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Treffpunkt für Angehörige/r mit Demenz

DieSeherin
erst mal eine runde umarmungen für alle!
Zitat:
Diese Uneinsichtigkeit Deines Vaters ist ein großes Problem.


ich glaube, genau diese uneinsichtigkeit ist insgesamt das große problem. am anfang will es niemand so wirklich wahrhaben - man selber ja auch nicht. dann merken die angehörigen etwas und stoßen auf unverständnis... tja, und dann kommt der tag, an dem es ein echter kampf wird!

Zitat von Jetti:
Sie sieht es eben als die ihr zustehende Aufgabe an, ihren Mann unter allen Umständen zu pflegen. Passenderweise lautet der Trauspruch meiner Eltern: Einer trage des Anderen Last:


außerdem finde ich es auch schwierig zu entscheiden, ob man gerade übergriffig und bevormundend ist, oder die betroffenen wirklich schützen will und muss!?

Zitat von Jetti:
Aber sich vorzubereiten, ist nur bis zu einem gewissen Grad möglich.


ganz genau! vor allem emotional...

14.12.2021 12:38 • x 3 #211


Jetti
Zitat von DieSeherin:
außerdem finde ich es auch schwierig zu entscheiden, ob man gerade übergriffig und bevormundend ist, oder die betroffenen wirklich schützen will und muss!?

Ja, das ist es in der Tat.
Bei uns ist die Situation so: Meine Mutter hat ihre Entscheidung getroffen. Sie pflegt ihren Mann (bis zum bitteren Ende).
Mein Vater sieht das irgendwie auch als selbstverständlich an. Leider.

Dann sind da noch wir Kinder. Drei erwachsene Menschen, räumlich etwas unterschiedlich entfernt. Aber doch in der Nähe.

Die Thematik Übergriffigkeit/Schutz ist ja nun auf beiden Seiten gegeben.

Einerseits sorgen wir uns um unsere Mutter, die scheinbar über jede Belastungsgrenze hinausgehen will.
Wir können sie nicht vor sich selbst schützen, deshalb ist es wohl übergriffig, eine andere Lösung anzustreben.
Gleichzeitig ist es eine sehr fragile Konstruktion. Denn wenn sie, wie jetzt zuletzt aufgrund eigener Krankheit ausfällt, sind natürlich wir gefordert. Für mich ist es extrem schwierig, zu kommunizieren, dass ich mit dieser Erwartungshaltung Probleme habe. Aber da liegen eben viel tiefere Ursachen dahinter. Spannungen innerhalb der Familie, unausgesprochene und ungeklärte Ereignisse, die teils lange zurückliegen . Und speziell bei mir kommen noch große Schuldgefühle hinzu.

Im zurückliegenden Jahr, als ich diesen massiven Schmerz aufgrund der unglücklichen Liebe erlebte, begann ich auch, mich mit meinen Mustern zu beschäftigen. Und es war echt bitter zu erkennen, wieviel ich mir selbst verbaut habe, indem ich lange, lange Zeit versuchte, diese Schuld gegenüber meiner Familie wieder gut zu machen. Ich hatte mir das selbst auferlegt, ausgesprochen haben wir uns nie. Jedenfalls nicht meine Eltern und ich, mit meinen Geschwistern ist es mir gelungen.

Nun war ich endlich dabei, mich davon zu lösen. Fühlte mich stärker, auch mal dem entgegenzutreten, was so an Vorstellungen existiert wie Dinge sein sollten.
Doch plötzlich stehe ich wieder unsicher da, und wage kaum Widerspruch. Fürchte mich vor der Aburteilung, wenn ich ins Gespräch bringen würde, dass auch der Gedanke an einen Pflegeheimplatz für meinen Vater nicht ausgeschlossen werden darf.

Hinzu kommt, dass ich keine Kinder habe. Die Jungs meiner Schwester sind zwar bereits erwachsen, aber es gibt schon Enkelkinder in ihrer großen Familie. Meine Bruder hat noch kleine Kinder. Ich bin es also, die eigentlich Zeit haben müsste/sollte/könnte. Von meinen Geschwistern wird das so nicht bewertet, wahrscheinlich bin es wieder hauptsächlich ich, die meint, einer Erwartung entsprechen zu müssen.

Das große Glück in allem, und dafür bin ich sehr dankbar, ist das gute Verhältnis unter uns Geschwistern. Auch in den ganz tiefen Phasen meiner Traurigkeit waren es diese beiden Herzensmenschen und ihre Familien, die mir Halt gegeben haben. Immer und immer wieder. Ich hoffe, wir können uns diese Verbundenheit unser Leben lang bewahren.

