte ich ihn wie es sein kann, dass seine Liebe zu mir so intensiv war, wenn er doch die ganze Zeit über in die Andere verliebt war und ist.
Er erklärte, dass er die Liebe zu der Anderen vor sich selbst versucht hatte zu verbergen und dachte er wäre bereit für eine Beziehung und er habe auch weiterhin keine Chance bei ihr. Ich fragte ihn, ob er (34 J.) schonmal mit einem Mädchen über die Verliebtheitsphase hinaus zusammen war, was er verneinte. Ich sagte ihm, dass ich glaube, dass er diese Andere nicht liebt, sondern ihre Zurückweisung brauche, weil er sich damit die Muster seiner Kindheit nachkonstruiert: Die Eltern ließen sich scheiden als er 7 war. Er musste gegen seinen Willen mit zur Mutter. Zum Vater durfte er alle 2 Wochen und erlebte es dort als paradiesisch, aber unerreichbar. Die Andere steht nun, so meine ich, für die unverarbeitete unbewusste schmerzvolle Sehnsucht nach dem Vater-Paradies und ich, mit der er nun immer mehr Verlässliches, aber nicht so reizvolles Altagsleben erlebte, stehe für die Mutter.
Kann es sein, dass er diesen Zusammenhang bald begreift und wieder zu mir zurück kommt? Wie konnte er sich nur so plötzlich wieder entlieben, wenn seine Liebe zu mir doch so wundervoll intensiv war? Ich vertsehe einfach nicht, wie es sein kann, dass er mich so glücklich gemacht hat und so im Übermaß beschenkt hat mit Nähe, Liebe, Zukunftsplänen und Aufmerksamkeit, während er garnicht innerlich frei war, bzw. offenbar unter starken Bindungsängsten leidet. Wie passt das zusammen? Er hätte doch dann nicht so überschwenglich sein müssen und mich sogar mit zu seiner Familie ins Ausland nehmen, wo er mich sämtlichen Familienmitgliedern als seine neue Freundin vorgestellt hat.
Im Schlussmachgespräch sagte ich ihm verletzt er solle mich nie mehr anrufen. Sollte ich ihn nun vllt. anrufen und sagen, dass ich ihn immer noch liebe? Egal, was ich in unserem letzten Gespräch gesagt hab und wie abweisend/verletzt ich da war - wenn er mich auch liebt, ruft er mich in jedem Fall an, oder?
PS:
Noch eine Hintergrundinformation, die mir wichtig erscheint:
Er kaute seit seiner Kindheit Fingernägel und gestand es mir einst peinlich berührt. Da sagte ich ihm, dass die psychosomatische Deutung davon Angst vor der eigenen Aggression/Entschärfung der eigenen Waffen ist.
Er war baff und kaut seither keine Fingernägel mehr. Er zeigte mir täglich stolz seine Nägel, mit denen er sich nun erstmalig seit Jahrzehnten selbst wieder kratzen konnte.
Er erklärte mir, dass er seit dem er 10 Jahre alt war keinen Hass oder Wut mehr für jemandem empfunden hat, nachdem er seine Schwester mal im Streit mit einem Messer bedroht hätte. Er erschreckte sich dort offebar so sehr vor sich selbst, dass er sich von seiner Aggression abspaltete. Als Teenager spielte er dafür exzessiv Counterstrike und World of Warcraft etc.
In diesem Zusammenhang frage ich mich auch wie echt die positiven Gefühle von jemandem sein können, der seine negativen Gefühle offenbar immer verdrängen muss...?
Auf jede Meinungsverschiedenheit, die wir hatten reagierte er stets fast gleichmütig, milde lächelnd. Das machte mich fast wahnsinnig, weil ich das Gefühl hatte, er ist emotional nicht beteiligt. Nur an Positivem, nie aber an negativem. Das war einerseits toll, wie ein Vorbild für mich. Andererseits erschien es mir roboterhaft.
Ich verstehe diese ganze Geschichte einfach nicht richtig, die mir nun geschehene ist, nachdem erst kürzlich mehrere Familienmitglieder von mir gestorben sind. Es ist soviel Abschiednehmen und Loslassen angesagt und nun auch noch diese neue Liebe, die mir nach Jahren des Alleinseins geschenkt wurde und die nun so für mich unverständlich wieder vorbei ist.
Vielleicht kann mir hier jemand, der sich von der Menge an Details nicht abgeschreckt fühlt seinen Eindruck davon schildern. Ich wäre jedenfalls dankbar dafür!
Herzliche Grüße an alle da draußen, denen es Ähnlich geht!
PPs: Es ist das erste Mal für mich, dass jemand mit mir Schluss gemacht hat und ich erlebe diese grausamen Gefühle gerade zum ersten Mal. es tut gut hier zu lesen, dass man nicht alleine damit ist. Und ein großes Lob an die Redaktion, die wie ich finde wirklich hilfreiche Artikel verfasst!
04.09.2015 16:30 •
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