Liebe Foris,
bedauerlicherweise habe nun auch ich den Weg zu euch gefunden und würde euch gerne meine Geschichte erzählen und entschuldige mich gleich für den langen Text.
Ich (41) habe vor ca. 3 Jahren an meinem Wohnort einen 3 Jahre älteren Mann kennengelernt. Wir waren uns auf Anhieb sehr sympathisch und ich mochte seine Art, Humor und wie er die Welt so sieht. Leider trennten uns ca. 500 Kilometer. Wir hielten anfangs nur sporadisch Kontakt, da er sich gerade in Scheidung befunden hat und nichts Neues wollte. Das kam mir eigentlich auch ganz gelegen, da ich auch nicht auf der Suche war.
Dies lief dann 2 oder 3 Monate so weiter und die Gespräche wurden mit der Zeit auch intensiver und tiefsinniger, bis er irgendwann sagte, dass er mich gerne Wiedersehen würde. Wir verabredeten uns für ein Wochenende in meiner Stadt und verbrachten ein wirklich schönes Wochenende miteinander. An diesem Wochenende hatten wir auch zum ersten mal GV.
Ab diesem Zeitpunkt telefonierten und sahen uns dann auch regelmäßig über weitere 3 bis 4 Monate. Wir vereinbarten, dass wir es langsam angehen wollten und sehen wohin uns das Ganze führt. Er hatte zu diesem Zeitpunkt einen Job mit Schichtsystem und es war oft relativ schwer einen Zeitpunkt des Treffens zu finden. Wir bekamen es aber ganz gut hin. Dann fuhren wir zusammen ein paar Tage weg und hatten tatsächlich unsere erste echte Auseinandersetzung.
Nach ein paar Tagen Funkstille meldete er sich wieder und wir sprachen uns aus. Im Großen und Ganzen lief es dann noch weitere 3 Monate so weiter und ich merkte, dass ich nicht mehr nur sehen will wohin das führt, sondern MEHR will.
Er sagte mir, er hat zwar Gefühle für mich, aber wüsste nicht ob er mir das geben kann was ich suche und das ich offensichtlich schon viel weiter bin als er. Ich weinte danach viel. Ich möchte auch dazu sagen, dass es mir zu dem Zeitpunkt psychisch nicht gut ging, da ich in meinem Leben einige drastische Einschnitte erleben musste. Ich sagte ihm dann irgendwann, das er einen Schlussstrich ziehen muss und ich derzeit dazu einfach nicht in der Lage bin. Danach war auch hier wieder ein paar Tage Funkstille und er meldete sich wieder.
Ab da merkte ich aber, das sich etwas veränderte. Wir redeten nur noch oberflächlich und wie der Tag so läuft und es einem geht. Wenn es mal lockerer zuging, redeten wir nur über Schweinkram. Uns verband offensichtlich nur noch unser unfassbar gute Se*.
Das Ganze ging so ca. 1,5 Jahre bis er mir irgendwann offenbarte, dass er eine Auszeit aus seinem Leben braucht. Die Scheidung war durch, er war nun obdachlos (lebte bisher mit seiner Ex-Frau in einer Art WG), hatte seinen Job gekündigt, eine Krebs-Fehldiagnose hinnehmen müssen und einen guten Freund verloren. Er teilte mir mit, dass er überschnappt, wenn er nicht geht. Er müsste wohl erstmal lange Reisen um seine Seele wieder zu heilen. Das war alles im Oktober letzten Jahres. Er kam mich noch letztmalig besuchen, bevor er ging und entschuldigte sich, dass er mir wehtut.
Ich war am Boden zerstört, habe wochenlang geweint und habe lange gebraucht um wieder normal zu funktionieren. Ich hatte so viele Fragen, die unbeantwortet blieben. Irgendwann habe ich dann akzeptiert, das ich wohl niemals antworten bekommen würde.
Er kam ziemlich genau 9 Monate später zurück und stand plötzlich vor mir. So wie ich mich gefreut habe, so kritisch war ich auch. Ich wusste nicht, was er wollte. Habe ihn an den Kopf geworfen, dass ich ihm 9 Monate egal war und plötzlich tut er so als wäre nichts gewesen. Er sagte mir, dass ihm auf der Reise seine kompletten elektronischen Geräte (Handy, Laptop, Kamera) geklaut worden sind und er keine Nummern Kontakte mehr hatte. Lediglich per Email hatte er Kontakt zu seinem Vater. Ich habe das zur Kenntnis genommen, aber ob ich das wirklich glaube lass ich mal so stehen.
Auf dieser Reise hat er viel an mich / uns denken müssen und das hat was mit ihm gemacht. Er wolle sehen, ob ich nicht die Richtige für seine Zukunft bin bzw. gewesen wäre.