14.12.2021 13:47 • x 3 #212


A


Treffpunkt für Angehörige/r mit Demenz

x 3


DieSeherin
Zitat von Jetti:
Fürchte mich vor der Aburteilung, wenn ich ins Gespräch bringen würde, dass auch der Gedanke an einen Pflegeheimplatz für meinen Vater nicht ausgeschlossen werden darf.

... hmmm ....
Zitat von Jetti:
wahrscheinlich bin es wieder hauptsächlich ich, die meint, einer Erwartung entsprechen zu müssen.

... und wenn du mit deinen geschwistern mal wieder ein klärendes gespäpräch führst? ich kenne das thema nämlich mit meinen drei brüdern nur zu genau! keiner will was sagen - oder zumindest nicht als erste/r

14.12.2021 15:19 • x 1 #213


Jetti
Zitat von DieSeherin:
... hmmm ....

Du hast so recht. Und ich weiß, ich sollte Konfrontationen nicht mehr aus dem Weg gehen.
Es ist nur so, dass eine offene Kommunikation in unserer Familie nie üblich war. Dabei muss es doch möglich sein, unterschiedliche Meinungen zu haben, und diese so stehen zu lassen, bzw. einen Kompromiss zu finden. Und dann aber nicht das mögliche Unverständnis in zukünftige Dinge mit hineinzumischen. Aber ich erlebe eben genau das! Zwar erscheint oberflächlich alles okay und Toleranz wird an den Tag gelegt. Bis dann wieder etwas im Raum steht, und teilweise hervorgeholt wird, was irgendwann mal gesagt wurde. Es einem sozusagen nochmal aufs Brot geschmiert wird. Da steckt dann eben viel Bewertung drin.

Zitat von DieSeherin:
... und wenn du mit deinen geschwistern mal wieder ein klärendes gespäpräch führst?

Ja, das ist der Weg, den ich gehen werde. Möglicherweise feige von mir. Aber ich denke, meine Geschwister werden allein auch nicht vorpreschen. Insofern.

14.12.2021 15:43 • #214


DieSeherin
Zitat von Jetti:
Es ist nur so, dass eine offene Kommunikation in unserer Familie nie üblich war. Dabei muss es doch möglich sein, unterschiedliche Meinungen zu haben, und diese so stehen zu lassen, bzw. einen Kompromiss zu finden.


offene kommunikation muss doch nicht immer der austausch von positionen sein! da können auch gemeinsam fragen beantwortet werden.

Zitat von Jetti:
Es einem sozusagen nochmal aufs Brot geschmiert wird. Da steckt dann eben viel Bewertung drin.


du, da hilft ungemein, wenn man zu sich selber, seinen aussagen und seinem handeln steht! selbst, wenn man gemerkt hat, dass das mist war. zum damaligen zeitpunkt dachte man halt, es sei richtig! das kannst du trainieren


Zitat von Jetti:
Aber ich denke, meine Geschwister werden allein auch nicht vorpreschen. Insofern.


und auch da musst du doch nicht vorpreschen. da kannst du doch deine geschwister fragen, wo die die belastungsgrenzen deinen mutter sehen und ob die ideen haben, was danach kommen könnte...

14.12.2021 15:48 • x 2 #215


bifi07
Zitat von Jetti:
Aber wenn ihn etwas stört, muss es nach seinem Willen sofort beendet werden

So war das früher bei meinem Vater immer, aber das hat sich in der Demenz, zumindest mir gegenüber, zum Glück weitestgehend gegeben. Eine Eigenschaft, die ich nicht vermisse!

14.12.2021 17:55 • x 1 #216


Vicky76
Zitat von Jetti:
dass auch der Gedanke an einen Pflegeheimplatz für meinen Vater nicht ausgeschlossen werden darf.

Was ist an einem Heimplatz, so furchtbar?
Ich finde solche Einrichtungen sehr sinnvoll und hilfreich

14.12.2021 19:24 • x 1 #217


E
Zitat von Vicky76:
Was ist an einem Heimplatz, so furchtbar? Ich finde solche Einrichtungen sehr sinnvoll und hilfreich

Die noch aktiveren Bewohner werden ruhig gestellt-also dement, aber noch mit eigenem Willen-da es, wie wir alle wissen, Personalmangel gibt.
Das Essen ist irgendwie, der Kaffee eine Brühe.
Und für demente Menschen gibt es nichts Schlimmeres, als ihre gewohnte Umgebung zu verlieren. Meine Oma hat damals monatelang geklagt, wann sie denn endlich wieder heimkommt.
Das möcht ich meiner Mutter, so lange wie irgend möglich, ersparen.

