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Treffpunkt für Angehörige/r mit Demenz

Taleja
Zitat von Carbon:
@Taleja es gibt einen Unterschied zwischen einer Vollmacht für den Geschäftsbereich und einer Patientenverfügung. Die besten Patientenverfügungen ...

Ich habe sowohl eine Patientenverfügung, als auch eine Vollmacht.

Eine neue Patientenverfügung wäre aufgrund ihrer Demenz, die ja nun im Entlassungsbrief des KH steht und somit aktenkundig ist, wohl eher nicht mehr gültig, denke ich.

30.08.2024 19:21 • x 1 #931


Taleja
Gestern hatte meine Mama Geburtstag und es ging ihr überraschend gut, was mich natürlich gefreut hat.

Heute war sie wieder irgendwie schwächer und die Demenz war sehr deutlich spürbar.
Also mehr als sonst, quasi in geballter Form.

Sie erzählte, dass sie schon was geschafft habe , im Wohnzimmer, dabei ist sie im KH.
Dann, das das Telefon geklingelt hat, obwohl sie keins hat.
Sie sagte auch , ich müsse ordentlicher werden und nicht immer alles irgendwo hinwerfen. Keine Ahnung, in welchem Jahr sie da gedanklich war. Unordentlich war ich zuletzt als Teenager....
Später meinte sie, ich wäre ihre Enkelin, sagte aber meinen Namen.

Es ist echt nicht leicht!
Wobei das ja eher unser Problem und nicht ihres ist. Wir müssen nur irgendwie damit umgehen.

31.08.2024 22:50 • x 5 #932


A


Treffpunkt für Angehörige/r mit Demenz

x 3


Taleja
Ich finde es wahnsinnig schwierig, mit der Situation umzugehen.
Ich habe immer viel mit meiner Mama besprochen, das ist jetzt nicht mehr möglich. Stattdessen höre ich mir Sachen an, die sie angeblich den Tag über gemacht hat, die aber nicht stimmen.
Meine Mama, so wie sie war, fehlt mir einfach und es fühlt sich an wie ein Abschied auf Raten.

04.09.2024 07:01 • x 8 #933


Wollie
@Taleja lass dir mal einen Drücker da....ich weiß genau, was du fühlst und wie besch... es sich anfühlt. Demenz ist einfach furchtbar, so entwürdigend.
Meine Mom ist seit fast 1,5 Jahre auch mit einer fortschreitender Demenz in einem Pflegeheim, weil es zuhause nicht mehr ging. Angefangen 2018, 2019 konnte sie nicht mehr kochen, wusste nicht mehr wie die Waschmaschine funktionierte, Kontoauszüge waren mystische Zahlen usw....dazu Verfolgungsfantasien gegenüber der Nachbarin, abends alle Lichter an und unruhig durch die Wohnung hin und her laufen usw....
Die Frau, welche vor 10 Jahren ihren 80´sten Geburtstag gefeiert hat, die gibt es nicht mehr. Nur noch Fragmente und Dinge aus ihrem Langzeitgedächtnis. Immerhin erkennt sie mich noch und ihre Enkelkinder.
Es ist furchtbar, am Sonntag stand sie verzweifelt am Aufzug und wollte zu mir, einen Brief bringen. War völlig durch den Wind. Sie tat mir so leid und diesen Verfall mitzubekommen ist einfach nur heftig. Ja, es ist ein Abschied auf Raten und irgendwann wird sie dich nicht mehr erkennen.
Was mir immer geholfen hat, war mit Menschen zu reden, welche Ähnliches mit ihren Eltern erleben mussten. Oder auch Gespräche mit meiner Psychologin und im Pflegestützpunkt in unserer Stadt.
Ich wünsch dir und allen hier auf jeden Fall viel Kraft und Energie, dies durchzustehen. Es gibt leider wenig, was wirklich hilft. Für meine Mutter hoffe ich, dass ihr Weg bald zu Ende ist, ihr Körper aufgibt.

04.09.2024 07:48 • x 9 #934


Taleja
@Wollie
Puh, jetzt hab' ich Tränen in den Augen.
Fühl' dich mal gedrückt!

Ja, ich denke, der Austausch ist wichtig.

04.09.2024 08:03 • x 2 #935


P
Zitat von Taleja:
Meine Mama, so wie sie war, fehlt mir einfach und es fühlt sich an wie ein Abschied auf Raten.