Ich dämlich Kuh, war natürlich gerührt und habe mich einlullen lassen. Zudem hat es mich beeindruckt, dass er den Schritt auf mich zu wieder gemacht hat. Er blieb 2 Tage und fuhr dann wieder in seine Heimat. Wir sahen uns 4 Wochen später erneut und es war sehr harmonisch und es fühlte sich diesmal richtig an. Danach schrieb er mir oft, wie er die Zeit mit mir genießt und sich freut, wenn wir uns bald Wiedersehen.
Beim letzten Treffen vor einer Woche wollte er knapp 2 Wochen bei mir bleiben. Dazu sagen möchte ich, dass ich gerade in meiner Arbeit schwer zu kämpfen habe (habe auch gekündigt) und mir das alles an die Nieren geht. Mein Umfeld sagt mir, dass ich mich sehr verändert habe. Also war ich beim letzten Treffen relativ steif, weil ich mich gerade nicht so gehen lassen kann. Mein Fokus liegt derzeit an dieser Katastrophenarbeit und ist wahnsinnig präsent.
Vorab schrieb er mir aber noch, dass er mit mir sprechen möchte, er eine Lösung finden will und wie wir weitermachen möchten. Er mich sehr vermisst und auf mich freut.
Er kam am Montag Abend an und wir hatten einen schönen Abend, den Dienstag und Mittwoch verbrachte er auf meiner Couch schlafend, weil er so müde und kaputt von den Renovierungsarbeiten war, die er bei seinem Vater ausgeführt hatte. Eigentlich wollte ich mit ihm da schon mal raus in die Natur, wegfahren oder sonst was und reden. Aber ich dachte mir halt, ich habe ja Zeit - er will ja noch einige Zeit bleiben. Also lies ich ihn sich erholen.
Am Donnerstag morgen merkte ich eine komische Energie. Irgendwie stimmte nicht. Ich wollte mit ihm spazieren gehen und mit ihm reden, ihm sagen das es mir gerade nicht so gut geht und ich ihn gerade nicht so herzlich gegenübertreten kann wie sonst. Und plötzlich - bevor ich irgendwas sagen konnte, fragte er mich, wie ich uns so sehe.
Etwas überrumpelt antwortet ich ihm, dass ich nicht glaube, dass er mich in seinem neuen Leben mit einplant. Er redete ständig davon, dass er Deutschland verlassen will, hier keine Zukunft sieht und Jobangebote im Ausland bekommen hätte. Zu keinem Zeitpunkt hat er mich je gefragt, ob ich mir da was vorstellen kann.
Er nickte kaum merklich und sagte mir, dass er nicht mehr so empfindet und es ihm so unendlich leid tut und er mir niemals wehtun wollte.
Ich brachte ihn noch zum Bahnhof und verabschiedete mich.
Ich schrieb ihm danach noch eine lange WhatsApp, in der ich mich für alles bedankte, ihm nur das Allerbeste und jedes Glück dieser Welt wünsche. Er bedankte sich und sagte, dass er sich nochmal meldet, wenn seine Gedanken wieder klarer sind.
Zurück bleibe nun ich und stehe da und kann damit gerade nichts anfangen.
Jeden Abend frage ich mich, wann genau diese Erkenntnis kam, dass er nichts mehr für mich empfindet. Unter der Dusche oder beim Zähen putzen? Ich bin noch sehr überfahren muss ich sagen und ich bin inzwischen auch sauer, dass er mir die Möglichkeit nahm noch ein anständiges Abschlussgespräch zu führen. Er hat mich einfach überfahren.
Ich glaube nicht, dass es die mangelnde Zuneigung mir gegenüber ist. Ich denke eher, dass er sein Leben komplett neu beginnen möchte und es leichter für ihn ist, mich zurückzulassen. Meine abweisende Haltung hat dies vermutlich bestärkt. So schlimm das für mich auch ist, aber die Entscheidung war seitens von ihm die richtige.
Ich fühle mich nicht ansatzweise so gelähmt und traurig wie im letzten Jahr, aber es nagt doch wieder sehr an mir.
Es verletzt und beschäftigt mich aber sehr, da ich trotzdem noch große Zuneigung empfand
Er ist zwar ein sehr egoistischer Mensch (sagt er von sich selbst und kommt nicht von mir), aber er war immer ehrlich. Ich könnte ihn natürlich um ein abschließendes Gespräch bitten, aber ich glaube nicht, dass es wirklich ein abschließendes Gespräch geben kann. Und ein Bittsteller möchte ich auch nicht sein.
Es hier mal niederzuschreiben tut mir wahnsinnig gut und Danke fürs Lesen dieses langen Textes. Vielleicht hat der ein oder andere ja einen anderen Blickwinkel auf dieses ganze Thema.
06.10.2023 08:00 •
x 1 #1