14.12.2021 19:36 • #218


Vicky76
Zitat von Emily:
Das möcht ich meiner Mutter, so lange wie irgend möglich, ersparen.

Das kann ich gut verstehen.
Aber allein, einen dementen Menschen zu pflegen, ist eine Mammutsaufgabe, die kaum zu bewerkstelligen ist.
Es gibt durchaus, sehr viele Pflegeheime, die sehr gut ausgestattet sind.
Es gibt auch tatsächlich Pflegekräfte, die sehr motiviert sind und Freude, an der Arbeit haben.
Alle über einen Kamm zu scheren, wäre sehr traurig.

14.12.2021 20:15 • x 2 #219


E
Zitat von Vicky76:
Das kann ich gut verstehen. Aber allein, einen dementen Menschen zu pflegen, ist eine Mammutsaufgabe, die kaum zu bewerkstelligen ist. Es gibt ...

Mein Stiefvater und ich machen das ja. Ein bisschen selbst kann sie ja noch, Toilette etc. möglich.
Ich hab es jahrelang bei meinen Großeltern erlebt, auch bei anderen Personen.
Es bleibt einfach nicht die Zeit, auf alle individuell einzugehen.
Mit meiner Mutter z.B.würde es momentan ohne Tranquilizer sicher nicht gehen, was ich auch verstehen könnte. Sie war letztes Jahr stationär, da war sie so vollgepumpt mit Medikamenten, das war 100x schlimmer, als ihr jetziger Zustand.
So möchte ich sie nie mehr wieder sehen müssen.

14.12.2021 20:24 • x 1 #220


Vicky76
Zitat von Emily:
Ein bisschen selbst kann sie ja noch, Toilette etc. möglich.

Das ist schon, eine ganze Menge

14.12.2021 20:30 • x 1 #221


harumi123
Ihr Lieben... Ich lese in diesem Thread schon eine ganze Weile still mit und möchte euch allen ganz viel Kraft wünschen. Mein Vater ist 2015 an Demenz verstorben. Die letzten 6 Monate waren schlimm. Jeden Tag ist ein wenig mehr von dem Mann verschwunden, der früher mit mir durchs Wohnzimmer getobt ist, mir meine Barbie-Pferde repariert hat. Es war ein Abschied auf Raten. Meine Eltern waren über 55 Jahre zusammen, seit 1961. Bis heute hat meine Mutter den Tod ihres Mannes nicht verwunden. Und ich merke, dass auch sie erste Anzeichen für Demenz zeigt. Ich weiß, was noch auf mich zukommen könnte. Momentan mache ich das Beste daraus. Solange ich es noch kann.

15.12.2021 01:42 • x 5 #222


Wollie
Zitat von Vicky76:
Was ist an einem Heimplatz, so furchtbar?
Ich finde solche Einrichtungen sehr sinnvoll und hilfreich

so ist es...und es kommt einfach der Punkt, wo es zuhause nicht mehr geht. Müssen erst alle darum herum zusammenbrechen, bis Entscheidungen gefällt werden ?
@Jetti ...lese ja weiterhin mit, da ich mit der ganzen Materie vertraut bin und eben auch mich um meine Mutter kümmere, welche Alzheimer hat. Ich kann dir wirklich nur raten, ein offenes Gespräch mit deinen Geschwister zu führen und auch für dich eine Grenze zu ziehen, was du leisten kannst und was eben nicht.
Und die Erwartungshaltung (sofern vorhanden ?), dass du ja Zeit hast ist völlig irrelevant. Es geht darum, was du leisten kannst und auch willst und wo deine Grenzen sind. Und du hast das Recht für dich diese Grenzen zu definieren und auch zu ziehen und dafür einzustehen.

15.12.2021 06:10 • x 4 #223


bifi07
Ich möchte allen ein dickes Danke sagen, die sich hier einfinden, um ihre Erfahrungen austauschen...
Mir persönlich gibt das sehr viel, gerade in dieser Zeit!

15.12.2021 07:46 • x 5 #224


E
Also, ich habe ja lange als Ehrenamtliche mich in verschiedenen Einrichtungen betätigt und kann nur sagen, es gibt solche und solche Häuser. Und nicht nur das, es ist teilweise auch innerhalb eines Hauses manchmal nicht egal, auf welchem Wohnbereich der Angehörige untergebracht ist. Ruhig gestellt wurde nach meiner Erfahrung aber niemand. Es gab zwar Medikamenteneinsatz, wenn der Demente zu unruhig wurde, die Tag- und Nachtaktivität durcheinander geriet oder die Hinlauftendenz nicht mehr zu kontrollieren war, dies aber stets zum Schutz und Wohlergehen des Bewohners.