Ja, das kenne ich auch so. Es tut irre weh, den Abbau Woche für Woche mitzubekommen und nichts dagegen machen zu können.
Was habe ich seinerzeit zurück bei mir viel geweint, nachdem ich bei ihr funktioniert habe.
Liebe, Verständnis, Beistand geben, da sein, menschlich bleiben - das waren meine Versuche, ihr etwas menschliches zu erhalten.
Und ich habe viel gelernt..
zb in der ersten Zeit, als sie im Geschäft losmarschierte und vollkommen fremde Menschen, auch Männer, einfach ansprach und losredete. Kaum einer fand das gut. Und mich als damals Anfang zwanzigjährige überwinden, da bleiben, Mutti freundlich aber bestimmt wieder einsammeln, den Leuten nur kurz erklären versuchen und damit beruhigen, und weiter einkaufen, war vielfältig hart.
Auch andere Situationen waren 'peinlich', da damals kaum Kenntnis herrschte zb über Alzheimer. Und dann zu diesem Menschen stehen lernen trotz aller Widrigkeiten. Darüber bin ich heute noch dankbar.

Auch habe ich schnell feststellen dürfen, daß sie zwar dement aka vergesslich sind, was die täglichen Dinge betrifft. Sie haben aber weiterhin menschliche Gefühle. zb kamen Nachbarn zu Besuch. Alle wurden begrüßt. Nur Mutti nicht. Erst freute sie sich sichtlich über den Besuch. Aber als diese ignorierende Bemerkung kam die muß ich nicht begrüßen, sie bekommt ja eh nichts mehr mit da sah ich die Enttäuschung und den Schmerz deutlich in Muttis Augen und sie sackte körperlich regelrecht zusammen.
Ja, diese und ähnliche Erfahrungen lehren einen vieles.
Es gab eine ähnliche Situation, nun umgedreht, da hatte ich etwas spezielles erlebt und wollte es mit meinen Eltern teilen. Mein Vater tat anfangs recht desinteressiert. Also erzählte ich es Mutti. Sie konnte auf meine Darstellung nicht reagieren. Aber als Vatern merkte, daß da echt was interessantes ist, kam er dazu und ich musste neu anfangen. Als ich die Worte sagte wie ich Mutti bereits erzählt habe.. da strafften sich ihre Schultern und ein großes Strahlen ging über ihr Gesicht - sie wurde ernst und wahrgenommen. Das tat ihr gut. Und sie war die Erste die es erfahren hat.
Also voll menschlich.

Heute, im Rückblick, nenne ich diese Entwicklung von ihr auch Sterben auf Raten. Es ist einfach hart. Früher hatte Alzheimer auch die Bezeichnungen Der 36 Stunden Tag oder Das Leiden der Angehörigen. Beides stimmt so sehr.

Aber richtig schlimm waren die Situationen, wo Mutti aus ihrer Verwirrung wieder bewußt wurde und dann nur verzweifelt fragte hatte ich das gerade schon wieder gehabt? Das ist pure Verzweiflung und ging mir durch Mark und Bein. Dies bin ich, jetzt, Jahrzehnte später, immer noch nicht los. ua, weil ich selber solche Momente habe.. .. .. und weiß, wie schlimm das werden kann.

Es gab aber auch viele positive Reaktionen, die den wahren Charakter zeigen. zb erkannte sie sich nicht mehr im Spiegel. Da sei immer wieder eine fremde Frau zu Besuch. Ich wollte sie nicht auflaufen lassen bzgl ihrer Vergesslichkeit und mir fiel dann zum Glück diese positiv drehende Variante ein mit meiner Frage Diese Frau ist doch bestimmt sehr nett? nickte Mutti und bestätigte erleichtert, Ja, sie lächelt mich immer freundlich an!

@Taleja ich drücke Dich ganz lieb.

04.09.2024 08:52 • x 9 #936


Umbra_
Ihr Lieben, bei uns ist jetzt wieder der worst case eingetreten. Der Zimmernachbar kam gestern ins Krankenhaus. Er hat ein Karzinom an der Niere und wird zunächst gründlich untersucht.

Das heißt, dass die Mitfahrgelegenheit für meine Mutter wegfällt. Meine Schwester und ich sind jetzt wieder gefordert, jeden Tag mit ihr zum Heim zu fahren. Wir hoffen inständig, dass es sich nur um ein paar Tage handelt.

Die Besuche dort werden für uns auch immer unerträglicher. Zum einen durch die Länge der Zeit (meine Schwester sass dort gestern 4,5 Stunden), zum anderen durch das Verhalten meiner Mutter.

Sie betüdelt ihn, wo es nur geht. Sie wechselt ihm selbst die Windeln, versucht ihn in den Rollstuhl zu hieven und wieder zurück und zieht ihm frische Sachen an. Das bei einem Mann, der überhaupt nicht mitarbeitet.

