Zitat von Taleja: Meine Mama, so wie sie war, fehlt mir einfach und es fühlt sich an wie ein Abschied auf Raten.
Ja, das kenne ich auch so. Es tut irre weh, den Abbau Woche für Woche mitzubekommen und nichts dagegen machen zu können.
Was habe ich seinerzeit zurück bei mir viel geweint, nachdem ich bei ihr funktioniert habe.
Liebe, Verständnis, Beistand geben, da sein, menschlich bleiben - das waren meine Versuche, ihr etwas menschliches zu erhalten.
Und ich habe viel gelernt..
zb in der ersten Zeit, als sie im Geschäft losmarschierte und vollkommen fremde Menschen, auch Männer, einfach ansprach und losredete. Kaum einer fand das gut. Und mich als damals Anfang zwanzigjährige überwinden, da bleiben, Mutti freundlich aber bestimmt wieder einsammeln, den Leuten nur kurz erklären versuchen und damit beruhigen, und weiter einkaufen, war vielfältig hart.
Auch andere Situationen waren 'peinlich', da damals kaum Kenntnis herrschte zb über Alzheimer. Und dann zu diesem Menschen stehen lernen trotz aller Widrigkeiten. Darüber bin ich heute noch dankbar.
Auch habe ich schnell feststellen dürfen, daß sie zwar dement aka vergesslich sind, was die täglichen Dinge betrifft. Sie haben aber weiterhin menschliche Gefühle. zb kamen Nachbarn zu Besuch. Alle wurden begrüßt. Nur Mutti nicht. Erst freute sie sich sichtlich über den Besuch. Aber als diese ignorierende Bemerkung kam die muß ich nicht begrüßen, sie bekommt ja eh nichts mehr mit da sah ich die Enttäuschung und den Schmerz deutlich in Muttis Augen und sie sackte körperlich regelrecht zusammen.
Ja, diese und ähnliche Erfahrungen lehren einen vieles.
Es gab eine ähnliche Situation, nun umgedreht, da hatte ich etwas spezielles erlebt und wollte es mit meinen Eltern teilen. Mein Vater tat anfangs recht desinteressiert. Also erzählte ich es Mutti. Sie konnte auf meine Darstellung nicht reagieren. Aber als Vatern merkte, daß da echt was interessantes ist, kam er dazu und ich musste neu anfangen. Als ich die Worte sagte wie ich Mutti bereits erzählt habe.. da strafften sich ihre Schultern und ein großes Strahlen ging über ihr Gesicht - sie wurde ernst und wahrgenommen. Das tat ihr gut. Und sie war die Erste die es erfahren hat.
Also voll menschlich.
Heute, im Rückblick, nenne ich diese Entwicklung von ihr auch Sterben auf Raten. Es ist einfach hart. Früher hatte Alzheimer auch die Bezeichnungen Der 36 Stunden Tag oder Das Leiden der Angehörigen. Beides stimmt so sehr.
Aber richtig schlimm waren die Situationen, wo Mutti aus ihrer Verwirrung wieder bewußt wurde und dann nur verzweifelt fragte hatte ich das gerade schon wieder gehabt? Das ist pure Verzweiflung und ging mir durch Mark und Bein. Dies bin ich, jetzt, Jahrzehnte später, immer noch nicht los. ua, weil ich selber solche Momente habe.. .. .. und weiß, wie schlimm das werden kann.
Es gab aber auch viele positive Reaktionen, die den wahren Charakter zeigen. zb erkannte sie sich nicht mehr im Spiegel. Da sei immer wieder eine fremde Frau zu Besuch. Ich wollte sie nicht auflaufen lassen bzgl ihrer Vergesslichkeit und mir fiel dann zum Glück diese positiv drehende Variante ein mit meiner Frage Diese Frau ist doch bestimmt sehr nett? nickte Mutti und bestätigte erleichtert, Ja, sie lächelt mich immer freundlich an!
@Taleja ich drücke Dich ganz lieb.