Ich glaube auch nicht, daß eine Demenz auf Dauer zu Hause handelbar ist. Spätestens nämlich, wenn die o.g. Symptome auftreten, ist wahrscheinlich jeder pflegende Angehörige sehr schnell an seiner bzw. ihrer Grenze. Wenn der Nachtschlaf dauerhaft gestört ist, der Dement ständig wegläuft oder vielleicht sogar aggressiv wird, dann ist er zu Hause eben nicht mehr gut zu versorgen. Ich denke, das sollte man einfach mal allen gut meinenden Angehörigen glasklar so erklären.

Im späteren Verlauf kommen ja dann noch andere Symptome hinzu. Harn- und Stuhlinkontinenz z.B. oder massive Schluckstörungen. Ich habe da Dinge erlebt und gesehen, die zu Hause wahrscheinlich niemandem zuzumuten wären und die auch für den Erkrankten selbst ohne fachlich kompetente Pflege zur Qual werden können. Ein moderater Medikamenteneinsatz ist da sicher das kleinere Übel.

Ich möchte hier ja niemanden verschrecken aber das schlimmste Schicksal, das ich miterleben musste, war ein dementer, hochbetagter Herr, der aufgrund seines einmal geäußerten Wunsches zu Hause bis zum Schluss gepflegt wurde. Er war alleinstehend, wurde 4 mal am Tag vom Pflegedienst besucht und 1 mal die Woche von einem zusätzlichen, ehrenamtlichen Besuchsdienst, den ich übernehmen durfte. Ansonsten war der Herr alleine was in diesem Fall auch möglich war, aufgrund seiner Bettlägerigkeit, die wegen einer zusätzlichen Halbseitenlähmung bestand. Dieser Mann vegetierte also bis auf die wenigen Besuche, die über den Tag verteilt statt fanden, vor sich hin, lag manchmal stundenlang in seinen eigenen Ausscheidungen und erhielt kaum Ansprache.

In einem Heim wäre er mehrfach die Woche mobilisiert worden und hätte an verschiedenen Veranstaltungen und Betreuungsangeboten teilnehmen können. Seine Kinder hätten es dort auch sicher leichter verkraftet, ihn zu besuchen. In seiner Wohnung schafften diese das nämlich verständlicherweise nicht. Sie entsprachen zwar dem Wunsch ihres Vaters, zu Hause zu bleiben, konnten darüber hinaus sein Leid aber nicht lindern.

Also ich habe für mich selbst mit meinem Mann eine klare Verabredung. Niemand wird den anderen zu Hause pflegen und versorgen müssen. Einfach weil es uns niemandem zuzumuten scheint, dies zu übernehmen und weil wir eben sach- und fachkundig versorgt werden wollen.

Ich kenne wie gesagt, mehrere Einrichtungen und habe für mich selbst auch schon eine ausgesucht. Ich kann nur raten, diese Häuser vorher mehrfach zu unterschiedlichen Zeiten zu besuchen, sich den Pflegezustand und den Umgang genau anzuschauen und sich nicht blenden zu lassen. Besonders in den hochpreisigen Seniorenresidenzen, die oft privat geführt werden, ist nämlich nicht alles Gold, was glänzt.

Ich würde immer ein konfessionell angebundenes Haus mit guter Stadteilbindung bevorzugen. Hier vor Ort haben wir eines, wo Turnverein, Schul- und Kindergartenkinder (außerhalb der Pandemie) ein und ausgehen, und kleinere Vorführungen machen. Es ist in kirchlicher Trägerschaft und wird von einer Leitung geführt, die täglich 10 bis 12 Stunden dort verbringt und auch auf den Wohnbereichen stets präsent ist. Das Personal, das dort arbeitet, ist oft seit mehr als 10 Jahren dort beschäftigt. Und das nicht nur, weil dort die Bezahlung stimmt, sondern auch, weil die Arbeitsatmosphäre offensichtlich sehr gut ist. Das alles wirkt sich natürlich positiv auf die Bewohner aus.

Andere Einrichtungen, die ich von innen sah, waren zwar moderner, hatten vielleicht mehr Einzelzimmer und Balkone, wurden aber miserabel geführt und hatten eine Personalfluktuation, die mich mehr an einen Imbiss, denn an eine soziale Eirichtung erinnerten.

Also mein Fazit, in einem guten Haus lässt es sich durchaus gut leben. Ich für mich könnte mir nichts besseres wünschen.

15.12.2021 07:59 • x 4 #225


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