Ganz besonders schlimm ist es auch beim Abendessen. Sie füttert ihn ja und der Befehl mach den Mund auf kommt auch nicht mehr so richtig bei ihm an. Er weiß gar nicht, was er machen soll.

Ich nenne ihn mal 'Paul'. Paul, mach die Futterluke auf, mach Mund auf, Mund auf. Jetzt kommt Brot, Brot Paul. So hier ist Gürkchen, Gürkchen Paul, mach den Mund auf. Das ganze dauert ca 45 Minuten.

Dann kommt dazu, dass beide oft weinen oder nur einer. Das ist alles ganz schwer mitanzusehen. Meine Schwester war gestern fix und fertig.

Heute fahre ich sie. Ich habe aber selbst einen Termin und bringe sie nur hin und werde beim Abholen noch kurz ins Zimmer gehen.

04.09.2024 10:42 • x 5 #937


DieSeherin
@Umbra_ kannst du in dem ganzen verhalten deiner mutter auch noch das rührende und fürsorgliche, die loyalität und liebe sehen?

04.09.2024 11:29 • x 4 #938


Umbra_
Zitat von DieSeherin:
@Umbra_ kannst du in dem ganzen verhalten deiner mutter auch noch das rührende und fürsorgliche, die loyalität und liebe sehen?

Das fällt mir zunehmend schwer. Ich sehe da einen Überaktionismus, der ihr nicht gut tut. Wir lieben sie ja und möchten nicht, dass sie krank wird. Wir machen uns riesige Sorgen.

Und es geht auch anders. Die Frau vom Zimmernachbarn ist da viel abgeklärter. Und wenn Hilfe benötigt wird, z. B. beim Windeln wechseln, dann holt sie jemand vom Pflegepersonal.

04.09.2024 11:36 • #939


DieSeherin
weißt du @Umbra_ ich verstehe eure ängste und die sorgen um eure mutter, auch verstehe ich euren stress, der ja alleine durch die fahrerei und warterei entsteht... aber ich glaube trotzdem, dass es ganz wichtig ist, ihr diese aufgabe und würde zu lassen - eventuell nach anderen lösungen zu suche, wenn es um die logistik geht, aber eure mutter ist eben nicht abgeklärt und möchte für ihren mann da sein, wie sie es gerade ist.

04.09.2024 11:39 • x 4 #940


B
Zitat von Umbra_:
Ich sehe da einen Überaktionismus, der ihr nicht gut tut. Wir lieben sie ja und möchten nicht, dass sie krank wird.

Weißt du denn, dass es ihr besser gehen würde, mit dem Gedanken, abgeklärter zu sein, Schuldgefühle zu entwickeln, weil sie aus ihrer (nicht eurer!) Sicht nicht alles für ihren Partner tut, was in ihrer Macht steht? @Umbra_, ich möchte echt an dich appellieren, deine Mutter nicht zu entmündigen, indem du ihr absprichst, eigene Entscheidungen zu treffen. Diesen ganzen Tanz um ihren Partner macht sie vermutlich nicht ausschließlich für ihn. Sondern auch für sich. Weil sie das Gefühl braucht, alles zu unternehmen, um ihm beizustehen. Das sind Gefühle, Emotionen. Keine Ratio. Ja, sie kann krank werden. Egal in welche Richtung sie sich dreht. Das könnt ihr Kinder nicht verhindern. Lasst ihr bitte ihren Weg. Es ist ihrer.
Zitat von Umbra_:
Wir machen uns riesige Sorgen.

Ja, das ist eure Baustelle. Hier verweise ich nochmals auf die mannigfaltigen Hilfsangebote für Angehörige. Setzt diesen Affen nicht auf die Schulter eurer Mama. Löst das für euch auf. Ihr könnt nicht das Leben eurer Mutter leben. Findet für euch einen Umgang damit. Sonst werdet ihr krank.
Zitat von DieSeherin:
eventuell nach anderen lösungen zu suche, wenn es um die logistik geht,

Habt ihr diesbezüglich nochmal nachgeforscht, was geht, welche Angebote gibt es?

Liebe @Umbra_, ich glaube es wäre jetzt wirklich wichtig für alle Beteiligten, wenn ihr die einzelnen Rollen und Verantwortlichkeiten mit Hilfe professioneller Unterstützung für euch klar kriegt. Dann wird einiges leichter, Verantwortungen können weitestgehend dort bleibe, wo sie angesiedelt sind. Bei euch wirbelt alles bunt durcheinander, das ist kein gutes Gemengelage. Auch nicht für eure eigene Gesundheit und Selbstfürsorge, damit meine ich dich und deine Schwester.

04.09.2024 11:54 • x 4 #941


Umbra_
Zitat von Brightness2:
Habt ihr diesbezüglich nochmal nachgeforscht, was geht, welche Angebote gibt es?

Angebote gibt es in der Richtung nicht. Wir müssten selbst aktiv werden in Form einer Anzeige in der Tageszeitung oder Ebay zum Beispiel.

Wir wissen aber nicht, ob und wann der Zimmernachbar zurück kommt. Das müssen wir erst abwarten. Meine Mutter fährt gerne mit der Ehefrau. Da können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Alternative suchen.

Zitat von Brightness2:
, ich möchte echt an dich appellieren, deine Mutter nicht zu entmündigen, indem du ihr absprichst, eigene Entscheidungen zu treffen

Sie macht doch ohnehin, was sie will. Ja, es kommt vor, dass ich mal sage 'Mensch lass uns doch einen Pfleger holen'. Aber im Endeffekt helfe ich dann noch sogar dabei, ihn z.B. in den Rollstuhl zu hieven.

04.09.2024 12:09 • x 1 #942


P
Zitat von Brightness2:
Diesen ganzen Tanz um ihren Partner macht sie vermutlich nicht ausschließlich für ihn. Sondern auch für sich. Weil sie das Gefühl braucht, alles zu unternehmen, um ihm beizustehen.


Das ist gut beschrieben. Denn @Umbra_ wenn eure Mutter nicht alles versucht, was ihr einfällt, - glaubst Du aushalten zu können, wenn sie sich danach (über Jahre?) Vorwürfe machen wird?
Die Situation ist schwer für sie zu ertragen. Ihr Partner hat keine große Wahl. Er ist betroffen. Das(!) ist schwer.
Lass ihr ihren Umgang, wie sie es versteht.

Und ihr Schwestern überlegt, was in eurem Bereich liegt. Dazu gehört, welche Hilfen es gibt. Dazu gehört, was ihr in der Zeit machen könnt. Auch zb Produktives. Oder zur Entspannung. Oder wie ihr mit anfassen könnt. Oder was auch immer. Dazu gehört, wie ihr euch wieder jeweils aufbauen könnt, was euch gut tut.

Nur ist es nicht zielführend zu versuchen, die Mutter abzuhalten. Das versteht niemand und sie am wenigsten.

04.09.2024 12:35 • x 4 #943


Catalina
Zitat von Taleja:
Meine Mama, so wie sie war, fehlt mir einfach und es fühlt sich an wie ein Abschied auf Raten.

Das ist es ja leider auch. Mein Vater ist auch nur noch die äußere Hülle, gefüllt mit ein paar Erinnerungsfetzen, die ihm geblieben sind. Sogar seine Stimme klingt fremd. Der Mann, der mein Vater war, ist weg. Unwiederbringlich. Und obwohl meine Beziehung zu ihm nie die Beste war, tut es trotzdem weh, ihn so zu sehen.

@umbra
Ich schließe mich der Seherin und Brightness an, ihr werdet wohl nicht drumherum kommen, eine Lösung zu suchen, die für alle Parteien gangbar und ertragbar ist. Ihr werdet eure Mutter nicht davon abhalten können zu tun, was sie tun muss und will, nämlich für ihren geliebten Mann da zu sein. Denn nicht jeder ist so abgeklärt, wie die Frau des Zimmernachbarn und schafft es, so damit umzugehen.

Fühlt euch beide lieb gedrückt. Demenz ist so eine elende Sch@ißkrankheit, die wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht.

04.09.2024 13:28 • x 6 #944


Taleja
@Perzet
@Catalina
Ich danke euch für's Drücken!

Heute wollte ich meine Mama im Krankenhaus besuchen und erfuhr überraschend, dass sie nach Hause darf.
Mein Papa war schon informiert, aber da ich gerade da war hab ich ihm Bescheid gegeben und sie nach Hause gebracht.

Die Fahrt empfand sie als sehr anstrengend und wollte sich zuhause hinlegen. Drinnen wollte sie dann auf einmal nicht Richtung Schlafzimmer, sondern weiter. Als ich fragte, wo sie hin will, meinte sie. Sag ich nicht! Ich habe sie dann zum Bett gebracht und sie ist auch direkt eingeschlafen.

Später rief mich mein Papa an und erzählte mir, dass Mama auf einmal nach oben gegangen ist, obwohl sie schon lange unten wohnen und die Treppe viel zu gefährlich für sie ist, weil Mama ja so schwach und gebrechlich ist.
Oben angekommen, war sie kaputt und musste sich erstmal hinlegen.

Ich weiß nicht, wie lange Papa dem Ganzen gewachsen ist.....

04.09.2024 20:46 • x 6 #945


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